Frage zur Expansion des Universums

  • Hallo Allerseits,


    ich habe in mehreren Quellen gelesen, dass die Expansion des Universums sich nicht auf gravitativ gebundene Systeme bezieht. Der Abstand Erde – Sonne bleibt also gleich, obwohl das Universum größer wird.
    Nun sind aber (davon gehe ich aus) alle Dinge im Universum auch gravitativ gebunden. Manche stärker, manche schwächer. Ich kann mir nun nicht vorstellen, dass es irgendwo eine scharfe Grenze gibt, ab wann ´ja´(der Raum dazwischen wird größer) und ab wann ´nein´(der Raum dazwischen wird nicht größer).
    Obwohl ich es so nicht direkt gelesen habe stelle ich mir vor, dass stark gravitativ gebundene Systeme nur ´weniger´ von der Expansion betroffen sind und zwischen den Systemen die nur ganz schwach gebunden sind , sich der Raum ´mehr´ausdehnt.
    Oder anders:
    Es wird oft davon gesprochen, dass sich der Raum zwischen den Galaxien ausdehnt, die Galaxien selber aber nicht. Galaxiengruppen oder Haufen dürften dann (nach meiner Vorstellung) „ein bisschen“ von der Expansion des Universums betroffen sein.
    Lasse ich dieses Bild durch meinen „Bauchsimulator“ laufen, dann wirft das Universum Blasen.
    Leerer Raum dehnt sich aus. Der Raum zwischen Galaxienhaufen zwar auch, aber weniger. Zwangsläufig würden die Galaxien vermehrt zwischen diesen (leeren) Blasen zu finden sein. In den Bildern/Grafiken von den großräumigen Strukturen des Universums könnte man sogar solche Blasen definieren, sozusagen als Negativform, wenn man nicht die „netzartige Struktur“ von Galaxien betrachtet, sondern den Raum dazwischen.
    Ich habe nun aber nie davon gehört, dass das Universum sich ´blasenförmig´ ausdehnt.
    Wo ist mein Verständnisfehler? Stelle ich mir das alles zu dreidimensional vor?


    Danke für eine Antwort und viele Grüße,
    Ralf

  • Ralf,
    diese Blasenbildung ist doch genau das, was man heutzutage beobachtet. Die Massen (Galaxiencluster etc.) verteilen sich entlang der Blasenoberflächen. Könnte man auch als 3D-Netz bezeichnen.


    Zu diesem Ergebnis hat aber auch die Gravitation selbst beigetragen, indem sie die Massen während der Expansion quasi zusammenhielt. Ohne die Expansion allein durch Gravitation könnte man aber die heutige Blasenstruktur nicht erklären. Die Hauptmasse stammt übrigens dabei von der sog. Dunklen Materie. Deren Verteilung und Verhalten ist aber noch Gegenstand aktueller Forschung.


    Die Raumgebiete mit "Masse" sind aber klein im Verhältnis zu den sog. massefreien 'Voids'. Für die kosmologische Betrachtung interessiert das deshalb nicht so. Da man übers Universum betrachtet auch eine homogene Verteilung annimmt.


    Das zumindest mein Wissensstand. Ich lerne da aber auch gerne dazu.[;)]
    Ich weiß z.B. nicht, ob es die Gravitationsfelder sind oder die Massen selbst (=> Dichte), die zu diesem Verhalten bei der Expansion beitragen. Oder anders gesagt: Welche 'Kräfte' treiben die Expansion? Die Friedman-Gleichungen haben ja die "Dichte" als Parameter. Ob und wieweit man das 'lokal' runterbrechen kann, weiß ich nicht.


    Gruß

  • Hallo Kalle,


    vielen Dank für die schnelle Antwort. Dann habe ich also gar nicht so falsch gelegen.
    Vermutlich habe ich das `Luftballonmodell` noch zu stark verinnerlicht bzw. lese die alten Sachen in denen es propagiert wird.
    Ich weiß, es ist immer blöd noch ne Frage hinterher zu schieben, aber was passiert dabei eigentlich mit unseren Naturkonstanten? Verändern die sich auch mit der Expansion? Oder anders gefragt. Können wir sicher sein, dass c und g und h in einem früheren Universum die selben Werte hatten?
    Vielleicht hast du ja einen guten Literaturtipp für mich, dann kann ich mir das selber aneignen.


    Viele Grüße,
    Ralf

  • Tja,
    nach allem was wir wissen ist c konstant. Aber darum versucht man sich ja auch in Präzisionsmessungen.


    Literatur zum Universum:
    Kosmologie für helle Köpfe von Lesch/Müller
    ist für Laien gerade so verständlich. Wird aber die Frage zur lokalen Anwendbarkeit der kosmologischen Gleichungen leider nicht viel weiter helfen. Da müsste man in den wissenschaftlichen Forschungsbeiträgen rumstöbern.


    Gruß

  • Hi Ralf,


    weil du das "Luftballonmodell" ansprichst- in dem Fall würde wohl das Modell "Hefeteig mit Rosinen drin" besser passen- der Teig dehnt sich aus, die Rosinen bleiben gleich groß. [:)]


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Ralf,


    Dominik hat sich unlängst so geäußert, daß Regionen mit überkritischer Dichte nicht (auch nicht ein bißchen) expandieren. Das trifft auf Galaxienhaufen zu. Gelegentlich ist auch von "gravitativ gebundenen" Regionen die Rede.


    Was passiert mit vereinzelten Wasserstoffatomen in voids? Die Region hat weit unterkritische Dichte, expandiert also. Entfernen sich 2 Atome im Abstand des Durchmessers der Erdumlaufbahn voneinander? Sie sind ja nicht gravitativ gebunden. Oder gilt für solch kleine Distanzen die Newtonsche Näherung (Birkhoff Theorem) statt Expansion?


    Grüße, Günter

  • Hi Kalle66,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Welche 'Kräfte' treiben die Expansion? Die Friedman-Gleichungen haben ja die "Dichte" als Parameter. Ob und wieweit man das 'lokal' runterbrechen kann, weiß ich nicht.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    In einem großräumig homogenen Universum wird das Geschehen lokal <i>ausschließlich</i> von der Gravitation der dort vorhandenen Materie bestimmt. Ob das Universum im ganzen expandiert oder nicht ist wegen des Brkhoff-Theorems egal, wie GünterD schon schrieb.
    Der einzige Unterschied zu Newtonscher Gravitation ist, dass Druck auch als Quelle der Gravitation auftritt. Das ist z.B. für Dunkle Energie wichtig.


    Genau diese Gravitation steht natürlich auch als Quellterm in den Friedmann-Gleichungen, es handelt sich dabei ja um eine großräumige Extrapolation des idealisierten lokalen Geschehens.


    Von daher ist klar, dass z.B. Galaxienhaufen entweder gebunden sind oder nicht, und dass es keine zusätzliche Wirkung der großräumigen Expansion auf sie gibt. Das Rosinenkuchenmodell ist da sehr schlecht zur Beschreibung geeignet, weil man ja ein "Mitziehen" durch den Hefeteig erwarten würde, das es nicht gibt.
    Das genaueste Modell für ein FRW-Universum ist das Luftballonmodell, wenn alle Massenpunkte auf der Oberfläche schwimmen. Das bildet die Dynamik exakt ab.

  • Hi,


    lt. The influence of the cosmological expansion on local systems wirkt auf das Sonnensystem eine Expansionsbeschleunigung von -10^-47 m/s², auf die Milchstrasse von -10^-21 m/s². Das paper stammt aus 98, es ist also noch nicht die dunkle Energie enthalten.


    Diese Werte sind jedenfalls weit außerhalb jeder Nachweisgrenze aber nicht Null. Bei strenger Anwendungs von Birkhoff's Theorem ist die Expansionsbeschleunigung auf solche Systeme jedoch Null. Frage an 'Jemand': Ist dieses Theorem nicht letztlich eine Näherung (mir allerdings nicht bekannt) und insofern mit solchen Werten verträglich?


    Grüße, Günter

  • Günter,


    ich habe dazu noch folgendes gefunden.


    Valerio Faraoni, Audrey Jacques: Cosmological expansion and local physics
    http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevD.76.063510
    Downloadlink: http://arxiv.org/pdf/0707.1350


    Matteo Carrera, Domenico Giulini: Influence of global cosmological expansion on local dynamics and kinematics
    http://link.aps.org/doi/10.1103/RevModPhys.82.169
    Downloadlink: http://arxiv.org/pdf/0810.2712


    Matteo Carrera, Domenico Giulini: On the influence of the global cosmological expansion on the local dynamics in the Solar System
    Download: http://arxiv.org/pdf/gr-qc/0602098v2


    Gregory S. Adkins, Jordan McDonnell, Richard N. Fell: Cosmological perturbations on local systems
    Download: http://arxiv.org/pdf/gr-qc/0612146


    Ganz so trivial scheint Antwort auf die Frage der lokalen Auswirkungen nicht zu sein. Da gab es vor einiger Zeit ein paar Artikel im Zusammenhang mit der Ursachenforschung der sog. Pioneer-Anomalie. Einig sind sich alle, dass Auswirkungen sehr klein, unterhalb der Nachweisgrenze sind (praktisch null). Bei Galaxiencluster und im Zusammenhang mit "Dunkler Energie" gehen die Meinungen teils auseinander. Theoretisch lassen sich Spiralbahnen zweier sich umkreisende Objekte konstruieren.


    Ich blicke da aber nicht tief genug durch, als dass ich das bewerten könnte.


    Gruß

  • Vielen Dank, Kalle. Da hab' ich noch zusätzlichen Lesestoff, ich verreise demnächst.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Kalle66</i>
    Ganz so trivial scheint Antwort auf die Frage der lokalen Auswirkungen nicht zu sein. Da gab es vor einiger Zeit ein paar Artikel im Zusammenhang mit der Ursachenforschung der sog. Pioneer-Anomalie.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Den Eindruck habe ich auch. Und selbst wenn es winzige Effekte gäbe, wie sollte man sie jemals messen?
    Die Pioneer-Anomalie hat sich auf andere Weise geklärt.


    Viele Grüße,
    Günter

  • Hi Günter,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Diese Werte sind jedenfalls weit außerhalb jeder Nachweisgrenze aber nicht Null. Bei strenger Anwendungs von Birkhoff's Theorem ist die Expansionsbeschleunigung auf solche Systeme jedoch Null. Frage an 'Jemand': Ist dieses Theorem nicht letztlich eine Näherung (mir allerdings nicht bekannt) und insofern mit solchen Werten verträglich?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Nein, das Birkhoff-Theorem ist genauso exakt wie das Schalentheorem bei Newton. Es gibt also im homogenen Universum keine "Expansionsbeschleunigung". Das ist trotzdem verträglich mit dem Paper. Du musst aber selber nachrechnen, was ich dir jetzt sage, sonst glaubst du's wieder nicht.


    Das Paper nimmt ein homogenes Universum an, und errechnet für ein solches eine Störbeschleunigung b = ä/a * r (2.8). r ist hier der Abstand zu einem beliebigen Punkt, relativ zu dem die Beschleunigung gemessen wird.
    Der Punkt ist, dass sie jede Abweichung von flacher, gravitationsfreier Raumzeit als "expansionsbedingte" Störung bezeichnen, was irreführend ist. Es gibt ja auch noch die ganz normale Newtonsche Gravitation, die man berücksichtigen muss.
    Eine homogene Massenverteilung liefert für diese eine Beschleunigung von (4/3)pi*G*rho * r. Was ziemlich viel Sinn ergibt, wenn man die Friedmann-Gleichung anschaut: ä/a = (4/3)pi*G*rho.
    Der Störungsterm aus dem Paper ist also nichts anderes als die ganz normale Newtonsche Gravitation der lokal vorhandenen Materie.
    Deren Wirkung bestimmt die Bewegung aller Materie, also auch die Expansion des Universums. Deswegen taucht dieser Term auch in den Friedmann-Gleichungen auf.


    Der "winzige Effekt", der im Paper beschrieben wird, ist damit auch zur Gänze erklärt: Wenn man das Universum als exakt homogen annimmt, dann befinden sich innerhalb der Erdbahn momentan ca. 90000 Tonnen "Universum" (die Dichte beträgt in deren Modell 1/(6*pi*G*t²)). Dadurch ist die Erdbahn - konstanten Drehimpuls vorausgesezt - etwas kleiner, also ohne diese Masse. Da sich das Universum ausdehnt, wird diese Masse mit der Zeit immer weniger, und die Erdbahn wächst langsam auf ihren ungestörten Durchmesser (Gl. 4.10). Der "winzige Effekt" ist genau dieses Wachstum, also auch nichts Geheimnisvolles.


    Fazit, nochmal: Lokal betrachtet wird <i>jede</i> Bewegung - ob gebunden ober mitbewegt - <i>ausschließlich </i>durch die Newtonsche Gravitation der lokal vorhandenen Materie beeinflusst. Was im Umkehrschluss heißt, dass es absolut zulässig und sinnvoll ist, die Expansion lokal als stinknormale Bewegung zu betrachten, weil man nur so die Zusammenhänge versteht.

  • Guten Tag,


    ich möchte als Laie hier noch einmal ein Verständnisproblem zum Ausdruck bringen.
    „gravitativ gebunden“ und „gravitativ nicht gebunden“ unterscheidet sich nach meiner Vorstellung darin, dass die gebundenen Systeme ´zusammen bleiben´(z.B. Rotation) und ungebundene Systeme sich zwar auch gravitativ beeinflussen können (z.B. Ablenkung) danach aber ihrer Wege ziehen.
    Sollte das so richtig sein, dann verstehe ich nicht, wie die Natur zwischen diesen beiden Situationen einen Unterschied machen kann. Zwischen den ersten beiden Körpern bleibt der Raum in etwa (oder exakt) gleich groß. Im anderen Fall wird der Raum größer. Worin besteht der eigentliche Unterschied zwischen beiden Situationen. Die Stärke der Anziehungskraft zwischen 2 Körpern kann es doch nicht sein, denn auch 2 „leichte“ Objekte können gebunden sein(vielleicht sogar die beiden Wasserstoffatome in einen Void, s.o.) und schnelle, schwere Objekte rauschen aneinander vorbei und sind nicht gebunden.
    Mir ist schon klar, dass man den Unterschied zwischen ´gebunden´ und ´ungebunden´ mathematisch klar nachvollziehen kann. Ist ein Wert größer x = gebunden, ist er kleiner x = ungebunden. Dass bestimmte physikalische Eigenschaften aber erst ab einem bestimmten Wert x auftreten sollen ist mir schleierhaft.(Und dann kann man ja auch noch einen 3. Körper bzw. Masse ins Spiel bringen und die Werte verschieben sich)
    Selbstverständlich kocht Wasser auch erst bei 100°C und vorher nicht. Die Wirkung von Energie auf die Wassermoleküle existiert aber auch bei 20°C.
    Wenn ich das mal so ganz laienhaft ausdrücken darf, dann scheinen mir die gebundenen Systeme irgendwie „immun“ gegen die Expansion zu sein. Eine Wirkung „prallt ab“oder „kommt nicht durch“ obwokl sie da ist. Das wiederum würde einem gebundenen System eine zusätzliche Eigenschaft gegenüber dem ungebundenen unterstellen.
    Meine Vorstellung von solchen Dingen ist sehr laienhaft , ich lese zwar darüber, aber ein Buch kann ich nicht fragen. In einem Forum kann man zwar Fragen stellen, möglicherweise fangen dann aber die Leute an zu gähnen, die es erklären könnten. Dafür schon mal ´tschuldigung.


    Viele Grüße,
    Ralf

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Jemand</i>
    Der "winzige Effekt", der im Paper beschrieben wird, ist damit auch zur Gänze erklärt: Wenn man das Universum als exakt homogen annimmt, dann befinden sich innerhalb der Erdbahn momentan ca. 90000 Tonnen "Universum" (die Dichte beträgt in deren Modell 1/(6*pi*G*t²)). Dadurch ist die Erdbahn - konstanten Drehimpuls vorausgesezt - etwas kleiner, also ohne diese Masse. Da sich das Universum ausdehnt, wird diese Masse mit der Zeit immer weniger, und die Erdbahn wächst langsam auf ihren ungestörten Durchmesser (Gl. 4.10). Der "winzige Effekt" ist genau dieses Wachstum, also auch nichts Geheimnisvolles.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Aber demnach haben diese Autoren eine Idealisierung - lokale Homogenität - vorausgesetzt. Was sagt so ein Wert, den sie wegen seiner Winzigkeit "essentially ignorable" nennen, dann aber aus?


    Grüße, Günter

  • Ralf,
    mir geht's ähnlich. [;)]


    Nimm die Bahn zweier Objekte, die sich umkreisen. Nach Newton wirkt da die Gravitationskraft und zusammen mit Impuls- und Energieerhaltung erhält man Bahnkurven. Die ist bezogen auf ein bestimmtes Koordinatensystem, das man mittels Galileo-Transformationen variieren kann.


    Die RT geht ein Schritt weiter, bezieht sich aber immer noch auf ein bestimmtes (lokal anwendbares) Koordinatensystem. Das System hat halt Raum-Zeit-Koordinaten, die Transformation von einem Koordinatensystem in ein anderes funktioniert etwas anders. Neben Masse wird auch Energie als Faktor zur Raumkrümmung eingebunden. Und die hat man nicht nur durch Strahlung/Temperatur sondern auch bei Druck etc.


    Die Kosmologie und die Raumexpansion machen aber gerade diese lokal gegebenen Koordinatensystemen zu 'Gummibänder', wenn sie das Verhalten des Universums beschreiben.


    Bildhaft umschrieben: Die Kosmologie packt die 'lokalen' Effekte im Wesentlichen in eine Schachtel, will gar nicht wissen, was innerhalb dieser Schachtel passiert, sondern interessiert sich nur dafür, wie sich eine Halle voller Schachteln verhält bzw. wie Schachteln miteinander wechselwirken. Solange die Forschung aber nicht genau weiß, nach welchen Regeln die Halle arbeitet (Stichwort Dunkle Energie), bleibt das Runterbrechen der Hallenwirkung auf die Physik in der Schachtel entsprechend 'vage'.


    Immerhin gibt es zwei Aspekte beim Runterbrechen der kosmologischen Effekte auf lokale physikalische Gesetze: Wie ist die Wirkung heute und wie war sie dann ganz zu Beginn nach dem Urknall bzw. in der Zwischenzeit. Immerhin müssen alle Lösungsansätze im Ergebnis 'erlauben', dass es uns heute so gibt.


    Viel weiter bin ich allerdings nicht.


    Gruß


    PS:
    Es gibt ein Artikel von Charles Lineweaver, Tamara Davis, der 2005 in der 'Spektrum der Wissenschaft' Dossier 3/2005 erschien. Ein Abschnitt trägt die Überschrift "Warum Brooklyn nicht expandiert". Demzufolge übt die Beschleunigung der Expansion eine leichte zusätzliche Kraft aus, so dass z.B. jegliche Bahnkurven unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Kraft einen anderen (größeren) Wert bekommen. Bezogen auf die Erdanziehung auf der Erde quantifizieren sie diese Kraft auf ein 1E30-stel der Anziehungskraft.


    Hier ein Downloadlink des Artikels:
    homepage.univie.ac.at/Michael.Berger/lit/urknall.pdf

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: 30sec</i>
    <br />„gravitativ gebunden“ und „gravitativ nicht gebunden“ unterscheidet sich nach meiner Vorstellung darin, dass die gebundenen Systeme ´zusammen bleiben´(z.B. Rotation) und ungebundene Systeme sich zwar auch gravitativ beeinflussen können (z.B. Ablenkung) danach aber ihrer Wege ziehen.
    Sollte das so richtig sein, dann verstehe ich nicht, wie die Natur zwischen diesen beiden Situationen einen Unterschied machen kann. (<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ralf, der Unterschied liegt in der Fluchtgeschwindigkeit, ob sie erreicht ist oder nicht. Gravitativ gebundene Körper bewegen sich regelmäßig um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Überschreitet ein Körper im Abstand r von der zentralen Massse M aus irgendeinem Grund die Fluchtgeschwindigkeit, die proportional zu (M/r)^1/2 ist, ist er gravitativ ungebunden. Die Abstände in gravitativ gebundenen Systemen können gewaltig schwanken, denke an die z.T. außerordentlich exzentrischen Kometenbahnen. Prinzipiell können auch 2 Wasserstoffatome um ihren gemeinsamen Schwerpunkt kreisen. Ihr Abstand wäre dann entsprechend klein.


    Begegnen sich 2 zunächst ungebundene Körper, können sie sich einfangen, sodaß sie gravitativ gebunden sind, oder ungebunden bleiben, je nach ihren Geschwindigkeiten und Massen.


    Grüße, Günter

  • Hi Günter,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Aber demnach haben diese Autoren eine Idealisierung - lokale Homogenität - vorausgesetzt.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ja, natürlich:
    "In this paper, we assume that homogeneous isotropic expansion is actually universal and we analyze the consequences of this assumption."
    Sie gehen dementsprechend auch von der FRW-Metrik aus, die ja strikt homogen ist.
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Was sagt so ein Wert, den sie wegen seiner Winzigkeit "essentially ignorable" nennen, dann aber aus?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Gar nichts. Das Paper ist formal korrekt, die Ergebnisse sind - unter den getroffenen Annahmen - richtig, aber inhaltlich ist es ziemlich wertlos. Weil die Autoren versäumt haben, den Beschleunigungsterm mit der ganz normalen Gravitation zu identifizieren.
    In Wirklichkeit sind natürlich keine 90000 Tonnen anteiliges Universum innerhalb der Erdumlaufbahn, sondern eine viel größere Menge Dunkle Materie und einiges an Dunkler Energie, wenn beide Konzepte so stimmen. Beides ist zeitlich etwa konstant, weil die DM gebunden ist und DE sowieso konstant ist. Von daher gibt es den da beschriebenen Effekt tatsächlich nicht.


    Hi Kalle66,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Demzufolge übt die Beschleunigung der Expansion eine leichte zusätzliche Kraft aus, so dass z.B. jegliche Bahnkurven unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Kraft einen anderen (größeren) Wert bekommen. Bezogen auf die Erdanziehung auf der Erde quantifizieren sie diese Kraft auf ein 1E30-stel der Anziehungskraft.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Was sich folgendermaßen berechnen lässt:
    Das Universum hat eine mittlere Dichte von ~9E-27 kg/m³, das sind im Volumen der Erde etwa 9 Milligramm. Diese bewirken an der Oberfläche eine (einwärts gerichtete) Schwerebeschleunigung von 1.6E-29 m/s².
    Allerdings sind 70% davon Dunkle Energie, die hat negativen Druck von der Größe ihrer Energiedichte. Das ergibt (siehe Friedmanngleichung oder Baez & Bunn) eine abstoßende effektive Masse vom dreifachen ihrer Massendichte, also -19 E-27 kg/m³ bzw. im Erdvolumen -19 Milligramm.
    Macht zusammen -10 Milligramm und eine nach außen gerichtete Beschleunigung von 1.7e-29 m/s², also das 1.7e-30 - fache der Erdbeschleunigung.
    Aber nicht in Wirklichkeit, aus dem selben Grund wie oben: Das Universum ist natürlich nicht homogen, im Erdvolumen treibt sich sehr viel mehr DM herum als DE, dafür aber kein intergalaktisches Gas, aber ein ziemlich überproportionaler Anteil normaler Materie.

  • Günter,
    danke für die Herleitung. Also ein Dreikomponentenmix aus Kräften: Gravitation/Raumkrümmung via Masse/Enerigeäquivalent, Dunkler Materie und negativen Druck aus Dunkler Energie runtergebrochen auf das zu untersuchende Raumvolumen. (Bei Druck würde ich fast eher auf Oberfläche tippen.)


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">... im Erdvolumen treibt sich sehr viel mehr DM herum ...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> ... oder auch nicht. sieh hier: http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=134122 [;)]


    Ich hab' so das Gefühl, dass da Berechnungen auf Basis von Annahmen gemacht werden, die (noch!) sehr spekulativ sind (und sich der Überprüfung (noch) entziehen.


    Mal ein Gedankenexperiment:
    Könnte man nicht einfach einen Laserstrahl zur einer weit entfernten Spezial-GPS-Sonde schicken und dort reflektiert zurückkommen lassen? Dann müsste neben dem Dopplereffekt und Rot-/Blauverschiebung durch ART (anderes Gravitationspotential bei anderem Sonnenabstand) zumindest theoretisch auch eine Hubblerotverschiebung den Effekt direkt anzeigen. Über die Laufzeit hätte man zudem die Entfernung als GPS-Datensatz.
    OK, vermutlich liegt der Effekt innerhalb des Sonnensystem so 15 Zehnerpotenzen unterhalb der Messgenauigkeit eines Frequenzkamms.


    Gruß

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ich hab' so das Gefühl, dass da Berechnungen auf Basis von Annahmen gemacht werden, die (noch!) sehr spekulativ sind (und sich der Überprüfung (noch) entziehen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Davis' und Cooperstocks Berechnungen werden auf Basis von Annahmen gemacht, die definitiv falsch sind. Oder was meinst du?

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Jemand</i>


    Gar nichts. Das Paper ist formal korrekt, die Ergebnisse sind - unter den getroffenen Annahmen - richtig, aber inhaltlich ist es ziemlich wertlos. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Eben. Einen didaktischen Wert hat es wohl, aber den Autoren ist offenbar nicht bewusst, das das alles ist, seltsam.


    Gruesse,
    Guenter

  • Hmm. Ich finde eigentlich, dass es genau am didatktischen Wert mangelt, also an der richtigen Interpretation.
    Was gut ist: Sie bestehen darauf, in Fermi-Koordinaten zu rechnen, weil die Ergebnisse sonst nicht deutbar und extrem fehleranfällig sind. Das ist absolut ein Schritt in die richtige Richtung.
    Was schlecht ist: Sie klären den Ursprung von ä/a nicht auf, deswegen halten sie das für einen mystischen Expansionseffekt. Sonst wären sie sicher selber draufgekommen, dass die Annahme eines exakt homogenen Universums hier zu einer Fehlinterpretation führt.

  • Hi nochmal,


    ich wurde gerade darauf aufmerksam gemacht, dass Ned Wright dieses Paper bereits kommentiert hatte. Meine Rechnerei ist also tatsächlich "von höchster Stelle" abgesegnet, was meine Argumentation - sollte die Frage jemals wieder auf den Tisch kommen - natürlich ungemein erleichtert.

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