Beiträge von MartinB im Thema „Kosmos des Antikythera-Mechanismus enträtselt“

    Hallo!


    Ich denke inzwischen, weder war das Gerät ein unvorstellbar genial konstruierter funktionstüchtiger Gebrauchsgegenstand oder gar "Computer aus der Antike", (der damit beweist, dass es schon damals eine verbreitete, aber bisher völlig unbekannte Hochtechnologie gab, über die wir nur nichts wissen und die schlagartig verloren ging), noch war der Apparat ein moderneres Konstrukt viel späterer Zeiten, der auf kruden Wegen an diese Wrackfundstelle gelangte und später viele nur an der Nase herumführte. Ich glaube, nach den anregenden Beiträgen hier, die eine weitere interessante Recherche im Netz zur Folge hatte, inzwischen, dass die Wahrheit - wie so oft - irgendwo dazwischen liegen dürfte und deshalb auch nicht ganz so spektakulär ausfällt, wie es hin und wieder den Anschein hat (oder haben soll). Die genannten Extrempositionen sind vermutlich unangemessen und zwei zu stark eingeschränkten Blickwinkeln aus heutiger Zeit heraus geschuldet. Wobei in beiden Fällen das "Licht" vermutlich zu grell eingestellt ist... Dimmt man es etwas runter und dreht die Angelegenheit mal langsam hin und her, erkennt man wahrscheinlich eher, was Sache gewsesen sein könnte. Ein Teil der Erkenntnis zur Stellung und Bedeutung dieses Apparats bestünde dann in der Einsicht, dass früher manches zwar anders war, (was wir schon immer wussten), aber doch auf eine andere Weise, als die meisten es sich heute vorstellen - oder wolllen oder können.....

    Hallo Mathias,


    Seit ein paar Tagen schon wollte ich mich an dieser Diskussion beteiligen, aber Du hast mir nun durch diesen Beitrag die Arbeit weitgehend abgenommen.

    Deine Einschätzung, dass es sich wohl eher um ein Statussymbol oder Spielzeug für einen reichen Mäzen gehandelt haben könnte als um einen praktisch genutzten Apparat, teile ich zu 100% und spare mir deshalb einen ausführlichen eigenen Kommentar.

    Kannst Du eine Quelle zum Thema metallurgische Untersuchungen nennen? Bisher hatte ich dazu noch nichts gefunden, aber ich hab bisher auch nur oberflächlich gesucht.


    Den Mechanismus von Antikythera ist insofern etwas ganz Besonderes, weil er praktisch das gesamte astronomische Wissen seiner Zeit zum Thema wiederkehrende Himmelserscheinungen in einem mechanischen Konstrukt vereinigte. Ihn deshalb als Computer zu bezeichnen, finde ich trotzdem etwas übertrieben. Die einzige mögliche Eingabe war mit Hilfe einer Kurbel möglich, um in der Zeit vorwärts oder rückwärts zu gehen. Entscheidender Nachteil ist, dass man sehr weit kurbeln muss, um vergangene oder zukünftige Konstellationen abzulesen. Ständiges Hin- und Herkurbeln dürfte mit dem weniger als perfekten Mechanismus auf Dauer nicht viel Spaß gemacht haben.

    Die Lagerungen der beweglichen Teile waren ja ziemlich einfach gehalten und hatten insgesamt mit Sicherheit ziemlich viel Reibung. Die ganze Konstruktion war anscheinend auch nicht sehr zugänglich für Reinigung und neues Ölen oder Fetten zur Verringerung der Reibung.

    Einen echten praktischen Nutzen hatte der Apparat auf Dauer vermutlich nicht. Ein Gelehrter mit entsprechenden Kenntnissen konnte wahrscheinlich die benötigten Rechnungen für ein bestimmtes Datum fast so schnell ausführen wie das Vor- und Zurückkurbeln an dem Apparat gedauert hätte.


    Sehr interessant finde ich den Rekonstruktionsversuch auf dem Youtube-Kanal "Clickspring". Da wird sehr ausführlich ein Nachbau beschrieben, bei dem aber die Planetengetriebe noch fehlen, weil ihr Aufbau bisher zu unklar war. Auch wenn viele Teile vor allem aus Zeitgründen mit moderner Drehbank und Fräse hergestellt wurden, wird sehr ausführlich auf handwerkliche Fertigung mit zur damaligen Zeit wahrscheinlich verfügbaren Werkzeugen eingegangen.


    Dass heute kaum technische Artefakte aus der damaligen Zeit existieren, liegt nach meiner Einschätzung auch daran, dass Gegenstände aus Metall nach Ende ihere Gebrauchsdauer niemals weggeworfen wurden, sondern ihr Material wurde zu 100% recycelt, d.h. eingeschmolzen und neue Werkzeuge oder Gebrauchsgegenstände daraus hergestellt. Das unterscheidet sie z.B. von gebrochenen Tongefäßen, die heute noch im Boden auffindbar sind, oder Holzwerkzeugen, die fast alle vollständig verrottet sind oder schon am Ende ihrer Gebrauchsdauer in kalten Nächten thermisch verwertet wurden. Hätte ein nennenswerter Teil der Holzwerkzeuge bis heute überdauert, hieße die Steinzeit heute sonst sicher Holzzeit.

    Man müsste mal drüber nachdenken, was wohl in 2000 Jahren noch von heutiger Technologie übrig sein wird, und von den Inhalten heutiger Datenträger.


    Gruß,

    Martin