Beiträge von astrometer im Thema „Teleskop vom Balkon betreiben?“

    Wie kommst Du darauf oder meinst Du eher Kleinstädte ?

    Hallo Alex,


    nee, nicht nur Kleinstädte. Ich wohne zum Beispiel am Nordwestrand des Ballungsgebiets Oberes Elbtal, das sich rund 50 km von Heidenau über Dresden bis nach Meißen erstreckt. Mein Südblick geht über große Teile dieses von rund 600 000 Menschen bewohnten Stadtgebiets hinweg. Trotzdem ist das Seeing bis auf wenige Ausnahmen besser als an meinem Standort im Osterzgebirge, der mitten im Wald liegt und von großen Siedlungen 20 bis 30 km entfernt ist.


    Zu Hause vom Balkon war zum Beispiel das hier möglich:



    Und auch die Himmelshelligkeit ist mit Bortle 5 (SQM 19,8 - 20,4) noch nicht völlig unbrauchbar. Im Gebirge, wo es vor 50 Jahren noch Bortle 2 gab, hab ich inzwischen nur noch Bortle 4 (20,9 - 20,6).


    Aber nochmal: Für Planetenbeobachtungen muss ein Stadtbalkon nicht von vornherein ungünstig sein. Kein Grund, nur ein kleines Instrument zu kaufen.


    CS

    Jörg

    ...mal mit 'nem Augenzwinkern ;) betrachtet…

    …(Be)raten wir … vielleicht in die falsche Richtung?

    ...oder bedienen wir sogar, am meisten, nur unsere persönlichen Eitelkeiten...?

    Hallo Alfons, Hallo Bernd, Hallo liebe Berater und Mitleser,


    in Alfons‘ Beitrag steckt eine Menge Wahrheit. Seit ich ganz am Anfang meinen Senf dazu gegeben habe, habe ich hier mitgelesen und mich häufig gewundert, welche Richtung das alles genommen hat. Natürlich machen wir alle nur Angebote, die auf unserer persönlichen Erfahrung basieren. Oder auf dem, was wir dafür halten. Dabei gehen wir fast immer nur von uns aus und können uns schwer vorstellen, dass andere die Dinge ganz anders sehen (übrigens das Grundübel der Weltpolitik). Aber jede(r) bringt andere Vorlieben, Ziele, Erfahrungen und Charaktereigenschaften mit. Deshalb sollten wir nicht, wenn unser Rat nicht widerspruchslos befolgt wird, gleich an Beratungsresistenz denken.


    Das im Hinterkopf, habe ich mir hier weitere Reaktionen verkniffen. Auch, weil es letztlich unerlässlich ist, als Einsteiger eigene Erfahrungen zu machen.


    Also, Bernd, der laute Chor der Berater kann Dir Deine Entscheidung nicht abnehmen. Denk noch mal gründlich nach. Was ist Dir wichtig und angenehm, was von den vorgeschlagenen Dingen eher hinderlich und ein bisschen suspekt?


    Meiner persönlichen Sicht kam der Beitag von Stathis (#106) am nächsten. Ich habe nämlich schon Anfänger erlebt, die nach dem Ausfall ihrer elektronischen Helferlein völlig aufgeschmissen im Dunkeln standen. Weil sie immer nur auf den Monitor geschaut hatten statt sich selbst zu orientieren und den Himmel wirklich kennenzulernen. Auch waren sie dadurch nie in den Genuss einer echten Dunkelanpassung gekommen. – Aber ja, die Welt dreht sich weiter. So wie ich vor fast sechs Jahrzehnten „astronomisch sozialisiert“ wurde, läuft das heute nicht mehr. Das ist gut so, aber auch ein bisschen schade.


    Wenn Bernd mit 63 in die Astronomie einsteigen will, sollten wir als Berater auch berücksichtigen, dass er kein digital native ist. Viele in seiner und meiner Altersklasse schlagen sich zwar tapfer an Computer und Smartphone, aber eben längst nicht so selbstverständlich wie die Jüngeren, die damit aufgewachsen sind.


    Soweit noch mal ein paar Überlegungen dazu. Bernd wünsche ich, dass er die für ihn richtige Entscheidung trifft, Freude am Beobachten findet und dadurch dabei bleibt.


    CS

    Jörg

    Hallo Bernd,


    auch von mir noch ein Kleks Senf dazu: Bei den Bügelstehhilfen muss man aufpassen. Die meisten müssen nämlich auseinandergeschraubt werden, damit man die Sitzhöhe verstellen kann. Das nervt. Vor allem im Dunkeln. Wesentlich besser sind die, bei denen man nur zwei kleine Griffe (Knöpfe oder was auch immer) zusammendrücken muss und schon kann man den Sitz nach oben oder nach unten schieben. Ein Beispiel für dieses Prinzip findet sich hier:

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    CS,

    Jörg

    Zusätzlich zu dem was hier schon zur Problematik niedriger Stand am Horizont und Dobson gesagt wurde möchte ich noch anmerken, dass Newton-Teleskope immer eine schlechtere Farb- und Kontrastleistung haben werden als Refraktoren oder Maks.

    Das ist physikalisch begründet und liegt an der Obstruktion die der Fangspiegel verursacht.


    Ein Planet wird daher in einem Refraktor oder Mak besser aussehen.

    Der Vorteil eines dicken Dobsons ist die höhere Auflösung, allerdings wird die bei dir vermutlich durch das städtische Seeing ohnehin beschränkt werden.

    Hallo Peter,


    aus Deinem Post müssen einige Aussagen korrigiert werden. Es ist einfach falsch, dass Newtons eine schlechtere Farbwiedergabe als Refraktoren oder Maks haben. Sie basieren bis zum Okular ausschließlich auf Reflexion und sind von daher absolut farbsauber. Auch Maks verhalten sich in dieser Hinsicht wie Spiegel, wobei die gebogene Eingangsplatte geringfügige Farbabweichungen verursachen könnte, aber das ist in der Praxis vernachlässigbar. Gleiches gilt für Schmidt-Cassegrains.


    Refraktoren sind als zweilinsige Achromaten farbfehlerbehaftet, wobei dieser Fehler bei kleinen Öffnungen und großen Öffungsverhältnissen (bis 80mm f/15) kaum störend ist. Moderne Apoefraktoren haben einen verminderten Farbfehler durch ein meist dreilinsiges Design und den Einsatz von Sonderngläsern bzw. Fluoritkristall. Der Grad der Farbkorrektur ist unterschiedlich und bei den besten so gut, dass fast Spiegelniveau erreicht wird. Strenggenommen ist das aber erst bei den Polychromaten der Fall, die sehr selten und wirklich extrem teuer sind.


    Deine Aussage zum Kontrast ist richtig, allerdings sind hier die Newtons gar nicht mal so schlecht. Sie haben nämlich meist eine geringere Obstruktion als Teleskope nach dem Cassegrain-Prinzip, wozu die meisten Maks zählen. Je kürzer die Brennweite im Verhältnis zur Öffnung, umso größer muss der Gegen- bzw. Fangspiegel sein. Bleibt der unter 20% des Hauptspiegeldurchmessers ist der Kontrast sehr gut. Spätestens bei 15% bis 16% ist er auf Refraktorniveau.


    In der Praxis ist aber vor allem eine andere Eigenschaft von Spiegelteleskopen relevant: die Tatsache, dass das Licht zweimal (Newton) oder gar dreimal (Cassegrain) durch den Tubus geht. Temperaturunterschiede (sog. Tubusseeing) wirken sich dadurch stärker aus als beim Refraktor. Zusammen mit der Obstruktion verursacht dies eine höhere Temperaturanfälligkeit, Seeinganfälligkeit und somit eine schlechtere Detailwiedergabe.


    Das von Dir als letztes angeführte Stadtseeing kann durchaus besser sein als das Seeing im ländlichen Raum. Dass es in der Stadt immer schlecht ist, ist nach meiner Erfahrung ein Vorurteil. insofern kann ein günstiger Balkon ein guter Beobachtungsplatz sein. Nicht perfekt, aber für viele Beobachtungsziele völlig ausreichend.


    CS

    Jörg

    was kann das maksutov was das dobson nicht kann?und umgedreht?

    Hauptunterschied ist der Einblick: Dobson vorn von der Seite, Mak von hinten wie beim Refraktor. Außerdem ist der Mak kürzer. Beides sind Vorteile bei Balkonnutzung. Nachteil: Du brauchst für den Mak eine Montierung und ein Stativ. Montierung entweder azimutal (um den Sternen zu folgen, ist Verstellung in beiden Achsen nötig, gewöhnlich von Hand, das funktioniert aber bei kleineren Instrumenten problemlos) oder parallaktisch (Verstellung nur in einer Achse nötig, vorausgesetzt Polhöhe und Nordrichtung sind richtig eingestellt, Nachführung in der Regel motorisch).


    Sehr häufiger Anfängerfehler: Teleskop möglichst groß kaufen und an der Montierung sparen. Die Händler nutzen dies aus und bieten Komplettsets mit viel zu schwacher Montierung an. Die Folge: Die Einsteiger verlieren schnell die Lust.


    Vorteile Dobson: Man bekommt mehr Öffnung für sein Geld, außerdem sind Stativ und Montierung gleich mit dabei. Die Nachteile auf dem Bslkon hatte ich schon in #14 und #15 geschrieben.


    CS

    Jörg

    Hallo Bernd,


    Instrument komplett auf dem Balkon lassen ist m. E. kein Problem. Es muss nur richtig eingepackt werden. Wie ich es mache, ist hier beschrieben:

    Wichtig ist allerdings, dass man keine der Schutzschichten einspart und auch das Silicagel regelmäßig regeneriert. Dadurch ist es letztlich bei einem kleineren Instrument auch nicht viel weniger Arbeit, als wenn man es jedesmal aufbaut. Aber man hat den Vorteil, dass das Instrument bereits temperiert ist, wenn man es braucht und die Beobachtung sofort starten kann. Übrigens, Okulare und anderes Zubehör nehme ich immer mit nach drinnen.


    CS

    Jörg

    PS: Schau Dir mal Günthers Dobson auf seinem Balkon an. Das ist kein Instrument von der Stange. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er das Rohr in den Rohrschellen drehen kann (was bei einfachen Dobs in der Regel nicht geht). Durch die Drehung kann er mal von der einen und mal von der anderen Seite reinschauen, was nötig ist, um Objekte links und rechts von der Geradeausrichtung zu erreichen. Aber sicher kann Günther dazu genaueres sagen als ich mit meiner Ferndiagnose…

    Hallo Bernd,


    wenn ein Dobson, dann nur ein kleiner, denn Du willst ja auch mal was nicht allzu hochstehendes anschauen, und deshalb sollte der Dob auf einem niedrigen stabilen Tisch stehen, damit er über die Brüstung schauen kann. Mein Balkon ist 3,0 x 1,4 m. Auf dem habe ich zwei Dobson ausprobiert: 8“/f6 und 12“/f6. Beide waren viel zu groß. Du musst außerdem bedenken, dass man beim Dob vorn seitlich reinguckt, was kein Problem ist, wenn man genug Platz hat. Aber was ist, wenn das Rohr über die Balkonbrüstung zeigt? Da wird der Einblick kompliziert. Ich denke, besser kommst Du mit einem Maksutov-Cassegrain. Schön kurz, Einblick von hinten. Das ist ein günstiges Balkongerät.


    CS

    Jörg