Infos zum geozentrischen Weltbild?

  • Hallo,


    hat von euch vielleicht jemand Ahnung, wo ich genauere Infos zum geozentrischen Weltbild, wie es im Mittelalter gelehrt wurde, bekomme. Insbesondere würde mich interessieren, wie man damals die Planetenbahnen berechnet hat (gibts da z.B. Formeln) und wie diese genau aussehen.


    Vielleicht erkläre ich euch auch noch kurz wozu ich das ganze brauche: ich habe außer der Astronomie noch ein zweites Hobby: Larp. Das ist die Abkürzung für "Live Action Role Play", in meinem Fall grob gesagt mittelalterliches Rollenspiel. Ich habe mir nun vor kurzem gedacht, warum nicht beide Hobbys ein bischen zusammenführen, also habe ich mit in den Kopf gesetzt einen mittelalterlichen Astronomen zu spielen. Um das realistisch rüber zu bringen muß ich mich halt auch mit dem entsprechenden Weltbild auskennen. Und interessieren würde es mich sowieso mal.

  • Auch Hallo!


    Die Verknüpfung mit ein zweites Hobby ist sicher interessant. Ich hoffe Sie halten uns auf den laufenden! Selbe habe Ich etwas ähnliches (nur kein 'Role Play') mit alte Chinesische Karten welche Ich von Herr Professor Kistemaker (Ultracentrifuge) bekommen habe. Diese Karten hat er selbe von einen alten Chinesischen Astronom bekommen die das damals nicht veröffentlichen darf. Auf die Karten seht man die Chinesische Konstellationen(?) vor etwas -4000 Jahre. Wann Ich mal Zeit habe möchte Ich diese Karten auch mal wirklich benützen beim spechteln, und genau wie du es beschreibst "mich halt auch mit dem entsprechenden Weltbild auskennen".


    Es gibt ein wirklich gutes Buch was Ihnen vielleicht hilfen kann:


    Die Mechanisierung des Weltbildes / E. J. Dijksterhuis
    Author: Eduard Jan Dijksterhuis *1892-1965*
    Collaborator: Maier-Leibnitz, Heinz
    Edition: 2. Nachdr. - Reprint der Ausg. Berlin [u.a.], Springer 1956 / mit einem Geleitw. zur Reprintausgabe von Heinz Maier-Leibnitz.
    Published: Berlin [u.a.] : Springer, 2002
    Extent: 6, VII, 594 S. : 47 graph. Darst.
    Uniform title: De mechanisering van het wereldbeeld <dt.>
    Note: Literaturverz. S. 571 - 581
    ISBN: 3-540-02003-9 - ISBN 0-387-02003-9
    Subject heading: *Naturwissenschaften ; Weltbild ; Mechanisierung
    Subject: 30.01 Geschichte der Naturwissenschaften
    30.02 Philosophie und Theorie der Naturwissenschaften


    Viel Spaß,
    Chris

  • Moin, Du namenloser "Alter Heide"! [:)]


    > genauere Infos zum geozentrischen Weltbild, wie es im Mittelalter gelehrt wurde


    "Mittelalter" ist eine ziemlich lange Zeitspanne (1000 Jahre). An welchen Zeitabschnitt hast Du denn gedacht? [:D]


    In dieser ganzen Zeit schwirrten so einige Weltbilder in der Gegend herum. Das berühmte "Almagest"-Fragment von Ptolemäus wurde z. B. erst 1175 ins Lateinische übersetzt und damit im Abendland bekannt. Die "Kristallsphären"-Theorie des Aristoteles war auch gängig, ebenso die heliozentrischen Theorien der Alten Griechen (Aristarch u.a.), und daß die Erde eine Kugel ist.
    Wenn möglich, besorge Dir das Buch "Hamel: Geschichte der Astronomie", das jetzt als Neuauflage günstig zu kriegen ist. Da sind u.a. auch die Ansichten von Kirchengelehrten wie Thomas von Aquin ("Das Werk der sechs Tage", um 1250) in Auszügen nachzulesen. Sehr interessant!

  • Zu <i>berechnen</i> gab's im Mittelalter nicht viel. Man kannte ein bisschen Aristoteles und ein bisschen Plinius und war daher eingermaßen mit dem Aufbau des antiken geozentrischen Weltbilds vertraut, viel mehr aber auch nicht. Das Rechnen beschränkte sich auf sehr schlichte (und nicht immer ganz richtige) Rechenschemata für kalendarische Zwecke. Als der Almagest und damit die Möglichkeit, wirklich zu rechnen in arabischen Manuskripten wiederentdeckt wurde, neigte sich das Mittelalter bereits langsam dem Ende entgegen.


    Leider kenne ich keine deutsche Quelle, der man rechnerische Details leicht entnehmen könnte. Das Ganze läßt sich natürlich in <i>Formeln</i> fassen, man benutzte damals aber stattdessen Tabellen, aus denen man sich die Einzelwerte für den gesuchten Zeitpunkt zusammensuchte und dann aufaddierte. Robert van Gent hat solche Formeln in seinem Ephemeridenrechner implementiert und du kannst dir ja mal den Quelltext ansehen, falls er dir was sagt, aber es hat mit den damaligen Rechenmethoden natürlich wenig zu tun:
    http://www.phys.uu.nl/~vgent/astro/almagestephemeris.htm


    Wenn es dich wirklich interessiert, kannst du auch den Almagest selbst konsultieren, den es in einer englischen Übersetzung gibt. Aber Vorsicht, harte Kost:


    G.J. Toomer:
    Ptolemy's Almagest
    Princeton University Press, 1998


    Als Sekundärliteratur gäbe es


    J. Evans:
    The History and Practice of Ancient Astronomy
    Oxford University Press, 1998


    O. Pedersen:
    A Survey of the Almagest
    Odense University Press, 1974


    oder


    O. Neugebauer:
    A History of Ancient Mathematical Astronomy
    Springer 2004


    Tschau,
    Thomas

  • Schön, dass ich dann doch noch ein paar Antworten bekommen habe. Ich hoffe ich finde die Zeit mir die ganzen Quellen mal genauer anzusehen - interessiert mich nämlich brennend, nur leider studier ich nicht "Geschichte der Astronomie" sondern medizinische Informatik ;) ... na ja, spätestens in den Semesterferien dann. Ich bin übrigens dabei einen kleinen Refraktor im Nautik-Stil zu basteln - ich weiß, das passt Epochenmäßig nicht so ganz zusammen aber ganz historisch Korrekt muß es für mich nicht sein, soll eher Spaß machen. Wenn er fertig ist stell ich sicher ein paar Bilder hier rein.

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