Ja, Ja die vielen Welten!

  • Zurückkommend auf den Spiegelartikel,


    http://www.spiegel.de/wissensc…max-tegmark-a-964609.html


    vorgestellt von meinem Vorgänger AstroAstronomia, frage ich mich, ob meine vor einem Monat verstorbene Frau sich auch als "Naturphänomen in die Sprache der Mathematik fassen" läßt?
    Ob die entsetzliche Krankheit, an der sie in meinen Armen gestorben ist, sich in Mathematik zusammenfassen läßt?
    Ob sie vielleicht in mehreren Universa noch lebt?
    Ob das schwarze Loch des Vermissens und der Trauer, das sich da geöffnet hat, vielleich gar nicht existiert und sich "vollständig in Mathematik aufgelöst" hat?


    Was ich hier aufgeführt habe, sind Lebensumstände, die die meisten Menschen durchmachen müssen und millionenfach durchgemacht haben.
    Das Leben ist keine "Mathematik".
    Das Leben und Leiden, unsere Moral, die Mathematik haben wir in die Natur eingebracht.
    Mathematik ist in unseren Köpfen entstanden und kein Naturphänomen.


    Und, übrigens, wird sich nicht "Irgendwann, wenn die Physiker den letzten Geheimnissen auf den Grund gekommen sind, sich die Natur vollständig in Mathematik auflösen".


    Jemand mehr, der dazu eine Meinung hat?


    Grüße Hans

  • Lieber Hans,
    was Du da schreibst ist wirklich ganz, ganz bitter! Und es macht es Außenstehenden fast unmöglich Worte dafür zu finden, was wohl auch ein Grund dafür ist das es bis jetzt noch keine
    Statements dazu gab. Ich will mich auch auf die Philosophie die hinter all diesen Fragen steht auch gar nicht weiter einlassen, sondern Dir nur mein aufrichtiges Beileid bekunden!
    Ich wünsche Dir für die kommende Zeit viel Kraft und das es immer einen Stern gibt der für Dich leuchtet!
    Alles Gute!
    Christoph

  • Hans,
    Leben und Sterben gehören zusammen. Mir half und hilft da mein christliches "Gottvertrauen".


    Auf Ostersonntag habe ich wieder live erlebt, wie eng die beiden Sachen miteinander verwoben sind. Eine Bekannte, bei der man in der Woche zuvor Krebs diagnostizierte (Anfang 50) und die Taufe ihres Neffen.


    Und bei der Wissenschaft mache ich mir keine Sorgen, dass die jemals auf alles eine Antwort finden wird. Die Welt ist m.E. gerade nicht berechenbar (und damit vorhersehbar). Das wäre auch ganz fatal, denn dann trägt man als Einzelner ja keine Verantwortung mehr für das, was man tut, wenn alles vorherbestimmt ist.


    Schon einfache Beispiele können das zeigen.
    Zum Beispiel die Berechenbarkeit eines Billardspiels. Zu jeder Berechnung von Spielzügen (nach den Gesetzen der Mechanik), die ja immer mit beliebiger endlicher Genauigkeit erfolgt, kann man eine Anzahl von Spielzügen nennen, wo die Berechnungsgenauigkeit dann nicht mehr ausreicht.


    Gruß

  • Hallo Hans,


    da kann ich Dir nur hundertprozentig zustimmen!


    Im Übrigen ist die Wissenschaft zwar eine großartige Erkenntnismethode. Es ist aber völlig abwegig, zu glauben, dass alles, was dieser Erkenntnismethode nicht zugänglich ist, auch nicht existieren kann.


    Grüße
    Ulrich

  • Hallo Hans,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: HWS</i>
    <br />Zurückkommend auf den Spiegelartikel,


    http://www.spiegel.de/wissensc…max-tegmark-a-964609.html<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ich weiß nicht, ob Dir das hilft, aber mit dieser Interpretation scheint Tegmark selbst in der Wissenschaft ziemlich allein dazustehen.


    Viele Grüße
    Alexander

  • Hallo Hans,


    von mir als gerade erst ein Jahr Verheirateter mein aufrichtiges Beileid zu dem, was Du durchmachen musstest.


    Ich habe den Artikel gerade mal ueberflogen. Ich denke, Mathematik ist ein Werkzeug, das uns hilft, die Natur approximativ zu verstehen. Aber die Mathematik als "Schoepfer" des Universums zu verstehen, geht meines Erachtens zu weit. Und die Zeit vor dem Urknall, die Regionen jenseits der roten Grenze - das sind alles beobachterisch unerreichbare Gebiete, wo sich theoretisch viel vermuten laesst. Aber nicht falsifizierbar.


    Auch ist Mathematik nicht immer eindeutig. Wenn ich ein Quadrat malen moechte und der Farbeimer gibt 16 Quadratmeter her, dann kann ich die Seitenlaenge des Quadrats durch Wurzelziehen zu 4m bestimmen. Aber minus 4m ist auch eine Loesung, und es ist der gesunde Menschenverstand, der uns sagt, dass plus 4m die einzig praktikable Loesung ist. Dergestalt gibt es in mathematischen Modellen viele Loesungen, die in der Realitaet nicht existieren, weil die Mathematik nur ein Werkzeug ist, um die Realitaet modellhaft zu beschreiben.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: JSchmoll</i>
    <br />Hallo Hans,


    Dergestalt gibt es in mathematischen Modellen viele Loesungen, die in der Realitaet nicht existieren, weil die Mathematik nur ein Werkzeug ist, um die Realitaet modellhaft zu beschreiben.



    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Lieber Hans,
    mein Beileid nachträglich.
    Und Alles Gute und Kraft.


    ..........


    Jürgen, du bringst es auf den Punkt.
    Große Geister wissen das schon lange, dass die Wissenschaft EINE Möglichkeit ist, dem Dasein einen modellhaften Sinn zu geben.
    Mann kann auch ohne sie Leben und wird dereinst, wenn der Gevatter an die Tür klopft, auch nicht besser oder schlechter dran sein...


    Kleine Geister, vor allem die, die die Großen mit ihrem kleinen Hirn falsch verstehen, werden das nicht begreifen. Und die tun so, als ob das kleine (Affen-Menschenhirn--und sei es von Einstein, Beethoven oderoderoder) wirklich in der Lage wäre, etwas so irrsinnig Großes wie die uns umgebende Natur mit ein paar Formeln ENTGÜLTIG begreifen zu wollen.Und noch dazu soll das gelten für allen Milliarden von Galaxien etc etc?
    Hallo?
    Jeder soll glauben an was er will: Der Christ glaubt an Jesus, der Mohammedaner an Allah und der Atheist eben an die Wissenschaft.


    LG
    Klarinetto

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">ich weiß nicht, ob Dir das hilft, aber mit dieser Interpretation scheint Tegmark selbst in der Wissenschaft ziemlich allein dazustehen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Mit was? Mit der Weltformel?

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    ich weiß nicht, ob Dir das hilft, aber mit dieser Interpretation scheint Tegmark selbst in der Wissenschaft ziemlich allein dazustehen.


    Mit was? Mit der Weltformel?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Mit der Idee, daß die Wirklichkeit sich nicht nur mit Hilfe von Zahlen beschreiben läßt, sondern daß sie gar nichts anderes ist als ein System von Zahlen. Jedenfalls ist das die Darstellung von Tegmarks Buch in dieser recht informativen Rezension von David Katzman:


    http://www.goodreads.com/revie…k_show_action=true&page=1


    Leider liegt mir Tegmarks Buch selbst nicht vor, so daß ich mich auf die Rezension verlassen muß.


    Es war die große Entdeckung der frühen Neuzeit, daß man Naturvorgänge quantitativ fassen kann, während man es in der Antike und im Mittelalter immer qualitativ versucht hatte. Die Idee einer mathematischen Beschreibung der Natur war ein Riesenerfolg und hat uns nicht nur wissenschaftliche Einsicht beschert, sondern auch die Möglichkeit der Naturbeherrschung durch Technik. Dem alten Menschheitstraum einer vollständigen Rationalisierung und Verfügbarmachung der Umwelt hat das großen Auftrieb gegeben, wenn einem dieser Traum auch manchmal wie ein Alptraum vorkommen kann.


    Meines Erachtens hat dieses Projekt seine Grenzen, weil nicht alle Wirklichkeit Natur ist und weil sich manche Realitätsbereiche einer Quantifizierung entziehen. Dazu zähle ich insbesondere das, was man die menschliche Person nennt. Allerdings gehen die Meinungen hier bekanntlich auseinander. Denn manche vertreten die These, daß es weder Bewußtsein gebe noch Empfindungen und Erleben (und bestimmt auch keine Freiheit und Verantwortlichkeit). Dies sei alles nicht real, sondern es handele sich um Illusionen, die wegerklärt werden können. Weiterhin meinen sie, daß ihre Mitmenschen (und wohl auch sie selbst) bloß so etwas wie Thermostate seien, oder etwas drastischer formuliert: Fleisch-Roboter.


    Tegmark meint das alles natürlich auch. Darüber hinaus denkt er aber, daß sich nicht nur alle Wirklichkeit naturalisieren und quantitativ fassen läßt, sondern daß es überhaupt nur Zahlen gebe, und nichts außerdem. Jedes Ding in der Welt und jeder von uns sei nichts anderes als ein mathematischer Term. Das ist wohl ungefähr so wie in der „Matrix“, aber mit dem Unterschied, daß die „Matrix“ wenigstens noch eine Hardware voraussetzt, auf der sie läuft. Nach Tegmark gibt es selbst diese Hardware nicht. Die Software läuft auch so.


    Tegmark vertritt einen extremen Idealismus. Denn wenn alles Mathematik ist, und wenn wir die Mathematik gedanklich konstruieren, dann ist alle Wirklichkeit unsere Gedankenkonstruktion, und damit bloß wir selbst. Erfahrung, Begegnung mit anderen und dergleichen gibt es nicht. Was ist davon zu halten? Tegmarks Position kommt zwar im Gewand der Wissenschaft daher, hat aber mit empirischer Wissenschaft nichts mehr zu tun. Vielmehr handelt es sich um metaphysische Spekulation – und eine schlechte obendrein, weil sie den Phänomenen nicht gerecht wird.


    Aber wie gesagt: Ich spreche nur auf der Basis der Rezension. Immerhin urteilt David Katzman: „Still, a fun read.“


    Viele Grüße
    Johannes

  • Mitfühlen können oder Empathie ist eine grundlegende, menschliche Eigenschaft und sicher auch mitverantwortlich für unsere gesellschaftlichen Fortschritte.
    Wir Menschen haben ja einen Hang zum "glauben". Ein grundlegender Gottesglauben ist ohne Zweifel nützlich - daher so verbreitet -, aber doch nur ein Glauben. Agnostiker, der ich bin, glaube ich nicht an einen Gott. Das ist aber auch wieder nur ein Glauben. Beweisen das eine oder das andere geht nicht. Mir erscheint nur meine Überzeugung mehr wahrscheinlich.


    Es scheint mir halt eben mehr wahrscheinlich, daß die Natur, das Universum, Geschehnisse und Erfahrungen akkumuliert, die dann die weitere Entwicklung in ihrem Sinne verstärkt wieder weiterführen.
    Interessant darüber zu lesen von Rupert Sheldrake "Das Gedächtnis der Natur", oder die bevorzugte Entstehung von Formen in der Natur.


    Einfach ausgedrückt wäre dann einmal etabliertes Leben und Intelligenz Voraussetzung dafür, daß es woanders sich leichter entwickelt, bis Leben eine notwendige Eigenschaft des Universums geworden ist.
    Allso, Wasser auf die Mühlen derer, die meinen, das Weltall müßte massenweise Leben und Intelligenz beinhalten.


    Tegemarks mathematisches Universum habe ich auf schwedisch gelesen. Diese Gedanken sind faszinierend und es entspricht auch schon ungefähr dem, was Johannes angeführt hat. Im Grunde genommen hängt er dem alten Traum einer Weltformel nach, die aber, was Mathematik betrifft, von Kalle hier auf einfachste Art und Weise wiederlegt wird. Berechenbarkeit ist halt eben begrenzt.


    Grüße Hans

  • Hallo Hans


    Auch von mir mein Beileid.


    Zur Mathematik:


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">man könne statt „Punkte, Geraden und Ebenen“ jederzeit auch „Tische, Stühle und Bierseidel“ sagen; es komme nur darauf an, dass die Axiome erfüllt sind (David Hilbert)<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als ein Mittel um die Verschiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen (Dedekind Richard)<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit (Albert Einstein)<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Auch in der Naturwissenschaft ist also der Gegenstand der Forschung nicht mehr die Natur an sich, sondern die der menschlichen Fragestellung ausgesetzte Natur, und insofern begegnet der Mensch auch hier wieder sich selbst (Werner Heisenberg) <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die moderne Naturwissenschaft hat sich ihr eigenes Begriffssystem geschaffen, darum bedeutet Wahrheit für die Naturwissenschaft nicht Übereinstimmung mit dem Ding ans sich, dass wäre eine unmögliche Forderung, sondern innere Widerspruchslosigkeit dieses Begriffssystems (Hans Reichenbach)<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    CS

  • Hallo QED,


    danke für die interessanten Zitate. Allerdings habe ich mit den beiden letzten von Heisenberg und Reichenbach Probleme, in denen es ja nicht um Mathematik, sondern um Naturwissenschaft geht. Insbesondere die Äußerung von Reichenbach scheint mir zweifelhaft, obwohl ich Naturwissenschaftler öfter so reden höre. Sie entstammt vermutlich seiner frühen, neukantianischen Zeit.


    Ich meine, daß die Naturwissenschaft uns (im Gegensatz zur Mathematik) tatsächlich etwas über die Wirklichkeit an sich sagen will. Deshalb ist ihr Wahrheitskriterium nicht nur wie in der Mathematik Kohärenz als Übereinstimmung mit sich selbst, das ist in der Physik nur die formale Minimalbedingung, sondern darüber hinaus Übereinstimmung mit der physischen Realität. Natürlich sind es immer wir, die wir (z.B. im Experiment) Fragen an die Wirklichkeit stellen. Aber die Antworten, die wir finden, sagen uns, welches die Eigenschaften der Natur sind. Deswegen finde ich die Aussage in Hans' Eingangsbeitrag sehr richtig:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Und, übrigens, wird sich nicht "Irgendwann, wenn die Physiker den letzten Geheimnissen auf den Grund gekommen sind, sich die Natur vollständig in Mathematik auflösen".<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Wenn die Physik auch mathematische Methoden verwendet, so ist sie doch nicht mit Mathematik identisch, denn sie hat einen anderen Gegenstand. In der Mathematik kreisen wir gewissermaßen um uns selbst, aber in der Physik beziehen wir uns auf Natur.



    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Johannes


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Atlas</i>
    <br />Mit der Idee, daß die Wirklichkeit sich nicht nur mit Hilfe von Zahlen beschreiben läßt, sondern daß sie gar nichts anderes ist als ein System von Zahlen. Jedenfalls ist das die Darstellung von Tegmarks Buch in dieser recht informativen Rezension von David Katzman:


    http://www.goodreads.com/revie…k_show_action=true&page=1<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    So hat nicht nur Katzman Tegmarks Buch verstanden, sondern so ziemlich jeder Rezensent, auf den ich gestoßen bin. Ich bin zuerst (etwas fachfremd) bei Scott Aaronson darauf gestoßen. Peter Woit und diverse andere Blogger haben sich auch damit befasst. Insofern scheint diese Message schon ziemlich eindeutig zu sein.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Tegmark meint das alles natürlich auch. Darüber hinaus denkt er aber, daß sich nicht nur alle Wirklichkeit naturalisieren und quantitativ fassen läßt, sondern daß es überhaupt nur Zahlen gebe, und nichts außerdem. Jedes Ding in der Welt und jeder von uns sei nichts anderes als ein mathematischer Term. Das ist wohl ungefähr so wie in der „Matrix“, aber mit dem Unterschied, daß die „Matrix“ wenigstens noch eine Hardware voraussetzt, auf der sie läuft. Nach Tegmark gibt es selbst diese Hardware nicht. Die Software läuft auch so.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Inwiefern er explizit die Abwesenheit einer "Hardware-Plattform" ausschließt, weiß ich nicht. In jedem Fall scheint er jedoch zu behaupten, dass zu jeder möglichen mathematischen Struktur ein physisches Universum existiert, dass auf dieser Struktur basiert. Er geht also noch über die bereits umstrittene String-Landschaft hinaus, und nimmt an, dass es z.B. auch ein physisches Universum gibt, dessen Gesetzmäßigkeiten allein auf aussagenlogischen Formeln basieren.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Tegmark vertritt einen extremen Idealismus. Denn wenn alles Mathematik ist, und wenn wir die Mathematik gedanklich konstruieren, dann ist alle Wirklichkeit unsere Gedankenkonstruktion, und damit bloß wir selbst.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich bin mir nicht sicher, ob Tegmark Deine Auffassung teilt, die Mathematik sei "gedanklich konstruiert". So wie ich die Rezensionen verstehe, geht er eher davon aus, dass die Menge aller möglichen mathematischen Strukturen in irgendeiner Weise vorherbestimmt ist.


    Die Menge aller möglichen mathematischen Strukturen scheint bei Tegmark ein wenig den Status des Göttlichen einzunehmen: Sie ist das einzige absolute, objektive und nicht verhandelbare Konzept, das überhaupt existiert. Intelligente Lebewesen können zwar mathematische Strukturen und Gesetzmäßigkeiten <i>entdecken</i>, aber niemals neue konstruieren.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Was ist davon zu halten? Tegmarks Position kommt zwar im Gewand der Wissenschaft daher, hat aber mit empirischer Wissenschaft nichts mehr zu tun. Vielmehr handelt es sich um metaphysische Spekulation – und eine schlechte obendrein, weil sie den Phänomenen nicht gerecht wird.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ich würde nicht einmal sagen, dass sie den Phänomenen nicht gerecht wird. Das Problem besteht aus meiner Sicht vor allem darin, dass sich diese These mehr noch alles andere was die theoretische Physik in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat, jeglicher Überprüfbarkeit entzieht.


    Für mich geht das schon sehr stark in den Bereich der Esoterik.


    Viele Grüße
    Alexander

  • Hallo Alexander,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich bin mir nicht sicher, ob Tegmark Deine Auffassung teilt, die Mathematik sei "gedanklich konstruiert". So wie ich die Rezensionen verstehe, geht er eher davon aus, dass die Menge aller möglichen mathematischen Strukturen in irgendeiner Weise vorherbestimmt ist.


    Die Menge aller möglichen mathematischen Strukturen scheint bei Tegmark ein wenig den Status des Göttlichen einzunehmen: Sie ist das einzige absolute, objektive und nicht verhandelbare Konzept, das überhaupt existiert. Intelligente Lebewesen können zwar mathematische Strukturen und Gesetzmäßigkeiten entdecken, aber niemals neue konstruieren.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Wahrscheinlich hast Du recht. Was die Philosophie der Mathematik angeht, ist Tegmark wohl eher Platoniker und meint, daß die mathematische Realität von uns entdeckt und nicht konstruiert wird. Ich hatte es zunächst so verstanden, daß in seinem mathematischen Universum alle "Mathematiken" realisiert seien, und nicht bloß eine, was eher zum Nominalismus/Formalismus/Konstruktivismus gepaßt hätte.


    Aber auch wenn man die Mathematik als Entdeckung der objektiv existierenden mathematischen Realität deutet, wie die Platoniker es tun, bleibt der Unterschied zur Physik doch bestehen, weil die physische Realität nicht auf Zahlen reduzierbar ist.


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Hans,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Es scheint mir halt eben mehr wahrscheinlich, daß die Natur, das Universum, Geschehnisse und Erfahrungen akkumuliert, die dann die weitere Entwicklung in ihrem Sinne verstärkt wieder weiterführen.
    Interessant darüber zu lesen von Rupert Sheldrake "Das Gedächtnis der Natur", oder die bevorzugte Entstehung von Formen in der Natur.


    Einfach ausgedrückt wäre dann einmal etabliertes Leben und Intelligenz Voraussetzung dafür, daß es woanders sich leichter entwickelt, bis Leben eine notwendige Eigenschaft des Universums geworden ist.
    Allso, Wasser auf die Mühlen derer, die meinen, das Weltall müßte massenweise Leben und Intelligenz beinhalten.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Was Du schreibst, erinnert mich an das sogenannte "finale anthropische Prinzip". Es ist Teil der "physikalischen Eschatologie", also der physikalischen Lehre vom Ende des Universums, wie sie auf Freeman Dyson (1979) zurückgeht. In ihrem grundlegenden Buch "The Anthropic Cosmological Principle" von 1986 beschreiben Barrow und Tipler das Ende der Welt gemäß dem "finalen anthropischen Prinzip" folgendermaßen:


    "At the instant the Omega Point is reached, life will have gained control of all matter and forces not only in a single universe, but in all universes whose existence is logically possible; life will have spread into all spatial regions in all universes which could logically exist, and will have stored an infinite amount of information, including all bits of knowledge which it is logically possible to know. And this is the end." (S. 677)


    Meinst Du es so?


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Johannes


    Citat: Was Du schreibst, erinnert mich an das sogenannte "finale anthropische Prinzip".


    Ganz klar, daß diese Entwicklung denkbar ist. Harte Wissenschaft ist es allerdings nicht.


    In seinem Kapitel "Das Rätsel der Morphogenese" beschreibt Sheldrake sogenannte "morphogenetische Felder" in Anlehnung an physikalische Felder. Denkbar, aber wahrscheinlich sehr schwer wissenschaftlich zu erfassen. Oder aber ist das Interesse gering für solche Forschung. Ich hab auch nichts mehr gelesen seit diesem Buch. Vielleicht auch Uninteresse, wenn man aber bedenkt, was in den letzten 20 Jahren in der Astrowissenschaft passiert ist mit all den neuen Instrumenten und neuen Möglichkeiten der Ausdeutung von Daten, ist das ja verständlich.


    Gruß Hans

  • Hallo Hans,


    ich bin Deinem Hinweis auf Sheldrake ein wenig nachgegangen und dabei ist mir aufgefallen, daß mir die Sache mit den „morphischen Feldern“ vor langer Zeit schon einmal begegnet ist. Ich bin aber sehr skeptisch, vor allem wegen der These, diese Felder ermöglichten eine „nichtlokale Kausalität“. (Wenn die Schwalben in Neuseeland lernen, wie man Milchflaschen aufpickt, dann können die Schwalben in Deutschland das angeblich plötzlich auch.) Ich habe aber ein ganz interessantes Gespräch zwischen Sheldrake und dem Quantenphysiker David Bohm gefunden. Vgl. hier den Sheldrake-Bohm dialogue: http://www.sheldrake.org/files…cience_of_Life_Appx_B.pdf
    Bohm ist in seiner Zunft allerdings seinerseits nicht umstritten. Manche halten ihn für einen „New Age“ Physiker.


    Das Anliegen und vor allem die Vorgehensweise von Freeman Dyson in seinen Vorlesungen zum Thema: „Time without End. Physics and Biology in an open Universe“ (hier der Link http://www.aleph.se/Trans/Global/Omega/dyson.txt) ist aber wohl ein anderes. Dyson reagiert auf den Stand der Kosmologie zum Ende der 1970er Jahre. Damals meinte man, daß der Kosmos entweder geschlossen ist und somit wieder in sich zusammenfällt, so daß alles Leben der energiereichen blauverschobenen Strahlung zum Opfer fallen wird, oder daß er offen ist und sich immer weiter ausdehnt, so daß das Leben den Kältetod streben wird. Steven Weinberg hat die Problematik, die sich durch die Dynamisierung des Kosmos ergibt, in seinem Buch „The First Three Minutes“ (Glasgow 1977) so zusammengefaßt: „The more the universe seems comprehensible, the more it also seems pointless.“ (S. 148) Frei übersetzt: Was soll eigentlich das ganze, wenn am Ende nichts dabei herauskommt? Dyson versucht durch kosmologische, biologische und informationstheoretische Überlegungen zu zeigen, daß intelligentes Leben in einem offenen Universums durchaus existieren kann, so lange dieses Universum existiert, wenn auch nicht auf Kohlenstoffbasis und nicht bei kuschligen 20° C. Deshalb sei das Universum mit seiner Geschichte nicht "pointless".


    Viele Grüße
    Johannes

  • Hallo Hans,


    von mir bekommst Du ein Gedicht als Antwort, das ich mal einer Mutter geschrieben habe, deren Kind gestorben ist:
    __________________


    Ich könnte Dir sagen:
    Das Karma regelt diese Dinge, alles hat seine Ursachen, und alles gleicht sich aus.


    Doch wenn mein Sohn tot wäre, –
    Ich würde es nicht hören wollen!


    Es würde ihn nicht lebendig machen.



    Ich könnte Dir sagen:
    Niemand stirbt wirklich. Der Tod ist Illusion. Wir werden alle wieder geboren.


    Doch wenn mein Sohn tot wäre, –
    Ich würde es nicht hören wollen!


    Es würde ihn nicht lebendig machen.



    Ich könnte Dir sagen:
    Er hätte nicht gewollt, dass Du so traurig bist und ihn so sehr vermisst.


    Doch wenn mein Sohn tot wäre, –
    Ich würde es nicht hören wollen!


    Es würde ihn nicht lebendig machen.



    Ich könnte Dir sagen:
    Das Leben – Dein Leben geht weiter. Du solltest jetzt nach vorne schauen.


    Doch wenn mein Sohn tot wäre, –
    Ich würde es nicht hören wollen!


    Es würde ihn nicht lebendig machen.



    Ich könnte Dir sagen:
    Es gibt andere Menschen, die Dich brauchen. Löse Dich endlich von Deiner Trauer.


    Doch wenn mein Sohn tot wäre, –
    Ich würde es nicht hören wollen!


    Es würde ihn nicht lebendig machen.



    Was also könnte ich Dir sagen, das Du hören willst?


    Vielleicht einfach nur:
    Ich weiß, dass Du nichts hören willst. Darum sage ich Dir nur:
    Ich verstehe Dich und bin für Dich da.


    Doch wenn mein Sohn tot wäre, –
    würde auch das ihn nicht lebendig machen.


    Doch es wäre schön es zu hören.


    ________________________________


    Viele Grüße,
    Martin

  • Hallo Johannes,
    jetzt hab ich erst mal den Sheldrake-Bohm-Dialog durchgeackert und der Erstere schneidet ja gar nicht so schlecht ab. NewAge ist ja beinahe schon ein Schimpfwort und das vielleicht zu Recht. Auf Bohm kann man das ja nun wirklich nicht anwenden und Sheldrake natürlich auch nicht.
    Intressant ist ja, daß beide meinen, daß auch die Naturgesetze und Konstanten sozusagen einer Art Evolution unterliegen. Solche Gedanken sind ja nicht so abwegig heute.
    Sheldrake selber leitete 2005-2010 ein parapsykologisches Forschungsprojekt einer Cambridgestiftung, was ja wieder suspekt erscheinen kann. Alle diese Sachen sind ja, heute wenigstens, wissentschaftlich unmöglich in Griff zubekommen.


    Dein Beispiel von den Schwalben auf Neuseeland und den Milchflaschen trifft aber nicht ganz zu. Die Theorie der morphogenetischen Felder sagt ja nicht, daß die Schwalben es in Deutschland automatisch direkt auch können, sondern daß sie es mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit erlernen, als es denen in Neuseeland jemals möglich war.


    Gruß Hans

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