Beiträge von Kalle66 im Thema „Wie schnell dehnt sich das Universum aus?“

    moin Astrops,
    die Frage ist, ob die Raumausdehnung eine "Kraft" ausübt. Dann würde diese Kraft sich mit den bekannten Kräften (z.B. Gravitation bei Planetenbahnen, aber auch atomare Kräfte in Molekülen etc.) überlagern. Soweit mir bekannt ist, übt erst die Änderung der Raumausdehnungsrate eine Kraft aus. Dies führt zu Theorien wie dem "Big Rip", wo die Raumausdehnung am Ende des Universums dermaßen beschleunigt stattfinden soll, dass es alle bekannten Bindungskräfte von Teilchen überwindet und somit alles "zerrissen" wird. Zudem führt die hohe Expansion dann zu einer "Vereinzelung" der zerrissenen Einzelteilchen, so dass jedes in seinem eigenem Horizont (nix kann sich ja schneller als Licht bewegen) allein ist und nicht mehr mit anderen Teilchen interagieren kann.


    Gruß

    Moin Beggo,
    die sogenannte Raumexpansion hat eine Expansionsrate, Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Hubble-Konstante


    In einem ersten Schritt besagt diese, dass die Raumausdehnung mit zunehmender Entfernung linear zunimmt, sprich bei doppelter Entfernung dann auch doppelt so groß ist. Da wir aber gleichzeitig bei zunehmender Entfernung in die Vergangenheit schauen, muss man sich fragen, ob die Expansionsrate auch in der Vergangenheit gleich groß war, denn nur dann gilt der lineare Zusammenhang. Die Hubble-Konstante ist definiert als "zeitliche Ableitung a'(t0) geteilt durch a(t0) (a ist der kosm. Skalenfaktor zum heutigen Alter des Universums t0). Der Skalenfaktor stellt die Anfangsbedingungen für die sog. Friedmann-Gleichungen her. Im Grunde ist der Skalenfaktor eine Funktion über die Zeit seit dem Urknall. Die Funktion ist insb. davon abhängig, ob man eine "flache" oder topologisch andere Raumgeometrie annimmt, wieviel Masse/Energie das Universum hat und wie groß der Einfluss der sog. Dunklen Energie in den Friedmann-Gleichungen ist.


    Die eigentliche "beschleunigte Expansion" misst man, indem die 2. Ableitung des Skalenfaktors zum Skalenfaktor in Bezug stellt: a''(t)/a(t). (Das ist also nicht der Hubble-Paramter!)


    Lange Rede, kurzer Sinn ... für große Entfernungen muss man etwas komplizierter Rechnen und über die zeitliche Funktion des Hubble-Werts intergrieren, für "lokale Umgebungen" reicht die Hubble-Konstante H(0) mit ca. 74 km/s/Mpc In Worten: 74 Kilometer wächst die Kantenlänge eines Würfels mit 1 Megaparsec in jeder Sekunde. Ein Mpc ist gleich 3,2 Mio Lichtjahre. Schon ab 100 Mio Lichtjahren Entfernung kommen da Werte raus (~2300 km/s), die um Größenordnungen größer sind, als jede tatsächliche Eigenbewegung von Sternen bzw. Galaxien. In einem Galaxienhaufen bewegen sich Galaxien mit max. ~1000 km/s aufeinander zu bzw. voneinander weg, d.h. im Umkehrschluss, dass sie ca. 20 Mio Lichtjahre umfassen, darüber wächst das Universum schneller an, als der gravitative Zusammenhalt eines solchen Haufens.


    Gruß
    Ich hoffe, ich bring es jetzt korrekt rüber.