Leibniz-Institut fuer Sonnenphysik (ehem. Kiepenheuer-Institut) von Schliessung bedroht: Petition

  • Das Leibniz-Institut fuer Sonnenphysik, auch bekannt unter dem alten Namen Kiepenheuer-Institut, ist in Gefahr, seine Finanzierung zu verlieren. Das Institut betreibt eine grosse Sonnensternwarte auf Teneriffa, derzeit mit dem groessten Sonnenteleskop Europas, und wirkt federfuehrend an zahlreichen Sonnenforschungsprojekten mit.


    Es gibt hier eine englischsprachige Petition, um das zu verhindern.

  • +1


    CS, Jochen

  • Die Stellungnahme des Senats der Lebniz-Gemeinschaft liest sich ziemlich verheerend: https://idw-online.de/en/news817261


    Da seh ich ehrlich gesagt wenig Chancen, daß da das Ruder nochmal rumgerissen wird, zumal für die Mitarbeiter*innen offensichtlich gilt: die Ratten verlassen das sinkende Schiff...


    Man darf gespannt sein, was angesichts dessen aus den Teleskopen wird, inklusive des historischen Observatoriums auf dem Schauinsland


    Viele Grüße

    Caro

  • Hallo Caro,


    danke für den Link zur Evaluierung. Das liest sich leider recht eindeutig - sollte man vor dem Unterzeichnen der Petition ruhig mal lesen.


    Schade finde ich das Ganze auch, hat doch ein guter Teil meiner astronomischen Sozialisation dort in den Vorlesungen von Prof. von der Lühe und beim Praktikum am Observatorium auf dem Schauinsland stattgefunden. Unvergesslich, wie wir aus der riesigen Sonnenscheibe einzelne Punkte mit dem Spektometerspalt rausgepickt und anschließend die Spektren aus dem Datenschreiber von Hand ausgewertet haben. Jeden Freitagmittag mit dem Fahrrad hochzufahren war natürlich auch gut :)


    Herzliche Grüße, Holger

  • Das Observatorium auf Teneriffa durfte ich gerade besichtigen. Ich unterschreibe natürlich.

    Von Evaluierungen im Wissenschaftsbetrieb in der Grundlagenforschung halte ich nur begrenzt viel.

  • +1.


    Ich habe erlebt, wie die Astronomie in Basel kaputt gemacht worden ist und werde den Verdacht nicht los, dass das hier gleich läuft.

    Die universitäre Welt ist heute ein Haifischbecken, in der nur die wenigsten eine Chance haben. Und v.a. die lautesten.


    Einmal weg ist ein solches Institut nicht mehr aufzubauen. Heute nicht, wo irgendwelche dahergelaufenen Synapsenasketen mehr zu sagen haben als Wissenschaftler und morgen sowieso nicht mehr.


    Und trotzdem oder gerade deshalb ist es zwingend, nicht aufzugeben und noch lauter zu sein.


    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Fuer mich sieht es so aus, als waere da gerade ein "Vakuum", da die langjaehrigen Leiter am Gehen sind bzw. bereits gegangen sind. Ich denke, dass es den Mitarbeitern gegenueber unfair ist, sie fuer die derzeitige Fuehrungsschwaeche zu bestrafen. Einer neuen Leitung sollte eine Chance gegeben werden, dem Institut wieder eine strategische Richtung zu geben.

  • Hallo zusammen,


    Ich denke man entschließt sich in der Regel nur schweren Herzens die Schließung eines Instituts zu empfehlen. Zur konkreten Sitution des Instituts und auch der Forschung die dort betrieben wird fehlt mir das Hintergrundwissen. Für alle die dort arbeiten ist das eine Schließung natürlich sehr hart. Wenn jetzt die Leitung fehlt, stellt sich die Frage, wer wird die übernehmen wollen, wer würde sich auf so eine Stelle bewerben?


    In der deutschen Forschungslandschaft gibt es unterschiedliche Strukturen, die Universitäten verbinden Forschung mit Lehre, die Großforschungseinrichtungen wie DESY arbeiten an Fragestellungen für die wie der Name schon sagt Infrastruktur in einer Größenordnung notwendig ist, die über den üblichen Rahmen weit hinausgehen, Max-Planck Institute waren historisch gesehen um eine herrausragende Forschungspersönlichkeit gruppiert, Frauenhofer Institute haben Anwendungen im Blick und die Leibnitz Gemeinschaft als außeruniversitäre Forschungsorganisation nimmt ein bisschen eine Zwitterstellung ein, die stark durch die Entwicklung nach 1989 geprägt wurde und halbe halbe von Bund und Ländern finanziert wird.


    Etwas neues zu beginnen, zu einem aktuellen Thema ein Institut zu gründen, klingt immer gut, eins zu schließen oder sich eine Konversion zu überlegen, weil das Thema abhanden gekommen (z.B. Entwicklung von Schiffen mit Atomantrieb) ist viel schwieriger. Beides geht aber für die Organisationen Hand in Hand. Bedingt durch die unterschiedliche Struktur fällt es Universitäten viel einfacher sich neu auszurichten als z.B.Großforschungseinrichtungen oder auch Leibnitz-Instituten mit einem großen Anteil von unbefristet beschhäftigtem Personal.


    Zur Sonnenphyik, der Bericht auf den Caro hingewiesen hat ist in seiner Klarheit leider ziemlich vernichtend, bei der Petition finde ich gar keine Argumente, oder übersehe ich etwas?


    beste Grüße


    Thomas

  • Ich habe erlebt, wie die Astronomie in Basel kaputt gemacht worden ist und werde den Verdacht nicht los, dass das hier gleich läuft.

    Die universitäre Welt ist heute ein Haifischbecken, in der nur die wenigsten eine Chance haben. Und v.a. die lautesten.


    Einmal weg ist ein solches Institut nicht mehr aufzubauen. Heute nicht, wo irgendwelche dahergelaufenen Synapsenasketen mehr zu sagen haben als Wissenschaftler und morgen sowieso nicht mehr.

    Hallo Robert, Hallo Jürgen,


    ich sehe es genauso. Mit Vernunft hat das alles nicht viel zu tun. Im Gerangel um die Finanzierung haben Selbstdarsteller und Narzisten größere Chancen als Leute, die zwar in der Forschung gut sind, sich aber schlecht verkaufen können. Wer heute erfolgreich sein will, muss ein Gespür für die Denkart der Geldgeber haben. Die kommen vor allem aus Wirtschaft und Politik und messen Forschung primär an ihren ökonomischen Effekten. Grundlagenforschung bewerten sie nur dann positiv, wenn sie einen langfristigen Wettbewerbsvorteil in Aussicht stellt.


    Und was macht man als Bittsteller, wenn man in dieser Richtung keine starken Argumente hat? Dann hilft nur Aktionismus: Die Arbeit der Vorgänger schlecht machen und eine radikale Zäsur ankündigen. Etwa so: „Mit mir wird alles anders. Schlanker, effektiver, moderner. Ich werde euer Geld nicht verplempern.“


    An meiner ehemaligen Uni wurde vor reichlich zehn Jahren die Sternwarte aus der DDR-Zeit durch eine neue ersetzt. Hauptgrund war die zunehmende Lichtverschmutzung, und leider war auch der neue Standort nur suboptimal. Aber es wurde Geld in die Hand genommen, ein Architektenwettbewerb für das Gebäude veranstaltet und ein modernes Instrument gekauft. Insgesamt kostete das mehrere Millionen. Fatalerweise gab es kurz nach der Einweihung einen Führungswechsel. Mit den Ergebnis, dass das neue Observatorium stillgelegt wurde, ohne jemals genutzt worden zu sein. Das Instrument wurde versteigert, was erst im zweiten Anlauf und nur für einen symbolischen Betrag gelang. Die Käufer mussten es binnen 24 Stunden abbauen und abtransportieren. Und so viel ich weiß, liegt es bis heute ungenutzt in einer Scheune …


    CS, Jörg

  • Hallo zusammen,


    Das Ganze verdient eine differenziertere Betrachtung, als sie hier gerade stattfindet...


    Die vollständigen Evaluationsberichte von 2016 und 2023 findet ihr hier:


    Leibniz-Gemeinschaft: Senatsstellungnahmen


    Bereits 2016 wiesen die Fachkollegen (bei aller Anerkennung) darauf hin, dass eine klarere strategische Ausrichtung notwendig ist. Dem ist man wohl nicht nachgekommen, wie auch Empfehlungen des Beirats in den Jahren dazwischen nicht umgesetzt wurden. Keine gute Idee... Und die Stellungnahme des KIS zur aktuellen Evaluierung lässt auch sehr zu wünschen übrig.


    Für mich sieht's aus, wie wenn es da mit Sicherheit gute WissenschaftlerInnen und InstrumentenbauerInnen gab und gibt, aber niemand mit der Fähigkeit, so ein Institut strategisch zu führen und weiterzuentwickeln.


    Ob man deshalb jetzt (schon) das Ende der Förderung empfehlen muss, ist eine andere Frage. So ganz abwegig erscheint es aber zumindest nicht.


    Herzliche Grüße, Holger

  • Hallo zusammen,


    Das Ganze verdient eine differenziertere Betrachtung, als sie hier gerade stattfindet ...


    … Ob man deshalb jetzt (schon) das Ende der Förderung empfehlen muss, ist eine andere Frage. So ganz abwegig erscheint es aber zumindest nicht.

    Hallo Holger,


    ich gebe Dir recht. Die Evaluationsberichte zeigen, dass da offensichtlich Dinge über einen längeren Zeitraum verschlafen wurden. (Hatte sie auch gelesen.) Wenn das Ganze nur ein Warnschuss vor den Bug sein sollte, wär es völlig in Ordnung. Aber so etwas ist gefährlich. Wenn es ums Geld geht, entwickeln die Dinge leicht eine Eigendynamik und geraten außer Kontrolle. Und wenn dann noch Bockigkeit und Profilierungssucht auch nur eines Entscheiders hinzukommen…


    Insofern ist so eine Petition genau richtig. Auch wenn da am Ende keine 5000 Leute unterschreiben, macht sie doch ein gewisses öffentliches Interesse deutlich. Und allein das kann die Entscheidung beeinflussen.


    CS, Jörg

  • Insofern ist so eine Petition genau richtig. Auch wenn da am Ende keine 5000 Leute unterschreiben, macht sie doch ein gewisses öffentliches Interesse deutlich. Und allein das kann die Entscheidung beeinflussen.


    CS, Jörg

    Ich frag es nochmal, besteht die Petition nur aus einem Satz, oder übersehe ich etwas?



    Dann etwas Allgemeines, wir haben in diesem Land eine sehr transparente Struktur der Forschungsförderung, Leibnitzt-Institut werden ca alle 7 Jahr begutachtet und die Berichte kann jeder hier lesen. Im Bericht von 2016 wurde die eine fokussiertere Ausrichtung an den Forschungsthemen angemahnt, der Teil ist extra fett gedruckt, das war der Schuss vor den Bug. Vor einer Begutachtung sind Institute meist in einer Art Alarmstimmung, es geht in der Regel nicht um die Existens, sondern wie hoch das zukünftige Budet sein wird, es wird fieberhaft daran gearbeitet sich möglichst positiv darzustellen


    Hier sieht es aber leider so aus, als sei zum Zeitpunkt der Begutachtung der Leiter bereits im Ruhestand, und die Vertretung auch auf dem Abmarsch war, man hatte die Besetztung der Nachfolge/n noch nicht mal auf den Weg gebracht, der Termin war sicher ein Jahrzehnt im voraus bekannt. Was sagt das über die Situation, ein Institut aus?


    Wenn man eine Petition verfasst, dann sollte es jetzt in erster Linie darum gehen den Schaden zu minimieren, wie das aussieht wissen Andere vermutlich besser als wir hier.


    beste Grüße


    Thomas

  • Für Forschung stehen halt nur begrenzte Mittel zur Verfügung und die Konkurrenz darum ist selbst ein wichtiger Aspekt zur Entwicklung neuer Forschungsschwerpunkte. Außerdem sind es öffentliche Mittel, die letztendlich einer Kontrolle unterzogen werden müssen. In der Wissenschaft sind Evaluationen ein probates Mittel dafür.


    Sicher ist da viel blöd gelaufen, aber das ist eine Schließung mit Ansage und keine spontane Entscheidung. Man kann der Leitung die Schuld geben, aber damit macht man es sich auch zu einfach, denn die Forschenden haben ja auch eine gewisse Freiheit bei ihren Forschungsthemen. Das wird im Bericht ja auch deutlich, das Forschung zu Exoplaneten oder aus der Astrobiologie keinen Bezug zum Kernauftrag des Instituts haben, so schön die Forschungsthemen auch klingen. Das klingt nicht nach einem Team, das gemeinsam an einem Strang zieht - unabhängig vom Versagen der Leitung.


    Das wirkt auf mich zumindest alles sehr chaotisch und es wundert mich daher nicht, dass so entschieden wurde. Das Geld ist möglicherweise daher auch in andere Forschung deutlich besser angelegt. Ein normales Verfahren der Qualitätssicherung in der Wissenschaft. Nur weil man einen persönlichen Bezug übers Hobby dazu hat, eine Petition dagegen zu unterschreiben finde ich persönlich übertrieben.


    Und die Petition führt das Chaos inhaltlich nur fort. Was genau ist der Sinn: nur zu widersprechen? Wenn man hier für die Zukunft eine wichtige Rolle des Instituts in der aktuellen Sonnenforschung hätte betonen können, also eine neue strategische Ausrichtung innerhalb der Sonnenforschung dargestellt hätte, dann hätte die Petition vielleicht eine Chance. Aber so es für mich nur ein Form den persönlichen Frust darüber öffentlich rauszulassen, aber ohne jedes Argument für einen Weiterbetrieb.


    Grüße

    Micha

  • Danke Jürgen,

    Ich habe die Petition auch unterschrieben.


    Aber die Beurteilung nach 7 Jahren ist ja vernichtend und klingt final, was den Verbleib als Leibnitz-Institut angeht.

    In solchen Fällen bleibt manchmal noch die sinnvolle Weiterführung der Restmasse (Personal und Hardware) in einem neuen Kontext mit einem neuen Träger. Wenn die Sternwarte, die ich nicht kenne, so ein Kleinod der Sonnenforschung war und evtl. wieder werden könnte, muss das ja nicht aussichtslos sein. Dafür braucht es aber zündende Ideen und kompetente, engagierte Leute, die das machen und ein neues tragbares Konzept erstellen können. Viel Zeit bliebe aber wohl nicht mehr und man hätte es eigentlich schon längst machen müssen. Da man auf so eine Lösung in der Beurteilung aber nicht anklingen lässt, stimmt eher pessimistisch, da externe Beurteiler solchen Lösungen nicht abgeneigt sind.


    Insgesamt aber traurig, dass so ein alt-renomiertes langjähriges wissenschaftliches Projekt so einfach abgewickelt wird.


    CS Peter







    _________________________________________________________________________________________________________________

    Montierung: EQ6-R Pro in Gartensternwarte;TsOptics Photon 10'' f4 (254/1016 mm), GSO 6'' Newton (150/600 mm), RC GSO 8'' Ritchey Chretien (203/1624 mm), William Megrez Triple Apo 80/480 mm; Kameras: Zwo ASI 1600 MM Pro, Zwo ASI 533 Mc Pro, Canon 6Da, Optolong L-eXtrem 2'', 1.25'', L-enhance 2''; www.astro-besitz.de

  • Hallo zusammen,


    ich gebe euch sicher recht. Das ganze hat eine Vorgeschichte und dies ist der Donnerschlag am Schluss.


    Trotzdem: Ich habe einen, wenn auch begrenzten, Einblick in die Reviewkämpfe, die z.B. an der Universität Basel stattfanden und stattfinden. Die gab es immer, hässliche Geschichten mit egozentrischen Leuten auch.


    Aber:

    • wieso ist dieses Institut die angemahnten Probleme nicht angegangen? Ich finde dazu nirgends Informationen. Wenn es an der Institutsleitung lag, dann hat die übergeordnete Instanz auch ihre Verantwortung nicht wahrgenommen. Egozentrische Sesselkleber kann man auch, nicht ganz kostenneutral, ersetzen.
    • Wieso laufen gute Leute davon? Siehe oben.
    • Wieso, und das ist eine allgemeine Kritik an der Entwicklung der universitären Finanzierung, wieso müssen Institute und Fakultäten *untereinander* bis aufs Blut um Finanzen kämpfen, die bestimmte Minister so schnell mal im Auftrag ihrer Geldgeber und Herren verbrennen? Universitäten sind mutwillig ihrer Unabhängigkeit beraubt worden und in die Abhängigkeit von Kreisen gebracht worden, die nichts, aber auch gar nichts von unabhängiger und primär nicht pekuniär ausschlachtbarer Forschung halten.

    V.A. der dritte Punkt ist für mich die Geschichte hinter der Geschichte dieses Leibnitz Instituts - und vieler anderer Institute, die mehr Zeit darin verbrennen müssen, ein paar Brotkrumen abzukriegen, als Forschung zu betreiben. Wir leben in einer Gesellschaftsform, die kein Problem damit hat, die Welt in wenigen Jahrzehnten für Menschen unbewohnbar zu machen und das nur, damit ein paar charakterlose Hanseln mit Kapital (etwas, was sie der Mehrheit als alleinigen Wert "verkaufen" will) noch mehr Kapital anhäufen kann. Momo lässt grüssen.

    Forschung hat erst mal keinen materiellen Wert, aber einen, der sämtliches Kaptial dieser Welt in den Schatten stellt.


    Und deshalb habe ich die Petition unterschrieben.


    Herzliche Grüsse Robetr

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!