Aktive Galaxien

  • Hey Guys,


    Wollte mich eben kurz vorstellen. Ich bin Schüler, 19 Jahre jung und muss nun meine Facharbeit zum Thema aktiver Galaxien schreiben. Ich habe mich hier an dieses Forum gewandt, da es doch wirklich sehr kompetent und freundlich auf mich gewirkt hat und ihr hier mit eurem Wissen mir viele Fragen mit Leichtigkeit beantworten könnt. Meine Fragen sollen nicht zum Thema "Wie die Facharbeit aufgebaut werden soll" aussehen, sondern einfach nur der Verständnis dienen.


    Dann fange ich mal an:
    1.) Habe ich es richtig verstanden, dass aktive Galaxien lediglich eine Unterkategorie der Galaxien sind, sie also den selben Bedingungen Unterliegen was die Definition angeht? Aktive Galaxien also durchaus eine Spiralgalaxie sein können, sofern das physikalisch möglich ist? Oder anders erwähnt, nur weil es aktive Galaxien sind, schließt es nicht gleich die Morphologie der Galaxie aus?


    2.) Die aktiven Galaxien unterscheiden sich weitesgehend darin, dass sie mehr Strahlung emittieren, oder? Sie eben einen interaktivene galaktischen Kern besitzen. Aber was genau ist das? Wenn mir erzählt wird, es sei - wie bei dem Beispiel eines Röntgendoppelsterns - ein supermassiver Stern und ein masse ärmerer Stern, die Materie übertragen und dabei Strahlung emittieren alles, kann ich mir da nichts so recht drunter vorstellen. Bzw was ich mich frage, wieso passiert das nicht auch noch an anderen Stellen der Galaxie? Sind die "Größenverhältnisse" bei diesen Planeten und Sternen nicht groß genug? Das war immer ein Punkt, der mich doch sehr gestört hat.


    3.) Was meint ihr, sollte ich großartig als wichtigste Informationen zu einer Galaxie im allgemeinen Schreiben? Definition, Entstehung und äußerliche Merkmale sollten reichen oder?


    Das sind meine bisher ersten Fragen, die ich unbedingt geklärt haben will, damit ich mit klarem Kopf weitermachen kann =)


    Ich bedanke mich schon einmal im Voraus bei den Leuten, die sich die Mühe machen meinen doch recht komplizierten Text zu lesen, verstehen und zu beantworten - danke.


    Liebe Grüße
    Espe

  • Hallo Bjoern,


    erstmal herzlich willkommen hier bei uns. Ich wuehle mich mal ein wenig durch deine Fragen durch.


    Zu 1.: Ja, das hast du richtig verstanden. Aktive Galaxien sind prinzipiell ganz normale Galaxien und konnen sowohl Spiral- als auch Ellipsenform haben (oder Balkenspirale, oder irregulaer...)


    Zu 2.: Jetzt wirds komplizierter. Ja, aktive Galaxien strahlen mehr. Ihr Kern ueberstrahlt den Rest der Galaxie meist um Groessenordnungen. Der Kern, kurz AGN (fuer active galactic nucleus) ist allerdings nicht mehr mit einem Roentgendoppelstern vergleichbar. Das Schwarze Loch im Zentrum einer solches Galaxie ist supermassiv und enhaelt mehrere Millionen Sonnenmassen. Es ist umgeben von einer grossen Akkretionsscheibe aus Material aus der unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs. Dieses Material wird von dem Schwarzen Loch fleissig akkretiert, also angezogen und dem Schwarzen Loch einverleibt. Dieser Akkretionsprozess ist es, der den Kern derart stark aufleuchten laesst. Je nach dem aus welcher Richtung wir auf des ganze schauen, koennen wir auch Jets sehen, die einen Teil des Scheibenmaterials senkrecht aus der Scheibe wirft, anstatt es dem Schwarzen Loch zuzufuehren.


    Die meiste Literatur zu dem Thema ist recht speziell und eher fuer Studenten ausgerichtet. Mir faellt auf den Schlag da auch kein guter Uebersichtsartikel zum Einstieg ein, da wird es aber sicher irgendwo in Zeitschriften wie "Sterne und Weltraum" etwas geben. Fuer den ersten Ueberblick sollte es jedenfalls die englische Wikipedia, die etwas auskunftsfreudiger als die deutsche Variante ist: http://en.wikipedia.org/wiki/Active_galactic_nucleus


    Was deine Frage 3 angeht, ist das natuerlich eine sache dessen, wie ausfuehrlich die Arbeit ueberhaupt sein soll (meine Facharbeit (inzwischen 10 Jahre her, in Schleswig-Holstein angefertigt) war 60 getippte Seiten lang, da haetten es drei Zeilen zur Einleitung nicht getan. Dafuer konnte man damit aber auch eine LK-Halbjahresnote ersetzen. In anderen Bundeslaendern sieht das ganz anders aus.


    Soweit fuers erste,
    Caro

  • Hui, danke für diese fixe und äußerst hilfreichen Informationen :)
    Ich fühle mich ehrlich gesagt sogar schon geehrt von einer Astrophysikerin Hilfe zu erhalten :)


    Auf das englische Wikipedia zuzugreifen war ein guter Vorschlag, hätte ich auch selbst drauf kommen können ich Dussel.
    Aber wenn wir schon beim Thema sind, kannst du mir das mit der Akkretionsscheibe auch genauer erklären? Wie genau entsteht sie? Bestehen tut sie glaube ich auch aus Materie.


    Und zu der Facharbeit, es ist meiner Meinung nach nichts besonderes. 15 Seiten soll sie maximal lang werden und die sind doch sehr schnell erreicht. Mein Thema ist zwar knackig, aber doch sehr interessant =)


    Liebe Grüße

  • Mhh okay, da kam leider keine Antwort mehr.


    Dann auf neue: Das mit der Akkretionsscheibe, also die Frage besteht weiterhin ;)


    Und es hat sich zum anderen eine neue Frage aufgetan: Die Milchstraße als Beispiel, ist eine Spralengalaxie. Der Grund für diese Bezeichnung ist sehr nahe liegend, jedoch frage ich mich, wie diese "Spiralen" denn entstehen. Die Spiralen sind lediglich die Ansammlungen der Sterne, welche nicht homogen verteilt sind. Aber wieso kommt es dazu? Also ich tippe mal, dass es auch wieder mit den Anziehungskräften der entstehenden Planeten zu tun hat, sicher bin ich mir aber nicht. Kann mir wer weiter helfen?


    Liebe Grüße

  • Hallo Björn!
    Spiralarme entstehen definitiv nicht durch anziehungskräfte irgendwelcher Planeten sondern sind Dichtewellen welche das interstellare Gas vor sich herschieben. Da darin auch neue und leuchtkräftige Sterne entstehen fallen die Spiralarme überhaupt auf.
    Auch hier: Wikipedia, Stichwort Spiralarme+Dichtewellen!


    Gruß Christoph

  • moin,
    ich habe vor einem Jahr auch eine Facharbeit im Bereich der Astronomie geschrieben, war allerdings nur ein Umfang von 8 Seiten plus ein bisschen Anhang. Ich bekam starke Platzprobleme.



    Akkretionsscheiben entstehen, wenn Gas- und Staubteilchen auf eine zentrale Masse zu fallen.
    Grundlage ist immer: Aufgrund der Drehimpulserhaltung können Teilchen nicht geradewegs auf eine große Masse zu stürzen, sondern werden sich ihr in Spiralen nähern. Dabei verdichtet sich die Teilchenwolke zu einer Scheibe. Die in dieser Scheibe auftretenden Dichten können relativ hoch werden und das Ganze wird durch Reibung sehr heiß, weswegen die Scheibe strahlt.

  • Hey Espe,
    ich versuche mal kompakt aber dennoch ausführlich zu antworten, muss aber bitten dass Du nachfragst falls etwas unklar beibt oder aber zu kompliziert erklärt ist.


    Also, Du sprichst hier erstmal 3 verschiedene astrophysikalische Phänomene an: Akkretionsscheiben (z.B. bei AGN), Spiralarme von Galaxien und Planetensysteme.


    Zuerst zu den Akkretionsscheiben: Generell ist ja so, dass Massen einander anziehen, vermittels der Gravitationskraft. Nur führt das nicht automatisch dazu, dass Materie radialsymmetrisch auf ein supermassives Schwarzes Loch im Galaxienzentrum stürzen kann. Denn es gibt ein Naturgesetz, welches besagt, dass Drehimpuls erhalten bleibt.


    Dieses Naturgesetz kannst Du beobachten, wenn Du in der Badewanne sitzt und den Stöpsel ziehst: Auch dann wird nicht das Wasser symmetrisch und ungestört in den Abfluss stürzen, sondern einen rotierenden Strudel bilden, in welchen Drehimpuls und Energie durch Reibung umverteilt werden, bis das jeweilige Wasserteilchen in das Loch stürzen kann.


    Bei einem supermassiven Schwarzen Loch führt dieses Prinzip dazu, dass zwar Materie aus der Umgebung gravitativ angezogen wird, aber eben nicht sofort vom Schwarzen Loch "geschluckt" werden kann, sondern erst durch Ausbildung einer rotierenden Scheibe in der Äquatorebene Drehimpuls und Bahnenergie abgeben muss. Natürlich gibt es dabei Gewinner und Verlierer: Manche Teilchen stürzen in das Schwarze Loch, andere werden auf höhere Bahnen gebracht oder entkommen sogar.


    Diese Scheibe, das ist die Akkretionsscheibe.


    Wenn man das genau ausrechnet, lernt man, dass die klassische "Reibung" alleine nicht ausreichen kann, um Akkretion zu ermöglichen, denn das Material ist immernoch nicht sehr dicht. Es ist jedoch (teilweise) ionisiert, und von Magnetfeldern durchsetzt. Diese spielen eine grosse Rolle, indem sie durch das Auslösen eines Effektes den wir Magnetorotationsinstabilität nennen, Turbulenz anregen, und somit den Drehimpulstransport effektiv genug machen, um die Akkretion (das "Verschlucken" von Teilchen durch das Schwarze Loch) erst zu ermöglichen.


    Nun ist es ja so, dass ein Schwarzes Loch sehr kompakt ist, und dass somit sehr viel potentielle Energie frei wird, wenn ein Teilchen auf seinen Ereignishorizont stürzt. Wie viel? das kannst Du Dir leicht herleiten, wenn Du überlegst, dass, um von knapp ausserhalb des Schwarzschildradius ins Unendliche "abzuspringen", Deine Startgeschwindigkeit von der Grössenordnung der Lichtgeschwindigkeit sein müsste (das macht ja erst das Loch schwarz!). Und Deine kinetische Energie in dem Fall? Die wäre von der Grössenordnung der Ruhemasse, nämlich m*c^2! Und umgedreht bedeutet das, dass für ein Teilchen vor und bei dem Sturz auf das Schwarze Loch auch ein nennenswerter Bruchteil (~50%) von m*c^2 frei wird.


    Zum Vergleich: nukleare Energieerzeugung, ob in Sternen (Kernfusion) oder Kernkraftwerken, setzt maximal ~2% der Restmasse an Energie frei.
    Akkretion ist also ein enorm Effizienter Prozess in der Astrophysik, um grosse Energiefreisetzungen (und damit Leuchtkräfte) zu erzeugen.


    Und diese Energie, wie bei jeder Art von Reibung üblich, die heizt die Akkretionsscheibe auf und führt so dazu dass sie thermisch zu Strahlen anfängt. Da die Scheibe von innen nach aussen kühler wird, und ausserdem die Fläche eines gleich breiten Scheibenstückes dabei natürlich zunimmt, ergibt sich aus der Überlagerung all dieser Schwarzkörperstrahlungen ein charakteristisches Spektrum, ein Potenzgesetz mit dem Exponenten -1/3 in F_nü. Dieses, und auch ein flaches Maximum der thermischen Emission im UV-Licht (den "big blue bump") beobachtet man tatsächlich bei vielen AGN (zumindest bei denen der Blick auf die Zentralregion nicht durch Staub verstellt ist).


    Das zeigt also, dass die AGN tatsächlich durch Akkretion gespeist werden.


    Auch ist dieser Prozess selbstbegrenzend: auch Licht übt ja einen kleinen (Strahlungs-)Druck auf Materie aus. Je heller also der zentrale AGN wird, umso mehr muss die Gravitation gegen diesen Strahlungsdruck "ankämpfen" um überhaupt noch "Nahrung" nachzuführen. Spätestens wenn Gleichgewicht zwischen beiden Kräften herscht, kann die Leuchtkraft nciht mehr weiter anwachsen, denn dafür wäre ja mehr Materienachschub nötig.
    Die Leuchtkraft, bei dem dieses Gleichgewicht erreicht wird, nennt man "Eddingtonleuchtkraft", und diese ist nur von einigen Naturkonstanten abängig und leicht zu berechnen.


    Das Ergebnis hängt von der Masse des anziehenden Zentralkörpers ab, und beträgt 1,3*10^38 erg pro Sekunde (oder eben 10^31 Watt) und Sonnenmasse.


    Wenn man nun die Leuchtkraft der hellsten AGN (der Quasare) misst, dann findet man etwa einige 10^46 erg/s. Folglich müssten sie Schwarze Löcher mit mehren hundert Millionen Sonnenmassen beherbergen, die nahe der Eddingtongrenze akkretieren. Das passt wunderbar zu Ergebnissen anderer Methoden, diese Schwarzen Löcher zu wiegen, und ist ein weiterer starker Hinweis auf die Richtigkeit der Vorstellung.


    Übrigens findet man in manchem Galaxien (M82 ist so ein Fall in unserer näheren Umgebung) auch Objekte, welche im fernen UV und Röntgenlicht weit heller als stellare Eddingtonleuchtkräfte sind, nämlich etwa 10^41 erg/s im Fall von M82 X-1. Diese "ultraluminous x-ray sources" oder ULXe sind ein ganz heisser Forschungsgegenstand zur Zeit, und neben der Erklärung als Emission junger sehr heisser massereicher Sternhaufen gibt es auch Modelle, die sie als akkretierende Schwarze Löcher mit geringerer Masse (etwa 1000 Sonnenmassen) als die in den Zentren der Galaxien beschreiben.


    Und im ganz kleinen gibt es auch in unserer Milchstrasse stellare Schwarze Löcher (und Neutronensterne), die Materie akkretieren und sich dadurch verraten. Diese nennt man darum manchmal auch "Mikroquasare", da sie ihren grossen Vettern sehr ähnlich sind. Cygnus X-1 ist so ein Fall.


    Schliesslich passiert bei der Akkretion auch etwas interessantes entlang der Polachsen: erinnere Dich daran dass wir gesagt hatten, dass das Material von Magnetfeldern durchsetzt ist. Durch die schnelle Rotation in der nähe des Schwarzen Loches werden diese stark "aufgewickelt", und bilden schliesslich "Schläuche" die in Richtung der Pole abströmen. Ein geladenes Teilchen, welches sich um diese Feldlinien bewegt, kann durch eine Zone nahe am Ereignishorizont eines rotierenden Schwarzen Loches (die Ergosphäre) geführt werden, und dabei dem Schwarzen Loch ein wenig seiner enormen Rotationsenergie abspenstig machen. Dieses bipolare Abströmen relativistischer Teilchen entlang der Polachsen beobachtet man tatsächlich, das sind die berühmten "Jets" der AGN.


    An Schocks im Verlauf dieser Jets können die Teilchen dann weiter beschleunigt werden, bis zu Energien von mindesten 10^21 elektronvolt pro Teilchen, weit höher als alles was man im Labor erzeugen kann. Zum Vergleich: Das sind etwa 100 Joule, also eine schon makroskopische Energie, für ein einziges Elementarteilchen!


    Und auch diese "Ultra high energy cosmic rays" beobachtet man (aber selten: nur ein Teilchen pro Quadratkilometer und Jahrhundert!) mit viele tausend Quadratkilomer umfassenden Experimenten, wie AUGER in der argentinischen Pampa.


    Soviel zu den AGN, ich mache gleich noch die beiden anderen Posts...

  • So, nun die Planetensysteme: Nachdem wir ja jetzt Akkretion diskutiert hatten, ist das nicht sehr schwierig, denn auch bei der entstehung eines neuen Sternes muss sich ja Materie verdichten, und nach und nach in eine Potentialmulde fallen.


    Und dabei treten aus den gleichen Gründen (Drehimpulserhaltung und Magnetfelder!) die prinzipiell gleichen Phänomene wie bei den AGN auf, nur sind die Protosterne viel weniger kompakt, so dass die Akkretionsscheiben eher im infraroten leuchten, und auch die Jets nicht so energiereich sind.


    Dennoch beobachtet man beide Phänomene auch bei jungen (Proto-)Sternen, z.B. in der Orion-Molekülwolke.


    Aufgrund der niedrigen Temperaturen können sich hier aber auch innerhalb der Scheibe Verdichtungen bilden, welche weiter zu Planeten kondensieren können, welche dann ihrerseits Material aus der Scheibe aufsammeln und so wachsen.


    Schliesslich erreicht der Stern einen mehr oder weniger stabilen Zustand des Wasserstoff-Kernbrennens, und bläst einen guten Teil der übriggeblieben Scheibe weg, so dass man dann ein klassisches Planetensystem hat.


    Sehr junge Sterne sind aber noch von Resten dieser Scheibe umgeben, was man als Infrarot-Exzess sehen kann (z.B. bei Vega).
    Und im Fall von Fomalhaut z.B. konnte man kürzlich sogar einen jungen Planeten, welcher innerhalb der Rest-Scheibe umläuft, direkt abbilden.


    Das gelang im Infraroten deshalb, weil solche jungen Planeten noch nicht ausgekühlt, und so vergleichsweise leuchtkräftig, sind.

  • Nun noch zu den Spiralarmen, die manche Galaxien (u.a. die Milchstrasse) aufweisen:
    Diese haben ursächlich nichts mit Akkretion oder Planetensysten gemeinsam.
    Die Entstehung ist nciht restlos aufgeklärt, aber man geht heute von folgendem aus:
    Die Spiralarme können keine fest mitrotierenden Phänomene sein, denn sonst würden sie innerhalb weniger Umläufe quasi "aufgewickelt".


    Vielmehr geht man in einer Dichtewellentheorie davon aus, dass sie sogenannte "Lindblad-Ressonanzen" kennzeichnen, welche in etwa mit halber Geschwindigkeit der Rotation der interstellaren Materie in der Galaxie umlaufen.


    Trifft nun z.B. eine Molekülwolke eine solche Dichtewelle, so wird durch diese Störung der Kollaps von Protosternen, und damit Sternentstehung, angeregt.


    Und da dabei viele sehr leuchtkräftige, aber kurzlebige, O und B Sterne entstehen, erscheint uns jeweils die Region in der diese Sterne entstehen und noch vorhanden sind, viel leuchtkräftiger als die dazwischenliegenden Gebiete.


    Das sind eben die Spiralarme, welche also keinesfalls statisch sind, sondern sich sozusagen ständig neu bilden während die Galaxie als ganzes rotiert.


    Ich hoffe der ganze Text schrekt Dich nciht, sondern hilft ein wenig weiter. Ansonsten frag gerne nochmal nach...

  • Abschrecken? Ganz im Gegenteil, du hast es geschafft das kleine glimmen zu entfachen =)


    Erstmal ein ganz dickes Dankeschön für diese ausführlichen Texte. Ist ja enorm was für ein Wissen dahinter steckt.


    Aber ich muss zugeben, als kleiner Gymnasiast entstehen da wirklich sehr viele Fragen ;) Ich hoffe du wirst diese mit dem selben Eifer beantworten, wie du es gerade eben schon getan hast.


    Also erstmal hattest du von der bekannten Formel E=mc² gesprochen, richtig?
    Ich hab mal meinen Taschenrechner ausgepackt und eine Masse von 1g eingesetzt, also 0,001kg und der Taschenrechner spuckt mir eine Energie von 9*10^13 aus. Sind das Joule? Ist das überhaupt richtig? Ich meine... das ist jede Menge Energie! Eigentlich nicht vorstellbar für einen Menschen. Und dann die aussage dazu, dass diese Energie nicht ausreichend sein kann, ein Brüller. Jedenfalls sprachst du direkt danach davon, dass ~50% der Masse in Energie umgesetzt werden. Wie darf ich das verstehen? Wie kann ich Masse in Energie umsetzen? Bzw wieso gibt es dafür ein Maximum? (Wäre ja, wenn die 100% erreicht worden wären).


    Die nächste Frage die sich aufbaut ist, was es mit dem exponenten - (1/3) in F_nü auf sich hat. Was soll dieses F_nü bedeuten? Und was mir auch bisschen paradox klingt ist, wieso die Scheibe denn am äußeren Rand breiter wird. Müsste es sich denn nicht aufheben, das mit der Breite? Je näher der Staub an das Schwarze Loch gelangt, desto stärker werden diese zwar angezogen, aber auch wärmer. Und Wärme ist die Teilchenbewegung. Nun braucht der Staub mehr Platz. Oder ist dieses Modell einfach zu "primitiv"?


    Das mit dem Strahlungsdruck habe ich denke ich verstanden. Je mehr von den elektromagnetischen Strahlungen abgegeben werden, desto stärker ist der Druck, der die zu akkretierende Masse wegschiebt? Der Satz mag zwar vollkommen falsch klingen, aber ich denke du weißt was damit gemeint ist. So kann man also logisch darauf schlussfolgern, dass die resultierende Leuchtkraft ein Gleichgewicht zwischen "Anziehungskraft" und "Strahlungsdruck" ist. Jedoch frage ich mich, was "erg" ist. Also Wikipedia sagte mir, dass es eine andere, eigentlich veraltete Maßeinheit ist und ich dafür genau so gut auch 10^-7 Joule schreiben könnte. Denke das ist mir lieber :)


    So, zu guter Letzt, kannst du mir das mit den Jets noch bisschen ausführlicher beschreiben? Wie genau entstehen die? Das mit diesen "Magnetfeldschläuchen" hab ich begriffen, habe da mal ein recht anschauliches Bild von gesehen. Jedoch habe ich nicht verstanden wieso diese Ionisierte Masse jetzt von dem Schwarzen Loch abgelenkt wird.


    Ahh und was sind O und B Sterne? =D


    So das muss erstmal reichen.


    Danke nochmal für das ganze.


    Ach übrigens, kannst du mir vielleicht eine PM schreiben mit deinen Daten, damit ich das zitieren kann? Sofern du mir die Erlaubnis dazu erteilst. Weil der Text klingt wirklich gut und Kompetenz hast du allemal =) Wäre sehr nett.


    Liebe Grüße


    Björn

  • Hallo Björn,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">...19 Jahre jung und muss nun meine Facharbeit zum Thema aktiver Galaxien schreiben<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ach du ärmster! Aber komm, aus den Rückfragen, die du stellst, erkennt man sofort, dass dich das Thema wirklich fesselt. Ist das Physik Leistungskurs?


    Für mich sind die aktiven Galaxienkerne eines der spannendsten Gebiete der Astronomie, zumal sich die Hinweise aus jüngster Forschung immer mehr verdichten, dass die supermassiven schwarzen Löcher die Keime, also die Hauptakteure bei der Galaxienentstehung im jungen Universum waren und dass auch in der Gegenwart jede Galaxie ein supermassives schwarzes Loch im Zentrum beherbergt (siehe [url="http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,600115,00.html"]Am Anfang war das Loch[/url]).
    ---&gt; Zwischenfrage: gilt das auch für Zwerggalaxien?
    Daher würde ich den Aufsatz einer kurzen Beschreibung einleiten, was eine Galaxie im allgemeinen ist und was die aktiven von den normalen unterscheidet.


    Das supermassive schwarze Loch an sich ist ja per Definition dunkel; keine Materie, Energie oder Information kann aus ihm heraustreten. Seine Existenz und Masse verrät es einzig und allein durch seine Anziehungskraft auf Objekte außerhalb des "Ereignishorizontes". Ob der Galaxienkern aktiv ist, hängt einzig und allein davon ab, wie viel Futter (Materie) das "Schwarze Biest" zu fressen bekommt. Ob und was genau wir von dieser Akkretion (Lateinisch für aufsammeln) zu sehen bekommen, hängt wiederum davon ab, in welchem Winkel wir auf die Akkretionsscheibe schauen, wie stark die Sicht von umgebendem Staub verschleiert ist, oder ob sogar der Leuchtkegel des Jets direkt in unsere Richtung zeigt --&gt; Blazar, von to blaze= blenden).
    Siehe schöne Zusammenstellung Aktiver Galaktischer Kern von Andreas Müller.


    Deine Fragen kann ich nur zum Teil beantworten:
    1.) E=m*c^2 ist die wohl berühmteste Gleichung der modernen Physik überhaupt. Sie besagt, dass Materie in Energie umgewandelt werden kann und ungekehrt. Genau das passiert auch z.B. in einem Kernreaktor durch Kernspaltung oder in der Sonne durch Kernfusion.
    Deine Rechnung stimmt, mach mal die Einheitenprobe: 1 Joule= 1 N*m= 1 kg*(m/s)^2. Würde man 1 Gramm Materie komplett in Energie umwandeln, bekäme man tatsächlich 9*10^13 Joule Energie, das entspricht dem Heizwert von 2 Millionen Tonnen Benzin, damit könnte ein Auto ca. 400.000 Mal um die Erde fahren!
    Warum der Akkretionsprozess ~50% der Masse in Energie umwandeln kann, habe ich jedoch auch nicht verstanden. Kann es jemand erklären?
    In der Astronomie ist alles extrem und für den normalen Menschen nicht wirklich vorstellbar. Oder kannst du dir vorstellen, wie hell ein Quasar leuchten muss, damit er in Milliarden Lichtjahren Entfernung sogar mit einem Amateurteleskop gesehen werden kann?


    O und B Sterne: Sind blaue und weiße Riesen, heiße junge große Sterne die gut 10.000-fach heller leuchten als unsere Sonne. Siehe Spektralklasse und Herzsprung Russel Diagramm


    Warum "erg" statt "Joule" in der Astronomie noch verwendet wird, würde mich auch gern interessieren


    Die Strahlung in der Akkretionsscheibe folgt den Gesetzen von Schwarzen Strahlern, indem die absolute Temperatur T mit der 4. Potenz eingeht (Stefan-Boltzmann-Gesetz). Zusammen mit Gesetzten der Magnetohydrodynamik, sowie der Geometrie der Scheibe können die Astrophysiker einen Temperaturverlauf in der Scheibe modellieren, deren Spektrum gut mit den Beobachtungen übereinstimmt. Ich fürchte, ab hier wird es mir zu kompliziert, da muss Caro, DK279, oder sonst wer ran[8)].


    Zur Entstehung der relativistischen Plasmajets siehe wieder bei http://www.wissenschaft-online…rowissen/lexdt_j.html#jet , aber Vorsicht, hier wird es wieder richtig kompliziert, wenn du das wirklich im Detail versehen willst, musst du wohl Astrophysik studieren. Ich kann dir auch nur sagen, dass ich den Jet von M87 mit eigenem Auge gesehen habe[8D].

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Stathis</i>
    Warum "erg" statt "Joule" in der Astronomie noch verwendet wird, würde mich auch gern interessieren
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Aus dem gleichen Grund aus dem wir auch immernoch Angstrom statt Nanometer verwenden, oder Gauß statt Tesla. Aus dem Grund aus dem der Bauer sein Saatgut in Zentnersäcken ordert oder man bei Tschibo ein Pfund Kaffee frisch mahlen läßt. Oder die Oma im Supermarkt die Preise in DM umrechnet.


    Alle diese Einheiten haben eine lange Tradition, wurden fleißig benutzt und lassen sich nicht mal eben durch Gesetze oder eine IUPAP-Empfehlung aus der Welt schaffen. Durch konsequentes Weiterbenutzen sterben diese Einheiten nicht aus. Da können die Physiklehrer in der Schule noch so sehr auf SI-Einheiten getrimmt sein und ihren Schülern eingebleut haben, daß alles andere doch bitteschön verboten ist, spätestens wenn man an der Uni mit einem englischsprachigen Fachbuch arbeiten muß, dann verschwinden die Joules und Coulombs aus dem Benutzungsrepertoire und die guten alten Ergs, Dyns und elektrostatischen Einheiten tauchen wieder aus der Versenkung auf. Die ältere Generation gibt sie der neuen auch weiter fleißig mit auf den Weg, denn im Gegensatz zu Lehrern lassen sich Professoren in dieser Hinsicht nichts vorschreiben und bleiben bei dem was sie selber gelernt haben. Genauso verordnen sie einem aus demselben Grund auch Programmiersprachen wie Fortran, die überall außer der Wissenschaft längst ausgestorben sind.


    Auch weiterhin Angstroms und Ergs verwendend und dadruch immermal wieder über verkehrte Zehnerpotenzen stolpernd, wenn man SI-Einheiten umrechnen muß,
    Caro

  • Hi,
    welche Einheiten Du benutzt, würde ich mit dem Lehrer klären. Nicht dass Du einen Punktabzug kriegst, nur weil Du veraltete Einheitenbezeichnungen verwendest. Auf jeden Fall die Einheiten einheitlich benutzen. Als Schüler dafür 3 Zeilen Erläuterung (auch als Fußnote) in einer z.B. 15-Seiten-Arbeit zu verwenden halte ich nicht für falsch, zeugt es doch von einer wissenschaftlichen Herangehensweise.


    Gruß

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Auch weiterhin Angstroms und Ergs verwendend und dadruch immermal wieder über verkehrte Zehnerpotenzen stolpernd, wenn man SI-Einheiten umrechnen muß,
    Caro<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> So man das #x212B noch auf der Tastatur findet. [:D]


    Wenn ich Lehrer wäre und ein Schüler ohne Not mit Ångström käme, wäre ein Punkt schon weg... -&gt; Verwendung nicht DIN-gemäßer Größen.


    Gruß

  • Hallo zusammen,
    nur kurz eine Entschuldigung das ich noch nichts geantwortet habe: Ich bringe es heute zeitlich nicht mehr zusammen - aber, morgen, da nehme ich mir die Zeit und antworte nach Kräften auf die mittlerweile angefallenen Fragen! (einiges wurde ja aber auch schon sehr kompetent von anderen beantwortet).


    Viele Grüsse!

  • Hallo Espe,
    bei AGN's, soweit ich informiert bin, darf man eines nicht außer Acht lassen:
    Was wir sehen sind Momentaufnahmen. Du kannst es Dir ja selbst ausrechnen, wie hell ein supermassives SL strahlt, wenn gerade im Verlauf von wenigen Tagen ganze Sonnenmassen oder innerhalb von wenigen Jahren ganze Gaswolken, die für hunderte Sonnen reichen würden, den kritischen Bereich der Akkretionsscheibe erreichen und mit einer Quote von 25% zerstrahlt werden. Dazu kommt, ob wir diesen Galaxienkern bzw. dessen Akkretionsscheibe im "Schnitt" oder in "Draufsicht" sehen und ob Gas-/Staubwolken die Sicht verhindern.

    Zur Scheibenbildung noch folgende Anmerkung: Jede Ansammlung von Gas/Staub hat etc. - unterm Strich - einen Drehimpuls und somit eine Drehachse. Und bezogen auf diese Drehachse findet aufgrund von Reibungsprozessen (was mit der Elektromagnetischen Wechselwirkung einhergeht) eine Abflachung statt. Ob bei Galaxienscheiben, Sonnensystemen (wo die Planeten in einer Ebene und gleichen Drehsinn drehen) oder um Supermassiven SL; grundsätzlich ergibt sich dies dadurch, dass kreisende Teilchen außerhalb dieser Hauptdreh-Ebene, genau zweimal diese Ebene je Umdrehung durchstoßen müssen und kollidieren können. Die Drehmomente neutralisieren sich mit der Zeit, übrig bleibt der Drehmoment um die Achse. Erstaunlicher Weise gibt es auch astonomische Gebilde, wo keine Scheibenbildung beobachtet wird: Kugelsternhaufen. Die enthalten praktisch keine Gasteilchen, die noch kollidieren können, die Kollision der Sonnen geschieht im Ergebnis viel zu selten, als dass dadurch eine Scheibenbildung beobachtbar wäre. Ein Drehmomentaustausch geschieht faktisch nur gravitativ (Fly-By-Manöver) und nicht via elektromagnetischer Wechselwirkung (sprich Reibung). Eine weitere Erscheinung, die sich genauso verhält ist die sog. "Dunkle Materie", die ja ebenfalls nicht auf elektromagnetischer Wechselwirkung reagiert (deshalb ja "Dunkle Materie") und daher die Galaxien als Kugelwolke umhüllt/durchdringt. Daran siehst Du, wie wichtig die "Reibung" für die Scheibenbildung bei Sonnensystemen, Galaxieen-Scheibenbildung und Akkretionsscheiben ist.


    Gruß

  • Hallo :)


    Da bahnt sich so langsam doch einiges an was ausgearbeitet werden will :) Ich danke euch für eure tatkräftige Unterstützung, echt super!


    Wobei sich jetzt noch eine kleine Verständnisfrage auftut: Was genau ist Dunkle Materie? Sind das alles "nur" schwarze Löcher oder gibt es auch andere Objekte die dazu gehören? Ich habe oft diesen Begriff gehört, eine hohe Masse scheinen sie ja alle zu haben denn nur durch die gravitativen Wechselwirkungen allein fallen diese nicht zu sehenden Objekte erst auf.


    Und eine andere Frage noch: Quasare sind die Energiereichesten Quellen, die wir bisher beobachtet haben, stimmt doch oder? Und funktionieren tun sie, da ein SMBH die Gase aus der Umgebung akkretiert und dabei eben diese Strahlung entsteht, oder habe ich etwas entscheidendes ausgelassen? Befinden sich Planeten oder Sonnen in direkter Umgebung? Denn diese würden wieder Gas verbrauchen welches doch für die Akkretion verbraucht wird. Keine Planeten = mehr Strahlung, jedenfalls so lange bis das Gleichgewicht aus Strahlungsdruck und Gravitation erreicht ist. Oder enthalten Quasare einfach nur Super Super Massive Schwarze Löcher? =)


    Liebe Grüße
    Björn

  • Noch ein kleines Extrabonbon:



    Momentan kämpfe ich gerade mit der Entstehung einer Galaxie, wollte es eigentlich recht einfach und anschaulich verpacken. Es geht mir dabei eigentlich nur um die allgemeine Entstehung einer Galaxie, aber irgendwie finde ich nur Quellen in denen alles mögliche steht. Soweit ich das verfolgen konnte ist es so, dass ein Ungleichgewicht in einem Massekörper stattgefunden hat. Wie soll man das erklären? Also es wird ja vermutet, dass das Uruniversum eine einzige zusammengehörende Materie war, die durch Gravitation sich zusammenhält. Durch diese Schwankungen jedoch wurde es instabil und kollabierte. Dabei entstanden dann die Bedingungen für die Schwarzen Löcher. Irgendwie so was?


    Liebe Grüße
    Björn

  • Hallo,
    so, nun mein versprochener Post, um auf einige Punkte zu antworten. Dieses Thema ist mittlerweile sehr vielschichtig, falls ich etwas übersehe bitte rückfragen, es scheint ja doch einige zu interessieren (u.a. mich ;) ).


    Also, zuerst die Nomenklatur: OB-Sterne sind Sterne der Spektralklassen O und B, also sehr massereiche und leuchtkräftige Sterne, die aber darum auch nur sehr kurzlebig sind. Assoziationen dieser Sterne finden sich darum fast nur in den Gebieten aktueller Sternentstehung in den Spiralarmen, da sie einfach in der Mehrheit nicht lange genug leben, um weit weg zu wandern. Ihre Strahlung ist aufgrund der höheren Oberflächentemperatur vor allem bei den O-Sternen energiereich genug, um interstellaren Wasserstoff anzuregen, was wir dann als HII-Region beobachten können.


    Solche Sterne hat jeder von Euch schonmal gesehen, Stern C im Trapez im Orionnebel ist z.B. ein O6-Stern. Diese Sterne regen den Orionnebel an, aber auch ihnen werden nur wenige Millionen Jahre vergönnt sein bevor sie unsere Nachfahren mit einer galaktischen Kernkollaps-Supernova beglücken.


    Zu den "erg(s)" hat Caro ja schon geschrieben dass das auch viel mit tradierten Verfahren zu tun hat. Ich möchte noch hinzufügen, dass für den Wissenschaftler jede Einheit genau gleich willkürlich ist. Also spricht absolut nichts dagegen, in der Kommunikation diejenige zu verwenden, die innerhalb des jeweiligen Faches am weitesten verbreitet ist. Und das ist in der Astrophysik nunmal erg (oder Elektronvolt). Man kann es auch so sehen: Der Quasar über den wir reden, der war schon lange da bevor wir geboren wurden, der wird noch da sein lange nachdem wir gestorben sind, und dem ist es mit Sicherheit ziemlich egal was irgendein Gremium zur Normung von Masseinheiten beschliesst...
    Ich hoffe auch mal dass Dein Lehrer Deine Arbeit nicht nach den verwendeten Einheiten bewertet, denn so bildet man mit Sicherheit keine Wissenschaftler aus. Nichts desto trotz müssen wir uns darüber aber zum Glück keinen Kopf zerbrechen, denn die Umrechnung ist ganz leicht, ein erg sind 10^-7 Joule. Ich werde mich in diesem Thread darum bemühen die im Alltag gängigen SI-Einheiten zu verwenden, und es ist natürlich vollkommen OK wenn Du in Deiner Arbeit Joule nimmst ;)


    Übrigens gibt es noch einen kleinen praktischen Grund: Bis auf einen Faktor 1.6 entspricht ein erg einem TeV, so dass ich z.B. sehr leicht Diagramme aus Energiebereichen die viele Dekaden überspannen vergleichen kann, wenn sie in erg und Elektronvolt geplottet sind...


    (posts gehen gleich weiter)

  • Wo wir schon bei Energie sind: Du hast natürlich richtig gerechnet, die Ruhemasse von einem Gramm entspricht nach E=mc^2 (davon sprach ich) einer Energie von 9*10^13 Joule. Das ist viel, in "militärischen" Einheiten wären das 21 kilotonnen TNT. Traurigerweise hat also die Ruheenergie eines einzigen Grammes im August 1945 Tod, Zerstörung und Leiden für hunderttausende Menschen gebracht.


    Viele Dinge im Universum sind allerdings grösser als menschliche Vergleichsmassstäbe. Ein unscheinbarer Hauptreihen-Zwergstern wie die Sonne wandelt jede Sekunde etwa die Ruhemasse von 4 Millionen Tonnen in Energie um. 30 Millionen Sekunden im Jahr, 10 Milliarden Jahre lang...


    Anders als Sterne (oder Kernwaffen) beziehen AGN ihre Energie allerdings nicht daraus, dass bei Kernumwandlungen eine Massedefekt auftreten kann (d.h. dass die gebildeten Kerne etwas leichter sind als die Ausgangskerne, und die Differenz direkt als (Strahlungs)Energie frei wird), sondern nutzen eine andere Form der Energie, nämlich potentielle.
    Jeder Körper im Gravitationsfeld hat ja eine solche potentielle Energiedifferenz zum "Grundzustand". Auf der Erde wäre dieses Bezugsniveau natürlich meist der Erdboden, und selbst da kann ordentlich potentielle Energie zusammen kommen, bei einem Bergsturz z.B. plastisch zu erkennen...


    Bei einem AGN dagegen nimmt man ja als zentrale Masse ein Schwarzes Loch an, was erstens hunderte Millionen mal massereicher als die Sonne sein kann, die wiederum 332 000 mal massereicher als unsere Erde ist. Und bei welchem die Masse zweitens für den darauf zufallenden "Beobachter" auf vergleichsweise sehr kleinem Raum konzentriert ist. Der scheinbare Radius, der Schwarzschildradius, berechnet sich zu ~G*m/c^2. Für die Erdmasse von 5*10^24 kg wären das also nur 3,7 Millimeter. Die Masse der ganzen Erde, konzentriert in einer Erbse. Selbst bei den Supermassiven Schwarzen Löchern ist dieser Schwarzschildradius dann noch kleiner als unser Sonnensystem.


    Man kann sich also vorstellen, dass beim Sturz aus dem Unendlichen darauf auch vergleichsweise gewaltige Mengen potentieller Energie frei werden!


    Und da ja das Gleichheitszeichen in E=mc^2 in beide Richtungen gelesen werden kann, entspricht diese Energie immer auch einer äquivalenten Masse. Nähert sich nun ein Objekt der Lichtgeschwindigkeit, so wird z.B. die kinetische Energie (in welche beim Sturz die potentielle ja übergeht) vergleichbar mit der Energie in der Ruhemasse. Im Gedankenexperiment würde also ein aussenstehender Beobachter tatsächlich eine viel höhere Masse als beim gleichen Objekt in Ruhe feststellen. Da diese zusätzliche Masse mitbeschleunigt werden müsste, und bei Erreichen der Lichtgeschwindigkeit unendlich würde, ist es ja eine zentrale Aussage der speziellen Relativitätstheorie, dass kein Körper mit von Null verschiedener Ruhemasse auf c beschleunigt werden kann.


    Annähern an c, das geht aber. Und genau wie ein Ball den Du hochwirst (vernachlässigend die Luftreibung) beim Aufprall wieder gleich schnell wäre wie beim Abwurf, so ist es logisch, dass wenn man zum Abspringen von knapp ausserhalb des Schwarzschildradius annähernd lichtschnell sein müsste, auch die akkretierte Materie beim Sturz darauf annähernd Lichtgeschwindigkeit erreicht.
    Und dann ist ihre freigesetzte potentielle Energie eben von der Grössenordnung der ursprünglichen Ruhemasse. Und bei einem nicht-zentralen Sturz muss eben davon ein ganz wesentlicher Anteil an die Umgebung abgegeben werden, bevor das Verschlucken erfolgen kann (-&gt; der Badewannenstrudel!).
    Natürlich kann ein Teilchen schon auf einen nichtmehr stabilen Orbit gelangen, bevor es alle Energie abgegeben hat. Auch ist diue Raumzeit in der Nähe des rotierenden Schwarzen Loches modifiziert. Alles in allem werden eben typischerweise Entsprechungen von einigen zehn % der Ruhemasse freigesetzt.
    (Ob es innerhalb des Schwarzschildhorizontes eine echte Singularität gibt, deren Potentialdifferenz zu uns ja unendlich wäre, und was mit dem Teilchen beim endgültigen Sturz darauf geschieht, das können wir natürlich nicht beobachten, denn von dort kann ja kein Signal zu uns entkommen...).


    Die "Effizienz" der Akkretion ist also, bezogen auf die Anfangs eingesetzt Ruhemasse, eine Grössenordnung höher als diejenige nuklearer Prozesse (z.B. in Sternen). Nukleare Prozesse könnten mit realistischem Masseeinsatz diese hohen Leuchtkräfte nicht erklären. Interessanterweise braucht es dazu erst eine Kraft die 10^40 mal *schwächer* ist als die nuklearen Bindungskräfte, nämlich die Gravitation.


    Und die AGN sind keine kleinen Strahler: In den hellsten Phasen können einige von ihnen 100 billionenfache Sonnenleuchtkraft erreichen. Sie setzen dabei also alle 15 Sekunden die Entsprechung der kompletten Masse unserer Erde in Energie um.
    Und dabei sind zumindest über kurze Zeiträume AGN noch ncihteinmal die hellsten Strahler: Am 19. März 2008 hat man beispielsweise einen Gamma Ray Burst beobachtet, der aus einer Entfernung von 7.5 Milliarden Lichtjahren noch mit blossem Auge sichtbar war (-&gt; leider hat wohl keiner im Richtigen Moment hingeschaut).
    Das entspricht einer absoluten Helligkeit von -36 mag, 10 000 mal so hell wie der hellste Quasar. Das entfernteste Objekt das man normalerweise gerade noch so mit blossem Auge sehen kann ist M33. Hätte dieser GRB in gleicher Entfernung stattgefunden, man hätte bei dem Licht bequem ein Buch lesen können.


    Auch die GRB beziehen diese gewaltigen Energiemengen letzten Endes aus Akkretion, vermutlich beim Zusammenbruch eines sehr massereichen Sterns zum Schwarzen Loch. Hier handelt es sich natürlich um super-Eddington Luminositäten, d.h. das ursprüngliche Objekt (das SL bleibt natürlich bestehen) wird durch die Energiefreisetzung zerstört (das sieht man als expandierenden Feuerball und Supernovaexplosion). Im Gegensatz dazu bestehen AGN wie Du richtig vermutest oft am Gleichgewicht zwischen auseinandertreibender eigener Strahlung und Gravitation, oder etwas darunter.

  • Hallo Espe,
    liest Du noch mit? ;)
    Möglicherweise sind noch Fragen über geblieben, die aber nun über den Thread verstreut sind und es daher nicht klar ersichtlich ist, was Dir momentan am Herzen liegt. Vielleicht kannst Du in diesem Fall mal kurz den Stand der Dinge, worauf Du noch Antworten möchtest etc.?

  • Hallo :)


    Ich habe die Facharbeit fertig gestellt und am Donnerstag auch abgegeben, bin eigentlich ganz zufrieden mit den... ich glaube 14 Seiten, die es geworden sind an Inhalt :) Ihr ward eine sehr große Hilfe und habt mir von vielen Kleinigkeiten erzählt, die man so eigentlich nirgends findet und es auch super erklärt, echt sehr nett :) Ich bedanke mich dafür nochmal an dieser Stelle.


    Ich muss sagen, das Thema hat mich immer mehr interessiert, je weiter ich mich durch diese Materie durchgeboxt habe, schade nur, dass ich die Astronomie in meinem zukünftigen Dasein nicht als berufliche Karriere in Betracht sehen kann, da ich doch eher geboren bin für die Chemie. Aber ab und zu mal nach links und rechts schauen, das kann nie schaden =)


    Liebe Grüße
    Björn

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