DIY Ausrüstung für Selbermacher, Teil 8 - die passende Brille für das Tchibo Torpedo 76/700

  • Vorbetrachtung


    Dieser Erfahrungsbericht stellt im eigentlichen Sinne kein DIY Thema dar, trotzdem möchte ich damit diese Reihe abrunden, da die Frage der Okularwahl für Besitzer eines Kaufhaus- oder Billigteleskop eine nicht unerhebliche Frage darstellt und mit vielen Unsicherheiten behaftet ist. Weiterhin können die Kriterien unter denen ich die Okulare beurteilt habe als Grundlage für eine eigene Beurteilung dienen. Häufig stehen Besitzer eines Kaufhaus- oder Billigteleskop schnell vor der Frage der richtigen Okularwahl und damit vor der Entscheidung, mit den beigelegten Okularen beginnen und auf bessere Okulare für das nächste Teleskop sparen oder noch ein wenig Geld in die Hand nehmen und ein Billig Zoom Okular kaufen. Zu diesem Zeitpunkt haben die meisten Besitzer eines solchen Teleskop auch noch keine genauen Vorstellungen, wohin die Reise geht. Es ist also schwierig eine Wahl zu treffen, die auch mit dem späteren Wunschteleskop harmoniert.


    Kaufhausteleskope liegen häufig Huygens, kellner und/oder Ramsden Okulare in unterschiedlichen Kombinationen bei. Diese Okulartypen sind nicht farbrein und weisen ein scheinbares Gesichtsfeld von 30° bis 35°, die Kellner Okulare von 40° auf. Das einfache Linsendesign besteht aus zwei Linsen.


    4 mm, 6 mm, 12 mm und 20 mm

    4 mm, 12 mm und 20 mm (meine Kombination)

    6 mm, 15 mm und 20 mm

    4 mm und 20 mm


    Gerade zur Vergrößerung gibt es viele Meinungen, von 2x Öffnung (Maximalvergrößerung) bis 1x Öffnung (Minimalvergrößerung), was sinnvoll ist.Für das Tchibo Torpedo also 152 fache Vergrößerung (~ Okular 4 mm) und 76 fache Vergrößerung (~ Okular 9 mm). Allgemein wird deshalb oft die Normalvergrößerung oder förderliche Vergrößerung empfohlen, die sich aus Öffnung geteilt durch 0,7 errechnet und damit für das Tchibo einer 108 fachen Vergrößerung (~ Okular 7 mm) entspricht. Aus meinen Beobachtungen habe ich erfahren, daß 2x zu viel, 1x zu wenig und die förderliche Vergrößerung zu konservativ ist, da neben demSeeing auch das menschliche Auge eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Deshalb würde ich, je nach Seeing, im Bereich 108x (~ Okular 7x) bis 140x (~ Okular 5 mm) herum experimentieren.


    - Das 04 mm Okular mit Verdopplungslinse ergibt eine 350 fache Vergrößerung und ist damit jenseits von Gut und Böse.

    - Das 04 mm Okular ohne Verdopplungsline ergibt eine 175 fache Vergrößerung und liegt damit deutlich über der empfehlenwerten Maximalvergrößerung.

    - Das 06 mm Okular mit Verdopplungslinse ergibt eine 233 fache Vergrößerung und ist damit jenseits von Gut und Böse.

    - Das 06 mm Okular ohne Verdopplungsline ergibt eine 116 fache Vergrößerung und ist damit etwas über der förderlichen Vergrößerung, evtl. für Mond und Planeten geeignet.

    - Das 12 mm Okular und Verdopplungslinse ergibt eine 116 fache Vergrößerung und liegt damit etwas über der förderlichen Vergrößerung mit Licht- und Kontrastverlust.

    - Das 12 mm Okular ohe Verdopplungsline ergibt eine 58 fache Vergrößerung und damit in einer Untervergrößerung geeigent für Deepsky und Mondbeobachtung.

    - Das 15 mm Okular und Verdopplungsline ergibt eine 92 fache Vergrößerung, und damit eine sinnvollen Vergrößerung mit Licht- und Kontrastverlust.

    - Das 15 mm Okular ohne Verdopplungsline ergibt eine 46 fache Vergrößerung, für Details auf Planeten nicht ausreichend aber für Deepsky und Mond.


    - Das 20 mm Okular und Verdopplungsline ergibt eine 70 fache Vergrößerung und damit in einer Untervergrößerung einschl. Licht- und Kontrastverlust.

    - Das 20 mm Okular ohne Verdopplungsline ergibt eine 35 fache Vergrößerung, geeignet als Übersichtsokular, Deepsky und Mondbeobachtungen.


    Nachdem das beigelegte 4 mm Okular bei einem 76/700 Newton mit 175x bereits deutlich über der Maximalvergrößerung liegt und ein Gesichtsfeld von gefühlt 30° hat, ist dieses Okular eigentlich nicht zu gebrauchen. Das 12 mm Okular ergibt eine Vergößerung von 58x und zeigt damit an Planeten noch wenige Details. Zur Ergänzung wäre nach oben ein 32 mm Übersichtsokular und, je nach Kombination der gelieferten Okulare, unten ein 6mm, 7 mm oder 8 mm Okular hilfreich, wobei aus meiner Beobachtungserfahrung das 7 mm ein besseres Bild ergibt als das 6 mm Okular und auch näher an der förderlichen Vergrößerung liegt.


    Nachdem ein Standard Plössl Okular mit 50° Gesichtsfeld sowohl mit 32 mm und 7 mm Brennweite um die 30 Euro kostet ergibt sich bei der Entscheidung für eine brauchbare Erstausrüstung die Überlegung, ob nicht ein Billig Zoom Okular 8 - 24 für ca. 20 Euro bis 25 Euro ein verbessertes Beobachtungergebniss erzielen kann. Selbst wenn man später auf ein hochwertigeres Teleskop umsteigt, kann dieses Zoom Okular beim Kaufhausteleskop bleiben und evtl. mitverkauft werden. Weitere Überlegung waren.


    1. An einem F/10 sollte ein Billigzoom noch zu gebrauchen sein.

    2. Bei einem Gesichtsfeld von 44° bis 66° sollte bei der visuelle Beobachtung eine Verbesserung möglich sein.

    3. Bleibt bei einem evtl. Wiederverkauf beim Teleskop


    Für einen Vergleichstest habe ich dem Billig Zoom, ein Standard Plössl mit 7 mm und 20 mm Brennweite, ein 8 mm TS Planetary sowie das Baader Hyperion Zoom Mark IV gegenüber gestellt.


  • Vorbemerkung


    Zoom Okulare stellen nicht nur die auf der Skale angegebenen Brennweiten zur Verfügung sondern auch stufenlos jede andere Brennweite, im Falle des Billig Zoom also jede

    beliebige Brennweite zwischen 8 mm und 24 mm wobei der Fokus über alle Brennweiten gleich bleibt und ein Nachfokussieren beim Brennweitenwechsel entfällt.


    Solche billige Zoom Okulare findet man bei Ebay, Amazon und den bekannten China Händlern viele. Betrachtet man die angebotenen Zoom Okulare fällt auf, daß alle im Design,

    Farbgebung und Form mehr oder weniger gleich oder identisch sind. Es ist anzunehmen, daß die Zoom Okulare aus der gleichen China Fabrik stammen und nur entsprechend

    gelabelt werden. Weiterhin ist anzunehmen, daß es hier eine große Serienstreuung hinsichtlich Qualität gibt und man mit ein wenig Pech ein schlechteres und mit etwas Glück

    vielleicht sogar ein besseres Exemplar erwischt, als mein Zoom Okular. Nachdem mein F/10 Newton nicht so okularkritisch zu betrachten ist wie ein F/5 kann meine Beurteilung

    natürlich nicht für lichtstärkere Teleskope oder Refraktoren übernommen werden.


    Betrachtung ohne Teleskop


    Material

    Für das Okular selbst wird als Material Plastik und Aluminium verwendet. Nach Angaben des Herstellers werden 5 Linsen aus Glas verwendet. Das Gewicht von 160g läßt diese Aussage glaubhaft erscheinen.


    Mechanik

    Auf dem Okular ist eine Skala für die Brennweiten 8 mm, 12 mm, 18 mm und 24 mm angegeben wobei eine Rasterung zwar vorhanden ist aber nicht so deutlich wie beim Mark IV wahrgenommen werden kann. Sofern man dieses Okular aber nicht mit einem Binoaufsatz verwenden möchte, stört dies nicht besonders.


    Die Vergütung

    Die Herstellerbeschreibung beschreibt die Vergütung als "Fully multicoated" und "broadband green film" Bei direkter gerader Durchsicht ist in allen Okularen zunächst keine Vergütung zu erkennen, weder grün, blau oder rot, diese wird erst ab einer gewissen Neigung des Okulars zum Tageslicht sichtbar. Beim Billig Zoom Okular ist eine Grünfärbung in gleicher Intensität über die gesamte Fläche zu erkennen, weshalb tatsächlich von einer grünen Multivergütung ausgegangen werden darf. Im Vergleich zum Baader Hyperion wirkt die Grünvergütung ein klein wenig blasser. Weitere Farbreflexe lassen sich in keinem der drei verglichenen Okulare erkennen.


    Farbränder

    Beim Blick gegen ein weißes Stück Papier ist am Rand ein dünner Blausaum zu erkennen. Bei 24 mm Brennweite ist dieser Farbsaum am deutlichsten und bei 8 mm kaum mehr wahrzunehmen. Verglichen mit einem Standard Plössl bei 20 mm Brennweite ist die Breite des Farbsaums beim Billig Zoom und 24 mm Brennweite in etwa gleich stark, diffundiert oder streut beim Billig Zoom aber noch vom Rand ein wenig zum Mittelpunkt. Bei den Standard Plössl mit Festbrennwerten kann sowohl beim 8 mm als auch beim 20 mm ein Farbsaum erkannt werden. Bei 8 mm Brennweite liegt hier das Standard Plössl gleichauf mit dem Billigzoom, bei 20 mm Brennweite zeigt sich der Farbsaum im Standard Plössl weniger ausgeprägt als beim Billig Zoom. Das Hyperion Zoom Mark IV ist in dieser Disziplin über jeden Zweifel erhaben, hier ist bei keiner Brennweite ein Blausaum zu erkennen.

  • Betrachtung mit Teleskop


    Fokusierung

    Nachdem das Objekt mit einer Brennweite scharf gestellt wurde, sind beim Wechsel auf andere Brennweiten kein oder nur geringes Nachfokussieren notwendig.

    Die Genauigkeit ist mit dem des Hyperion Mark IV vergleichbar, wobei letzteres noch eine Winzigkeit genauer ist.

    Einblickverhalten

    Welches Bild als gut, akzeptabel, ausreichend oder unmöglich beurteilt wird ist natürlich individuell verschieden und hängt damit stark vom Beobachter ab.

    Das Einblickverhalten kommt sehr nahe an das Hyperion Mark IV heran und ist besser als bei den Standard Plössel. Kidney-Beaning oder Blackouts sind nicht zu

    bemerken weshalb das Einblickverhalten mit gut zu bewerten ist. Das Zoom Okular hat keine weiche Augenlinse sondern normales Plastik, was ich aber nicht

    unangenehm empfunden habe.


    Gesichtsfeld

    Das Gesichtsfeld wird beim Billig Zoom Okular mit 44° bis 66° angegeben und liegt damit nahe an den Werten des Hyperion Zoom Mark IV mit 48° bis 68°.

    Nachdem 44° für die höchste Brennweite von 24 mm gilt, liegt das Billig Zoom bei 20 mm wahrscheinlich ebenfalls nahe an den 50° eines Standard Plössl und

    sollte bei kleineren Brennweiten im Vergleich zum Standard Plössl dann größere Gesichtsfelder ermöglichen.

    In der Praxis bestätigen sich dann die von den Herstellern angegebenen Werte. Der Vollmond ist bei beiden Zoom Okularen von 24 mm Brennweite bis einschl.

    16 mm Brennweite vollständig sichtbar. Bei 20 mm Brennweite liegt auch das Standard Plössl gleichauf mit den beiden Zoom Okularen. Jupiter ist von 24 mm

    bis 8 mm mit allen 4 Monden sichtbar. Im Vergleich zum 8 mm TS Planetary mit 58° hat hier das Billig Zoom mit 66° bei 8 mm auch visuell leichte Vorteile.


    Abbildungsqualität

    Hier läuft das Hyperion Mark IV natürlich außer Konkurenz und zeigt das knackigste Bild für alle verfügbaren Brennweiten. Standard Plössl und Billig Zoom

    liegen bei 20 mm und 8 mm Brennweite aber gleichauf, zumindest kann ich keinen Unterschied feststellen.


    Randunschärfe

    Auch hier bleibt natürlich das Mark IV Testsieger, wenn das Bild zum Rand hin unschärfer sein sollte, kann ich das nicht wahrnehmen. Aber auch in dieser Disziplin

    liegen das Standard Plössl und das Billig Zoom in etwa gleichauf, bei beiden Okularen nimmt die Bildschärfe ca. 10% vom Bildrand entfernt leicht

    (fast nicht wahrnehmbar) ab, mit vielleicht leichten Vorteilen für das Standard Plössl.

    Auch bei der Beobachtung von Sternen nimmt zwar beim Billig Zoom und dem Standard Plössl ca. 10% vom Bildrand die Schärfe ab, jedoch bleiben Sterne kleine

    Punkte und werden nicht zu Strichen verzogen.

    Nachbemerkung: Durch nachfokussieren kann die Randabbildung teilweise verbessert werden, natürlich ist dies mit einem Schärfeverlust in der Mitte verbunden.


    Farbränder/Chromasie

    Hier kommen wir nun zur Schwachstelle des Billig Zoom Okulars. Was sich schon in der Beurteilung der Okulare ohne Teleskop ergeben hat, bestätigt sich beim

    Blick durch das Teleskop. Am Vollmond tritt der Blausaum beim Billig Zoom von 24 mm bis 16 mm deutlich zu Tage, Das Standard Plössl zeigt hier statt eines

    Blausaums einen geringen gelblich/orangen Saum.

    Was am Vollmond noch deutlich zu Tage tritt, kann bei Jupiter schon nicht mehr wahrgenommen werden. Jupiter zeigt sich von 24 mm bis 10 mm Brennweite mit seinen

    Monden und ab ca. 10 mm Brennweite auch mit seinen Wolkenbändern ohne erkennbare Farbsäume. Nur wenn Jupiter oder einer seiner Monde bereits ziemlich am Bildrand

    beobachtet wird (ca. 10% vom Bildrand) kann wieder ein leichter Farbsaum ausgemacht werden.


  • Fazit


    Das Hyperion Zoom Mark IV ist natürlich in jeder Hinsicht über alle Zweifel erhaben, die beschriebene Qualität darf ich bei einem Preis von 200 Euro aber auch voraussetzen.

    Letztendlich habe ich das Mark IV nur zum Vergleich als Referenzwert herangezogen. Standard Plössl und Billig Zoom liegen in allen Beurteilungkriterien nahe beieinander,

    nur beim Thema Farbränder kann sich das Standard Plössl deutlich vom Billig Zoom absetzen.


    Wie bereits am Anfang erwähnt, ist es in diesem Stadium schwierig den eigenen Werdegang und weitere Entwicklung richtig einzuschätzen und deshalb eigentlich nicht

    möglich eine Okularwahl zu treffen, die auch mit dem späteren Wunschteleskop harmoniert. Bei den mitgelieferten Okularkombinationen fehlen für die Planentenbeobachtung

    die unteren Brennweiten und für Deepsky die oberen. Auch wenn das billige Zoom Okular die beschriebenen Schwächen aufweist, ist es den Standardokularen in allen Vergleichskriterien besser zu bewerten und ermöglicht allein durch das größere Gesichtsfelde Beobachtungsergebnisse die mit den Standardokularen nicht möglich sind.


    Für einen Preis ab ca. 20 Euro erhalte ich alle Brennweiten von 8 mm bis 24 mm und das in einer Qualität, die besser als die mitgelieferten Huygens und Ramsden abbilden.

    Der Farbrand tritt eigentlich nur am Vollmond oder ca. 10% vom Bildrand störend auf. Ich würde das Billig Zoom Okular auch nicht an einer hochwertigen Ausrüstung benutzen

    (obwohl möglich) sondern sozusagen als festen Bestandteil des Kaufhaus- oder Billigteleskop betrachten, der beim Verkauf auch beim Gerät bleibt, vergleichbar mit der fest

    verbauten Barlow eines katadioptrisches System.


    Ein weiterer Grund für diese Entscheidung ist für mich die angenehme Handhabung mit nur einem Okular für alle Vergrößerungen wobei auch das lästige Nachfokussieren,

    wie bei Festbrennweiten üblich, entfällt. Bei der Benutzung von Okularen mit Festbrennweite liegen immer mindesten 4 Okulare mit je zwei Schutzkappen im Dunkel rum

    deren Brennweite mit der Rotlichtlampe ermittelt werden will, sofern man, wie ich, nicht Ordnung halten kann.


    Sofern man dieses Setup ergänzen möchte würde, ich hier eine eine 2 fach Barlow Linse empfehlen, vor allem, wenn in der Okularkombi kein 6 mm Okular enthalten ist,

    da in Kombination mit dem Billig Zoom hierdurch auch die Brennweiten 7 mm bis 4 mm verfügbar sind. Aus meiner Beobachtungserfahrung kann ich allerdings sagen,

    daß ab 8 mm, auch bei Festbrennweiten-Okularen, keine signifikanten Verbesserungen mehr erzielt werden das Bild wird zwar größer aber nicht mehr detailreicher.

    Das gilt umsomehr in Verbindung mit einer 2 fach Barlowlinse, da hier Kontrast und Helligkeit durch die zusätzlichen Linsen im Strahlengang nochmal reduziert werden.


    Wer aber kein 6 mm Okular im Lieferumfang hatte, kann über diese Variante nachdenken, hier würde ich dann aber auf Qualität achten, denn diese Barlow kann dann

    auch gerne zum evtl. nächsten, höherwertige Teleskop mitwandern.


    Wie sich das Billig Zoom an einem okularkritischeren F/4 oder F/5 schlägt kann ich nicht beurteilen, auch nicht wie sich die Schwäche im Hinblick auf Farbränder an einem

    Refraktor mit seinem bauartbedingten Farbfehler auswirkt.

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