Beiträge von tbstein im Thema „NoiseXterminator von Russel Croman - Zeitenwende?“

    Hallo Peter, hallo Jochen,

    ihr liegt falsch mit eurer Annahme, dass in der Astrophotografie ein kleines konstantes Signal in einem umgebenden Rauschen verborgen ist. Das Licht ansich besteht aus Photonen und diese gehorchen einer Poisson-Verteilung. Diese beschreibt, dass bei einer Menge von Photonen, bspw 1000, das dazugehörige Rauschen der Wurzel aus 1000 entspricht, also etwa 31,6Photonen. Dies wird auch als Shot-Noise bezeichnet. Dh, wenn ich ein Pixel habe, welcher mit jeweils 1000Photonen beleuchtet wird, dann schwankt die Anzahl der detektierten Photonen mit einer Standardabweichung von 31,6Photonen um diese 1000, egal was man macht. Dies ist eine grundlegende Eigenschaft des Lichts. Selbst ein idealer Detektor kann daran nichts ändern. Alles was mit Ausleserauschen, thermisches Rauschen, usw. zutun hat, lässt sich minimieren und systematische Fehler bsw. in der Empfindlichkeit der Pixel lassen sich herauskalibrieren. Nur der sogenannte Shot-Noise bleibt und dieser wird nur kleiner, wenn man die Anzahl der detektierten Photonen erhöht, aber auch dann nur mit der Wurzel. Deshalb ist das Rauschen eines gut kalibrierten Astrobildes im besten Falle Shot-Noise dominiert. Und daher gehört auch die Rauschunterdrückung nicht zur Standardbearbeitung in der wissenschaftlichen Astronomie, weil das Rauschen definitiv zum Signal gehört.


    Ich habe mal einige verrauschte Beiträge von mir angehängt, sind halt keine klassischen Pretty-Pictures


    Vg Tino

    Hallo Peter,

    ich habe nochmal deinen Eingangspost und meinen Beitrag gründlich durchgelesen und ich möchte mich für meinen Kommentar "Jedem Tierchen sein Plässierchen" entschuldigen, war nicht so despektierlich gemeint, wie es aufgefasst werden könnte. Andererseits ist es schon ein bisschen schade, dass du mit deinem doch recht reisserischen Eingangspost nur potentielle Anwender und Bekehrte ansprechen möchtest. Das was ich vom Ralf mitbekommen habe, ist, dass er deine Akriebie und deine vorbildlich kalibrierten Bilder, beispielweise für unser M64-Gemeinschaftsprojekt, sehr gelobt hat. Meine Meinung dazu habe ich ja schon oben dargelegt, das ordentlich kalibrierte Bild hat den kompletten Informationsgahalt. Alle weiteren Schritte, wie bspw. Entrauschen, Kontrastanpassungen usw. dienen zur Visualisierung gewisser Teilaspekte und Auffälligkeiten und sind sicherlich für eine Analyse und ansprechende Darstellung absolut notwendig. Ich denke worauf wir uns glaube ich alle einigen können, ist, dass die Softwareanwendung ok ist, wenn hierdurch nicht Strukturen und Informationen generiert werden, welche nicht da sind. Daher wiederhole ich nochmal meinen "technophilosophischer Kommentar", dass der Informationsgehalt eines sauber kalibriertes Bilds nicht gesteigert werden kann, da hier nicht irgend ein mikriges Signal in einem übergestülpten Rauschen verborgen ist, sondern das Signal ist das Rauschen und reale Informationen lassen sich nur dazugewinnen, wenn man die Statistik durch mehr Photonen verbessert.

    Viele Grüße

    Tino

    Hallo in die Runde,

    ein interessantes und kontroverses Thema. Ich möchte meinerseits, wie Ralf, ein Lanze für das Rauschen brechen und auch eingewisses Unbehagen erklären. Das Rauschen hat in der Wissenschaft eigentlich einen ziemlich konkreten Zweck, es definiert die Verlässlichkeit eines Signales. Es gibt diesbezüglich einerseit Rauschquellen, die mit dem Instrumentarium in engem Zusammenhang stehen, was sich meistens beispielweise durch eine sorgfältige Kalibrierung oder Optimierung des Instrumentariums eliminieren lässt und was auch die "echte" Wissenschaft extensiv betreibt. Andererseits gibt es ein "natürliches" Rauschen des Signales, den Photon-Shotnoise. Dieses ist eine inhärente Eigenschaft des Signales und das Signal lässt sich definitiv nicht durch irgendein Rauschunterdrückungsverfahren rekonstruieren. Alle diesbezüglich arbeitenden Algorithmen tricksen, indem sie die Nachbarpixel anschauen und diese für eine wie auch immer geartete Ausgleichsrechung verwenden. Man tauscht also immer Auflösung gegen weniger Rauschen. Natürlich kann man dies zum Hervorheben von speziellen Eigenschaften des Beobachtungsobjektes verwenden. Andererseits kann man bei nicht so schlauer Software Informationen zerstören und auch Strukturen vorgaukeln, welche nicht der Realität entsprechen. Ich denke die "große" Astronomie verzichtet genau aus diesem Grund auf Sofwareentrauschung. Aber jedem Tierchen sein Plässierchen. Und meiner Meinung nach ist "Game-Changer" wohl etwas dick aufgetragen, vielleicht aber auch nicht, wer weiß. ;)

    Vg Tino