Gibt es Einführungsartikel zur 'Wear Theory' ?

  • Hallo Beisammen,


    Gibt es einen netten Einführungsartikel zum Berechnen von Schleif-Abtrag bei Optikschliff ?


    Im Video hier gibt wes nur ein paar Sätze.

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    Ich glaube es hatte auch mal Software zur Schleif-Simulation gegeben. Gibt es da aktuelle Updates?

    (Durch die Anpassung vom Peck muss man zwischen schleifen und polieren unterscheiden)


    Clear Skies,

    Gert

  • Durch die Anpassung vom Pech muss man zwischen schleifen und polieren unterscheiden

    In der Fachwelt spricht man nicht von "schleifen" sondern von "läppen".


    Läppen bezeichnet das Abtragen mit losen Schleifmitteln. Schleifen das Abtragen mit gebundenen Schleifmitteln, typisch Schleifpapiere/-Bänder.

    Polieren ist lt. DIN kein eigenständiges Verfahren, allerdings steht hier nicht mehr der Abtrag, sondern nur noch die Glättung im Vordergrund. Man sagt dazu auch Polierläppen. Eine Besonderheit des Polierens ist, dass nicht nur ein Abtrag stattfindet, sondern in Furchen Material durch Umlagerung auch aufgetragen wird (sog. Beilby-Schicht). Das gilt allerdings nicht für Kristalle. Die Beilby-Schicht ist - meines Wissens - immer amorph.


    Die Simulationen für eine Politur ist schwierig. Zwar kann man mit Parameter wie Druck, Kontaktfläche, gegenseitige Flächenbewegung (Tool vs. Rohling) mathematisch recht einfach einen Abtrag berechnen. Aber die Umlagerung ist auch von der Rauheit und weiterer Parameter (Pechzustand, Zusammensetzung Polierpaste usw.) abhängig. Dazu kommt, dass bei Asphären das Polierpech sich ständig selbst verformt (anpasst) und der Abtrag nicht linear anhand obiger Parameter ist. Auch bleiben Aquaplaningeffekte außen vor.


    Sonst könnte man einen Roboter programmieren und die optische Fläche anschließend fertig ungeprüft rausnehmen. In der industriellen Massenfertigung erfolgt das faktisch schon und je kleiner die opt. Fläche, desto einfacher geht es. Da überprüft man letztlich die Form des Tools, das viele optische Flächen gleichzeitig bearbeitet. Stimmt das Tool, müssen die kleinen Linsen auch alle passen. Das Tool wird zwischen den Chargen dann immer wieder gerichtet (auf Form gebracht).

  • Hallo Kalle,


    Sehr interessant 👍 .


    So wie ich es verstehe, könnte man die Bearbeitung mit SiC (Karborund) als brechenden Prozess und als Schliff bezeichnen, die feineren Phasen mit Al2O3 Aluminiumoxid) als Läppen.


    Ich möchte ergänzend noch auf eine Aussage von Mel Bartels zum Polieren hinweisen:

    Beim Polieren spielen zwei Effekte, mechanischer Abtrag und chemische Effekte. Das Glas (das SiO2) wird mit Hilfe des CeO als Katalysator im Wasser gelöst und an anderer Stelle wieder abgelagert. Und das geschieht eben bevorzugt in den zunehmend kleiner werdenden Pits und Riefen. Abtrag ist also immer subtraktiv, der chemische Prozess beides.

    Auch deshalb schafft man es, mit eigentlich einfachen Mitteln solch fantastische Oberflächerauheiten hinzukriegen.


    Allerdings sprechen wir hier von nm, nicht um. Wer also 80er Pits mit Polieren füllen möchte, sei auf einen Cartoon in ATM (1?) verwiesen 😜 .



    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Hallo Gert,


    das ist schon ganz gut in dem Video beschrieben und ja, es ist eben nur Theorie an der Stelle. D.h. wenn man nachmisst, stimmt die Kurve nicht, trotz genauer

    Planung im Vorfeld. Das ist nicht so deterministisch mit den großflächigen auch Blumentools (Petal-Lap). In der Praxis geht es anders, was Aspähren angeht.

    Man arbeitet mit computergesteuerten Minitools. Die vordefinierten Prozessparameter (Poliermittel, Temperatur, Material, Geschwindigkeit, Druck, Poliermittelträger etc...) werden "vernünftig" gewählt. Anschließend poliert man mit dem Minitool eine bestimmte Zeit an Ort und Stelle (Probeglas) und erzeugt so einen Fingerabdruck des Tools (praktische Erprobung des Abtrags, da es zu viele Parameter sind). Im zweiten Schritt ermittelt eine Software einen Vorschlag für einen Weg-Zeit-Plan über die optische Fläche und gibt eine Prognose ab, wie die neue Wellenfront voraussichtlich aussieht. Falls das i.O. ist, geht das in einen Polierroboter, der es abfährt. Es handelt sich aber hier um ein Feinkorrekturverfahren. Ähnlich wie bei "uns" auch, wenn wir mit Minitools noch ein paar Strehlpunkte rauskitzeln wollen. Die Parabel muss also schon ordentlich im Glas sein ehe man damit loslegt. Keinesfalls geeignet, um einen Spiegel zur parabolisieren.


    Deine Frage ist schon spannend. Es ist ja so, dass wir als Amateure inzwischen ja auch viele Leute haben, die sich z.B. mit 3D-Druck gut auskennen. Auch sind solche x-y-z CNC gesteuerten Drucker oder Bauteile hierfür preisgünstig inzwischen erhältlich. Ich halte es schon für möglich, dass das jemand im kleinen mal baut und so die Minitool-Methode auf eine Maschine bringt. Ob man einen 20ig Zoll Spiegel mit 99 Strehl braucht ist eine andere Frage und die Frage, ob man das auch messen kann sowieso, denn das wäre dann nochmal der Dreh- und Angelpunkt.


    Jedenfalls kann man sagen, dass die computergesteuerte Politur von Asphären schon ein Durchbruch in der industriellen Fertigung brachte, was Durchlaufzeiten und Genauigkeit anging. Es würde mich sehr wundern, wenn im ATM das nicht auch ein Fortschritt wäre. Ob es sich "lohnt", kann offen bleiben.


    Schöne Grüße

    Gerhard

  • Gerhard,

    hier meine Überlegungen zu einer Polier-Simulation:


    Ich hatte mal in Excel ein Tool zum Beschichtungsauftrag beim Vakuumbedampfen erstellt; so nebenbei (als Kurt und Kai mit Vakuumbeschichtungen experimentierten). Das war einfache Geometrie, nach der Logik der Berechnung der Leuchtdichte in Abhängigkeit von ein paar Lampen. Im Grunde ein einfaches Superpositionsproblem, wie sich die Helligkeit einerseits im Quadrat der Entfernung verkleinert, anderseits von verschiedenen Lichtquellen addiert. Alu im Vakuum verhält sich auch so, kommt sogar von einer Glühwendel.


    Der Politurabtrag eines Tools verhält sich ähnlich; hmm, ein Ticken komplizierter. In erster Näherung ist es die zurückgelegte Wegstrecke je Flächeneinheit, je Zeitinterval gewichtet mit dem Druck. Für starre Kreisflächen geht das sogar analytisch für Translation- und Rotationsbwegungen (Linearbewegung und Drehung). Die Druckverteilung ergibt sich über die Gewichtskraft, Schwerpunktlage und Hebelgesetze (wenn z.B. ToT das Tool überhängt).

    Selbst ein Pechtool, dass z.B. sternförmig zugeschnitten ist oder aus mehreren Teilflächen (Pads) besteht, lässt sich mit vertretbaren Aufwand modellieren, indem man dies als Overlay für die Druckverteilung (Kontakt, kein Kontakt) abbildet.


    Kompliziert wird es erst bei Asphären, wenn die Pechhaut sich anpassen muss, was ebenfalls über die Druckverteilung geschieht. Aber selbst das lässt sich in Grenzen modellieren, in dem man die Toolform (beim Anpassen das Negativ zur Spiegelform) abhängig von der Druckverteilung/Krafteinwirkung laufend anpasst (sprich als Funktion über die Zeit parametrisiert). Das dürfte nach meinem Bauchgefühl aber erst dann vernünftige Ergebnisse bringen, wenn man die Kräfte auf die Pechhaut über ein Vektorfeld erfasst und daraus ein Fließverhalten des Pechs ableitet. Das geht Richtung FEM-Berechnungen, ähnlich wie Plop die Spiegelverbiegung in der Spiegelzelle berechnet.


    Die Abtragkonstante müsste man experimentell ermitteln. Die schwankt, nach Menge der Poliersuspension, Glassorte, Härte des Pechs usw.

    Gleiches gilt für die Anpassungsfunktion der Toolform.

    Selbst wenn das jemand alles programmiert. Bis der Anwender so ein Softwaretool bedienen kann, hat er sein Teil womöglich schon auspoliert. die Abtragskonstante und die Pechfließkonstante müsste er empirisch für seine Situation ermitteln.

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