Mond: Untersuchung max. Detailauflösung am Beispiel Plato und Alpenquertal

  • Hallo zusammen,


    nach den Mondaufnahmen vom 3. Januar, siehe Thema "Mond mit Dobson vom 03.01.2023 - Nahaufnahmen in Farbe" hat mich das Thema Kleinkrater in Plato etc. noch weiter beschäftigt. Insbesondere die Frage, wie groß die abgebildeten, gerade noch erkennbaren Details auf der Mondoberfläche tatsächlich sind und was mit meinem eingesetzten Amateurinstrument in der Praxis überhaupt möglich ist.

    Da Formeln und andere theoretische Rechnereien leider gar nicht meine Welt sind, habe ich versucht, eher pragmatisch und auf rein visuellen Weg die Antwort zu finden.

    Gerne möchte ich diesen Versuch mit Euch teilen und freue mich auf jede Rückmeldung, die meine Vorgehensweise bestätigt, ergänzt oder auch kritisch bewertet.


    Ausgangsmaterial ist meine Aufnahme vom 3. Januar von der Region Plato und Montes Alpes:



    Klick: Volle Auflösung (1786×1200)



    Klick: Volle Auflösung (1127×823)


    Wichtigste Eckdaten:

    • 14,5" ICS Dobson mit 4x Televue Powermate Barlow auf f/20,8 "verlängert"
    • Kamera: PlayerOne Uranus-C (IMX585) mit UV/IR Cutfilter
    • manuelle Nachführung
    • mehrere SER Aufnahmesequenzen mit PIPP verbunden und stabilisiert
    • 20% von 2516 frames (= 503 frames) in Autostakkert zum Summenbild gerechnet
    • Nachbearbeitung mit Photoshop (Unscharfe Maskierung, Hochpassfilter, Gamma-/Tonwertkorrektur)
      Bzgl. farblicher Bearbeitung fehlt mir am Mond leider noch die Erfahrung - grundsätzlich finde ich es aber spannend, den Mond farbig zu erleben.

    Bild vom Aufbau:


    Vorgehensweise zur Beurteilung der Detailauflösung anhand Kleinkrater in Plato:

    1. Markierung sämtlicher "verdächtiger Fleckchen" als potentiell abgebildete Kleinkrater (ab einem gewissen Punkte brach ich ab, da man irgendwann anfängt, Geisterkrater im Bildrauschen zu entdecken. :D )
    2. Abgleich mit Lunar Orbiter IV Aufnahme: Alle beschriebenen Kleinkrater bis 0,9 km Durchmesser erfolgreich identifiziert (siehe grüne Punktmarkierungen)
    3. Kleinkrater mit Durchmessern <1 km (siehe kleine gelbe Punktmarkierungen) - zum Abgleich bzw. Lokalisierung und Verifizierung nahm ich zusätzlich den sehr mächtigen und hilfreichen online Atlas von Lunar Reconnaissance Orbiter (LROC Lunar Quickmap) zur Hilfe, den ich allen Mondbeobachtern wärmstens empfehlen kann, siehe LINK: https://quickmap.lroc.asu.edu/
    4. Nachdem ich nahezu alle Kleinkrater, die eingangs als "verdächtige Fleckchen" markiert wurden, anhand der LROC Aufnahmen verifizieren konnte (aus Zeitgründen brach auch hier an einem bestimmten Punkt erstmal ab), suchte ich in meiner Platoaufnahme nach einer möglichst detaillierten Region, die eine einfachen und sicheren Abgleich mit LROC Aufnahmen ermöglichte und die zusätzlich einen einzelnen, möglichst kompakten und möglichst freistehenden Kleinkrater (d.h. kein Doppelkrater oder dichte Kratergruppe) zeigt.
      Einen solchen Ausschnitt habe ich im östlichen Teil des Plato-Grunds ausgewählt und mit entsprechend gleichem Ausschnitt aus dem LROC Bildmaterial verglichen
    5. Den im roten Rechteck markierten Kleinkrater, dessen Abbildung ich auf meiner Aufnahme definitiv bestätigt sah, wählte ich als kleinstes sichtbares Detail aus und nutzte im parallel geöffneten LROC Atlas das dortige "pass measurement" Werkzeug, um den Durchmesser großzügig zu bestimmen. Nach Setzen mehrerer Messpunkte konnte ich schließlich bestimmen, dass dieses Detail einen Durchmesser von maximal 300 Metern auf der Mondoberfläche haben kann.

    Klick: Volle Auflösung (1583×971)


    Auf ähnliche Weise untersuchte ich auch das Alpenquertal:


    Klick: Volle Auflösung (1661×748)


    Hier ist es mir dank des guten Seeings erstmals gelungen, die zentrale Rille abzubilden.


    Weiterführende und empfehlenswerte Links zu diesem Thema:

    LROC Lunar Quickmap: https://quickmap.lroc.asu.edu/

    Plato Craterlets - The Moon (the-moon.us)

    Guide to PLATO craterlets - Lunar Observing and Imaging - Cloudy Nights

    Vallis Alpes (Alpental) auf der Mondoberfläche (der-mond.de)

    Alpine Valley Central Rille - The Moon (the-moon.us)



    Viele Grüße und klaren Himmel,


    Peter Maier

  • Hallo Peter,


    Deine gründliche Bildanalyse verdient ein großes Lob. Ich bin beeindruckt, welche enorme Auflösung Du mit Deinem als Dobson montierten Newton hinbekommen hast.


    Einziger Kritikpunkt ist für mich das Dateiformat. Es bringt doch nichts, hier im Forum Bilder mit so großer Farbtiefe hochzuladen. Viele von uns sind nur mit Tablett oder Smartphone unterwegs. Da reicht das jpg-Fotmat völlig aus. Auch hat nicht jeder einen schnellen Internetzugang. Mit dem Ergebnis, dass dann mehr als eine Minute gewartet werden muss, bis ein einziges Bild angezeigt wird. Das ist heutzutage für manche schon zu lange.


    Um nicht mit dem Gemecker aufzuhören, betone ich nochmal, dass es ansonsten wunderbare Ergebnisse sind, die Du hier vorstellst. Und ein Anregung für andere, sich eingehender mit ihrem Bildern zu beschäftigen.


    CS, Jörg

  • Hallo Peter,


    mich hat die Frage auch beschäftigt, da ich meistens mit kleinen Öffnungen unterwegs bin und mich gefragt habe, was damit geht. Aufgelöst heißt, dass am Beispiel zweier Linienpaare ein Abfall des Signals zwischen den Linienpaaren erkennbar ist. In der Praxis kann man das am besten übertragen, in dem man sagt, die Form ist erkennbar. D.h. ein Krater ist eindeutig als solcher erkennbar als Kreis oder Ellipse mit einem Helligkeitsabfall in der Mitte.


    Bei deinem System ist im Grünen im Perigäum ab ca. 530m kein Signalabfall mehr vorhanden. Im Blauen ginge etwas mehr. Allerdings habe ich es noch nie erlebt, dass bei meinem 12"er der Blaukanal besser aufgelöst war, als der Grün oder Rotkanal. Meiner Erfahrung nach kommt man fotografisch je nach Kontrast des Kraters bei der Auflösung irgendwo zwischen das Rayleigh (20% Signalabfall) und Dawes Kriterium (5% Signalabfall) bei idealen Bedingungen. Also bei deinem System so um die 600m. Was geht, probiert man aber am besten mit kleiner Öffnung. 60 oder 80mm, wo das Seeing noch keine Rolle spielt. So habe ich das bestimmt. Auch so wie du empirisch mit den LROC Daten. Ich habe dabei den Abstand von hell zu hell gewählt.


    Krater <1km fotografisch darzustellen ist schon extrem gut. Auch die Rille ist bei dir <1km aufgelöst. Das ist schon eine Leistung, wenn man bedenkt, dass du manuell nachgeführt hast. Dein Dobson muss wirklich gut laufen.


    Man kann allerdings auch kleinere Details nachweisen. Diese sind dann aber nicht aufgelöst. Man kann die Form nicht identifizieren. Das funktioniert entweder bei extremen Kontrasten oder wenn, so wie bei der Rille im Alpental oder der Cassini Teilung, die Struktur in einer Richtung deutlich größer ist als die Auflösungsgrenze. Eine Grenzgröße kann man nicht bestimmen. Das hängt nur vom Kontrast ab. Wenn z.B. ein ausreichend heller Scheinwerfer auf dem Mond stehen würde, könntest du den in deinem Signal nachweisen, egal wie klein er ist. Du könntest aber nicht sagen, was es ist und wie groß es ist. Es könnte auch ein Krater oder oder ein Hügel sein. Und er hätte immer minimal die Größe der Airy Disk deines Systems.


    Deswegen finde ich die beste Methode die Auflösung zu bestimmen ist mit Mondkratern, die man gerade noch eindeutig als solche erkennen kann. Das Rayleigh Kriterium ist wie gesagt ein guter Anhaltspunkt was geht und was nicht. Darunter kommt man mit Ausnahme von extrem kontrastreichen Kratern in der Praxis eigentlich nie. Auch nicht mit sehr kleinen Instrumenten.


    Grüße

    Joachim

  • Hallo Jörg,

    danke für die Rückmeldung!
    Du hast absolut recht bzgl. Dateiformat - da hätte ich vorher drauf kommen müssen. Ich versuche die Tage mal, die Bilder gegen 8bit Versionen auszutauschen, was über die Edit-Funktion auch nachträglich gehen müsste.



    Hallo Joachim,


    herzlichen Dank für diese Ausführungen!

    Das mit der Definition von Form bzw. tatsächlicher Größe als Kriterium für Auflösung bzw. ein aufgelöstes Objekt erscheint mir plausibel. Wenn Du diese Grenze anhand des gezeigten Aufnahmeergebnisses bei etwa 600m auf der Mondoberfläche einschätzt, finde ich das immer noch verblüffend, weil ich bislang immer glaubte, dass in der Praxis irgendwo bei 1 km einfach Schluss ist für unsere Amateurinstrumente, allein schon wegen der atmosphärischen Einflüsse.

    Das Beispiel mit dem Scheinwerfer finde ich sehr interessant und spannend - also dass bei extremer Helligkeit oder einer Lichtquelle auch ein Objekt deutlich unter der Auflösungsgrenze nachweisbar wäre. THEORETISCH, wenn ein solcher Scheinwerfer oder sehr starker Reflektor an den Apollo-Landestufen befestigt wäre, könnte demnach es ja sogar mit Amateurinstrumenten klappen, sehr kleine oder künstliche Objekte zu "detektieren". :/



    Viele Grüße,

    Peter

  • Wenn Du diese Grenze anhand des gezeigten Aufnahmeergebnisses bei etwa 600m auf der Mondoberfläche einschätzt, finde ich das immer noch verblüffend, weil ich bislang immer glaubte, dass in der Praxis irgendwo bei 1 km einfach Schluss ist für unsere Amateurinstrumente, allein schon wegen der atmosphärischen Einflüsse.

    Hallo Peter,


    600m ist das, was mit deinem Teleskop theoretisch möglich wäre. Mit deiner Schätzung, dass unter 1km nicht viel geht mit normalen Amateurmitteln liegst du vermutlich richtig. Zumindest habe ich noch nie ein Bild gesehen, das besser als 850m aufgelöst war.


    sehr kleine oder künstliche Objekte zu "detektieren". :/

    Die müssten dann aber SEHR hell sein :)


    Grüße,

    Joachim

  • ... freue mich auf jede Rückmeldung, die meine Vorgehensweise bestätigt, ergänzt oder auch kritisch bewertet.

    Hallo Peter,


    über Deine bemerkenswerten Bildergebnisse und insbesondere auch über die so ergiebige Auswertung freue ich mich natürlich auch als Betrachter in hohem Maße und danke Dir für die ausführlichen Beschreibungen. Wenn ich so gutes Ausgangsmaterial zur Verfügung hätte, würde ich wahrscheinlich versuchen die Grundhelligkeit der ausgearbeiteten Bilder so weit anzuheben, etwa so wie in einem älteren 10"-Plato hier, dass ein größerer Anteil der von Dir eher nur anhand von Lupendarstellungen beschriebenen Detals unmittelbar zum Vorschein kommt. Bei so steiler Beleuchtung ist es ja auch in Wirklichkeit in dieser Gegend der Mondoberfläche ziemlich hell ...


    CS Jan

  • Das ist schon sehr gut aufgelöst. Mit einem 10"er bekommt man die breitesten Teile der Alpentalrille aufgelöst, erst ab 12" und besten Bedingungen kann man sie als Linie erwischen.

  • Wenn ich so gutes Ausgangsmaterial zur Verfügung hätte, würde ich wahrscheinlich versuchen die Grundhelligkeit der ausgearbeiteten Bilder so weit anzuheben, etwa so wie in einem älteren 10"-Plato hier, dass ein größerer Anteil der von Dir eher nur anhand von Lupendarstellungen beschriebenen Detals unmittelbar zum Vorschein kommt. Bei so steiler Beleuchtung ist es ja auch in Wirklichkeit in dieser Gegend der Mondoberfläche ziemlich hell ...

    Guter Punkt! Werd mich gern nochmal dransetzen und versuchen, die Kleinkrater noch mehr rauszukitzeln. Ggf. muss man hier bestimmte Bereiche eben einzeln bearbeiten (wenn erlaubt), da sonst die Gefahr besteht, dass bei globaler Anhebung der Höhen z.B. anderswo hellere Kraterwälle ausbrennen.

    Aber Du hast auch recht, dass das Bild insgesamt gern mehr Helligkeit vertragen könnte, wenn man den Sonnenstand bedenkt.


    Grundsätzlich lege ich bei der Nachbearbeitung großen Wert darauf, dass der Gesamteindruck nicht zu künstlich und überschärft wirkt, wie man es leider oft bei Mondbildern sieht. Im Zweifel und aus dieser Befürchtung heraus gehe ich dann bearbeitungstechnisch wahrscheinlich nicht ganz ans Limit...

    In der Vergangenheit hab ich jahrelang den Mond intensiv visuell beobachtet und diese Eindrücke haben sich wohl ins Hirn gebrannt. :) Die Schärfefilter der Bildbearbeitungsprogramm bieten zwar tolle Möglichkeiten, aber können auch schnell viele Details zerstören. Das Bild sieht dann nur auf den ersten Blick "schärfer" aus und bei genauem Hinsehen sieht man insbesondere an den Kraterwällen und hellsten Bereichen, dass zuvor vorhandene Zeichnung und Strukturen einfach ausgelöscht wurden.


    Schöne Grüße,

    Peter

  • ...., könnte demnach es ja sogar mit Amateurinstrumenten klappen, sehr kleine oder künstliche Objekte zu "detektieren". :/



    Viele Grüße,

    Peter

    Hallo Peter,


    das vielleicht nicht, aber wenn in mittlerer Zukunft die He3 Raupen durch die Mare ziehen, wird der Mond sicher auch für Amateure sichtbar verunstaltet :/ .


    Ich bin mal vor Jahren auf dem Weg nach Los Angeles über den fernen Nordwest Teil Kanadas geflogen - das sah nicht gut aus mit den gigantischen Schneisen-Linien durch den kanadischen Wald in sonst menschenleerer entlegener Gegend ;( ...


    CS,

    Walter

  • das vielleicht nicht, aber wenn in mittlerer Zukunft die He3 Raupen durch die Mare ziehen, wird der Mond sicher auch für Amateure sichtbar verunstaltet :/ .


    Sollen sie´s auf der Mondrückseite machen - da kann´s uns egal sein! ^^ ;)



    Für Artemis 3 sind übrigens ja potentielle Landestellen ausschließlich am Mondsüdpol ausgesucht worden.

    Das ist beobachtungstechnisch etwas schade, weil man von der Erde aus diese Gebiete kaum oder auch gar nicht einsehen kann. Jedenfalls gar nicht vergleichbar mit den Landestellen der Apollo-Missionen, die man mit etwas Recherche schön am Teleskop lokalisieren kann.


    Grüße,

    Peter

  • Hallo Peter,


    ja, diese Landestellen sind auch in älteren Mondatlanten z.B. dem Rükl Mondatlas aus dem Jahr 1990 schon eingezeichnet.


    Jedenfalls gar nicht vergleichbar mit den Landestellen der Apollo-Missionen, die man mit etwas Recherche schön am Teleskop lokalisieren kann.


    Nach den drei Astronauten der Landung vom Juli 1969, Armstrong, Aldrin und Collins sind sogar eigene Mondkrater benannt worden.


    Und den größten davon, Krater Armstrong, kann ich bei guten Sichtbedingungen sogar in meinem 60/1000 Refraktor selber sehen.


    Viele Grüße


    Michael

    Will unsre Zeit mich bestreiten,

    ich laß es ruhig geschen.

    Ich komme aus anderen Zeiten

    und hoffe, in andre zu gehn.

    (Franz Grillparzer)

  • Hi Michael,


    danke für die Info.
    Mit den Apollo-Landestellen habe ich mich visuell schon ausgiebig beschäftigt in der Vergangenheit, aber bislang noch nicht fotografisch in Angriff genommen.
    Am selben Tag (03.01.) konnte ich aber auch die Landestelle von Apollo 11 aufnehmen und habe alle markanten Details bzw. bekannte Formationen in der Nähe identifiziert, siehe:

    Mond mit Dobson vom 03.01.2023 - Nahaufnahmen in Farbe - Beobachterforum Sonnensystem


    oder direkt zur höheren Auflösung: KLICK (1449×1163 Pixel)


    Hoffe, die Position von Eagle ziemlich genau bestimmt zu haben.


    Spannend wäre mal eine Aufnahme z.B. vom Lunar Reconnaissance Orbiter oder anderer Sonde zu sehen, die eine Apollo-Landestelle bestmöglich aufgelöst bei Sonnenuntergang zeigt. Dann müssten die Landestufen extrem lange Schatten werfen - theoretisch auch mehrere hundert Meter lang? Wäre dann aber wohl aufgrund des Durchmessers der Apollo-Landestufe trotzdem nur eine haarfeine Linie, die mit irdischen Fernrohren nicht aufzulösen wäre...


    Viele Grüße,

    Peter

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