M57 Deconvolution

  • Hallo allerseits,


    ich habe an einer meiner letzten Aufnahmen von M57 (02.05.2019) ein paar Versuche mit der Deconvolution durchgeführt. Dazu habe ich die freie Software AstroImageJ verwendet, für welche es ein geniales Plugin mit dem Namen DeconvolutionLab2 gibt. Ich hab mir mal die Mühe gemacht, die unterschiedlichen Algorithmen und Kernel zu testen und die Auswirkungen zu vergleichen.



    Bild1. Animiertes Gif mit der Darstellung der Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Algorithmen (Kernel Gauss, Sigma 4.0). Das Ursprungsbild (MED_20190501_M57_IXON_5MHz_EM300_5.2x_-70grd_0.2s_B1600) ist generiert aus einer LuckyImaging-Kurzbelichtungsserie, Aufnahmezeitraum war ab 02.05.2019 02:00Uhr bis 04:30Uhr mit 9000s Gesamtbelichtungzeit und 0,2s Einzelbelichtungsdauer, hiervon wurden die schärfsten 3000s verwendet. (Teleskop war ein Meade ACF 12" mit 6m Brennweite + Andor EM-CCD + Luminanzfilter)



    Die bekanntesten Algorithmen sind Richardson-Lucy (RL), FISTA, ISTA, Van-Cittert (VC) und Landweber (LW). Meiner Meinung nach ist Richardson-Lucy der beste Kompromiss zwischen Schärfegewinn, Artefakten und korreliertem Hintergrundrauschen. Zu bemerken ist eine längliche Deformation der Sterne in diagonaler Richtung. Diese ist aufgrund der Richtung (in Skychart kontrolliert) sehr wahrscheinlich durch die atmosphärische Dispersion verursacht. Mit Anpassung des Kernels der Deconvolution kann man versuchen diese Deformation zu korrigieren. Siehe hier:




    Bild2. Animiertes Gif mit der Darstellung des Ergebnisses der Deconvolution mit Richardon Lucy und unterschiedlichen Kernels. Direct-Motion-Blur erzeugt definiert langgestreckte Gausskernels, wobei der Ursprungs-Sigma 4.0 beträgt, die Orientierung 320° ist und der Streckungsfaktor variiert wurde.



    Der Königsweg wäre aber natürlich ein passender ADC, welcher die atmosphärische Dispersion möglichst gut korrigiert, siehe auch hier: http://www.astrotreff.de/topic…243460&whichpage=1#842349. Die Sterne (sowie der planetarische Nebel) weisen nämlich wegen ihrer teilweise unterschiedlichen Farbe und aufgrund der atmosphärische Dispersion, unterschiedlich langgestreckte PSFs auf. Dies macht die Deconvolution schon etwas schwieriger.

    Vg Tino


    Ps. Praktisch kann die Deconvolution jedes besseres Astrobildbearbeitungprogramm, insbesondere PixInsight. Ich verwende halt gerne AstroImageJ, da man hier sehr viel selbst einstellen und ausprobieren kann.

  • Hallo Tino,


    ich habe mir mal auf die schnelle dein Ausgangsbild ins PS gezogen und über eine zweite Ebene bei 400% die Elongation korrigiert - das Ergebnis überzeugt mich(!) mehr, als die hier präsentierten Algorithmen, deren internes Werkeln (zumindest für mich) eher undurchschaubar sind. Nachteil meiner Praktik ist natürlich das kaum vermeidbare (aber beherrschbare) unechte walking noise im Hintergrund, dafür gibts aber keine unschönen Halos/Ringe :).


    viele Grüße - Ronald

  • Hallo Ralf,
    gerne, das Originalbild mit 16bit liegt hier zur Bearbeitung bereit ;) https://drive.google.com/open?…yl54ZXjphXjRRZMn7rlA1R5RV
    Ich finde übrigens die Implemetierung der Deconvolution in Fitswork sehr gelungen, man kommt sehr schnell zu einem ansehlichen Ergebnis.


    Hallo Ronald, die PS-Variante funktioniert sicherlich auch sehr gut. Der Charme an solch einem Deconvolution-Algorithmus ist aber, dass hier eine definierte Bildrekonstruktion erfolgen soll. Ich habe beispielweise ein optisches System und kann mir die PSF ausrechnen. Ein mit diesem optischen System aufgenommenes Bild (viele überlagerte PSFs) soll möglichst auf das Ursprungsbild zurückgerechnet werden, was die Deconvolution mit Hilfe der bekannten PSF eigentlich idealerweise können sollte. Leider macht das Rauschen einen Strich durch die Rechnung, sodass das Rückwärtsrechnen leider nur iterativ, bzw. häppchenweise und zusätzlich nur ungenau klappt. Die verschiedenen Algorithmen versuchen nun auf unterschiedlich Weise das Rauschen handzuhaben. Insgesamt aber ein mathematisch/physikalisch korrekter Vorgang, welcher auch keinerlei Zauberei beinhaltet und nachvollziehbar ist. Dies finde ich persönlich für Astrobilder wichtig.
    Vg Tino

  • Hallo Tino,


    grundsätzlich haue ich schon mal etwas kräftiger in die Tasten, hier habe ich es zu Demozwecken noch mal etwas mehr gemacht.



    Um in den flächigen Bereichen etwas heraus zu holen bin ich mit der iterativen PSF-Schärfung sehr zufrieden. Dumm nur, dass die Sterne so hässliche Artefakte bekommen. Das Problem tritt aber nur auf, wenn sie in die Sättigung geraten. Ich weiß ja nicht, wie "korrekt" so ein Algorithmus sein muss, aber das, was ich hier in 2 Schritten gemacht habe könnte natürlich auch in die Decon-Berechnung mit einfließen. Ich habe "gesagt": suche alles was 100% weiß ist, erweitere die Umgebung (Wert einstellbar) und ersetze die Fläche durch das Original bzw. verringere dort die Intensität des Prozesses. Wen auch jetzt hier ein wenig zu stark, so einen Weg wähle ich fast immer.



    Ich vermute aber mal, dir geht es gar nicht um Pretty Picture, sondern um die Mathematik hinter der Deconvolution.
    Hast du nicht Lust (und die Fähigkeit dazu) so einen Filter mal selbst du entwickeln? Die Vorgabe wäre dann, bitte keine schei … Sterne :)
    Viele Grüße,
    ralf

  • Hallo Tino,


    deconvolution ist mir schon geläufig - was mich aber bisher immer von deren Nutzung abhält: Bei theoretisch optimaler Rückrechnung der Bildfehler sollten ja, für das eingesetzte optische System, optimale Sternabbildungen das Ergebnis sein - und auch optimale Abbildung flächiger Objekte. Und genau Das habe ich noch nicht funktionierend hinbekommen - entweder Sterne oder Flächenobjekte - ähnlich Ralfs Ergebnissen. Ergo - man bedient sich wieder Masken etc. - wodurch der Deconv-Prozess ja ebend nicht mehr "definiert" ist.
    Und spätestens, wenn sich helle Sterne in/über Flächenobjekten befinden, gibts entweder deutliche Artefakte, oder der Korrekturstempel wird dann doch aktiviert...
    Aber vllt. habe ich bisher einfach noch nicht das goldene Händchen für die Deconv-Parametrierung gehabt....


    Ronald

  • Hallo Ralf, hallo Roland,


    entschuldigt meine späte Rückmeldung, hatte wenig Zeit die letzte Woche.
    Ein Pretty-Picture ist nicht unbedingt das Ziel, ich versuche aber so viel wie möglich reale Strukturen aus dem Bild herauszuholen. Ich denke zumindest in diesem Punkt sind sich alle Astrophotografen einig.
    Leider sind meine Programmierkenntnisse bezüglich Deconvolution nicht gut genug, um hier was Eigenes zu entwickeln. Alle von mir ausprobierten Algorithmen haben zwei Probleme, einerseits die Verstärkung des korrelierten Rauschens im Hintergrund und das "Ringing" an den hellen Sternen.
    Das Letztere ist meist problematisch, da es nicht so einfach korrigiert werden kann (den Hintergrund kann man im Zweifelsfall einfach glätten). Warum das "Ringing" praktisch auch dann auftritt, selbst wenn man die PSF direkt vom Stern extrahiert, ist mir nicht ganz klar. Ist wahrscheinlich ein Problem der iterativen Vorgehensweise, oder vllt. der angewendeten Fouriertransformation.
    Ich habe noch ein bisschen mit Fitswork probiert und bin immer mehr überzeugt vom implementierten Deconvolutionsalgorithmus (Iterativ-Gauss und PSF). Hier werden die Probleme mit der Verstärkung des Hintergrundrauschens über eine Schwarzschwelle umgangen, und das Ringing wird mit einer Umgebungsschwelle unterdrückt. Praktisch handelt es sich hierbei um eine Ebenenmaskierung mit angepassten Schwellwerten. Zu bemerken ist, dass man trotzdem nur eine Verbesserung der Schärfe bis zu einem bestimmten Punkt erreicht, ohne dass die Deconvolution-Artefakte überhand nehmen. Wenn man trotzdem die Schärfe weiter steigern will, muss man die Problemsterne wohl akzeptieren oder eben retuschieren. An flächigen Objekten ist es schon erstaunlich, was da noch geht (wenn man es übertreibt). Die hellen Sterne sind zwar definitiv hinüber, aber der Nebel zeigt erstaunlich Struktur.



    Bild1. Gif-Animation Deconvolution im Fitswork, M57 ()
    Frame1: Original (Belichtungszeit erweitert diesmal 1h40m, 30000Bilder (a 0,2s) von insgesamt 45000. Verwendungsrate 66%
    Frame2: Fitswork IterativPSF 30Iterationen, Stärke0.6;
    Frame3: Fitswork IterativPSF 30Iterationen, Stärke0.6 + zusätzliche Deconvolution (neue geschärfte PSF + 5Iterationen, Stärke0.6)

    Aber an deine Referenz, Ralf http://www.astrotreff.de/topic…HIVE=true&TOPIC_ID=188962 komme ich wohl knapp noch nicht heran ;).


    Viele Grüße
    Tino


    p.s. Vllt. auch nochmal der Hinweis, dass man die atmosphärische Refraktion in der Luminanzaufnahme schon ganz gut erkennen kann (Sterne sind diagonal etwa Faktor 1,2 gestreckt), obwohl das Objekt bereits relativ hoch stand (~60°).


    Änderung:
    Link zum Original hinzugefügt: https://drive.google.com/open?…MlEvi90TBGAUCxVzrwvmWebPu

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