Servus Stefan,
ich finde es schade, dass du den Begriff Kunst nicht magst. Aber es dürfte, fürchte ich, wenig bringen, hier über den Kunstbegriff zu diskutieren. Was Handwerk und was Kunst ist und wie man das abgrenzt – darüber kann man endlos diskutieren und auch Bücher dazu verfassen, wenn man mag. Ob High Dynamic Range ls Technik in den Anfangszeiten der Digitalfotografie aus normalen Fotos Kunst machte oder nicht, gehört m.E. auch zu diesen Themen, die man lange diskutieren kann.
Es ist schade, zu lesen, dass du von früher noch ein bisserl traumatisiert bist, weil die Meinungen zu deinen früheren Fotos weit auseinandergingen. Ich vermute aber, dass damals der Diskussionsstil anders war als hier aktuell in diesem thread. Ich habe keinen Beitrag gelesen, der dich persönlich angreift. Kritik zu üben ist aber legitim, wenn hier Bilder gezeigt werden. Ebenso ist es legitim, eine Bearbeitung zu mögen oder nicht zu mögen. Wenn du die Bearbeitung (und mir ist da egal, zu wie viel Prozent händisch) sehr stark ausreizt, dann führt das eben dazu, dass das den Einen gefällt, den anderen wiederum nicht. Das ist ja, vermute ich, auch mit Sinn der Sache. Würde ein Bild einfach nur gefällig sein, nirgends anecken, dann ist es eben nur ein Bild, keine künstlerische Interpretation mehr (ohne durch die Hintertür den Kunstbegriff doch diskutieren zu wollen oder zu definieren).
Schade finde ich aber, wenn Bilder gezeigt werden, auf Kritik daran aber überhaupt nicht eingegangen wird. Der Fisch, der auf dem Sturmvogel schwimmt, da die KI vermutlich einen Fluss aus den Strukturen interpretiert hat oder die Baumstrukturen, die die KI in NGC 7000 gemalt hat... Ob du immer noch davon ausgehst, dass diese Strukturen reale Bestandteile des Objekts sind (so habe nicht nur ich dich verstanden), weiß ich nicht. Diese Diskussion ist völlig unabhängig davon, ob du oder man sich Mühe gibt, wie lange man wohin reist, wie viel es auf den Faroer regnet und ob Urlaubsbilder nur im Freundeskreis interessant sind. Wir sind hier in einem Astronomieforum. Das heißt nicht, dass man solche Bearbeitungen nicht zeigen kann. Es bedeutet aber, dass es hier legitim ist, auch auf solche sachlich-inhaltliche Dinge hinzuweisen bzw. nachzufragen.
Oder zu deinem Sturmvogel – fu hast den Anspruch erhoben, ihn so zu zeigen, wie man ihn aus der Nähe sehen würde. Nun, aus der Nähe würdest du ihn gar nicht sehen, da viel zu lichtschwach (Flächenhelligkeit). Mir kommt es so vor, als würdest du dich persönlich angegriffen fühlen, wenn man deine Bearbeitung nicht mag. Der Vergleich mit den früheren Foren und den Reaktionen, die dazu führten, dass du Personen auf Ignore stellen willst, klingt für mich sehr danach, dass du Kritik persönlich nimmst. Dabei hat dir doch niemand abgesprochen, dass du eine eigene Handschrift zeigen willst oder dass du dir viel Mühe gegeben hast oder dass du viel Zeit investiert hast. Ich sehe auch nicht, dass irgendwer das Verwenden der Stellina kritisiert hätte – im Gegenteil, es wurde Faszination geäußert, was du aus diesem kleinen Fernrohr herausgeholt hast.
Ich persönlich bleibe für mich aber dabei, dass mir diese Form von Bearbeitung von Astrofotos nicht gefällt. Mir gefallen schon die künstlichen Spikes nicht. Nicht, weil ich Spikes ablehne, aber weil man eben sofort sieht, dass sie künstlich sind (echte Spikes zeigen ein Spektrum). Vielen gefällt es, sie einzubauen, auch das ist legitim. Mir gefällt es nicht, aus Rauschen und Artefakten feinste Bäumchen und Fische in Astrofotos zu zeichnen, wenn behauptet wird, dass diese Strukturen real seien, zu sehen seien und nur rausgekitzelt werden müssten, obwohl diese These sofort anhand von Fotos mit großen Teleskopen widerlegt werden kann. Mir könnte ein Fisch durchaus gefallen, der am Sturmvogel entlanggleitet, wenn dies absichtlich als Kunstform oder als Humorelement angewendet wird. Mir könnte auch gefallen, aus Astrofotos Landschaften zu kreieren, in denen in der Tat Bäume aus Wolken wachsen. Ich denke hier z. B. an die surrealistischen Landschaften von Max Ernst (ich liebe sein Werk!).
So aber sehe ich ein Astrofoto, dass in meinen Augen so stark beabreitet ist, dass es voller Artefakte steckt. Und wenn man das nicht als Kunst ansehen soll/darf, sondern als Handwerk/Technik, dann finde ich diese Technik hier deplatziert. Wäre es bewusst als Kunstform eingesetzt, sähe es wohl anders aus. Das ist es ja aber deiner Aussage nach nicht.
Langer Rede kurzer Sinn: Kritik an gezeigten Bildern ist immer legitim. Niemand in einer offenen und freien Gesellschaft kann verlangen, keiner Kritik ausgesetzt zu werden. Unpassende Form von Kritik hingegen, die z. B. beleidigend ist, gehört natürlich nicht dazu – ich habe sowas hier aber nicht gesehen. Deinen Umgang mit der Kritik an der Bearbeitung der Fotos finde ich allerdings durchaus befremdlich.
Liebe Grüße,
Christoph