Beiträge von Kalle66 im Thema „Dunkle Materie, dunkle Energie: Real?“

    Blende,
    alles, was der Artikel sagt, ist, dass die "beschleunigte Expansion" durch Beobachtungen nicht mit 5-Sigma (also mit 99,9999%) bestätigt sei, sondern nur mit 3 Sigma (sprich mit 99,7%). Es gäbe also eine 0,3% Wahrscheinlichkeit, dass die Expansion sich nicht beschleunigt und dass die Physik deshalb mit der Dunklen Energie ein Phantom jagt. Nun ... einzige Schlussfolgerung daraus ist doch ... man braucht mehr Daten und muss weiter forschen.

    enrico,
    um die Masse der baryonischen Materie (sprich der "normalen" Materie in Sternen und Gas) abzuschätzen, bedient man sich indirekter Verfahren. Es gibt einen Zusammenhang aus Leuchtkraft und Masse. Die Leuchtkraft nimmt allerdings mit der Entfernung ab. Also muss man auch die Entfernung beurteilen. Dies geschieht mit sog. Standardkerzen, also Sternen und anderen Erscheinungen, deren Helligkeit recht eindeutig immer gleich sind. Weiter weg kann man auch die Fluchtgeschwindigkeit und die daraus resultierende Spektralverschiebung (Rotverschiebung) als Maß nehmen.


    Beim Ableiten der Masse aus der Leuchtkraft einer Galaxie hat man diverse Annahmen. Eine ist z.B. eine Verteilung von großen und kleinen Sternen (nach dem Motto: große Sterne entstehen seltener, leben deutlich kürzer sind also um den Faktor x seltener. Dafür aber um den Faktor y heller usw.


    Gas macht da mehr Probleme, denn es ist kalt, leuchtet vielleicht nur im Radiobereich oder Infrarotbereich. Da klassifiziert man zuerst Galaxien (spiralförmig, elliptisch) und macht mehr eine grobe Schätzung.


    Wie gesagt, der Unsicherheitsfaktor ist groß. Selbst, wenn man sich um den Faktor 2 verschätzt, gäbe es eine Diskrepanz, denn der Anteil der Dunklen Materie ist ja größer im Vergleich zur baryonischen Materie. Interessanter ist aber die Massenverteilung in der Galaxis und die Rotationsgeschwindigkeit in Abhängigkeit vom Abstand zum Galaxienzentrum. Die müsste bei rein baryonischer Masse nach Außen abnehmen, nur wenn sie in einer viel größeren Wolke aus Dunkler Materie eingebettet sind, erklärt sich die hohe Rotationsgeschwindigkeit am Galaxienrand.


    Insgesamt ist die Forschung zum Aufbau von Galaxien aber noch lange nicht abgeschlossen. Da wird es noch viel zu entdecken geben.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Wenn diese Masse von der du sprichst gleichmäßig verteilt sein muss, verstehe ich nur nicht ganz wie dies möglich sein kann<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Für Materie, die nur gravitativ wechselwirkt gibt es eine Verteilung, die zur Mitte stetig zunimmt. Bestes Beispiel sind die Kugelsternhaufen wie M13. Das kann man auch prima am Rechner simulieren. Es gibt auch Reibung, im Sinne von Impulsaustausch. Die beruht aber auf wechselseitige gravitative Beinflussung. Da die Teilchen statistisch eine durchschnittliche Geschwindigkeit haben, kann man ihnen sogar eine Temperatur zusprechen (Temperatur im Sinne von Teilchenbewegung). Aber Reibung und Temperatur im klassischen Sinne (durch Stoßprozesse auf atomarer, molekulare Ebene) ist das nicht, denn dazu bräuchte man die Elektromagnetische Kraft. Diese könnte zudem Reibungswärme in Form von Strahlung (Umwandlung von Materie in Strahlung bzw. der aus dem Zusammenziehen frei werdenden Gravitationsenergie) recht effizient abführen. Ohne dieses "Abführen" erhöht sich die Temperatur (indirekt damit die Teilchengeschwindigkeit) und damit der Druck, der ein Zusammenziehen bzw. eine Konzentrierung auf eine rotierende Scheibe (ergibt sich wegen der Drehimpulserhaltung) bzw. auf ein Zentrum verhindert.


    Wechselwirkung DM - Baryonische Materie: Die ist gravitativ. Mehr weiß man noch nicht.

    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: G2-Astro</i>
    <br /> a) ...Angenommen wir haben einen Raum, ... aus denen sich 3 Wasserstoffatome niedrigster Energiestufe bilden.
    b) ... wie groß ist der Volumenanteil von Elektron und Atomkern zum Gesamt Atomvolumen
    c) ... geht als Resultat alles in die Vergrößerung des Raumes ein oder nimmt auch die Energie der Atome zu und wie verändert sich dadurch das Atomvolumen?
    d) ... Wird auch der Druck im Raum, oder Gravitation erst entstehen oder zunehmen, also eine Änderung erfahren, und wie schnell?
    Sollte eine solche Expansion nicht schon von Anfang an Thermodynamischen Regeln folgen?
    e) ... Wird dabei Strahlung entstehen, emittiert oder absorbiert, also weitergegeben, sollte dann auch Zeit vergehen oder ?


    Sind das Fragen die man so stellen kann und denen man nachgehen sollte?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    ad a)
    Drei Wasserstoffatome aus dem Nichts, das wäre ein Verstoß gegen die Energieerhaltung. Vielleicht hast du da sog. virtuelle Teilchen im Hinterkopf (siehe Kasimireffekt, Hawking-Strahlung). Diese borgen sich im Rahmen der Unschärferelation Energie beim Entstehen und geben diese beim Vergehen wieder zurück.


    ad b)
    Protondurchmesser ~1,7 E-15 m
    Wasserstoffatom ~3,2 E-11 m
    Durchmesserverhältnis also ~1 zu 20.000
    Volumenverhältnis (3. Potenz aus Durchmesserverhältnis) ~ 1 zu 8 E+12 (8 Billionen)


    Erste Erkenntnisse über die Größenverhältnisse lieferte Rutherford mit seinen Streuversuchen von Alpha-Teilchen (Protonen) an einer Goldfolie (um 1909-1912)


    ad c)
    Lies, was zur Raumausdehnung bereits geschrieben wurde.
    Die Elektronenbahn (Orbitalwolke) ist quantenmechanisch fest vorgegeben (sog. Energieniveau). Wenn man Energie zuführt (gequantelt), springt es auf ein anderes Energieniveau (vom Grundzustand in einen Anregungszustand) und gibt nach einiger Zeit diese Energie in Form von Strahlung wieder ab.


    Damit die Raumausdehnung dies leistet bzw. eine entsprechende Kraft ausüben kann, muss die Expansion beschleunigt vonstatten gehen, sonst ändert sich am Atom gar nichts. Woher die Energie für die beschleunigte Expansion dann stammt .... ich hab keine Ahnung, woher die Dunkle Energie stammt. Da gibt es unterschiedliche Vermutungen von Multiversen und höherdimensionalen Potentialtöpfen und was sonst noch.


    ad d)
    Druck, Temperatur, Dichte kennst du von den Gasgesetzen der klassischen Physik. In abgewandelter Form (relativistisch erweitert) gelten die Regeln auch für das Universum. Siehe Friedmann-Gleichung.
    Gravitations-Attraktoren setzten eine Massenverteilung voraus, die nicht perfekt homogen ist. In einem beliebig dichten aber perfekt homogenen Universum heben sich alle Gravitationskräfte auf, es bewegt sich nichts aufgrund von resultieren Kräften. Das gilt für alle bekannten Modelle zur Gravitationswirkung.
    Damit also nach dem Urknall die Gravitation die Massen überhaupt "konzentrieren" kann, braucht es anfängliche Störungen. Anfangs war alles so dicht, dass man sogar von Schallwellen (Rauschen) als Dichteunterschiede (Störung) in der Ursuppe sprechen kann. Auch war das Universum so klein, dass man Resonanzen von stehenden Wellen (zumindest als begrenzende Faktoren) berechnen kann. Dichteunterschiede wiederum haben Temperaturunterschiede zur Folge. Diese wiederum bewirken, dass an den kälteren Stellen in den kritischen Phasen nach dem Urknall, die Teilchen aus der Ursuppe zuerst kondensieren konnten usw. Das ist es ja, was man aus dem Bild zur kosm. Hintergrundstrahlung (WMAP- bzw. noch besser/neuer Planck-Satellitendaten) versucht herauszulesen.


    Die Friedmann-Gleichungen zur Kosmologie gehen durchaus davon aus, dass die Gesamtmasse/Energie des Kosmos die Expansion verlangsamen, weil die Gravitationskraft dem entgegenwirkt. Je nach zugrundeliegender Geometrie und Anfangsbedingungen sind Konstellationen denkbar, wo die Expansion so an Schwung verliert, dass ein Universum unter seiner Schwerkraft wieder kollabiert. Die Beobachtungen in "unserem" Universum zeigen aber genau das Gegenteil. Einerseits eine flache Geometrie, andererseits eine inzwischen beschleunigte Expansion, nach anfangs die Schwerkraft die noch abgebremst hatte. Als Erklärung für die treibende Kraft wurde das Konzept der "Dunklen Energie" geschaffen.


    Denk aber daran, dass die Gravitationskraft nur mit Lichtgeschwindigkeit ihre Wirkung auf andere Raumbereiche entfalten kann. Insoweit gehen die Friedmann-Gleichungen über das Konzept der allg. RT hinaus. Die allg. RT funktioniert streng genommen nur "lokal" und nicht global (kosmisch).
    Insoweit sind Versuche zur Detektion von Gravitationswellen so interessant. Der Traum ist, eine Karte des Graviationswellenhintergrunds (ähnlich der kosm. Hintergrundstrahlung) zu haben.


    Ich hoffe, dass ich Deine Fragen hinreichend und vor allem richtig beantwortet habe.

    Moin Stardust,
    Die Äthertheorie als Medium der Lichtausbreitung wurde erst mit dem Michelson-Morley-Experiment widerlegt (1881). Infolge formulierte Lorentz seine Transformationsregeln (1892), wusste allerdings noch nicht, was das für Auswirkungen haben würde. Erst Einstein mit der speziellen RT (1905) gab dafür eine weitgehende Erklärung, indem er die Lichtgeschwindigkeit als fixe Größe - die bleibt bei Koordinatentransformationen zwischen nicht beschleunigten Systemen (=&gt;spezielle RT) erhalten - postulierte und womit sich die Lorentztransformation dann als deren Folge von allein ergibt.


    (==&gt;)blende:
    Mit dem Bauchgefühl kannst Du Dir ja Experimente/Erscheinungen ausdenken, die die Existenz von Dunkler Materie widerlegen könnten. Vielleicht fällt Dir auch eine bessere Welt-Erklärungsformel ein, die die Eigenrotation von Galaxien oder die Mikrounterschiede in der Strahlungsverteilung der kosm. Hintergrundstrahlung (siehe Plank- bzw. WMAP-Satelliten) erklären. Ansonsten empfehle ich den "Spatz in der Hand". Derzeit ist noch nicht mal geklärt ob es Tauben gibt, geschweige denn eine gesichtet worden.

    Moin,


    (==&gt;)blende:
    Wissenschaft unterscheidet sich von Glauben und Vermutungen dadurch, dass es ersteres gerade nicht tut. Vielmehr werden Theorien aufgestellt. In der Regel als Folge von Beobachtungen, die damit erklärt werden sollen. Diese Theorien sind solange "gut", bis jemand eine "bessere" Theorie hat, die z.B. noch mehr als die besagten Beobachtungen erklären kann (stellt sich oft erst im Nachhinein heraus) oder die einfach nur "einfacher" als die Vorgängertheorie erklärt.


    Selbstverständlich kann jede Theorie sich auch als "falsch" herausstellen, wenn es irgendwo ein Experiment oder eine Beobachtung gibt, die diese Theorie falsifiziert.


    Auch kann sich eine Theorie als "nicht schlüssig" herausstellen, wenn sich Ergebnisse der Theorie z.B. schon selbst widersprechen. Je nach Komplexität läuft das faktisch darauf hinaus, dass sie durch eines der vielen Experimente in der Vergangenheit bereits falsifiziert ist. Das trifft insbesondere auf die vielen "Theorien" von Laien und einfachen Leuten zu, die meinen, die Welt erklären zu können. Ein bekanntes Beispiel ist die Verletzung der sog. Impuls- bzw. der Energieerhaltung. Theorien, wo energetisch aus 2+2 eher 5 als 4 folgt, würden ja sofort zu "Wundermaschinen" führen, die aus dem Nichts Energie erzeugen können (-&gt; Perpetuum Mobile) oder umgekehrt als ideale Bremskühlung Energie vernichten können.


    Dunkle Materie heist deshalb dunkel, weil man bislang davon ausgeht, dass sie nicht der elektromagnetischen Wechselwirkung unterliegt. Sie absorbieren keine Photonen und emittieren diese auch nicht, sind also "unsichtbar" bzw. dunkel. Das heißt überdies auch, dass sie keine klassische Reibung oder gar chemische Reaktionen kennen, denn dazu ist die elekromagnetische Wechselwirkung notwendig. Im großen und ganzen bleibt vor allem die gravitative Wirkung übrig, die über die allg. RT wiederum Auswirkung auf Strahlung hat (Raumzeitkrümmung). In diese Richtung laufen derzeit auch die Beobachtungen: Man sucht nach Gravitationslinsen, die durch Ansammlungen dunkler Materie hervorgerufen werden.


    Auch wenn man dadurch noch nicht weiß, was Dunkle Materie ist, immerhin weiß man aber schon eingies, was sie "nicht" ist.


    Bei dunkler Energie ist der Fall noch etwas komplizierter. Da geht es darum, wie das Universum sich ausdehnt bzw. früher ausgedehnt hat. Für einen Nichtphysiker kann man es am einfachsten als "negativen Druck" beschreiben. Wir kennen ja nur positiven Druck bis hinunter zum Vakuum. Negativer Druck würde ein Vakuum weiter auseinander treiben und könnte die beschleunigte Expansion des Weltalls erklären. Fairer Weise gesagt, gibt es auch andere Theorien, die versuchen ohne Dunkle Energie auszukommen. Ob und welche davon die bisherigen Beobachtungen besser erklärt, wird die Zukunft zeigen.


    Gruß