Einstieg mit gutem Equipment. Aber was lässt sich heutzutage noch "entdecken"?

  • Hallo Astrotreff!


    Leschs Kosmos war, wahrscheinlich wie bei vielen Neulingen im Forum, bei mir der Auslöser für gesteigertes Interesse an Astronomie. Nun überlege ich, mir (teures) Equipment zuzulegen. Aber mir steht noch eine grundlegende, entscheidende Frage im Weg: Können Hobby-Astronomen heutzutage überhaupt noch etwas entdecken, was nicht zig andere schon zuvor entdeckt haben?


    Keine Frage, es ist toll, Mondkrater in allen Details vor der Linse zu haben. Auch die Saturnringe schaue ich mir bestimmt gern an (ich bin auch schon mit der VR-Simulation Discovering Space 2 hindurch geflogen und es war der absolute Wahnsinn). Oder auch Galaxien-Nebel. Das alles liegt aber längst zum sofortigen Zugriff im Netz vor und das Interesse könnte selbst nach einer 3000€-Investition schnell verfliegen, denn andere haben besseres Equipment, bessere Standorte, mehr Know-How. Hochauflösende Bilder von Sternen, Planeten, Galaxien - alles abrufbar im Netz. Mit einer Qualität, die ich wohl nie selbst erreichen werde. Doof gefragt: Warum sollte ich mich dann am Anblick eines matschigen Mars erfreuen, wenn mein Equipment einfach nicht mehr hergibt? :/


    Deshalb frage ich in erster Linie danach, ob es überhaupt etwas zu entdecken geben könnte, damit ich auch ein echtes Ziel in der Hobby-Astronomie verfolgen kann, bestenfalls in Kombination mit meinem High-End-PC-Rig. Einfach aus dem Bauch heraus gesagt heranfliegende Kometen/Asteroiden beispielsweise. Irgendwas. Mir fehlt nur noch das i-Tüpfelchen auf dem "Anreiz".


    Eine sehr gute Kamera habe ich bereits (Nikon D850). Nicht nur die Beobachtung, sondern auch die Fotografie wäre für mich ein entscheidender Punkt. Darüber hinaus werde ich in den kommenden Jahren häufig in Chile unterwegs sein (Teile der Familie leben dort). Schon mal gute Voraussetzungen, denke ich.


    Was meint ihr?


    Grüße

    Tannhäuser

  • Kometen, Asteroiden, veränderliche Sterne, Supernovae ... Stichwort Himmelsüberwachung.


    Beispiel:

    Astronomie: Amateur beobachtet erstmals die Entstehung einer Supernova - Golem.de
    Auch Amateure können wichtige Erkenntnisse für die Wissenschaft beitragen. Mit der Beobachtung der ersten Stunde einer Supernova hat Victor Buso 2016 Daten für…
    www.golem.de


    Gruß

    Stephan

  • Hallo Tannhäuser,


    willkommen im Forum und schön, dass du zur Astronomie gefunden hast. Für Hobby- und Amateurastronomen gibt es immer noch vieles zu tun und entdecken. Natürlich wirst du mit einer Amateur-Ausrüstung keine neuen Galaxien oder gar Exoplaneten entdecken, aber gerade im Bereich von Doppelsternen, Kometenbahnen und dergleichen mehr, können Amateure viel leisten.


    Mit € 3000,- liegst du allerdings eher am Anfang mit dem Equipment, denn wenn du dir ein "gutes" Teleskop (oder mehrere), eine stabile Montierung, Okulare mit hoher Qualität, Filter, Stromversorgung etc. zulegen willst, kannst du schnell das 3-4fache ausgeben. Und da rede ich eher von einem Newton Teleskop mit 8-10 Zoll Öffnung. Etwas mehr als € 3000,- habe ich alleine für 7 Okulare und einige Filter ausgegeben ...


    Bevor du aber ans Entdecken von neuen Objekten denkst, solltest du dich einmal mit den Grundlagen der Astronomie und dem Umgang mit der Ausrüstung beschäftigen, dazu noch ausreichend Literatur oder eben hier Forenbeiträge studieren. Kauf dir eine drehbare Sternkarte und versuche, damit einmal alle Sternbilder kennenzulernen. Ein guter Einstieg ist auch der "Atlas für Himmelsbeobachter" von Erich Karkoschka. Versuche mal alle die darin gelisteten Objekte aufzufinden und im Okular zu erkennen (gar nicht immer so einfach) - das ist schon ein großes Entdecken und wird dir viele Wow-Momente garantieren.


    Bei dem Hobby Astronomie geht nichts auf die Schnelle. Geduld und Demut sind zwei Eigenschaften, die zu diesem Hobby gehören. Astrofotografie ist die Königsdisziplin. Dazu muss man sich viel mit der notwendigen Technik auseinandersetzen und i.d.R. auch viel Geld investieren. Überlege dir einmal genau, was du gerne beobachten möchtest, wie viel Zeit du für das Hobby aufwenden kannst/willst, wie deine Beobachtungsmöglichkeiten (abgesehen von Chile) du hast, wie mobil du mit deiner Ausrüstung sein willst u.v.m. Die Überlegungen sind für die Auswahl deines Equipments entscheidend.


    Hier im Forum findest du viele Informationen für Einsteiger.


    Liebe Grüße,


    Christian

  • Moin! Was für Astroamateure noch zu entdecken ist, wurde oben schon geschrieben, ich möchte die kleine Liste noch um die transienten Mondphänomene erweitern.


    Solche Entdeckungen passieren entweder zufällig oder als Ergebnis von richtiger Arbeit, die Geld, Zeit und oft auch Nerven kostet.


    Wahrscheinlich 99,9% der Astroamateure und Amateurastrofotografen entdecken das Universum einfach nur für sich.


    Gruß, Michael

  • Hallo Tannhäuser,


    Warum anfangen?

    Einfach wiel es Spaß macht! Es ist einfafch schön am Himmel zu schauen wie er sich übers Jahr verändert. Was zu entdecken gibt es immer. Egal ob das andere schon geshn haben. Die Objekte nutzten sich ja nicht ab. Wenn man es das erste mal selbst sieht, das ist der Moment für den ich das mache.

    Aber auch bekannte Sachen schau ich mir immer wieder gerne an. Offene Sternhaufen, Mond und Planeten. Bei Planeten ist auch das fotografieren interesant. In späteren Jahren zu sehen wie man sich weiterentwickelt hat und wie sie sich auch verändert haben.


    Wenn es keinen Spaß macht einfach zu schaun: lieber lassen.


    Gruß

    Bianka

    Teleskope: Newton 130/f5 , VMC 260/f11,5 / Newton 200/f4 , Kameras: ZWO ASI 183MM/183MC aber meistens visuell.

    Montierungen: EQ6-R,Celestron CGX,


  • Hallo Tannhäuser,

    auch von mir aus ein Willkommen hier im Forum. Amateurastronomen, die sehr viel Arbeit und Geduld in das
    Hobby stecken, können heute noch Entdeckungen machen, die den Profis mangels Zeit entgehen. Kürzlich las ich einen schönen Bericht
    in einer Fachzeitschrift über eine Gruppe von Sternfreunden, die bereits mehrere planetarische Nebel entdeckt haben.


    Du findest aber auch Freude an diesem Hobby, wenn du es einfach als Herausforderung angehst, Objekte zu
    fotografieren oder aber den Genußfaktor beim visuellen Betrachten immer neuer Objekte in den Vordergrund stellst.


    Hoffentlich gelingt dir der Einstieg zu deiner Zufriedenheit!

    Schöne Grüße

    Heinz

  • Servus "Tannhäuser",


    wenn du Neuentdeckungen als zusätzlichen Anreiz benötigst, würde ich an deiner Stelle den Einstieg in das Hobby nochmal überdenken. Wenn dich aber generell die "Faszination Weltall" gepackt hat, dann kannst du die auch genießen, ohne etwas neu zu entdecken.


    Wie in jedem Wissensgebiet muss man sich auch erstmal entsprechend einarbeiten, bevor man an der "vordersten Front" Forschung betreiben kann. Nicht von ungefähr studieren Astrophysiker erstmal Physik und sich eben in Astronomie/Astrophysik vertiefen, bevor sie an die "teuren Geräte" gelassen werden und forschen können. Inwieweit bist du in die Materie eingearbeitet?


    Willst du aber erstmal "nur" das Weltall etwas kennenlernen, z. B. Kugelsterhaufen mal selbst live gesehen haben oder auch schöne Offene Sternhaufen, den einen oder andere Planetarischen Nebel... dann nur zu! Das entspannt, das bildet (man liest ja nebenbei, was man angeschaut hat, recherchiert usw.). Ich will sagen: erstmal sollte man lernen, das nachzuvollziehen, was andere bereits entdeckt haben. Und wer weiß, was dich dann besonders interessiert?!


    Wenn du dann später mal wirklich auch aktiv forschend etwas beitragen willst, dann gibt es viele Bereiche, wo du konstruktiv etwas tun könntest. Allein schon präzise Helligkeitsbestimmungen an veränderlichen Sternen ist eine Mammutaufgabe, die nur viele Schultern stemmen können. Letzten Endes ist das aber "auch nur" das Füllen von Datenbanken mit den Ergebnissen von Einzelbeobachtungen. Die Sterne selbst sind ja bereits bekannt.


    Supernovae entdecken heutzutage die Weltraumteleskope, Kometen ebenso, Asteroiden dito... (komplette Himmelsüberwachung mit besserer und teurerer Technik als die von Amateuren). Aber warum sollen Neuentdeckungen der Anreiz sein? Wichtig ist, was du für dich(!) entdecken kannst. Es ist eben einfach ein schönes, aber teures Hobby. Und ja, man kann auch nebenbei einen Beitrag zur Forschung abliefern. Aber das ist m. E. erst ein späterer Schritt.


    So ist die Gefahr groß, dass du viel Geld investierst um dann enttäuscht zu sein. Die Wattebausche, die eigentlich Galaxien mit Spiralarmen sein sollen, sind live nicht sehr spektakulär. Es sei denn, mann genießt es, überhaupt den Wattebausch zu sehen, sich vorzustellen, wie lange das Licht unterwegs war, um bis in dein Auge gelangt zu sein. Oder man genießt es, mit einem extrem schwachen Wattebausch die Möglichkeiten der Optik ausreizen zu können und so zu wissen, dass man die Technik im Griff hat.


    3000 Euro als Start sind ein Stange Geld, aber nicht allzu viel, wenn man tief einsteigen will (Stichwort Astrofotografie, Neuentdeckungen). Meine Einstigeskosten für das Hobby lagen deutlich über dem Budget. Und vermutlich ist das auch nur der Einstieg (mal nen Filter hier, mal ein Okular dort, dann ein weiteres Teleskop mit noch mehr Öffnung, dann noch eins, das kleiner, dafür transportabler ist usw.). Mit deiner Einstiegssumme bist du weit weg von "High End". Das macht aber auch nichts. Man kann auch mit 300 Euro, einem Zehntel des Budgets, den Himmel für sich entdecken.


    Langer Rede kurzer Sinn:

    Vermeide porphylaktisch eine spätere Enttäuschung. Nimm z. B. einfach mal ein Fernglas und genieße die Wintermilchstraße mit dem Fernglas. Wird dadurch deine Neugierde geweckt, die Nebelfleckchen und im Fernglas kleinen Sternhäuflein groß zu sehen, dann überlege, dir ein Teleskop anzuschaffen. Packt dich aber die Faszination nicht, dann würde ich nicht teuer einsteigen. Du musst nur mal schauen, wie viele Leute "fast neue, kaum genutzte" Teleskope wieder verkaufen, weil sie eben vom Gesehenen entäuscht sind.


    Und zuletzt als positives Ende: was fasziniert mich an dem Hobby (als Vergleich)?

    Bei mir ist es primär die Entschleunigung beim Beobachten, das zur Ruhe Kommen in der Nacht und dabei in den Weltraum schauen zu können. Mich fasziniert, auf den Spuren der "alten Meister" unterwegs zu sein. Wenn ich den NGC-Katalog abklappere, dann ist mir bewusst, dass ich heutzutage mit relativ günstigen Geräten das nachvollziehen kann, was im 19. Jahrhundert nur die Creme de la Creme, die entsprechend große Teleskope zur Verfügung hatte, entdecken konnte. Oder wenn ich ein Palomar-Haufen fotografiere (geht auch ohne Telekskop nur mit Kamera plus Teleobjektiv) oder sogar live sehe, dann bin ich im 20. Jahrhundert angekommen und schaffe es, Objekte zu sehen/zu detektieren, deren Entdeckung mit dem 5-Meter-Spiegel des Palomar-Observatoriums gemacht wurden. Da sage ich für mich nur "wow", was habe ich für geniale technische Möglichkeiten!

    Ich finde es spannend, auf meinen Fotos zu prüfen, was ich da alles sehen kann, welche Phänomene ich abgebildet habe. Ich habe aber nicht den Anspruch, neue Phänomene zu entdecken. Es ist eben nur ein Hobby.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Ich stelle mir das praktisch vor ... Großfeld-Aufnahmen, Galaxien-Aufnahmen ... jeweils relativ kurze Belichtungszeiten, dann nachträglich gestackt. Zusätzlich nachträglich Jeweils die erste und die letzte Aufnahme übereinander gelegt und geguggt, ob was blickt. Wenn tatsächlich ... analysieren, was das sein könnte. Tabellen wälzen. Wäre sozusagen eine Ergänzung zum Hobby.


    Für mich gibt's da kein Entweder/Oder, sondern höchstens ein Und.


    Nochmals Gruß

    Stephan

  • Hallo


    AMATEUR ASTRONOMIE ist ein bisschen wie angeln😁 Fisch gibt es auch im Laden.

    Asteroiden werden nur bis zu einer gewissen Größe erkannt, da müsste man tiefer belichten, mit weniger Öffnung sehr Zeit fressend. Das gleiche gilt für PN, das sind dann womöglich Flecken kaum größer als die Sterne, die müsstest du dann eigentlich noch spektroskopisch überprüfen. Es hat aber schon mal Jemand geschafft einen Asteroideneinschlag auf Jupiter zu Filmen, damit war er erster Entdecker, aber wie lange ist man schon an einem Planeten dran, das gilt auch für Supernovae in Galaxien, muss man zufällig an der richtigen drann sein, die Sternhelligkeiten auch mit Katalogen abgleichen, oder mit dem Bild von voriger Beobachtung. Ist nicht selten für ein Objekt mehrere Nächte Licht zu sammeln.

    Du hängst Dir die Latte aber hoch.


    Gruß Frank

  • Das ist natürlich wahr, das es kaum noch was zu entdecken gibt. Aber, darum geht es zumindest mir nicht. Das "selber" zu entdecken, ist der Punkt. Warum mahlen oder Zeichen manche Menschen ein Bild, obwohl sie nie ein Rembrandt werden? Warum laufen hunderttausend beim New York Marathon mit, es kann ja sowieso nur einer gewinnen ?


    Für mich zumindest ist der Spass daran, selber Bilder von Galaxien oder Nebeln zu machen, die meinem eigene Anspruch genügen, und die mir gefallen. Oder auch, überhaupt das Equipment so zum laufen zu bringen, wie ich mir das vorstelle. Manchmal kann auch der Weg das Ziel sein. Das ist der Grund, der Spass und der eigene Erfolg. Ob die Objekte schon mal jemand vor mir fotografiert hat, ob andere Aufnahmen besser oder schlechter sind, oder ob meine Aufnahmen anderen gefallen, ist dabei vollkommen irrelevant.

    Ich kann mich noch gut erinnern, als ich nach Jahren ( kein Scherz, ich hab auch jeden Fehler gemacht den man sich vorstellen kann...und einige mehr) das erste mal ein Foto des Orion Nebels gemacht hatte. Ich hab mich gefreut wie ein Schnitzel.

    Andere hier fotografieren überhaupt nicht, sonder erfreuen sich nur daran, Objekte einmal selber zu sehen. Die selbst gesehene Bilder teilen sie mit niemandem.

    Wieder Andere investieren 6 Stetige Beträge, posten ihre Fotos in jedem Forum auf der Welt, und finden Ihre Erfüllung in hundertsten likes.

    Den wahren Grund dieses Hobby zu betreiben, muss letztendlich jeder für sich selber finden. Ein richtig oder falsch gibt es meiner Meinung nach nicht.

  • Mir fehlt nur noch das i-Tüpfelchen auf dem "Anreiz".

    Hallo,


    - ich bin überrascht ! Wenn Du selbst nicht weißt, was Dich interessiert, kann Dir das hier auch keiner sagen. ( das musste jetzt mal - gegen meine Gewohnheit - deutlich gesagt werden dürfen :saint: ).


    Um herauszufinden, was ein Anreiz sein könnte, schlage ich zwei Dinge vor ,die unabhängig von einander oder parallel durchgeführt werden können.


    • Auf zur nächsten Sternwarte / Astroverein - mitgucken - weitermachen - oder bleiben lassen
    • Du nimmst rd. 10% Deines genannten Budgets, kaufst Dir ein ordentliches Fernglas und erkundest den Himmel. Wenn das spannend wird, kannst Du die anderen 90% + X ausgeben. Wenn's nicht spannend ist, hast Du immer noch ein Fernglas für alle denkbaren Wechselfälle des Lebens.

    ... und für den "Winterblues" gibts sicher andere Foren ;)


    Viele Grüße
    Uwe

    "Hängst hier die ganze Zeit rum und wartest auf uns"

    Fünfhundertsechundsiebzig Milliarden Dreitausendfünfhundertneunundsiebzig Jahr", sagte Marvin. "Ich hab sie gezählt."...

    Die ersten zehn Millionen Jahr waren die schlimmsten...und die zweiten zehn Millionen Jahre waren auch die schlimmsten.

    Die dritten zehn Millionen Jahre haben mir überhaupt keinen Spaß gemacht. Danach habe ich ein bisschen die Lust verloren"

    (D. Adams)

  • Hallo Tannhäuser,


    ich bin mit 11 zur Astronomie gekommen. Das war vor 56 Jahren. Im ersten Jahrzehnt war die Aussicht, die Astronomie irgendwie mit voran zu bringen, eine wichtige Motivation. Dafür überwand ich in der Schule meine Abneigung gegen Mathe und Physik, schaffte ein 1,6er Abi, konnte Geodäsie studieren und mich später auf Astrometrie spezialisieren. Parallel dazu habe ich permanent als Amateur weiterbeobachtet. Auch, weil man eine Menge Illusionen aufgeben muss, wenn man das Ganze beruflich macht.


    Als Amateur war ich damals Planetenbeobachter, bestimmte u. a. die GRF-Position und dokumentierte die Veränderungen in der Jupiteratmosphäre. Meine Hoffnung, damit einen echten wissenschaftlichen Beitrag zu leisten, begann zu bröckeln, als die Pioneer-Sonden die ersten Jupiterbilder lieferten. Ich habe mich damit getröstet, dass die Sonden nur vorbeiflogen und somit nur Momentaufnahmen lieferten. Doch die Luft war irgendwie raus. Meine amateurastronomische Sinnkrise dauerte von Mitte der 1980er bis Ende der 1990er. Die Totale Sonnenfinsternis von 1999 holte mich schließlich zurück.


    Die fast 15 Jahre Pause halfen mir zu begreifen, dass ich Astro ganz einfach brauche, egal ob irgend ein höherer Nutzen dahinter steckt. Ich habe mir die Fähigkeit bewahrt, beim Blick durchs Teleskop voller Begeisterung zu staunen, ich liebe die Herausforderung, die in einer guten Beobachtungsvorbereitung steckt. Ich liebe die spontanen kleinen Erkenntnisse und Aha-Erlebnisse bei der Auswertung und bei der EBV meiner Aufnahmen und die Ideen, die mir beim Optimieren meiner Instrumente kommen. Wenn ich beispielsweise meine Marsfotos nach einer Opposition zu einer Marskarte kombiniere, bin ich glücklich und es stört mich schon lange nicht mehr, dass der Planet mittlerweile von den Raumsonden um ein Vielfaches genauer kartiert worden ist.


    In all den Jahren habe ich bestimmt den Preis eines gut ausgestatteten Oberklassewagens in die Astronomie „versenkt“. Da ich weder reich geboren wurde, noch als DDR-Akademiker jemals ein überdurchschnittliches Einkommen hatte, musste dafür gespart und auf manches verzichtet werden. Doch das habe ich nie bereut.


    Natürlich ist eine solche Entwicklung nicht abzusehen, wenn man am Anfang steht. Die Frage, ob sich der Einstieg in die Astronomie für Dich lohnt und ob Du in gute Technik investieren solltest, kannst nur Du allein beantworten. Manche starten mit einfacher Technik, weil sie nicht sicher sind, ob die anfängliche Begeisterung anhält. Andererseits kann einen ein typisches Anfängerset (meist mit einer zu schwachen Montierung) derart frustrieren, dass man die Lust für immer verliert. Manche Menschen sind nicht besonders technikaffin und nehmen Unterschiede kaum war, zwischen denen für andere Welten liegen. Entscheidend sind auch persönliche Eigeschaften wie Begeisterungsfähigkeit, Beständigkeit, Geduld und Frusttoleranz (u.a. gegenüber dem Wetter).


    CS, Jörg

  • Hallo Tannhäuser,


    ich nehme mal die Analogie zum Bergwandern/Bergsteigen z.B. in den Alpen. Die einzelnen Gipfel sind alle schon bestiegen worden, trotzdem kommen immer wieder neue Leute zu diesem Hobby: Obwohl sie nie Erstbesteiger sein werden, nur sehr wenige jemals die schwierigen Routen der Extremkletterer gehen werden, und sie niemals in irgendwelchen Rekordlisten erscheinen werden.


    Die einen haben vor allem Freude an der Natur, dem Bergpanorama, dem Draußen-Erlebnis - viele mit anderen zusammen, um die Eindrücke zu teilen. Andere machen es mehr aus sportlichen Aspekten: Zur Förderung der Fitness, wegen der Gesundheit - oder auch um das eigene Leistungsvermögen zu testen, vielleicht im Wettbewerb mit anderen. Und zunehmende Fitness, Erfahrung und technisches Können (z.B. der gekonnte Umgang mit Kletterutensilien ) geben eine zusätzliche Befriedigung - wie alles, was man gut kann. Und ganz im eigenen Umfeld, man ist höchstens im kleinen Kreis "der Erste".


    Auf das Beobachten übertragen (ich bin primär Beobachter): Ich hab Freude am nächtlichen Draußensein, sehr gerne auch im Erlebnis mit anderen. Mich fasziniert ein klarer Sternenhimmel, gerade auch mit dem Wissen um die ungeheuren Dimensionen. Statt Wettbewerb würde ich hier eher Vergleich sagen, z.B. "Wie hast du das Objekt im 8-Zoll Fernrohr gesehen?". Zunehmende Erfahrung und gute Kenntnis der Himmelsobjekte sind auch hier ein befriedigender Aspekt: Der Sternenhimmel erscheint sehr vertraut, man kann auch neue Ziele schnell einer Himmelsregion zuordnen, kennt viele Suchpfade am Fernrohr. Und wie viele Bergsteiger nie die Freude am Anblick des Matterhorns, der Dolomiten oder des Watzmanns verlieren, so werden mir auch der Orionnebel, der Doppelhaufen im Perseus oder die Andromedagalaxie im Fernrohr nie langweilig. Und dann gibts ja auch immer wieder neue Ereignisse: Kometen, Finsternisse, Supernovae und vieles mehr.


    Aber ob dich das dann auch fasziniert, kannst du nur selber herausbekommen. Wir Sterngucker sind trotz allem ja nur eine kleine Minderheit geblieben ;) .


    Servus

    Ben

  • Wir Sterngucker sind trotz allem ja nur eine kleine Minderheit geblieben.

    Hallo Ben,


    ja, angeblich interessieren sich nur 2% der Menschen für Astronomie. Und von denen sind höchstens 2% so verrückt, immer wieder durch Teleskope zu glotzen. Aber sehen wir das mal positiv: Wir sind so wenige, dass es sich für den Staat nicht lohnt, eine Fernrohrsteuer zu erheben.


    Wäre das Verhältnis anders herum, müsste jedes Fernrohr ein amtliches Kennzeichen haben. Es gäbe Haftpflichtversicherungen für den Fall, dass das Rohr jemandem auf die Füße fällt. An den dunkelsten Orten in der Pampa wären Beobachtungszeituhren aufgestellt, die man beim Spechteln mit Kleingeld füttern müsste. Und speziell geschulte Nachtpolitessen würden darauf lauern, einem wegen Beobachtungszeitüberschreitung ein Knöllchen in die Taukappe zu schieben.


    Sorry, diesen Spaß wollte ich schon lange mal loswerden. Jetzt hat es gerade gepasst.


    CS, Jörg

  • Hallo Tannhäuser


    Das Tüpfelchen auf dem „I“ habe ich auch jahrelang gesucht und besteht für mich heute darin, Kugelsternhaufen und andere Messier Objekte live mit meinen eigenen Augen zu sehen. Kein noch so gutes Foto kann den Anblick von H&Chi in einem guten Weitwinkelokular oder in einem großen Feldstecher wiedergeben. Das Eintauchen in das Okular in den Bereich der Sterne ist wie ein Live-Blick aus dem Fenster eines Raumfahrzeugs. Auch wenn das Licht schon viele Jahre unterwegs ist. Die Gedanken bei so einer Beobachtung sind durch nichts zu ersetzen, wenn Du weißt, was Du da beobachtest.


    Und wenn Du ein Faible für gute Mechanik und gut gepflegtes Equipment hast, wird Dein Fernrohr immer das Gerät sein, welches Dir dieses Erlebnis ermöglicht, auch wenn es das ganze Jahr herumsteht und nur zwei oder drei Mal im Jahr die Milchstraße „sieht“.


    Astronomie hat etwas mit Geduld und Demut zu tun, auch wenn das jetzt kitschig klingt. Ich selber habe zwischendurch mit der Mikroskopie angefangen, weil mich der Wetterfrust fast zur Verzweiflung gebracht hat. Aber die Sehnsucht nach dem Sternegucken hat immer wieder durchgeschlagen. Dann habe ich mir einen MAK mit allem Zubehör gekauft. Fotografieren von Gasnebeln ist für mich keine Option, weil ich in den wenigen Tagen mit klarem Himmel lieber visuell beobachte. Ich habe aber höchste Achtung und Respekt vor den hervorragenden Astrofotografen.


    Was diese Jungs und Mädels da zaubern ist allererste Sahne und ihr Frust dürfte sie manchmal bis an die Grenze der Belastbarkeit treiben. Davor ziehe ich meinen Hut. Aber für mich ist das visuelle Erlebnis am Himmel mit einer guten Optik immer wieder ein Erlebnis das ich nicht missen möchte, auch wenn es nur drei Mal im Jahr außerhalb meines Wohnortes unter dunklem Himmel stattfindet.


    Mit Freude und Elan wird dann das ganze Equipment auf den Berg gefahren und aufgebaut. Wenn dann alles wie geplant funktioniert und es zudem noch super klar ist, ist ein solches Erlebnis für mich unbezahlbar. Das wäre dann mein Tüpfelchen auf dem „I“.


    Viele Grüße Horst-Dieter

  • Hallo Tannhäuser,


    also es ist ja so, dass sehr viel Objekte auch von Hubble schon fotografiert wurden. Trotzdem ist es ein wahnsinnig tolles Gefühl, wenn man ein Objekt das erste mal selbst mit einer Kamera festgehalten hat.

    Es ist eine ganz andere Sache etwas selbst zu erreichen, oder sich das gleiche Bild im Internet anzusehen. Deswegen macht es das Hobby ja so toll und spannend.

    Und Du kannst bei der Bildbearbeitung dann Deinen ganz individuellen Touch mit einfügen. Jeder hat eine ganz klein wenig andere Vorstellung, wie das Objekt aussehen sollte, und jeder findet auch andere Farbnuancen besser. Wie immer Geschmackssachen.


    Ich kann Dir das Hobby nur empfehlen. Es kostet aber am Anfang sehr viel Zeit und Nerven. Frust hat hier vermutlich am Anfang schon jeder durchgemacht. Aber dafür ist das Forum ja da, dass Dir hier unter die Arme gegriffen wird.


    Wenn Du wirklich gute Astrofotografie betreiben möchtest, wirst Du etwas mehr als 3000€ in die Hand nehmen müssen. Ich kann Dir hier nur empfehlen, dass Du lieber gleich auf gutes Equipment setzt. Du ärgerst Dich sonst nur.


    Und was noch hinzukommt: Dadurch, dass Du Dich mit dem ganzen Thema beschäftigst, steigst Du auch tiefer in die Thematik Astronomie ein. Du lernst immer mehr dazu und Dein Wissen geht dann etwas weiter als nur die Dokus aus Lesch Kosmos (welche natürlich aber alle toll sind).


    Überlege es Dir, ob Du die Zeit, eine hohe Frustschwelle, Geld und einen passenden Beobachtungsplatz hast. Ja, auch der Beobachtungsplatz ist wichtig. Am Anfang bist Du noch motiviert, Dein 30-50kg Equipment zu schleppen und alles immer wieder aufzubauen. Die Motivation lässt aber schnell nach. ;)


    Viele Grüße


    Sebastian

    iOptron CEM70G Montierung

    Meade LX85 GoTo Montierung

    Lacerta Carbon Fotonewton 250/1000

    Meade Teleskop ACF-SC 203/2032 UHTC

    TS Optics Apochromatischer Refraktor AP 80/480 ED Triplet Photoline

    Nikon 2216 AF-S DX 18-300 mm Telezoomobjektiv

    Zwo ASI 294MM Pro, Zwo ASI 294MC Pro, Zwo ASI 290MM, Zwo ASI 462MC


    www.astrobasics.de

  • Tannhaeuser
    Neu im Astrotreff

    Mitglied seit 12. Dezember 2021
    Letzte Aktivität: 12. Dezember 2021


    Riecht sehr nach 'gründlich verscheucht'. :(


    Bis Beitrag #3 hat er noch reagiert ... da lebte er zumindest noch ...


    Gruß

    Stephan

  • Tannhaeuser sind sie noch da?


    Bin ja auch selber neu. :)

    Und taste mich auch erst langsam an. :thumbup:

    Man kann nicht einfach 3000.- hinlegen und dann schon Profi sein.

    Es braucht viel Zeit, Geduld, und man muss sich selber viel durchlesen.(im Netz)

    Ich selber bin schon froh wenn ich den Mond gut sehen kann, oder Jupiter etc.

    Und wenn ich noch ein paar Sterne sehen bin ich schon froh.

    Das schöne ist ja nicht nur das Fotografieren, schön ist es auch sein Teleskop hinzustellen und zu schauen was kommt.

    Bilder und Fotos gibt es schon 10000000 etc.

    Gerade gestern bei Voll Mond sind ein paar Leute vorbei gekommen und haben auch mal schnell durchs Teleskop geschaut.

    Und schon ist man im Gespräch, was auch super cool ist.


    cu

  • Moin,


    Tannhäuser hat sich am 12.12. registriert und diesen Thread eröffnet. Seitdem hat er sich nicht mehr im Forum eingeloggt und auch keine weiteren Beiträge geschrieben.

    Ich denke nicht, dass ihn das Thema noch interessiert.


    Bis dann:

    Marcus

    16" f/4 Dobson, 6" f/5 Dobson, C8, 60/360 Apo, 70/700 PST-Mod "Sunlux"


    Zeige mir einen Dobson und ich zeige Dir eine Baustelle

  • Guten Morgen ...

    Ich habe / hatte für mich ( im Prinzip ) entschieden ... ( ohne hier geantwortet zu haben ) :

    - wenn ca. 1 Tag ( trotz Antworten ) keine Reaktion mehr kommt , schreibe ich nichts mehr

    - ebenso nicht bei fehlendem Namen oder einem " hallo " z.b. am Anfang

    - auch bei verschiedenen anderen Sachen, welche den Umgang hier untereinander betreffen, bin ich raus ...

    Ich habe das Gefühl viele neue User gehören einer Generation an ( ich fühle mich nicht alt ) welche noch einiges lernen sollten / müssen ...

    Ich finde das Niveau mancher Beiträge nicht besonders. Leider werden diese auch immer mehr.

    Manche Forenteile habe ich " ausgeschaltet " .

    Sorry, dass musste mal raus :/

    Gruss

    Marco

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