Hallo Sternfreunde!
Da das Wetter derzeit keine Sternbeobachtungen zuläßt, ein bißchen etwas zum Thema "Seeing".
Immer wieder liest man, das Seeing sei "sehr gut" oder "gut" oder "mäßig" oder gar "schlecht".
"Wie funktioniert eigentlich die Bestimmung der Luftruhe??", fragt nun so mancher und fragten auch einst....
Doch zuerst einmal zu den Grundlagen des "Seeings":
Die Erdatmosphäre hat für den Sterngucker negative Folgen, denn die Luft mit ihren Gasen und Schwebteilen, sowie Wassergehalt,
verschlechter die Auflösung. Auf welche Weise?
Photonen des Sternenlichts werden
- von Luftteilchen ganz absorpiert
- an den Luftteilchen gestreut
- gerötet, da kurzwelliges (=blaues) Licht stärker gestreut wird als rotes, kommt mehr rotes Licht im Auge an
- um so stärker gebrochen je flacher der Winkel ist, in dem sie auf die Erdoberfläche treffen (also vor allem in Horizontnähe!)
-durch Luftunruhe entstehen "Schlieren"
(da bei unterschiedlicher Temperatur der Luftanteile unterschiedliche Brechungsindices entstehen)
Vor allem letzterer Punkt, auch Szintillation genannt, führt zum Funkeln der Sterne und ist im Allgäu bei Föhn (leider) gut zu beobachten.
Dann ist der Himmel zwar sehr klar, transparent, aber durch diesen vertikal verlaufenden Wind,(der Föhn ist ein Fallwind, daher die Luftunruhe auf gesamter Sicht/Beobachtungslinie!) funkeln die Sterne so.....romantisch!
Je bewegter die Atmosphäre (Turbulenzen, ausströmende Flugzeugabgase (Kerosin).....) desto höher die Luftunruhe.
(Nach dem Flugverbot des 11. Septembers hatten die Amerikaner tags wie nachts, die besten Himmel, vor allem über den Großstädten!)
Auch durch den Temperaturunterschied (-gradienten) von Tag (warme Sonneneinstrahlung) und Nacht (kaltes Sternenlicht) entsteht Bewegung in der Luft (=Unruhe), da sich das Temperaturgefälle ausgleicht (-en muss).
Diese Luftmassenverschiebungen beginnen also bei Sonnenuntergang, wenn es kühler wird (bzw. auch bei Sonnenaufgang, was jedoch für den Beobachter nicht (mehr) relevant ist).
Umso mehr sich die Temperatur ausgeglichen hat, was nach Mitternacht, zu den frühen Morgenstunden der Fall ist (da der T-Gradient immer mehr abnimmt), umso besser das "Seeing" (in the dark)!
Wie stellt ein Astronom nun die Qualität des Seeings fest?
Aufzeichnungen über das Seeing haben bei den Astronomen eine lange Tradition. So gibt es:
1. Antoniadi-Skala (5-stufig)
2. Pickering-Skala (10-stufig, aufwendig)
(Nebenbei: Pickering ist dem Beobachter aber eher durch sein "Triangular Wisp" bekannt, den mittleren
Teil des Cirrusnebels (ohne Katalogbezeichnung) zw. 6995/2 - dem "Kamm" und 6960 - dem "Strumvogel")
Diese beiden Methoden finden sich sicherlich im Forum oder beim Googlen!
Die erstere Methode nach Antoniadi ist bequem, jedoch abhängig vom Instrument.
Diese Methode wurde von Stathis Kafalis und Uwe Pilz in "Magellan" in dem Bericht
"Wie funktioniert eigentlich.... die Bestimmung der Luftruhe??"
(Mag. 1/2002, S.56) eingehend beschrieben und (zu einer 3. Methode) verbessert. Nennen wir sie:
3. "Stathis-Skala" (7-stufige Skala)
Der Beobachter beurteilt ebenso das Sternerscheinungsbild im Okular, jedoch anhand der Beugungsfigur des Polarsterns.
(daher müssen auch hier Instrument und Vergrößerung angegeben werden, wie bei Antoniadi.
Es handelt sich also um eine gelungene "Heirat" der Antoniadi-Stathis-Gedanken!)
Diese Skala ist für den Astronomen vielsagender und praxisgerechter!
An dieser Stelle grüße und danke ich allen Magellanies!
Wann ist das Seeing nun "sehr gut"?
Bei Antoniadi-Skala I und Stathis-skala 0+1!
Nach Stathis zeigt sich hier der Polarstern bei AP 0,7mm stehend und seine Beugungsfigur "zappelt" nicht!
Auch der Beobachter kann in diesem Fall "Ruhe bewahren", sich freuen, das kleinste Okular aus dem Okularkoffer heraus lassen und unter "erstarrtem Sternenhimmel" einer "Supernacht" ins Auge blicken!
Gruss, und - ich wünsche allen ein s.g. S. !
Helmut
P.S. Im Winter müßte das Seeing, des kleineren Temperaturgradienten wegens, eigentlich generell besser sein, als im Sommer.
Ich erinnere mich aber vage, auch schon Gegenteiliges gelesen zu haben (weiß aber nicht mehr wo!).
Wer weiß hierüber etwas (gegebenenfalls mit Quellen)?