Servus Jan,
es ist schwierig die richtigen Formulierungen zu finden. Immer die richtigen Worte zu wählen ist als Laie nicht einfach und kann "fatal" sein.
nein, fatal ist da zum Glück gar nichts. Ich fürchte aber eben, dass es nicht nur um da wirklich lösbare nicht die richtigen Worte Finden geht. Es geht, denke ich, um etwas ganz Prinzipielles:
Die ART und SRT sind beide vielfach durch Experimente bewiesen worden. Dass die Masse die theoretische (weil das wirklich nie einer nachweisen konnte) Raumzeitkrümmung verursacht und das Phänomen Gravitation genannt wird, das weis ich.
Genau das ist nicht der Fall. Die ART und SRT sind nicht bewiesen. Und mir geht es da nicht um reine Semantik, sondern um das Grundprinzip der Betrachtung an sich. Alle bisher experimentell oder durch Beobachtungen geprüften Voraussagen der ART und SRT haben sich bestätigen lassen. Manche noch nicht (z. B. magnetische Monopole, jedenfalls nicht eindeutig genug). Aber selbst wenn alle(!) Voraussagen experimentell (das inkludiert Beobachtungen) bestätigbar wären, wäre das kein Beweis für die Richtigkeit der Theorie.
Diesen Denkfehler hat die Menschheit immer wieder gemacht (bzw. einige Menschen). Nachdem die Newton-Mechanik so unfassbar viel vorhersagen ließ, kam man auf die Idee, dass. würde man die genauen Aufenthaltsorte aller Teilchen kennen und zudem ihre Impulse, dann ließe sich alles vorausberechnen, also z. B. auch, was Lebewesen irgendwann mal entscheiden werden, Man ging davon aus, dass Newtons Gesetze "bewiesen" wären, dass sie "Fakt" seien. Sind sie aber eben nicht. Letzten Endes hat Einstein (und z. B. Maxwell Lorentz - den meinte ich, hatte mich verschrieben) die Newtonmechanik erweitert.
Es kann auch sein, dass die ART und auch die SRT angepasst, erweitert werden müssen. Es kann auch sein, dass die Hintergründe, warum sich die Natur so verhält, ganz andere sein können und die ART und SRT nur sehr ähnliche Ergebnisse liefern, aber eben irgendwelche andere Phänomene, die wir jetzt noch nicht kennen, deshalb nicht erklären können. Ptolemaeus Idee der Epizyklenbahnen waren wunderbar und hatten sehr genau die Bahn der Planeten vorhergesagt. Kepler war aber etwas genauer mit seiner heliozentrischen Sicht und Ellipsen. Und Kepler und die Newtonmechanik waren schon sehr gut durch Beobachtung bestätigt, aber die Wanderung der Knotenpunkte der Merkurbahn konnten sie nicht vorhersagen. Das geht erst durch die Relativitätstheorie. Dennoch muss sie eben nicht stimmen. Sie ist nicht bewiesen und sie kann auch gar nicht bewiesen werden.
Die Erkenntnis, dass in den Naturwissenschaften nichts beweisbar ist, ist wirklich fundamental wichtig. Und leider verstehen das nur sehr wenige "Nicht-Wissenschaftler". Das ist auch gesellschaftspolitisch hochgradig relevant. Es kann z. B. nicht bewiesen werden, ob eine Straftat vom Verdächtigen begangen wurde. Man kann nur sehr plausibel machen, dass der Verdächtige es war und verurteilt ihn deshalb. Und auch da wird dann behauptet, dass bewiesen sei, dass er der Täter war.
Die Quantenmechanik lässt sehr vieles vorhersagen, was im Kleinsten stattfindet, dabei ist die Quantenmechanik selbst mehr oder weniger geraten. Ebenso wie Maxwell eine seiner vier Gleichungen mehr oder weniger erraten hat. Die Folgerungen aus dem "was wäre, wenn" passten aber zu den Beobachtungen, also hat man es beibehalten. Und gerade die Quantenelektrodynamik ist sehr exakt in der Übereinstimmung der Vorhersagen mit den Beobachtungen. Aber auch da ist nichts bewiesen.
Und nach meinem Kennnisstand ist es noch nicht gelungen, die Quantenphysik und die ART zusammenzubringen. Warum also soll dann eines von beiden "bewiesen" sein?
Wenn es aber im Prinzip, zumindest zur heutigen Zeit, niemanden möglich ist in dem Bereich Experimente durchzuführen, so bleibt ja nur die Fantasie.
Das stimmt ja so nicht. Es gibt sehr viele Experimente und/oder Beobachtungen, die auch in den komplexesten Bereichen der Physik gemacht werden. Und ja, es gibt Theorien, die (noch) nicht experimentell überprüfbar sind. Bei der ART waren / sind Teile ja auch noch nicht überprüfbar. Dennoch fußen selbst so exotische Theorien wie z. B. die Stringtheorie auf Beobachtungen und Experimenten. Sie wurden/werden entwickelt, um in den Bereichen, die mit den damaligen/heutigen Ansätzen nicht sauber, sonder nur mit Verrenkungen erklärbar sind, bessere Lösungen zu finden. Die Idee, dass der "Teilchenzoo" nur Anregungsstufen von schwingenden Bänderchen sind, ist cool. Deshalb kann das aber durchaus falsch sein. Nur war es kein reiner Schuss ins Blaue.
Man muss aber auch mal so ins Blaue spekulieren dürfen. Die Trefferquote steigt da aber mit dem Vorwissen (und der Vernetzung - Einsteins damalige Frau war eine hervorragende Mathematikerin...). Die pure theoretische Physik macht das ja so: mal wird geraten (Quantenmechanik), mal wird nur ein bisserl spekuliert... aber dann werden direkt aus den Überlegungen heraus, aus den Schüssens ind Blaue, Vorhersagen gemacht. Und es wird geprüft, ob diese neue(n) Idee(n) sich irgendwo mit den bisherigen Beobachtungen beißen. Man versucht also, sie zu falsifizieren. Ist das nicht möglich, sprich erklären sie das heute Bekannte auch, dan lohnt es sich, die Vorhersagen zu prüfen, die sie machen, die noch nicht experimentell überprüfbar sind (Beispiel Stringtheorie - um Sondereffekte zu prüfen, die die Theorie vorhersagt, muss man sehr teure, energiereiche Experimente machen). Dafür gibt es dann CERN und Konsorten.
Servus Norman,
Christophs Erläuterungen und Warnungen teile ich vollkommen,bis auf einen Punkt:
Tatsächlich bieten Gedankenexperimente Chancen von neuen Erklärungsansätzen, und haben einen gewissen Wert,auch wenn man ggf. etwas vorab postuliert,was noch fragwürdig erscheint. Deshalb ist es ja ein Experiment. Um zu sehen was bei rauskommt,wenn man dieses und jenes vorher annimmt.
M. E. braucht es hier nicht zwingend eine akademische Vorbildung. Zwar hatte Einstein mit 16 Jahren schon eine gewisse Vorbildung,aber sicher nicht in dem Umfang wie hier vielleicht vorausgesetzt. Damals kam ihm die Frage, was wäre,wenn man auf einem Lichtstrahl reiten würde?
ich fürchte, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Gerade Gedankenexperimente sind ein sehr wichtiges Tool. Und nicht nur in der Physik. Sie basieren aber eben auch auf dem Vorwissen. Wenn Einstein sich mit 16 vorgestellt hat, wie es wäre, auf einem Lichtstrahl zu reiten, kann das sehr wertvoll sein, natürlich. Und die Idee, dass sich der Raum / die Raumzeit ändern muss, damit das Licht seine Geschwindigkeit im Raum immer erhält, war einfach nur genial. Und um auf sowas zu kommen, muss man sich auch mal ins das Licht versetzen (wie fühlt man sich als Photon?). Einstein war aber intellektuell wirklich genial (und sehr gut in der Schule). Und seine Theorie hatte er ja auch erst später entwickelt, als er passende Vorkenntnisse hatte. Dafür konnte er mit der Quantenphysik nichts anfangen und ist da quasi ausgestiegen.
Ich habe auch keinen Akedemikerdünkel. Ein Freund von mir hat "nur" einen Qualifizierten Hauptschulabschluss, ist aber später in seiner Freizeit ein Forscher geworden und publiziert auch in peer reviewed Journals. Er hätte meines Erachtens einen Ehrendoktor verdient oder zumindest einen Preis der Akademie für Wissenschaften. Im Moment wird er etwas ausgebremst, da in seinem Forschungsbereich neue, teure Methoden hinzugekommen sind, die er selber als Amateur nicht nutzen kann. Er hat sich aber auch hier in die Theorie eingearbeitet und ist nur in Wartestellung.
Ich kenne also selber Beispiele für wertvolle Forschung ohne akdamischen Hintergrund. Interessant finde ich aber, dass er den Ansatz der Wissenschaftlichkeit an sich sofort verstanden hatte. Und der Sprung ist offenbar erstmal schwierig. Hat man das geschafft, dann kennt man die Methodik, wie man seine eigenen Ideen vorprüft und hat eher ein Gefühl dafür, wo es sich lohnt, wirklich tiefer den Ideen nachzugehen.
Deshalb gehe ich auch relativ wenig auf die genauen Hintergründe ein, die Jans Gedanken betreffen (zumal ich da ja selber fachlich zu schwach bin), sondern die Grundlagen anspreche: Keine Axiome aufstellen, keine unzulässigen Umkehrschlüsse, sich bewusst zu sein, dass Modelle Fehlvorstellungen erzeugen (und zwar alle).
Ich verstehe ja "nicht einmal", was ein Teilchen ist. Ich denke eher, dass es gar keine Teilchen gibt, sondern Materie eine Form besitzt, die eben unter bestimmten Umständen Teilchencharakter zeigt, aber eben dennoch nicht aus Teilchen besteht. Materie ist für mich auch keine Welle, hat aber eben auch Welleneigenschaften. Und der Übergang vom Hamilton-Operator der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik überzeugt mich nicht, aber sie lässt halt sehr viel berechnen... Kurz gesagt: ich habe gar kein passendes Bild vor Augen. Und hätte ich eines, wäre es sicherlich schräg, falsch usw.
Und wenn nur dadurch,dass eine vermeintliche absurde Idee jemanden auf ein vergleichbares Modell oder Element eines solchen bringt,welches dann tatsächlich weiteren Prüfungen standhält.
Würde ich mit einem Physiker / einer Physikerin, der/die aktuell hieran forscht, über seine/ihre Forschung diskutieren und käme ich dabei nur ansatzweise mit, worüber er/sie redet, dann könnte ich mir theoretisch vorstellen, dass der oder die Forscher/-in irgendwelche Ideen, die ich dazu hätte, aufgreifen könnte oder auch direkt verwerfen könnte - es wäre aber die Leistung der Physikerin / des Physikers und ich wäre dann quasi nur eine Art "Muse". Denn mir würde ja völlig der Filter fehlen, welche Bilder sinnvoll und welche einfach nur hahnebüchen wären.
Fächerübergreifende Zusammenarbeit kann da durchaus helfen. Ich denke da an die Idee aus "Big Bang Theory", dass eine Neurobiologin einem Physiker hilft und sie gemeinsam den Nobelpreis gewinnen. War ne nette Idee und witzig aufbereitet. Aber auch das ginge ja nur durch die Kooperation beider. Ich glaube nicht, dass man ohne entsprechende tiefere Vorbildung und ohne Grundkenntnisse von Wissenschaft an sich einen großen Wurf machen kann. Interessant, über solche Themen nachzudenken, ist es aber immer. Der Mehrgewinn liegt aber in der Diskussion und dem Nachdenken an sich, nicht am Ergebnis der Überlegungen. Glaube ich jedenfalls ;-).
Liebe Grüße euch beiden,
Christoph