Beiträge von Wattwurm im Thema „Johannes Kepler in Deutsch“

    Da bot sich nun zuerst ein astronomisches Amt, zu dessen Übernahme ich jedoch ( um die Wahrheit zu sagen) durch das Zureden meiner Lehrer gedrängt werden mußte; nicht weil ich die weite Entfernung des Ortes gefürchtet hätte- hatte ich ja doch eine solche Furcht ( wie schon gesagt) bei anderen verurteilt-, sondern wegen der unerwarteten und verachteten Art des Amtes und der Dürftigkeit meiner Ausbildung in diesem Teil der Philosophie. Ich nahm an, mehr mit Talent als mit Wissen ausgerüstet, mit der wiederholten Beteuerung, ich stehe von meinem Recht auf eine mir glänzender erscheinende Lebensstellung nicht ab. Welches die Ergebnisse meiner Studien in den ersten zwei Jahren waren, geht aus meinem Mysterium Cosmographicum hervor. In welcher Weise mich außerdem mein Lehrer Michael Mästlin zur Beschäftigung mit der üblichen Astronomie anspornte, mag man in jenem kleinen Buch und in dem Brief dieses Mannes nachlesen, der der Narratio prima des Georg Joachim Rhaeticus vorgedruckt ist. Meine Entdeckung habe ich durchaus sehr hoch eingeschätzt, und zwar um so höher, als ich sah, daß sich auch Mästlin gut gefiel. Dieser hat mich aber mit dem unangebrachterweise den Lesern gegebene Versprechen meines allgemeinen „ Himmelswerkes“ ( wie er sich ausdrückte) nicht so sehr angespornt, als ich selber von mir aus darauf brannte, aufgrund der neuen Astronomie zu untersuchen, ob jene meine Entdeckung die ganze Schärfe der Beobachtungen ertragen könnte. Im Buch selber war ja bereits dargetan, daß sie innerhalb der Genauigkeitsgrenzen der herkömmlichen Astronomie gültig war.


    A.a.O S.147f.

    Bei welcher Gelegenheit ich auf die Theorie des Mars kam
    Es ist wahr, daß die göttliche Stimme, die den Menschen Astronomie lernen heißt, sich in der sichtbaren Welt selbst ausdrückt, nicht mit Worten uns Silben, sondern durch die Dinge selber und durch die Abstimmung des menschlichen Geistes und der menschlichen Sinne auf die Schar der Himmelskörper und deren Zustände. Jedoch führt auch ein gewisser Schicksalsschluß im geheimen die einzelnen Menschen zu den verschiedensten Künsten und Wissenschaften hin und verleiht ihm so das sichere Bewußtsein, daß sie, wie sei ein Teil des Schöpfungswerkes sind, so auch an der göttlichen Vorsehung teilhaben.
    Sobald ich nach meinem Alter die Süßigkeit der Philospohie kosten konnte, habe ich sie als Ganzes mit ungeheurer Begierde erfaßt, ohne mich im Besonderen um die Astronomie zu bekümmern. Das Talent hiefür war zwar vorhanden, und ich verstand unschwer den durch die Schulordnung gebotenen Stoff aus Geometrie und Astronomie, gestützt auf Figuren, Zahlen und Verhältnisse. Aber das waren pflichtgemäße Studien, nichts was eine besondere Neigung zur Astronomie bekundet hätte. Da ich nun auf Kosten des Herzogs von Württemberg verhalten wurde und sehen mußte, wie meine Studiengenossen, die der Fürst, den am angegangen, ins Ausland schicken wollte, aus Liebe zur Heimat verschiedentlich Ausflüchte gebrauchten, hatte ich, härter als ich war, schon frühzeitig bei mir beschlossen, bereitwilligst zu folgen, wohin es auch gehen sollte.


    In: Krafft, Fritz( HRSG.)


    Johannes Kepler
    Astronomia Nova
    Neue ursächlich begründete Astronomie


    Wiesbaden, 2005
    S.147.

    Guten Tag


    Es wird jedenfalls am " Handwörterbuch" meines Ermessens zu Recht kritisiert, daß die Kontextualisierung der Lemmata oftmals zu wünschen übrig läßt. Und das scheint mir in Deinem Beispiel der Fall zu sein. Das " gemeine Volk" wird ja in aller Regel nicht in voraus gewußt haben, daß eine Sonnenfinsterniß ansteht; wie also hätte man die in dem Schlagwort erwähnten Vorsichtsmaßregeln in praxi ergreifen können?


    ( Ich habe mit diesem Wörterbuch freilich nur in nichtastronomischen Zusammenhängen zu tun gehabt: z.B. ob sich etwas von der germanisch- paganen Religion auch nach der Christianisierung im Aberglauben wiederfinden könnte. Für solch ein " Absinken" finden sich auch sonst Belege...) Das ist aber off topic


    Grüße


    Michael

    Und gleich wie ein fliessend Metal die form an sich nimbt/ darinn es laufft: also ein jedes jrdisch ding/ so bald es entstehet/so ist eine gewisse vermischung der Liechtstralen/ die von den Sternen herab fliessen/ als ein form zugegen/ und von Gott also geordnet/ daß es sich mit derselben Himmelsform verainigen muß/ so lang es unbeständig ist/ und von seiner aignen Natur nicht eine stärcke entfahet.


    Kepler: Praktia auff das Jar 1597


    In: Fritz Krafft


    Was die Welt im Innersten zusammenhält


    Wiesbaden 2005


    S. XXXVIII

    So siehet man augenscheinlich/ daß diese Curiositet zu erlernung der Astronomia gedeye/ welche von niemandt verworffen/ sondern billich hoch gerühmt wird. Es ist wol diese Astrologia ein närrisches Töchterlin [...] aber lieber Gott/ wo wolt jhr Mutter die hochvernünftige Astronomia bleiben/ wann sie diese Jhre närrische Tochter nit hette/ ist doch die Welt noch viel närrischer/ und so närrisch/ daß deroselben zu jhren selbst frommen diese alte verständige Mutter die Astronomia durch der Tochter Narrentaydung/ weil sie zumal auch einen Spiegel hat/ nur eyngeschwärzt und eyngelogen werden muß. Und seynd sonsten die Mathematicorum salaria so seltzam und so gering/ daß die Mutter gewißlich Hunger leyden müste/ wann die Tochter nichts erwürbe. Wann zuvor nie niemandt so thöricht gewest were/ daß er auß dem Himmel künfftige Dinge zu erlernen Hoffnung geschöpft hette/ so werest auch du Astronomie so witzing nie worden/ daß du deß Himmels Lauff gar nichts gewust[...].


    Johannes Kepler
    Tertius interveniens
    In:
    Krafft, Fritz; ( HSRG.)
    Was die Welt im Innersten zusammenhält
    Antworten aus Keplers Schriften
    Wiesbaden. 2005
    S. XLI-XLII.