Beiträge von Chertan im Thema „Astronomieaufgabe im Physikabitur Bayern“

    Schön, dass mein Beitrag nach einigen Wochen oder Monaten dann doch noch auftaucht. Dachte schon der wäre nach dem etwas länger dauernden Verfassen im Nirvana gelandet. Soll ab und an ja vorkommen.


    Da ich mich mit Martins Argumentation überhaupt nicht anfreunden kann, habe ich ein bisschen recherchiert: https://www.km.bayern.de/epape…downloads/publication.pdf ist über Abi 2020, aber sollte auf den relevanten Seiten 9 und 26 mit den letzten Jahren identisch sein.
    In Deutsch und Mathe sind in Bayern schriftliche Prüfungen Pflicht.
    Gemäß der Stundentafel bleiben 8 zusätzlich zu belegende Fächer übrig (vielleicht mag es hier noch irgendwelche Ausnahmen geben, also +-1), von denen 3 geprüft werden. Von diesen 3 Prüfungen ist nur eine schriftlich, 2 also mündlich.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schüler, der Physik belegt, sich auch in Physik prüfen lassen möchte, ist also im Mittel 1/8.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Prüfung dann eine schriftliche ist, beträgt 1/3.
    Insgesamt ergibt sich also eine Wahrscheinlichkeit von 1/24, dass ein Schüler, der Physik belegt, sich in Physik schriftlich prüfen lässt.
    Zu 1/20 ist es dann nicht mehr sehr weit; damit relativiert sich die ganze Angelegenheit schon deutlich!
    Physik wird also heute immer noch etwas überdurchschnittlich oft als schriftliches Prüfungsfach gewählt. Vielleicht ist also die naheliegendere Fragestellung, weshalb in der Vergangenheit noch häufiger als heute und als naiv erwartet, Physik als schriftliches Prüfungsfach gewählt wurde; anstatt nach Gründen zu suchen, weshalb die Quote bloß von Jahr zu Jahr sinkt. Diese nähert sich ja nur dem zu erwartenden Mittelwert!


    Zur Diskrepanz von Jahresfortgangsnoten und Noten im schriftlichen Physikabitur:
    Das klingt fast wie ein Naturgesetz und somit nicht zu ändern. Man könnte hier auch zu dem Schluss kommen, dass die Vorbereitung der Lehrkraft auf die Abschlussprüfung noch zu verbessern ist. Ich weiß nicht wie üblich das unter Lehrern ist (möglicherweise sogar verpönt) und mit G8 mag nun weniger Zeit dafür zur Verfügung stehen, aber unser Physik-Tutor hat uns gerne mal mit Aufgaben aus dem bayrischen Abitur versorgt, soweit das thematisch gerade passte und vielleicht auch nicht gerade als Hausaufgabe zur nächsten Stunde. Mittlerweile sind die Aufgaben ja auch mühelos im Netz zu finden. Hier könnte man also kurz auf solche Aufgabenstellungen und Anforderungen an deren Beantwortung eingehen. Ich habe leider keinerlei Erfahrung beim Korrigieren von schriftlichen Abiturprüfungen, vermute aber dass der Lehrkraft Lösungen zur Verfügung stehen und dort nicht nur Ergebnisse von Berechnungen stehen, sondern auch Bewertungsmaßstäbe für genau solche Aufgaben. Damit hat sich das Problem dann erledigt (wenn es denn beim Blick auf die zu vergebenden Punkte in der Prüfungssituation überhaupt eins ist).


    Edit (die Verzögerung hier im Schulforum hat auch ihr Gutes [;)]):
    Schade, die Zahlen schienen so schön zu passen, aber bei den oben genannten Wahrscheinlichkeiten hat sich ein Fehler eingeschlichen. [:D] Es stehen den Schülern nicht 8 Fächer zur freien Auswahl bzgl. Prüfungen. Wenn man Physik belegt, landet man in einem Block mit 4 Fächern. Das würde dann die Prüfwahrscheinlichkeit von 1/8 auf 1/4 erhöhen.
    Damit ist die Wahrscheinlichkeit einer schriftlichen Prüfung in Physik nicht 1/24, sondern mindestens 1/12.
    Mich würde jetzt interessieren, ob die höheren Zahlen von 2011 (wie hoch war die Quote überhaupt damals?) ein einmaliges Ereignis waren; die Zahlen ab 2012 also schon auf einem ähnlichen Niveau wie heute liegen. Und natürlich ob die Zahlen der schriftlichen Physikprüfungen aus 2010 über- oder unterdurchschnittlich sind. Dass Bio oder Chemie ganz allgemein beliebtere schriftliche Prüfungsfächer sind, könnte ich mir schon vorstellen.


    Ich bleibe dabei: Dass sich eine nennenswerte Anzahl Schüler, die prinzipiell Interesse an einer schriftlichen Prüfung im Fach Physik haben, wegen solch einer Aufgabe ihre Wahl überdenken, halte ich für vollkommen abwegig.
    Dass sich diejenigen Schüler, die sich eine schriftliche Prüfung in Physik oder in Kunst, Musik oder Sport vorstellen können, und wegen der zusätzlichen Wochenstunden schon in der 10. Klasse ihr schriftliches Prüfungsfach verbindlich festlegen müssen, sich überhaupt mit Abituraufgaben der 12. Klasse beschäftigen und dort wiederum auf allerlei noch unbekannte Themen stoßen, sich dann aber nur wegen einer solchen Aufgabe für eine schriftliche Prüfung in Kunst, Musik oder Sport entscheiden, halte ich ebenfalls für nahezu ausgeschlossen.
    Kommt man als Schüler überhaupt an solche Statistiken mit den schlechteren Prüfungsnoten heran oder soll sich das rein über Mundpropaganda von weniger als 1/20 der Schüler (nicht jeder belegt ja überhaupt Physik) in die nachkommenden Jahrgänge verbreiten?


    Die Naturwissenschaften haben in Bayern auch das Problem in einem Block mit 4 Fächern zu sein. Schülern, die nichts mit Naturwissenschaften am Hut haben, wird hier die Möglichkeit gegeben sich in Kunst, Musik oder Sport schriftlich prüfen zu lassen (mit dem Nachteil 1-2 mehr Wochenstunden machen zu müssen).
    Die beiden anderen Blöcke bestehen nur aus einem einzigen Fach (!) und immerhin noch 3 Fächern.
    Eine geringe Anzahl schriftlicher Physikprüfungen oder in den Naturwissenschaften allgemein ist also offenbar durchaus gewollt. Hat natürlich ein gewisses Geschmäckle, wenn man bedenkt, womit unsere Volkswirtschaft zu einem nicht ganz unerheblichen Teil ihr Geld macht. Aber das hat ja Amateurastronom auch schon angedeutet.

    Hallo Martin,
    aus meiner Sicht überschätzt du den Einfluss einer solchen "Laberaufgabe" auf die Entscheidung sich in Physik prüfen zu lassen.
    Konkret zur jetzigen Situation in Bayern kann ich nichts sagen, da ich meinen Physik-LK (16% meines Jahrgangs) vor über 10 Jahren nördlich des "Weißwurstäquators" hatte. [;)]
    Ich möchte aber bezweifeln, dass sich die Schüler vor ihrer Kurswahl mit alten Abituraufgaben beschäftigen, geschweige denn wegen einer solchen Aufgabe, die 4 von 120 Punkten der Abiklausur wert ist, ihre Kurswahl ändern. So deutest du das ja im letzten Post an.
    In erster Linie muss doch über die Schuljahre ein Interesse am Fach geweckt werden, ansonsten habe ich doch wenig Lust mich 2 Jahre damit zu beschäftigen. Dass es in Bayern anspruchsvoller zugeht als in den anderen Ländern, ist diesem Interessewecken vielleicht auch nicht immer zuträglich. Daneben spielt natürlich auch die Lehrerpersönlichkeit eine große Rolle.
    Außerdem implizierst du, dass es in anderen Fächern solche Aufgabenstellungen nicht geben würde. Ich könnte mir solche Aufgaben aber auch gut für andere Fächer vorstellen, z.B. Chemie und Mathe, habe das jetzt aber nicht weiter überprüft, wüsste aber nicht warum nur das Fach Physik davon betroffen sein soll.
    Die "verunglückte moderne Aufgabenkultur" kann ich persönlich beim Überfliegen der anderen Aufgaben nicht entdecken. Gut möglich, dass ich hier schon entsprechend vorgeschädigt bin!
    Eine solche Aufgabenstellung entspricht sicher nicht der Wunschvorstellung eines zahlenaffinen Menschen, aber 4 von 120 Punkten für halbwegs schlüssiges Argumentieren halte ich für vertretbar.