Wieso ist die Hintergrundstrahlung keine stark rotverschobene Galaxien-Superstruktur?

  • Hallo,


    im Internet habe nichts dazu gefunden :(

    Hat einer von euch Ahnung oder bessere google Skills als ich?

    Der Beweis das es keine Galaxien-Superstruktur ist würde mich echt interessieren.

    Gruß Sergej :)


  • sef3000

    Hat den Titel des Themas von „Könnte die Hintergrundstrahlung eine stark rotverschobene Galaxien-Superstruktur sein?“ zu „Wieso ist die Hintergrundstrahlung keine stark rotverschobene Galaxien-Superstruktur?“ geändert.
  • Zitat

    Wieso ist die Hintergrundstrahlung keine stark rotverschobene Galaxien-Superstruktur?

    Weil zum Zeitpunkt der Entstehung der Hintergrundstrahlung noch keine Galaxien existierten. Die ältesten Bilder von Galaxien (Quasaren) sind mehrere hundert Millionen Jahre später. Dazwischen gab es ein "dunkles Zeitalter", als die Materie unter ~2700° C abgekühlt war, aber noch keine Sonnen existierten.


    Die Hintergrundstrahlung entstand so ca. 400.000 Jahre nach dem Urknall, als das Universum gerade so weit abgekühlt war, dass Strahlung überhaupt entstehen konnte (Rekombination von Protonen und Elektronen zu elektrisch neutralem Wasserstoff). Erst ab diesem Zeitpunkt wurde das Universum durchsichtig. Zu diesem Zeitpunkt war das Universum noch klein und von Vakuum konnte man angesichts der bereits vorhandenen Gesamtmaterie noch nicht sprechen.


    Im Rahmen des Standardmodells war die Materie damals ziemlich gut gleichverteilt. Dafür sorgte die sog. Inflationsphase kurz nach dem Urknall, die bildhaft alles "glatt gestrichen" hat. Es gab nur geringste Dichte- und Temperaturunterschiede, die nach der Rekombinationsphase allerdings für die Entstehung der Galaxien gesorgt haben.


    Das Forschungsgebiet (Entstehung von Galaxien) ist noch lange nicht abgeschlossen. Viele Details sind noch unverstanden. Z.B. die Frage, ob es zuerst supermassive schwarze Löcher gab, um die herum Galaxien entstanden oder umgekehrt (oder beides gleichzeitig). Oder auf welcher Ebene die Dichte- und Temperaturunterschiede der Rekombinationsphase sich in den Galaxienstrukturen genau wider spiegeln (eher auf Galaxiengruppen-Ebene oder auf mehr Einzelgalaxienebene). Klar ist nur, das war eine recht dynamische Zeit.


    Vergleich es mit 24h Sturmflut, die kilometerweit Küstenlinien neu definiert, während ansonsten die Küste 100 Jahre unverändert bleibt (Beispiel Niederlande Zuidersee vs. IJsselmeer, wie das Gebiet heute genannt wird).


    Wir messen in der Hintergrundstrahlung geringste Temperaturunterschiede (siehe WMAP-Satellitendaten oder die Planck-Mission der ESA). Das hat Auswirkungen z.B. aufgrund des Sachs-Wolfe-Effekts. Auch gab es damals wörtlich akustische Wellen, die bei der Rekombination "eingefroren" zu minimales Dichteunterschieden führten. Außerdem müssen wir bei der Interpretation der Daten die Relativitätstheorie berücksichtigen. Ein Effekt ist, dass Licht, das aus "schwereren/dichteren" Bereichen stammt, demnach mehr rotverschoben (kälter) erscheint, weil es mehr gegen die Gravitation hat ankämpfen müssen.


    Das Ganze ist deshalb kompliziert, weil zur Materieverteilung auch noch die dunkle Materie mitgezählt werden muss. Im Grund kann man nur damit die heutige Materieverteilung halbwegs vernünftig erklären. Die sichtbare Materie allein wäre zu leicht, um aus den anfänglichen Unterschieden die heutigen Materieverteilungen (Galaxien-Cluster, Galaxien) zu erklären.


    ... Oder man muss eine komplett andere Theorie aufstellen.


    Ich vergleiche das gerne mit kochendem Wasser in einem Topf. Da könnte man mit Superzeitlupe jetzt eine Blase genau nachverfolgen oder aber mehr allgemein, ob die Blasen großperlig sind oder mehr feinperlig, z.B. wenn man Salz ins kochende Wasser gibt. Das Ganze "eingefroren" und man hätte dann die Löcher im schweizer Käse.

  • Hallo Kalle66 ,


    du hast so viel geschrieben und ich möchte diese Mühe nicht schmälern, aber ich verstehe nicht wie man daraus die Aussage "Deshalb ist es keine Galaxien-Megastruktur" ableiten kann.

    Da muss es doch einen Messwert geben an dem man das festmachen sollte und einen Satz in der Form
    "In der Hintergrundstrahlung messen wir <diese ganz bestimmte oder mehrere Eigenschaften> mit <diesen Werten>. Wäre es eine Galaxien-Megastruktur müsste der Wert <ganz bestimmter Wert> sein. Der/Diese Eigenschaften haben diese Werte nicht deshalb ist es auch keine Galaxien-Megastruktur."

    formulieren kann.


    Für mich macht es den Anschein das man "einfach" was passendes gesucht hat damit das Standardmodell funktioniert (was ja auch ok ist) aber es nicht wirklich festgenagelt hat.


    Deshalb ja meine bitte nach einer wissenschaftlichen Arbeit aus der man den obigen Satz in kursiv formulieren könnte.

    Gruß Sergej :)


  • aber ich verstehe nicht wie man daraus die Aussage "Deshalb ist es keine Galaxien-Megastruktur" ableiten kann.

    Ich weiß nicht, worauf du dich beziehst.


    Die Hintergrundstrahlung hat eine bestimmte Eigenschaft. Die Verteilung der Wellenlängen ist wohldefiniert und kennzeichnet sie als Schwarzkörperstrahlung, die max. rotverschoben ist. Sie enthält faktisch keine Spektrallinien aus höheren Elementen jenseits von Wasserstoff und Helium., weil es zum Entstehungszeitpunkt praktisch nur Wasserstoff und Helium gab.


    Alles was darüber hinaus in der Strahlung enthalten ist, wurde von Materie aufmoduliert, die die Strahlung auf dem Weg zu uns passierte. Ist wie ein Auto, dass 100 Farbkratzer hat, weil es auf dem Weg zu uns 100 parkende Autos geschrammt hat.

    So gesehen kann man die Strahlung in zwei Teile trennen: Einmal die originäre aus der Rekombinationsphase und dann in das, was sie auf dem Weg zu uns manipulierte (Gravitationslinsen, Staub, Gas).

  • Einen guten Beitrag, der deine Frage leider nicht beantwortet, der aber ins Thema passt ist folgendes Video von Kurzgesagt:


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    Hier die Quellenangabenliste zum Video:


    Sources - Black Hole Star
    Kurzgesagt – In a Nutshell
    sites.google.com


    Auch ein Video zum Thema, welches verdeutlicht wieso deine Frage aktuell nicht zu beantworten ist:


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  • Günter,

    ich kann es nur vermuten.

    Und ich tippe darauf, er meint die netzartige Verteilung der Galaxien im Universum, wie sie z.B. in Wikipediaartikel Struktur des Kosmos dargestellt wird.


    Aber wie du schon fragst, mir fehlt die konkrete Quelle, auf die sich Sergej bezieht.


    Meines Wissens kann man diese Strukturen ohne "dunkle Materie" nicht erklären bzw. simulieren. Dazu kommt, dass diese Netzstrukturen derzeit nur über die Leuchtkraft der beteiligten Sonnen/Galaxien erkennbar ist. Großvolumiges kaltes dünnverteiltes interstellares Gas ist so kaum erkennbar, könnte aber ein wesentlicher Faktor bei der Materieverteilung sein.


    Auch wird verkannt, dass selbst die Hintergrundstrahlung uns nur ein Bild von einem Teil des Universums gibt, nämlich genau von der gedanklichen Blase, die lichtlaufzeitbedingt uns umgibt. Also eine Blase mit uns in der Mitte, mit dem Radius, die das Licht ca. 400.000 Jahre nach dem Urknall bis heute gerade zurückgelegt hat. Wir sehen quasi nur eine kugelförmige Schicht. Hintergrundstrahlung, die näher entstand, hat uns schon passiert, Hintergrundstrahlung die weiter weg entstand, sehen wir (noch) nicht.

  • Nicht ausschließlich die Netzartige Struktur (mit der ganzen dunklen Materie). Es sieht eher nach einer visuellen Abbildung aus.
    So wie hier: (Pandora's Cluster vom Webb Teleskop)

    STScI-01GQQFCDZ3J7ARC9F8QDXE0F7Z.png


    Zum Vergleich die Hintergrundstrahlung: (ESA CMB vom Planck Satelliten)

    1a4d07b7-9da7-66c4-139d-9240a63f3c09?version=1.0&t=1567213912132



    Meine Vermutung ist das jedes dieser dunkelroten Flecken so eine Galaxiengruppe ist wie oben vom Webb abgebildet und das ganze eine Galaxien-Megastruktur ist.
    Ich wollte einen Beweis sehen das diese dunkelroten Flecken keine Galaxiengruppen (wie oben das Bild vom Webb) sind und die ganze Hintergrundstrahlung nicht eine Galaxien-Megastruktur ist.
    --
    Das letztere verlinkte YT-Video von LightBucketLover erklärt das dass Webb Teleskop gerade Dinge entdeckt die nicht in das Modell mit dem Urknall in Einklang stehen und die Frage tatsächlich offen ist.

    Jetzt frage ich mich aber wie groß die Basisline für ein interferometrisches Radioteleskop sein müsste damit man auf diese Entfernung Galaxien abbilden könnte?
    Ich würde dann ein GoFundMe eröffnen :D


    Edit:
    Der Begriff Galaxien-Megastruktur ist vlt etwas unglücklich gewählt.
    Ich meine das damit: (Quelle)
    Millennium_simulation_500Mpch.jpg
    Hier ist aber die dunkle Materie mit eingezeichnet weshalb diese Darstellung der Galaxien-Megastruktur visuell einen ganz anderen Eindruck macht wie das Bild des Pandora Clusters vom Webb Teleskop.

    Gruß Sergej :)


    2 Mal editiert, zuletzt von sef3000 ()

  • Zum Vergleich die Hintergrundstrahlung: (ESA CMB vom Planck Satelliten)

    Der CMB zeigt Materieverdichtungen aus welchen später Galaxien und Galaxienhaufen entstanden sind. Eine Zuordnung ist meines Wissens nicht möglich.


    Mehr dazu hier:


    History of cosmic structure formation

    History of cosmic structure formation
    How did seed fluctuations grow into today's cosmic structures such as galaxies and galaxy clusters? How did the formation of structure effect the CMB?How is…
    www.esa.int


    Ich hoffe das hilft, hab's aus Zeitgründen noch nicht gelesen (Besuch).


    Grüße

    Günter

  • Ich meine das damit: (Quelle)
    Millennium_simulation_500Mpch.jpg
    Hier ist aber die dunkle Materie mit eingezeichnet weshalb diese Darstellung der Galaxien-Megastruktur visuell einen ganz anderen Eindruck macht wie das Bild des Pandora Clusters vom Webb Teleskop.

    Nur zur Klarstellung, in dieser Simulation ist nicht Dunkle Materie gezeigt, Dunkle Materie bildet Halos um Galaxien, die auf diesen großen Skalen noch nicht zu sehen sind. Was hier dunkel erscheint sind sog. Voids, riesige Materiefreie Regionen, wie auch im Link erläutert.


    Grüße

    Günter

  • Hi,


    Man kann relativ einfach auf Wikipedia in dt. oder engl. gehen und dort lesen, wodurch die sog. PRIMÄREN Anisotropien der 3k Strahlung herkommen, siehe Sachse- Wolfe- Effekt etc. Das wäre die Antwort auf die Eingangsfrage.


    Soweit ich verstehe sind ein Teil (!) der CMB Fluktuationen also durchaus auf gravitativ wirkende Überdichten zurückzuführen. Da das Universum zur Zeit der Rekombination (Entstehung CMB) zu 63% aus DM und 12% aus Baryonen besteht, (siehe

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dunkle_Materie )

    und wir Stand heute annehmen dass die einzige Wechselwirkung DM - Baryonen gravitativ ist, kann man also annehmen, dass man im CMB (das sind ja Photonen die kurz vorher noch mit Elektronen und Protonen wechselwirkten) also auch z.T. Dichtefluktuationen der DM (damals) sieht. (Ich bin kein Experte auf dem Gebiet, aber ich kann mal versuchen, einen nach genauerem zu fragen... ). Allerdings waren wir (= unser Ort im Universum ) ja im INNEREN der sich aufklärenden Wolke, die dann weiter expandiert und das was wir sehen ist also recht komplex schätze ich. So sahen wir damals kurz nach der Rekombination nur die nahen Strukturen, jetzt sehen wir (Lichtlaufzeit) die ferneren. Sicher gibt es weitere Komplexitäten.


    Soweit ich weiss machte die Springel'sche 2005er Millennium Simulation SOGAR NUR die Simulation der DM und der sog. Halos. Keine Baryonen drin, und keine Gaseffekte. Also, in dem Millennium Bild sieht man als hell die Dichteverteilung der DM, dunkel sind voids. Baryonen, also normale Materie ist gar nicht dargestellt.


    Es ist NICHT so, dass sich DM Halos um die 'baryonischen' Galaxien (sozusagen nachgelagert) bilden (anlagern), sondern umgekehrt: erst klumpt die DM und macht 'Halos' und dann fällt die normale Materie ein und macht darin Galaxien, Gaseffekte, Sternbildung, damit natürlich dann auch eine Modifikation (bis zur Dominanz) des Gravitationsfeldes im inneren der Halos. Fyi: Sternbildung und Gaseffekte sind VIEL schwieriger zu rechnen als reine DM. DM ist stossfrei, Gaswolken nicht.


    Die normale Materie in Galaxien und Clustern verhält sich heute sichtbar dynamisch so (Sternbahnen, Umlaufszeiten, x-ray Halos in Clustern), dass wir die DM annehmen müssen. (Modifikationen a la MOND hier mal ignoriert).


    Gruss,

    Peter

  • Es ist NICHT so, dass sich DM Halos um die 'baryonischen' Galaxien (sozusagen nachgelagert) bilden, sondern umgekehrt: erst klumpt die DM und macht 'Halos' und dann fällt die normale Materie ein und macht darin Galaxien, Gaseffekte, Sternbildung, damit natürlich dann auch eine Modifikation des Gravitationsfeldes im inneren der Halos.

    :thumbup: Ein wenig Rückkopplung gibt es dann schon noch, denn baryonische Materie kann besser verklumpen als DM und ihr Masseverhältnis ist ja 30% zu 70%.


    Besser verklumpen kann normale (baryonische) Materie deshalb, weil sie Reibungswärme abgeben/abstrahlen kann. Sie hat quasi eine Bremse. DM kann das nicht, weil sie keine elektromagnetische Wechselwirkung eingeht. Deshalb nennt man sie ja "Dunkel".


    Welche Rolle Reibungswärmestrahlung zum Zeitpunkt der Rekombination (Entstehungszeit der kosmischen Hintergrundstrahlung) gespielt hat, kann ich jetzt nicht sagen. Ich sehe für diese Zeit eher einen Phasenwechsel der Materie: Von ionisierten Protonen zu neutralem Wasserstoff.


    Phasenwechsel kennen wir im Alltag zum bei Wolken: Wasserdampf kondensiert zu Wasser. Da werden große Mengen Energie freigesetzt oder gebunden (vom Dampf zu Wasser oder umgekehrt).


    Wie Materie ohne elektromagnetische Wechselwirkung dennoch verklumpen kann, können wir bei Kugelsternhaufen sehen. Die beteiligten Sonnen konzentrieren sich da nur aufgrund ihrer gegenseitigen Anziehung. Ansonsten fliegen sie im Kugelhaufen reibungsfrei durcheinander. Alles was die kennen, ist eine chaotische Art von Swing-By-Manövern untereinander. Zum Zentrum eines Kugelhaufens nimmt die Dichte zu, der durchschnittliche Sonnenabstand wird kleiner. Aber das erklärt halt noch nicht, wie diese überhaupt entstehen konnten. Da muss vorab eine Gaswolke kollabiert sein, bis die ganzen Sonnen entstanden sind. Als diese anfingen zu strahlen, haben sie das restliche Gas dann aus ihrem Kugelhaufen mit ihrer Strahlung rausgeblasen. Zusammenstöße von Sonnen sind dennoch äußerst selten.


    Nebenbei: Kugelsternhaufen gehören zu den ältesten Objekten im Universum und ihre Entstehung ist bis heute noch weitgehend unverstanden.

  • Hey Kalle,


    Muss jetzt mal ins Bett, aber nur kurze Anmerkung:


    Prinzipiell alles ok mit Deinem Bild mit Kollaps zu Kugelsternhaufen GC. Allerdings gibt es noch Unterschiede über die (ich glaube Phasenraum-) Dichte. Die Sterne in GCs stossen sich durchaus gegenseitig (dadurch gibt es das Phänomen des sog. Core collapse, z.b. M15 ist ein Kandidat). Die Sterne in Galaxien stossen NICHT 1:1, d.h. sie sehen nur das grossräumigere Gx-Potential. Gx Sterne sind stossfrei, d.h. sie gehorchen anderen Gleichungen. DM wird i.a. auch als stossfrei modelliert. Daher führt GC Dynamik etwas in die Irre in dieser Hinsicht, glaube ich. Aber nur fyi. Guxtu auch hier bei mir im bb bei m15 (sehe grad der positionsgenaue link in den bb funzt nicht, sorry, aber dort einfach etwas runterscrollen...).


    Gruss,

    Peter


    PS: Wenn ich 'stossen' schreibe, dann meine ich damit nur 'gravitativ wechselwirken' (nicht etwa: geometrisch stossen, also im Raum eine Kugel - boing - an die andere !)

  • Wie Materie ohne elektromagnetische Wechselwirkung dennoch verklumpen kann, können wir bei Kugelsternhaufen sehen.

    ...

    Nebenbei: Kugelsternhaufen gehören zu den ältesten Objekten im Universum und ihre Entstehung ist bis heute noch weitgehend unverstanden.

    Hallo Kalle,


    Kugelsternhaufen verklumpen trotz ihres hohen Alters gerade nicht. Das könnten sie nur, wenn es im Haufen hinreichend viel interstellares Gas/Staub gäbe.

    Oder beziehst du dich auf die Entstehung der KST?


    Grüße

    Günter

  • Oder beziehst du dich auf die Entstehung der KST?

    Einerseits ja und andererseits auf die Dichteverteilung in einem Kugelsternhaufen (GC Globular Cluster). Das Nicht-Kollabieren und auch die Kugelform sind ja Besonderheiten. Mit Reibung würden die Kugelsternhaufen scheibenförmig um ihre Drehimpulsachse zusammenfallen. Die Kugelform ist ja keine Momentaufnahme, sondern Regelfall. Immerhin sind die GC so alt, dass sie ihre kugelförmige Stabilität bestens unter Beweis gestellt haben. Ein paar lösen sich auf, wenn sie die Galaxie, die sie umfliegen dann doch eher durchfliegen; meist wenn zwei Galaxien kollidieren und die Bahnen durcheinander geraten.


    Zur Entstehung ist noch vieles unverstanden. Man vermutet ja, dass zentral oft ein mittelgroßes Schwarzes Loch auch noch existiert, jenseits der Größe stellarer SL. Das wären dann SLs, die zeitgleich mit den GC entstanden sein müssten. So wie viele supermassive SLs, die in den Zentren der Galaxien sind.

    In manchen GC kann man zwei Generationen von Sternen nachweisen, also eine Art Doppelgeburt.

    Unterm Strich offene Fragen, die bis ins dunkle Zeitalter des Universums zurück reichen, kurz nach der Entstehung der kosm. Hintergrundstrahlung oder vielleicht sogar davor. Wer hat damals die Saat gesät, die so schnell die supermassiven SL hat entstehen lassen.


    Astrophysik ist diesbezüglich eine Art kosmische Forensik. Wir versuchen den Hergang zu rekonstruieren, der zum heutigen Zustand geführt hat.

  • Das Nicht-Kollabieren und auch die Kugelform sind ja Besonderheiten.

    Ja, eben. Deshalb verstehe ich nicht, weshalb du in #12 schreibst, man könne bei KST sehen, wie "Materie ohne elektromagnetische Wechselwirkung dennoch verklumpen kann". Vermutlich meintest du ... nicht verklumpen kann.


    Grüße

    Günter

  • Günter,

    ich verstehe "verklumpen" im allgemeinen Sinne, dass sie gravitativ gebunden sind. Also auch im Sinne eines Zustands und nicht nur eines Hergangs. Einen Kugelhaufen könnte man auch "Kugelklumpen" nennen. Es ist die Dichteverteilung, die zum Zentrum hin zu nimmt, die vergleichbar mit den Halos von Dunkler Materie rund um Galaxien ist.

  • ich verstehe "verklumpen" im allgemeinen Sinne, dass sie gravitativ gebunden sind.

    Ja, in diesem Sinn wird die Entstehung von Galaxien und Galaxienhaufen aus den Materieverdichtungen des CMB gelegentlich als Verklumpung bezeichnet.- Oder auch als Wechselwirkung, Beispiel Planetenentstehung: Demnach stießen die Staubpartikel in der Scheibe vermutlich aneinander und verklumpten immer mehr, bis sie einige Meter maßen.


    Grüße

    Günter

  • Kann der Denkansatz von Sergej nicht auch der sein, das es die Rotverschiebung ist? Galaxien am Rand unseres derzeitigen Erfassungsvermögens bewegen sich schon so schnell von uns weg, das sie nur noch mit 3k "Restspektrum" erfassbar sind. Um so weiter sie entfernt sind, um so mehr sind es. Ist natürlich nur so ein Gedanke, aber man dachte nach Vergessen der Griechen auch mehrere Jahrunderte lang, die Erde sei der Mittelpunkt des Himmels, neue Beweise erzwangen dann das Umdenken und alle mussten nach und nach ihr Weltbeild revidieren. Natürlich klingt die bisherige Theorie vom Urknall und die daraus entstandene Hintergrundstrahlung erstmal plausibel und glaubwürdig. Die Erde als Mittelpunkt des Universums war auch mal plausibel, bis Kopernikus und Kepler kamen...kurz, das menschliche Wissen entwickelt sich weiter und das tut es nur, wenn man stets den Mut hat, es kritisch zu hinterfragen.

  • Und wie erklärt sich dann das fast perfekte Planck-Spektrum (Schwarzkörper) der Hintergrundstrahlung? Nicht aufgelöste Galaxien hätten das nicht.


    Außerdem ist das Zeug, auf was wir da guggen, gerade am 'Rekombinieren' vom Plasma, also für Sternentstehung selbst für Typ III-Sterne viel zu heiß. Keine Sterne, keine Galaxien, noch lange nicht.


    Übrigens, Typ I, II Sterne mögen's für die Entstehung extra kalt, benötigen unbedingt Staub (Metalle) dazu. Ohne Staub geht nur Typ III, dh. riesige Sterne, die dann auch extrem schnell platzen, weswegen man kaum noch welche findet ...


    Gruß

    Stephan

  • Kann der Denkansatz von Sergej nicht auch der sein, das es die Rotverschiebung ist? Galaxien am Rand unseres derzeitigen Erfassungsvermögens bewegen sich schon so schnell von uns weg, das sie nur noch mit 3k "Restspektrum" erfassbar sind.

    Wenn Astrophysiker von Spektren reden, dann berücksichtigen sie selbstverständlich den Rotverschiebungsfaktor z. So blöd sind die nun auch nicht. Mit einem z = ~1089 +/- 0,1 (Hintergrundstrahlung) wird halt aus einer Wärmestrahlung von ~3000 K (Die Übergangstemperatur von Wasserstoffplasma zu neutralem Wasserstoff ist aus dem Labor bekannt) eine Millimeterstrahlung mit einer Temperatur von ~3 K. Im Grunde eine Hüllkurve eines ganzen Strahlenspektrums (siehe planckscher Strahler). Weil die Hüllkurve des Strahlungsspektrums so perfekt einer Schwarzkörperstrahlung entspricht, gibt man hier ja die Temperatur und nicht die Wellenlänge oder Frequenz an. Ersatzweise könnte man auch die Wellenlänge/Frequenz des Hüllkurvenmaximums angeben.


    Übrigens die am weitesten bekannten Objekte (Quasare, Galaxien), die wir derzeit sehen, haben eher so ein z = 10. Das kann man sehr genau z.B. über die verschobene H-alpha-Linie messen.


    Was so zwischen z = 1000 und z = 10 geschah, wissen wir halt noch nicht so genau und man nennt die Zeit auch dunkles Zeitalter in der Kosmologie. Sind grob ~500 Mio. Jahre, vermutlich weniger, wenn wir mit neuen Teleskopen noch einen Ticken weiter in die Vergangenheit schauen.

  • Hallo,


    Captn Difool ja genau das war mein Gedanke :thumbup:


    Und wie erklärt sich dann das fast perfekte Planck-Spektrum (Schwarzkörper) der Hintergrundstrahlung? Nicht aufgelöste Galaxien hätten das nicht.

    Aha, da ist erstmals so eine These an der ich es vielleicht verstehen könnte :)

    Frage: Wie müsste das Planck-Spektrum (Schwarzkörper) der Hintergrundstrahlung aussehen wenn es nicht aufgelöste Galaxien wären?

    Gruß Sergej :)


  • Hallo,


    Frage: Wie müsste das Planck-Spektrum (Schwarzkörper) der Hintergrundstrahlung aussehen wenn es nicht aufgelöste Galaxien wären?

    Schwarzkörperstrahlung bedeutet thermisches Gleichgewicht. Die Abweichungen sind minimal, wir messen 2,725 (± 0,002) Kelvin.


    Nicht aufgelöste Galaxien zu vermuten scheitert am 3000 K Plasma. Dieses in Zweifel zu ziehen scheitert an empirischen Daten.

  • Wir würden dann ein Kontinuum von beliebig bis runter zu 0°K messen, jede Temperatur wäre da vertreten. Die Kurve hinge auch davon ab, ob die erfolgte Metall-Nukleosynthese in Sternen mit der Entfernung abnimmt. Es wäre kein Planck-Spektrum. Wir messen aber tatsächlich eine 'Sphäre' von ca. 2,7° K +- vielleicht 1/1000 °. Die Bilder täuschen durch die Farbzuordnung große Temperatur- bzw. Dichteverteilungen vor. In Wirklichkeit ist das auf 1/1000°K(?) alles exakt gleich heiß, so gleichmäßig, daß man erdgebunden gar keine Unterschiede feststellen konnte. Mit Cobe und dessen Darstellung doch winziger Temperaturunterschiede trat dann in der 'Gemeinde' große Erleichterung ein.

  • Wie müsste das Planck-Spektrum (Schwarzkörper) der Hintergrundstrahlung aussehen wenn es nicht aufgelöste Galaxien wären?

    Galaxien enthalten Strahlungsbestandteile, die nicht nur thermisch erzeugt werden, sondern andere Erzeugungsquellen haben (ionisierende Strahlung). So wie bei einer Glühlampe der Glühfaden thermisch leuchtet im Vergleich zur Neonleuchte, LED oder gar Laser, wo man allg. von ionisierender Strahlung spricht. Es gibt auch noch Synchrotronstrahlung, die via Magnetfelder entstehen. Ionisierende Strahlung ist über das Spektrum nicht verteilt, sondern begrenzt auf schmale Emissionsbänder.


    Bekannte Beispiele sind Planetarische Nebel, die du mit OIII-Filter wunderbar sehen kannst. Oder die H-Alpha-Bilder der Sonne.


    Ganz allgemein kann man Galaxien durch ihre Metallizität vom Urknallgas (Wasserstoff-Helium-Gemisch) unterscheiden. Da die allerersten Sonnen sehr groß waren und nur wenige Millionen Jahre lebten und explosiv endeten, erhöhte sich der Anteil der Elemente jenseits von Helium rasant. (Die Alpen brauchten allein länger für ihre Entstehung.) Astronomen nennen alles jenseits von Helium "Metall" (-> Li, Be, B, C, O, F usw.), was sich als Spektrallinien nachweisen lässt. So wie die Fraunhoferlinien im Sonnenspektrum oder der berühmte Kupfernachweis im Chemieunterricht (Flamme leuchtet grün).

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