Beiträge von Kalle66 im Thema „Gibt es Einführungsartikel zur 'Wear Theory' ?“

    Gerhard,

    hier meine Überlegungen zu einer Polier-Simulation:


    Ich hatte mal in Excel ein Tool zum Beschichtungsauftrag beim Vakuumbedampfen erstellt; so nebenbei (als Kurt und Kai mit Vakuumbeschichtungen experimentierten). Das war einfache Geometrie, nach der Logik der Berechnung der Leuchtdichte in Abhängigkeit von ein paar Lampen. Im Grunde ein einfaches Superpositionsproblem, wie sich die Helligkeit einerseits im Quadrat der Entfernung verkleinert, anderseits von verschiedenen Lichtquellen addiert. Alu im Vakuum verhält sich auch so, kommt sogar von einer Glühwendel.


    Der Politurabtrag eines Tools verhält sich ähnlich; hmm, ein Ticken komplizierter. In erster Näherung ist es die zurückgelegte Wegstrecke je Flächeneinheit, je Zeitinterval gewichtet mit dem Druck. Für starre Kreisflächen geht das sogar analytisch für Translation- und Rotationsbwegungen (Linearbewegung und Drehung). Die Druckverteilung ergibt sich über die Gewichtskraft, Schwerpunktlage und Hebelgesetze (wenn z.B. ToT das Tool überhängt).

    Selbst ein Pechtool, dass z.B. sternförmig zugeschnitten ist oder aus mehreren Teilflächen (Pads) besteht, lässt sich mit vertretbaren Aufwand modellieren, indem man dies als Overlay für die Druckverteilung (Kontakt, kein Kontakt) abbildet.


    Kompliziert wird es erst bei Asphären, wenn die Pechhaut sich anpassen muss, was ebenfalls über die Druckverteilung geschieht. Aber selbst das lässt sich in Grenzen modellieren, in dem man die Toolform (beim Anpassen das Negativ zur Spiegelform) abhängig von der Druckverteilung/Krafteinwirkung laufend anpasst (sprich als Funktion über die Zeit parametrisiert). Das dürfte nach meinem Bauchgefühl aber erst dann vernünftige Ergebnisse bringen, wenn man die Kräfte auf die Pechhaut über ein Vektorfeld erfasst und daraus ein Fließverhalten des Pechs ableitet. Das geht Richtung FEM-Berechnungen, ähnlich wie Plop die Spiegelverbiegung in der Spiegelzelle berechnet.


    Die Abtragkonstante müsste man experimentell ermitteln. Die schwankt, nach Menge der Poliersuspension, Glassorte, Härte des Pechs usw.

    Gleiches gilt für die Anpassungsfunktion der Toolform.

    Selbst wenn das jemand alles programmiert. Bis der Anwender so ein Softwaretool bedienen kann, hat er sein Teil womöglich schon auspoliert. die Abtragskonstante und die Pechfließkonstante müsste er empirisch für seine Situation ermitteln.

    Durch die Anpassung vom Pech muss man zwischen schleifen und polieren unterscheiden

    In der Fachwelt spricht man nicht von "schleifen" sondern von "läppen".


    Läppen bezeichnet das Abtragen mit losen Schleifmitteln. Schleifen das Abtragen mit gebundenen Schleifmitteln, typisch Schleifpapiere/-Bänder.

    Polieren ist lt. DIN kein eigenständiges Verfahren, allerdings steht hier nicht mehr der Abtrag, sondern nur noch die Glättung im Vordergrund. Man sagt dazu auch Polierläppen. Eine Besonderheit des Polierens ist, dass nicht nur ein Abtrag stattfindet, sondern in Furchen Material durch Umlagerung auch aufgetragen wird (sog. Beilby-Schicht). Das gilt allerdings nicht für Kristalle. Die Beilby-Schicht ist - meines Wissens - immer amorph.


    Die Simulationen für eine Politur ist schwierig. Zwar kann man mit Parameter wie Druck, Kontaktfläche, gegenseitige Flächenbewegung (Tool vs. Rohling) mathematisch recht einfach einen Abtrag berechnen. Aber die Umlagerung ist auch von der Rauheit und weiterer Parameter (Pechzustand, Zusammensetzung Polierpaste usw.) abhängig. Dazu kommt, dass bei Asphären das Polierpech sich ständig selbst verformt (anpasst) und der Abtrag nicht linear anhand obiger Parameter ist. Auch bleiben Aquaplaningeffekte außen vor.


    Sonst könnte man einen Roboter programmieren und die optische Fläche anschließend fertig ungeprüft rausnehmen. In der industriellen Massenfertigung erfolgt das faktisch schon und je kleiner die opt. Fläche, desto einfacher geht es. Da überprüft man letztlich die Form des Tools, das viele optische Flächen gleichzeitig bearbeitet. Stimmt das Tool, müssen die kleinen Linsen auch alle passen. Das Tool wird zwischen den Chargen dann immer wieder gerichtet (auf Form gebracht).