Beiträge von astrometer im Thema „Zeigt her Eure... M42-Bilder (oder: "Wie wird mein Orion gut?") :-)“

    Hallo Carsten,


    drei wunderschöne Bilder, die Du uns hier zeigst. Für mich ist das erste trotz des nahezu überstrahlten Zentrums das bisher schönste in diesem Thread. Es ist eine gelungene Kombination aus einer Helligkeitsverteilung, die dem visuellen Eindruck nahe kommt und den nur fotografisch erfassbaren Nebeldetails. Der Hintergrund ist neutral, die Sternfarben stimmen, die Schärfe ist tadellos.


    Die Kombination mit dem Ha-Bild zeigt eindrucksvoll den im sichtbaren Licht weitgehend verborgenen, ausgedehnten Nebelkomplex, in den M43/43 eingebunden ist. Ganz ähnliche Strukturen umgeben auch die Plejaden. Beide ohne Schmalbandfilter zu erfassen, gelingt wohl nur bei extrem guter Transparenz, fern von jedem Störlicht und mit vielen Stunden Belichtungszeit. Im Ergebnis erscheinen sie dann braun bis grau. Dass sie bei Deinem Bild derart leuchtend rot bis orange sind, hat mich – bei aller Schönheit der Strukturen – etwas irritiert. Ist das alles denn tatsächlich Wassserstoff, oder doch eher Staub? Das sind so die Unsicherheiten, denen man als Bildbearbeiter ausgesetzt ist und die man nur mit einer gründlichen Recherche klären könnte.


    CS, Jörg

    Hallo Marco,


    es gibt leider keine verbindlichen Farbvorgaben für DSO. Nicht nur, weil wir visuell nur an sehr großen Instrumenten Farben wahrnehmen können, sondern auch, weil die Farben, die wir sehen, von der spektralen Empfindlichkeit unserer Augen abhängen. Würde es dazu kommen, dass die Besucher einer anderen Welt uns besuchen, würden sie unsere Farben mit großer Wahrscheinlichkeit ganz anders wahrnehmen.

    Natürlich bearbeiten wir unsere Astrofotos für uns und nicht für die Augen fiktiver Aliens. Doch die spektrale Empfindlichkeit unserer Sehorgane unterscheidet sich auch von der unserer Kameras, was diese irgendwie zu Alienaugen macht. Unsere Kamera sehen in der Regel infrarot, und mit Filtern sparen wir besonders lichtverschmutzte Bereiche des Spektrums aus. Wie man das nicht nur irgendwie, sondern wissenschaftlich sinnvoll und reproduzierbar konvertiert, ist die große Frage. Hier gilt, was Ralf (03sec) über Stern- und Nebelfarben gesagt hat. Auch sollte der Himmelshintergrund (sofern nicht ein schwaches Wasserstoffglimmen darüber liegt) neutral grau bzw. an den dunkelsten Stellen schwarz sein. Doch alles andere ist wirklich Geschmackssache.


    CS, Jörg

    Soweit meine 2 Cent…

    …die aber sehr viel Wahres enthalten, Ralf. Auch ich verbringe mindestens genau so viel Zeit mit der EBV wie für die Aufnahme, lasse es jedoch nach der ersten oder zweiten Bearbeitung gut sein. Schließlich hab ich mein ganzes Arbeitsleben an Schreibtischen und hinter Computern verbracht. Da besteht eine gewisse Sättigung, und ich kann alle gut verstehen, die den EBV-Aufwand möglichst gering halten wollen.


    Andererseits ist die EBV ein klassischer learning-by-doing-Bereich. Das heißt, es muss Zeit investiert werden, denn von nix kommt nix. Ich bin deshalb dankbar, dass ich meine Photoshop-Kenntnisse über fast 20 Jahre im Beruf sammeln konnte. Dadurch geht heute vieles schnell und intuitiv, wozu ich früher erst Anleitungen lesen, verstehen und oft über mehrere Ecken umsetzen musste.


    Und was Du über Stern- und Nebelfarben gesagt hast, sollte selbstverständlich sein. Da hilft in den meisten Fällen schon ein ordentlicher Weißabgleich weiter.


    CS, Jörg

    Hallo Jochen (JogiNet),


    Danke für Deine freundlichen Worte und Dein Abo meines YT-Kanals. Material für neue Videos ist genug in der Pipeline. Aber das dauert noch, erst muss ich mal die Filme von der Marsopposition 2020 bearbeiten.


    Wie so oft von mir gesagt, ein reines persönliches Empfinden bzw.

    meine Sicht auf Astrofotos

    Hallo Marco,


    genau so empfinde ich es auch. Beim Orionnebel besteht zudem die Schwierigkeit darin, die großen Helligkeitsunterschiede auszugleichen, um äußere und innere Strukturen in einem Bild zeigen zu können. Das geht nur, wenn man mehrere Summenbilder mit unterschiedlichen Belichtungszeiten kombiniert. Die dafür nötige EBV ist ziemlich komplex und bietet viele Möglichkeiten an den Reglern zu stellen. Wenn man den Prozess mehrmals hintereinander durchspielt und dabei nicht jede Einstellung zahlengenau dokumentiert, sondern auf Sicht vorgeht, werden die Endergebnisse nie völlig identisch sein. Die Unterschiede sind möglicherweise um so größer, je mehr das Ausgangsmaterial nach einer Verbesserung verlangt. Wenn beispielsweise das Signal-zu-Rauschverhältnis der am längsten belichteten Aufnahmen in den schwachen Randbereichen wegen des Störlichts relativ klein ist, muss man stärker stretchen. Das wirkt sich dann negativ aus, wenn die kürzeren Belichtungen ein günstigeres Rauschverhältnis haben.

    Wenn man dann ein Bild zusammengefügt hat, dass keinen ausgebrannten Nebelkern mehr zeigt, hat man sich schon längst vom natürlichen Bildeindruck verabschiedet. Die Strukturen in den Randbereichen sind dann eigentlich auch nicht mehr mit denen im Zentrum vergleichbar. Das Bild ist streng genommen kein Abbild der Realität mehr, sondern eine von der Subjektivität, Intuition und Erfahrung des Bearbeiters bestimmte Interpretation.

    Es kommt letztlich darauf an, was einem wichtig ist. Nimmt man den visuellen Eindruck im Teleskop als Vorbild, wird das Bild ganz anders aussehen, als wenn man vielleicht gar nicht visuell beobachtet, gleich mit der Astrofotografie angefangen hat und nur die sehr verschieden bearbeiteten Bilder aus dem Netz und aus Büchern kennt. Der visuelle Look ist auch deshalb so schwer hinzubekommen, weil sich Auge und Kamera in ihrer Funktionsweise (noch!) grundsätzlich von einander unterscheiden. Klar, das Auge funktioniert in erster Näherung wie eine Kamera, doch die Netzhaut deutlich anders als ein Kamerasensor. Außerdem würde man viel gewonnene Information verschenken, wenn nur der visuelle Eindruck das Ziel ist.

    Also wird versucht, mit den zusätzlich gewonnenen Informationen etwas anzufangen. Das Ergebnis sind pretty pictures. Ihr Aussehen wird bestimmt vom persönlichen Geschmack, dem Zeitgeist sowie guten und nicht ganz so guten Vorbildern.

    Nun aber Schluss, ich fange an mich zu wiederholen. Und ich möchte das alles bitte nur als Denkanstöße verstanden wissen, die auch längst nicht vollständig sind.

    Also, Marco, Du hast völlig recht, hier geht es viel zu sehr um persönliches Empfinden, als dass man irgendwelche Wertungen abgeben könnte.


    CS, Jörg