Beiträge von Kalle66 im Thema „Gravitationswellen nachgewiesen!“

    Gert,
    Spiegel frei aufgehängt heißt soviel, wie kräftefrei, nur ihrer Trägheit unterliegend und den wirkenden Schwerkräften unterworfen.


    Da nach allg. RT die "Schwerkraft" äquivalent zu "beschleunigt" ist, kann man sich also aussuchen, was einem lieber ist. Letztlich alles nur eine Frage des Bezugssystems.


    Wenn Du die Wirkung von Gravitationswellen auf die Spiegel halbwegs nachvollziehen möchtest, mach Dir Gedankenspiele, was man nach klassischer Newtonscher Mechanik an den Spiegeln erleben würde, wenn man das Gravitationspotential der beiden SL (nimm doch die 30 Sonnenmassen, rechne den Unterschied im Gravitationspotential aus, der entsteht, wenn sie "in einer Linie" zu uns stehen (Abstand ~200km zueinander, das nähere also x LJ, das dahinter dann in x+200km) bzw. wenn sie "in Linie quer" zu uns stehen (Abstand der beiden dann x+100km). Dann kannst du anschließend ausrechnen, wie die Spiegel des I-Meters in diesem Potential "beschleunigen" (sprich "fallen") würden und ihren Abstand verändern, während der Lasermesstrahl unterwegs ist (der ist ja 4 km * 300 unterwegs). Das ergäbe dann mal eine erste Näherung, ohne per Tensormathematik die Raumzeit verbiegen zu müssen.


    Gruß

    Moin M31Forscher,
    ist zwar jetzt ein anderes Thema ...


    Wenn zwei Galaxien 1 Mrd. LJ von einander entfernt sind, müssen wir uns erst mal darauf einigen, wie Du die 1 Mrd berechnet hast. Auf solchen Dimensionen ist das mit dem Prinzip der Gleichzeitigkeit nämlich so eine Sache.


    Aber ok, sie seien jetzt aktuell 1 Mrd LJ entfernt, dann braucht ein Lichtstrahl der jetzt losgeschickt wird 1 Mrd Jahre plus die zusätzliche Zeit, um der das Universum sich aufgrund der Expansion noch ausdehnen wird. Beträgt die Expansionsrate z.B. 25 km je Mio LJ je Sekunde, wächst eine Strecke von 1 Mrd LJ dann
    1 Mrd*365*24*60*60 = 3,1 E+16 Sekunden lang um je 25 km je Mio LJ (also 25.000 km auf Mrd. LJ) an, also
    3,1 E+16*25.000 = 7,9 E+20 km,
    das sind umgerechnet 83 Mio LJ.


    Um diese Distanz wäre der Abstand der beiden Galaxien dann angewachsen, bevor das Licht eine Mrd LJ zurückgelegt hat. Es müsste also weitere 83 Mio LJ zurücklegen, während das Universum weiter wächst.


    Das ist jetzt nur eine Abschätzung, bewusst einfach gehalten ohne "Zinseszinsrechnung" und unter Annahme einer konstanten Expansionsrate (so konstant ist die ja leider nicht).


    Ich hoffe, dass mir jetzt ad hoc kein Rechenfehler unterlaufen ist. Wenn der Abstand hinreichend groß sind, dann wächst der Abstand schneller an, als dass Licht es durchwandern kann; es wird nicht ankommen. Man spricht vom (zukünftigen) sichtbaren Horizont.


    Wenn man die Berechnung anders (rückwärts) führt, kann man ähnlich abschätzen, wie weit Galaxien beim Absenden des Lichts von einander entfernt waren, deren Licht heute bei uns ankommt bzw. ausrechnen, wie weit die Galaxie beim Absenden max. entfernt sein durften, damit das Licht heute bei uns ankommt. Eine Art historische Betrachtung des sichtbaren Horizonts.


    Man kann dann noch natürlich ausrechnen wie weit heute die Galaxie von uns entfernt ist, deren Abstand beim Absenden gerade ausreichte, dass das Licht bei uns heute ankommt oder einfach die Dauer benennen, die das Licht gebraucht hat. Dauer wird dann aber gerne mit Entfernung verwechselt. Aus "das Licht brauchte 1,083 Mrd. Jahre", wird dann "1,083 Mrd LJ" als zurückgelegte Strecke des ankommenden Lichts. Ein Fall, aber am Ende drei verschiedene Entfernungsangaben, je nach Betrachtung.


    Falls Du weitere Fragen hast, mach bitte ein neues Thema auf.


    Gruß

    Gert,
    ich bin da Laie hinsichtlich der Frage, welche wissenschaftliche Beiträge es da alles gibt. Am einfachsten fängt man bei den Artikeln an, die von den LIGO-Autoren in ihrem Artikel zitiert werden.


    Und das mit der Frequenzänderung ist nur ein Effekt, der mir dazu einfällt. Welche weiteren Effekte tatsächlich im I-Meter noch offensichtlich werden ... frag da mal Spezialisten. Die Änderungen des metrischen Raums beim Durchwandern einer Gravitationswelle dürfte darüber hinaus konkrete Auswirkungen auf die Lichtlaufzeit haben. Ich stelle mir gedanklich eine Referenzlänge vor, die per Laserentfernungsmesser ermittelt wird. Und schalte dahinter dann eine Bleikugel ein und aus (statische Betrachtung). Im Anziehungsfeld der Bleikugel dürfte die Länge anders sein als ohne, der Entfernungsmesser springt im Takt des Ein-/Ausschaltens zwischen den beiden Längen hin und her.


    Gruß

    Moin Whitehole,
    mit dem LIGO erkennt man nur einen bestimmten Frequenzanteil aus dem Gravitationswellenspektrum, dass die beiden SL erzeugen. Das ist ähnlich, wie wenn man bei einem akustischem Signal den Gleichspannungsanteil per Kondensator wegkoppelt und nur den Wechselspannungsanteil auf die Lautsprecher bringt. Im Falle des Doppelsystems der SL ist es die Schwingung, die sich aus der gegenseitigen Umkreisung der beiden SL ergibt: Zum Ende hatte ihr "siderisches Jahr" eine Dauer von 4 Millisekunden (250 HZ => 1/250 s). Erde-Mond liegt sozusagen außerhalb des Hörbereichs des LIGO-Mikrofons im tiefsten Infraschall.


    Hörbar wurde das Signal ja auch nur deshalb, weil die per Software einen Filter definiert haben, der genau auf solche Muster trainiert ist. Ein Prinzip ähnlich dem selektiven Hören von Menschen (Cocktailparty-Effekt), wenn man sich auf eine ganz bestimmte Stimme konzentriert.


    Die Gravitationswelle verteilt sich im Wesentlichen kugelförmig im Raum, ihre Energie nimmt daher quadratisch zur Entfernung ab (ähnlich wie die Helligkeit quadratisch zur Entfernung abnimmt).


    (==>)Gert:
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Das Licht im Arm folgt der selben Geodäte wie mein 'Masstab'.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">Joa, das ist nun mal schwer verdaulich. Die Messen ja nicht die Länge des Tunnels, sondern vergleichen per I-Gramm die Lichtlaufzeiten (eigentlich die Phasenlage) und erkennen nur die Differenz, zwischen den beiden Tunnelarmen.


    Ich kann jetzt nur auf einen anderen Effekt verweisen, der uns sehr wohl geläufig ist und uns zeigt, dass Lichtausbreitung durchaus sichtbare Spuren trägt, wenn die Raumzeit sich ändert, nämlich die Rotverschiebung nach Hubble bei Raumexpansion. Und beim LIGO würde schon eine Frequenzänderung ausreichen, damit sie im Detektor eine Phasenverschiebung messen. Vor allem, wenn sie - anders aus die Hubble-Expansion - sich nur auf eine Achse auswirkt, sozusagen eine Richtung hat.


    Daran sieht man, dass die Wellenform einer Gravitationswelle und ihre messbaren Auswirkungen verschiedene Komponenten in sich haben. Und nichts davon ist anschaulich, als dass wir uns ein Bild davon im Kopf vorstellen könnten. Das Rosinenteigmodell erklärt nun mal nicht die ART. Sonst hätte Einstein dafür keine 10 Jahre gebraucht, die zu formulieren. Eine einfache Bäckerlehre hätte ausgereicht.[:D]


    Gruß

    Stathis,
    die wellenartige Stauchung des Raums (eine im Zeitablauf wechselnde Krümmung aufgrund der Gravitationänderungen) ist eine logische Folge. Genauso, wie z.B. nach der speziellen RT u.a. die Längenkontraktion eine logische Folge ist. Du kennst vielleicht das Gedankenexperiment, dass ein hinreichend schneller Zug komplett in ein Tunnel passt, der kürzer ist als der Zug.


    Man diskutiert die Konstanz der LG nicht, sie ist Definition für die Relativitätstheorie. Genaugenommen erfüllt Licht die (allgemeinere) Definition, dass es eine Grenzgeschwindigkeit c gibt, die bei allen Transformationen zwischen Koordinatensystemen unverändert bleibt. Die Länge als Maßband für den Raum ist dagegen keine Erhaltungsgröße.


    Selbst die kosmologische Raumexpansion macht Licht nicht schneller, es dehnt nur die Wellenlänge, in der Zeit, in der es im besagten Raum unterwegs ist. Gleiches gilt für Gravitationswellen, die unterliegen ebenfalls einer Rotverschiebung.


    Frag mich nicht, welche Tricks die da im Interferometer alles angewandt haben. Ich kann's auch kaum glauben. Im Grunde sind es auch keine 4 km, sondern 300 mal die 4 km, denn die Spiegel bilden einen Fabry-Perot-Resonator.


    Gruß

    Stathis,
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Der Raum selbst wird ja wellenförmig deformiert. Müsste das Licht dem nicht auch folgen?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Ganz einfach, die Lichtgeschwindigkeit bleibt konstant, die Abmessung des Raums ändert sich. Das mit der Konstanz der LG ist doch eine der Anfangsannahmen der Relativitätstheorie: "Wenn die LG konstant ist, dann ... bla bla bla."


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Woher weiß man all diese Details mit den 36 und 29 Sonnenmassen, den Massenverlust, die Entfernung?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Vereinfacht, ergibt sich die Endfrequenz aus dem Umfang der Schwarzschildradien und der daraus korrespondierenden Umlaufzeit, wenn dort die Objekte sich mit fast halber LG umkreisen. Ich komme so überschlägig (150.000 km/s / 250 Hz als Umfang) auf 190 km Abstand vor der Verschmelzung (= Summe der beiden Schwarzschildradien). Im oben von mir verlinkten Artikel schreiben sie von ~210 km (mit komplizierterer Formel).


    Zur Genauigkeit ... da bin ich auch baff, wie feinfühlig da die Phasenverschiebung erkannt wird.


    Zu den Gravitationswellen: Wenn Gravitation sich auch nur max. mit LG ausbreiten kann, dann hinterlässt jede räumliche Massenverschiebung/Änderung eine Welle.


    Salopp ein Gedankenspiel: Stell Dir vor, die Sonne wird weggezaubert, dann würde es immer noch 8 Minuten dauern, bis die Erde mit dem Umkreisen der Sonne aufhören würde und stattdessen geradeaus weiterfliegen würde. Die Venus würde es früher merken, weil sie näher zur Sonne steht. Praktische Auswirkung wäre, dass der Geradeausflug den Tangenten der bisherigen Bahnen entspricht an den Positionen, die die Planeten somit erst noch erreichen müssen (gleichzeitig, wenn es dunkel wird, da auch das Sonnenlicht ja noch unterwegs ist) und eben nicht zeitgleich mit dem Verschwinden der Sonne. Der Winkel der anschließenden Geradeflüge ist somit anders als wenn die Wirkung der Gravitation sofort eintreten würde.


    Schade, dass zu dem beobachteten Ereignis kein Graviationslinseneffekt sichtbar ist. Dann hätte man vielleicht sogar einen doppelten Nachweis führen können. So wie seinerzeit Arthur Eddington, der die Lichtablenkung bei einer Sonnenfinsternis 1919 bestätigte. Wäre doch "geil" gewesen, wenn da ein Stern passend zur Frequenz am Himmel getanzt hätte. [:)]

    Hier der Originalbeitrag der Wissenschaftler:
    http://dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.116.061102


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Zitat Zusammenfassung (frei von mir übersetzt):


    Am 14.09.2015 um 9:50:45 UTC beobachteten die beiden Detektoren des LIGO simultan ein impulsförmiges Gravitationswellensignal. Das Signal zeigte einen Frequenzanstieg von 35 auf 250 Hz mit einer maximalen Gravitationswellen-Verzerrung von 1.0 E-21 (Anm: Maß für die Stärke der Welle). Die Wellenform entspricht den Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie, wenn zwei schwarze Löcher sich auf Spiralbahnen umkreisen und am Ende kollidieren und verschmelzen. Das Signal wurde unter Verwendung eines Optimalfilters mit einem Signal-Rausch-Verhältnis von 24 und einer Fehlalarmempfindlichkeit, die 1 Ereignis in 203000 Jahren entspricht, beobachtet. Dies entspricht einer (statistischen) Signifikanz über 5,1 Sigma (Anm: Entspricht mehr als 99,9999%-ige Sicherheit der Filtereinstellung).
    Die Quelle befindet sich in einer Entfernung von 410 (+160/-180) Megaparsec, entsprechend einer Rotverschiebung von z = 0,09 (+0,03/-0,04). Die Massen der ursprünglichen schwarzen Löcher betragen 36 (+5/-4) und 29 (+/-4) Sonnenmassen und das resultierende schwarze Loch enthält 62 (+/-4) Sonnenmassen, wobei das Energieaquivalent von 3,0 (+/-0,5) Sonnenmassen als Gravitationswellen abgestrahlt wurde. Die Unsicherheiten in den Angaben (+/-Zahlen) entsprechen einem Vertrauensniveau von 90%.


    Die Beobachtung zeigt die Existenz von binären stellaren schwarzen Löchern. Es ist die erste direkte Detektion von Gravitationswellen und die erste Beobachtung einer Verschmelzung in einem Doppelsystem schwarzer Löcher.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hey, da wurden mal eben drei Sonnenmassen in reine Graviationswellenenergie umgewandelt. Und das in einer halben Sekunde.