SonnenUnt. verzögert sich um 5 Min. - Refraktion?

  • Moin zusammen,
    am 24.07.2012 war ich zum Ansehen und Filmen des Sonnenuntergangs an der Weser/Nordsee nördlich von Bremerhaven. Es war tiefklar und die Sonne bis zum Verschwinden am Horizont sehr hell. Der berechnete SU war in allen Quellen an dem Standort 21.34 Uhr MESZ. Langsam versank die Sonne im Meer, immer noch grell gelb. In Erwartung, den Grünen Strahl aufnehmen zu können, erwartete ich das Verlöschen der Sonne. Bis die Sonne verschwand, war es fast 21.35h, doch danach blieb zur Überraschung minutenlang ein heller Lichtsaum am fernen Horizont über dem Wasser sichtbar. Die Uhr war an dem Tag sekundengenau gestellt, mein Handy zeigte dieselbe Zeit. Das schied als Fehlerquelle aus. Die Sonne war eigentlich längst untergegangen, aber weiter auf dem Wasser als helles rötliches Licht sichtbar. Handelt es sich um extreme Lichtbrechung und Refraktion über dem kühlen Meerwasser gegenüber der heißen Luft nach dem warmen Sommertag? Mit bloßem Auge war das Licht der Sonne bis 21.39 Uhr zu sehen, mit der Kamera ließ sich Licht bis 21.40 Uhr nachweisen, und damit bis sechs Minuten nach dem Sonnenuntergangstermin! Einen ähnlichen nicht enden wollenden SU habe ich vor 3 Jahren auch schonmal auf der Ostsee erlebt. Kann es sein, dass mit dem Wasser das Licht der fernen, hinter dem Horizont stehenden Sonne nach oben gespiegelt wird und sich dann noch so lange hält?


    Das Ganze zur Verdeutlichung auch in meinem Video:

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  • Hallo Comety,


    ein wesentlicher Grund für den "verspäteten" Untergang dürfte die Tatsache sein, dass Zeitpunkte bezüglich Sonne und Mond als flächig erscheinenden Körpern in Bezug auf den (Scheiben-) Mittelpunkt berechnet werden.


    Wenn also die Sonne genau zur Hälfte unter dem Horizont ist, so bleiben darüber etwa ein Viertel Grad sichtbarer Sonnenscheibe. Da die Sonne gegenwärtig hier in nördlichen Breiten um Bremerhaven herum etwa unter einem Winkel von 30° gegen den Horizont gemessen untergeht, muss sie sich um etwa 0,5 ° weiter bewegen, bis der oberere Rand auch verschwunden ist. Das bedeutet etwa 2 Minuten zusätzlicher Zeit, also nach "offiziellem" Untergang.


    Die atmosphärische Refraktion staucht die Sonne in Horizontnähe um etwa 0,1°, also auch ein nicht zu vernachlässigender Anteil. Wenn es wieder kühler ist, werde ich noch einmal rechnen ....


    Totalreflexion in der Atmosphäre dürfte ein zusätzlicher Aspekt sein, wie Du ja auch geschrieben hast. Oft ist die Sonne beim Untergang ja irre verzerrt. Viellleicht wieder eine halbe Minute mehr ...


    Viele Grüße,
    Manfred.

  • Der SU ist definiert als Zeitpunkt, wo die Oberkante der Sonnenscheibe unter den mathematischen Horizont sinkt. Darauf beziehen sich auch die berechneten Sonnenuntergangszeiten, auch die Refraktion ist darin bereits enthalten. Der SU-Zeitpunkt ist nicht auf den Mittelpunkt der Sonnenscheibe zu beziehen.

  • Hallo!
    Meines Wissens wird die Refraktion mit 32`berechnet. Das wäre der Wert für "Normal"-Temperatur, "Normal"-Druck und "Normal"-Luftfeuchte.
    Man müsste mal durchrechnen in wie weit sich diese Werte bei veränderten Bedingungen ändern.
    Irgendwo hab ich die Formeln dafür rumfliegen.
    Die Kimmtiefe, also die Höhe des Beobachters über Normalnull dürfte auch noch eine Rolle spielen.
    Gruß und CS Christoph

  • Hallo Comety,


    habe etwas dazu gelernt - da haben sich wohl zwei "Welten" bei mir vermischt, wobei die eine aus der Physik und der idealisierenden Vorstellung von Massenpunkten bei der Berechnung von Kräften und Bewegungsabläufen herrührt.


    Gruß,
    Manfred.

  • Hallo Comety,


    die Sache hat mich doch nicht ruhen lassen ...


    Bei Betrachtung Deines Videos fällt auf, dass ab dem Zeitpunkt 1:17min, als die beiden Leuchtfeuer ins Bild kommen, der Rand der Sonne links und rechts direkt am Horizont nach unten hin konvergiert. Das deutet auf eine Luftspiegelung nach SU hin, d.h. die Sonne selbst ist direkt nicht mehr sichtbar, obwohl Licht am Horizont erscheint.


    Wenn man die Erdkrümmung berücksichtigt und die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme fast Niedrigwasser war und man zudem annimmt, dass die Aufnahmen eventuell vom Deich aus gemacht worden sind, so nehme ich mal eine Höhe von 10 Metern über der Wasseroberfläche an. Damit ergibt sich eine Entfernung des Horizonts von ca. 11km.
    Wäre der Horizont 16km entfernt, dann legt ein Punkt auf der Erdoberfläche in der geografischen Breite von 53° diese Strecke innerhalb etwa einer Minute zurück, d.h. der aus 10m Höhe sichtbare Sonnenuntergang findet etwa 1min später statt.


    Zudem gilt, was ich schon bezüglich der Bewegung des Sonnenmittelpunkts geschrieben hatte – durch die Bewegung von 32° gegen den Horizont verdoppelt sich diese Zeit etwa, sodass der SU jetzt schon 2min später eintritt.


    Vorausgesetzt, hier steckt nicht wieder irgendwo ein Denkfehler drin (aber, wie schon gesagt, ich lerne gerne dazu), dann wäre damit eine recht plausible Erklärung für den verspäteten Untergang gegeben.


    Viele Grüße,
    Manfred.

  • Hm, merkwürdig war eben, dass dieses "Glühen des Wassers" so lange anhält, über 5 Minuten. Im Video ist es ja stark zusammengeschnitten.Man sieht da sogar die Brandung in der Ferne, obwohl das einige Km weg sein dürfte. Ist aber auch mit über 20x Zoom gefilmt.
    Richtig ist, es war gerade Ebbe und ablaufendes Wasser, ich stand am Weg, nicht oben aufm Deich, die Kamera dürfte 3m Höhe über dem normalen Hochwasserpegel gestanden haben. Vermutlich hat die warme Luftschicht vom Tage über dem kühlen Seewasser hier zu der Lichtbrechung und erweiterten Refraktion auch mit beigetragen.
    Na vielleicht klappt das mit dem Grünen Strahl ein anderes Mal ;)

  • Hi,
    es gibt diverse Effekte, dass ein Sonnuntergang zeitlich anders wahrgenommen wird. Angenommen, der Sonnenuntergang wird an der Oberkante Sonnenrand angegeben, inkl. Zeitgleichung sowie geogr. Lage und unter Berücksichtigung der Refraktion der Luft, so verbleibt z.B. noch die Höhe über Horizont. Dazu kommen Luftspiegelungen und Wellengang. Gerade über dem Wasser verhält sich Luft (Abkühlung, Feuchtigkeit) doch deutlich anders. Insbesondere feinste Wassertröpfchen glänzen doch noch eine ganze Weile, selbst wenn die Sonne schon direkt nicht mehr gesehen wird. Im Grunde muss man das schon zu den Effekten der Dämmerung zählen.


    Der Unterschied, ob man die Sonne direkt sieht oder nur diverse Spiegelungseffekte, wird dann offensichtlich, wenn man mit Weißlicht-Sonnenfolie beobachtet.


    Gruß


    PS: Alle die Effekte hatte ich auch, als ich zum Venustransit an der Ostsee war - halt bei aufgehender Sonne.

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