Beiträge von Stathis im Thema „Wie sollen Bilder orientiert sein?“

    Hallo Sebastian, hallo Ralf,


    wie das mit dem "Muss" und "Soll" bei meiner Umfrage gemeint war, hatte ich in meinem Beitrag #60 versucht zu erläutern, da es Ralf (Beitrag #18) und andere bereits thematisiert hatten:

    Da hier die Worte "Forderung" und sogar "Dogma" fielen, noch mal zur Erinnerung: Das ist von mir als Umfrage gestartet "Wie sollen Bilder orientiert sein". Selbstverständlich bin ich davon ausgegangen, dass dabei das Wort "soll" als "nach eurer Meinung nach" zu verstehen ist.

    Das "künstlerische Freiheit" empfindet ihr als fehl am Platz. Was wäre dann eurer Meinung nach ein besseres Wort? Vielleicht "gestalterische Freiheit"?


    ...es ist offensichtlich nicht einfach, bei diesem Thema die richtigen Worte zu finden, in denen sich alle wiederfinden.

    Hier mein North/East Pfeil, kann gerne beliebig verwendet und passend gedreht werden. Ich habe ihn einmal erstellt (glaube es war mit Gimp) und verwende ihn immer wieder. Ich lege ihn in Gimp als transparente Ebene über die Bildebenen und kann ihn dort beliebig in der Größe anpassen, drehen und positionieren. Das geht wohl mit jedem Programm, das Ebenen- Technik kann, z.B. Photoshop. Wenn das Bild formatfüllende Objekte hat und der Pfeil mich im Bild stört, setze ich ihn darunter (siehe Beispiel Konusnebel Komplex).



    Beispielbilder der oben von TecMar erwähnten Objekte als Stellarium Screenshots mit meinem Pfeil als Ebene in Gimp, bei denen ich keine Notwendigkeit sehe sie anders als in Ra/Dec zu orientieren.

    Nordamerikanebel NGC 7000:



    Pferdekopfnebel IC434 mit Norden oben und Osten links:



    Und hier mit Norden links und Osten unten, wenn man das Pferd aufrecht stehend haben möchte:



    Heinz-S hat bereits auf die technische Diskussion zum Nordpfeil einfügen hingewiesen. Wie das bei ihm inzwischen aussieht, siehe z.B. in seinem NGC 5754 (ARP 297). Jörg (astrometer) fügt seinen Bildern neben umfangreichen Bildinformationen auch einen Nord- oder Südpfeil hinzu (siehe z.B. seine Sonne oder seinen Kometen C/2022E3). Peter (pete-xl) hat bereits erwähnt, dass er die Ausrichtung in den Text schreibt, ein annotiertes Bild oder gar eine Karte hinzufügt, (z.B. M 33 und die Neuentdeckung PNG 133.7-31.4 (Maa 2) oder Ursa Minor Zwerggalaxie UGC 9749). All das gefällt mir.


    Zum Thema "was will ich mit dem Bild zeigen" und "Zielgruppe":

    Sehr oft ist das doch zum Zeitpunkt der Bilderstellung noch gar nicht vorhersehbar. Da will man z.B. was am neuen Equipment testen, hält auf den Ringnebel, macht Versuche hin und her, es läuft überraschend gut und man entscheidet im Nachhinein: "Hey, das sieht ja nett aus, das zeige ich im Astrotreff". Vielleicht ist man noch unterfahren und fragt gleich hinterher, "was ist das für ein Lichtfleck/Artefakt rechts oberhalb?" Ist die Orientierung bekannt, fällt die Antwort leicht: Hintergrundgalaxie IC 1296. Oder die Nachführung lief gar nicht gut, man hat strichförmige Sterne und fragt im Forum, woher das kommen kann. Ist die Ausrichtung bekannt, kann man sofort eingrenzen, ob ein R.A. Schneckenfehler oder ein Einnordungsfehler vorliegen kann.


    ...wenn man es so wie Stathis macht, kann man sich den 100% zumindest annähern. Mir persönlich wäre das allerdings zu aufwändig (da gehen wieder 10 Minuten des knappen CS flöten... ;) )

    Das hatte ich sehr schnell raus, inzwischen dauert es bei mir kaum 1 Minute. Muss ja nicht soooo penibel genau sein.

    Gegenfrage,

    wo ist beim Hubble Space Telescope Norden oder oben/unten?

    Zum pointen und tracken des HST wurde seinerzeit extra der Guide Star Catalogue (GSC) erstellt mit der gleichen Ra/Dec- Nomenklatur wie bei allen anderen Katalogen auch. Wenn wir so fragen (ich weiß, dass deine Frage mit einem Schmunzeln gemeint ist), hätte ich eine Gegen-Gegen-Frage: Wo ist oben in Kanada? In China? In Australien? (nicht ernst gemeint - erwarte keine Antwort).

    ...das kürzlich veröffentlichte Bild der NISP Kamera des neuesten Weltraumteleskops der ESA - Euclid....um die Hochachse gespiegelt, um 61,7 Grad gegen den Uhrzeigersinn gerdreht und ja, das waren mit Sicherheit Profis.

    Ist ja krass, dass selbst Weltraum- Profis auch mal spiegelverkehrt veröffentlichen. Na, guuut, es ist ja noch die "Early Commissioning" Phase und das Euclid Teleskop ist eine 3 Spiegel Kosch Konfiguration mit weiteren planen Hilfsspiegeln.


    Vor vielen Jahren hatte ich nach Installation und Justage eines wissenschaftlichen 1,20 m Teleskops der Kundeseite ein erstes Testbild so gezeigt, wie es aus der Kamera kam. Das war ein 3 Spiegel RC mit Nasmith Fokus, also spiegelverkehrte Bilder. Ich musste mir anhören, ob ich unter links/rechts - Schwäche leide. Das war humoristisch gemeint und doch hat dieser "Wink mit dem Zaunpfahl" bei mir nachhaltig gesessen.


    Da hier die Worte "Forderung" und sogar "Dogma" fielen, noch mal zur Erinnerung: Das ist von mir als Umfrage gestartet "Wie sollen Bilder orientiert sein". Selbstverständlich bin ich davon ausgegangen, dass dabei das Wort "soll" als "nach eurer Meinung nach" zu verstehen ist. Dogmen kenne ich aus der Religion und totalitären politischen Regimen, aus der Wissenschaft und Technik kenne ich Definitionen, Vereinbarungen, ISO-Normen.

    Mit Bilddrehung meine ich die Orientierung in Bezug auf die parallaktischen Himmelskoordinaten, so wie alle Durchmusterungen (DSS, SDSS, Panstarrs, Falkauer Atlas...) und Karten (Schuring Götz, Sky Atlas 2000, Uranometria, IS Deep Sky Atlas...), ausgerichtet sind. Die Vereinbarung ist einheitlich: Norden oben und Osten links. 


    Bei einer parallaktischen Montierung drehe ich die Kamera so, dass sie entlang der Ra/Dec- Achsen ausgerichtet ist. Das mache ich zunächst grob nach Augenmaß und dann im Life View mit einem hellen Stern und Fadenkreuz. Ich fahre in R.A. hin und her und beobachte auf dem Bildschirm, dass der Stern horizontal schön parallel zum Fadenkreuz und den Kamerakanten läuft.


    Visuell am Dobson kommt direkt nach den ersten hellen Sternen ein Pfeil auf die Zeichnung, der mir die Drift = Westen anzeigt. Habe ich eine Nachführung, schalte ich diese kurz aus, um die Driftrichtung zu sehen und einzuzeichnen.


    In der astronomischen Orientierung sehe ich folgende Vorteile:

    1. Leichtere Orientierung, Identifizierung, Vergleich mit Online Durchmusterungen oder Karten auf Papier

    2. Leichterer Abgleich und Vergleich mit Bildern und Zeichnungen der anderen

    3. Leichteres Kombinieren von Bildserien aus verschiedenen Nächten, auch wenn die Kamera zwischendurch entfernt wurde. Ich weiß immer wie die Kamera orientiert sein muss und habe später wenig Verschnitt beim kombinieren.

    4. Bis auf potentiell verschobene Fussel passen die alten Flats, ich muss muss nicht jedes mal neue machen


    Die Punkte 1+2 sind für mich wesentlich. Ich sehe nur wenige Ausnahmefälle, um davon abzuweichen:

    1. Weitfeldaufnahmen mit irdischem Vordergrund. Die werden natürlich horizontal oder vertikal ausgerichtet.

    2. Objekt passt weder horizontal noch vertikal ins Bildfeld. Dann mache ich aber Richtungspfeile oder schreibe wenigstens die Himmelrichtungen in den begleitenden Text dazu.


    Mechanische Argumente empfinde ich ehrlich gesagt als Ausdruck von Hilflosigkeit. Ich lasse mir doch nicht von meinen Adaptergewinden vorschreiben, wie ich meine Kamera zu drehen habe, pfff.


    Man kann das Bild auch nachträglich per Software drehen, was jedoch Verschnitt zur Folge hat, wenn man keine schiefen Bildkanten haben will.


    Für mich sind das eigentlich Selbstverständlichkeiten, ich kenne es von klein auf so. Jedoch muss ich feststellen, dass gerade bei den Deep Sky Bildern alles mögliche veröffentlicht wird, wiederholt sehe ich sogar spiegelverkehrte Bilder. Daher wollte ich mal hören, welche Meinungen und Tendenzen hier im Forum herrschen. Ok, laut bisheriger Abstimmung sieht es eine Mehrheit ähnlich wie ich, aber es ist doch längst nicht so eindeutig, wie ich dachte. Hmm, anscheinend haben einige Astrofotografen einen anderen Zugang zu der Sache.


    Interessante Aspekte! Danke für die Beteiligung. Mal schauen, was noch kommt.