Beiträge von Caro im Thema „Deutsche sind Wettbewerbsmuffel - warum?“

    Hallo miteinander,


    ich hatte ja nun ein paar Tage Zeit über die relevanten von euch genannten Punkte zu grübeln. Grund zur Freude gibt es keinen, denn einfache Lösungen für die genannten Probleme sind nicht in Sicht - habe ich zugegebenermaßen aber auch nicht erwartet.


    Was kann man also tun?


    - Gebetsmühlenartiges Bekanntmachen und Bewerben ist offensichtlich gefragt, wenn auch leider erfolgreich nur in der aktiv-jede-Person-einzeln-ansprechen-Variante. Vom Arbeitsaufwand her der Alptraum eines jeden PR-Menschen, und wie das aussieht wenn man die Promotion für solche Sachen sowieso schon in seiner Freizeit macht, kann sich jeder denken... Seufz.


    - Internationales muß für viele in aller Vollständigkeit auf Deutsch daherkommen. Sprachbarriere bleibt Sprachbarriere, auch im Zeitalter des Internets, und der/die Deutsche traut sich einfach nicht, obwohl alle anderen Fremdsprachen auch nicht besser können als man selber. Macht natürlich nur Sinn, solange es nicht um internationale Zusammenarbeit geht oder der/die Preisträger im Anschluß nicht irgendwohin eingeladen werden, wo sie auf Englisch ihr Projekt oder was auch immer vorstellen sollen.


    - Generell sollten Beispiele, Rahmenbedingungen und sonstige Erläuterungen nicht nur leicht auffindbar und öffentlich zugänglich sondern auch eindeutig und verständlich sein. Wer hier scheitert, darf sich in der Tat an die eigene Nase fassen.


    - Bewertungskriterien sollten klar dargestellt und möglichst objektiv oder zumindest nachvollziehbar sein. Zweischneidiges Schwert, denn gerade bei Angeboten, wo es um Kreativität geht, soll ja eigentlich auch nichts unbewußt eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden. Und gerade die unkonventionellen Dinge sind es oft, die bei einer Jury Begeisterung wecken.


    Und schließlich und endlich, wobei das letztlich für mich der zentrale Punkt ist: Potentiellen Teilnehmern, die denken, daß ein Angebot für sie nicht in Frage kommt, klarmachen, daß dem nicht so ist.



    Andere Dinge erfordern gesellschaftliche Umwälzungen, das fängt schon bei der oben genannten Sprachbarriere an, die doch eigentlich gar keine ist. Während man in anderen Ländern kein Problem damit hat, sich mit Händen und Füßen zu unterhalten, wenns anders nicht geht, versucht der Deutsche es lieber gar nicht erst. Warum so ängstlich?


    Das größere Problem ist allerdings ein anderes. Bei einem Wettbewerbs- oder Förderangeboten wird offensichtlich neben der Fehlannahme, daß man ja eh keine Chance hat, in erster Linie darauf geschaut, ob sich der Aufwand lohnt. Daran ist ja ansich erstmal nichts verkehrt, aber diese Analyse fällt im Gegensatz analogen Angeboten in anderen Ländern praktisch nie positiv aus, also läßt man es hierzulande gleich ganz mit der Teilnahme. Es ist schon eine ziemlich verzerrte Wahrnehmung von Effizienz, wenn sich niemand ein paar Stunden hinsetzen mag, um eine zweiseitige Bewerbung für einen vierstelligen Geldbetrag zu verfassen, selbst wenn es nur wenig Konkurrenz gibt.


    Wenn man die Antworten von den letzten beiden Seiten überspitzt zusammenfaßt, ergibt sich daraus mämlich letztlich: Uns Deutschen gehts zu gut. Mit "Kleckerkram" im drei- und vierstelligen Bereich lockt man niemanden mehr hinter dem ofen hervor, während ein solcher Geldbetrag in anderen Ländern noch was wert ist. Nur so läßt sich erklären, warum Millionenbeträge trotz minimaler Chancen Horden von Lottospielern auf den Plan rufen, während man anderswo die Bewerber um einen "kleinen" Sachpreis an einer Hand abzählen kann.


    Ich hatte eigentlich gehofft, daß sich auch noch andere Motive für die Wettbewerbsträgheit der Deutschen herauskristallisieren, Andeutungen gibt es da aber wenn überhaupt nur in Richtung "Ich will mir nichts schenken lassen".


    Nun denn. Ich werd euch jedenfalls weiterhin mit derartigen Ankündigungen belästigen [;)]


    Viele Grüße
    Caro

    Jungs, könnten wir die Diskussion speziell zum Reiff-Preis bitte in das entsprechende Thema verlagern? Auch der Reiff-Preis ist hier nur ein Beispiel.


    Mal ganz abgesehen davon muß ich da ein bissl böse werden, denn eigentlich steht dazu doch alles schon auf der Webseite - oder im Eingangsposting oder im dazugehörigen Thead. Der Preis wird jedes Jahr groß in SuW und im VdS-Journal angekündigt - und seit mehreren Jahren auch hier und bei a.de. Viel mehr kann man eigentlich nicht tun, um Amateure (um die geht es!) zu erreichen, oder? (Es sei denn, man schreibt alle im GAD genannten Kontaktmailadressen an, und sowas mache ich nicht nochmal, nach der letzten derartigen Aktion landete meine Mailadresse auf einer Blacklist.) Genauso werden die Projekte im VdS-Journal und bei Sterne und Weltraum dokumentiert - ist doch alles da? Es gibt auch keine "Vorschriften" oder einen Style-Guide, wie die Bewerbung auszusehen hat, die über das hinausgeht, was in der Ausschreibung steht - auch und gerade inhaltlich nicht. Da ist doch eh jede Bewerbung individuell.


    Viele Grüße
    Caro

    Leute, ich wiederhole mich echt nur ungern, aber versteift euch doch bitte nicht auf Fotowettbewerbe und deren Details. Darum geht es nicht, das mit dem Fotowettbewerb war nur ein Beispiel, nicht mehr. Es geht mir darum zu erfahren warum Deutsche über Angebote aller Art für wenig Aufwand einen mittleren bis größeren Geldbetrag oder Sachpreise einzustreichen generell die Nase rümpfen, während Teilnehmer aus anderen Ländern unter denselben Bedingungen keine Probleme damit haben womit auch immer der/die Deutsche hadert.

    Hallo miteinander,


    erstmal ganz vielen Dank für die lebhafte Diskussion, das zeigt mir immerhin, daß mein Anliegen nicht einfach nur auf taube Ohren stößt. Für mich sind hier auch schon einige sehr interessante Punkte aufgekommen.


    Um es aber mal zu betonen: Das mit dem Photo Nightscape Award ist ein Beispiel, es geht eigentlich nicht um Fotowettbwerbe oder auch den Reiff-Preis im speziellen und warum konkret dieser oder jene für euch persönlich nicht in Frage kommt.


    Daß ein Fotowettbewerb, auch wenn er nur TWAN-Style wäre, letztendlich nur Leute anspricht, die auch eine Kamera zur Verfügung haben, ist denke ich klar. Gleiches würde umgekehrt ja auch für einen gedachten Zeichnungs/Beobachtungsberichte-Wettbewerb gelten, bei dem sich der reine Astrofotograf schwertut. Das Materialschlacht-Argument dagegen lasse ich für meine eigentliche Frage nach der Mitmach-Unlust nicht gelten. Oder wollt ihr mir erzählen, daß die Kollegen in Polen oder Rumänien, die bei solchen Wettbewerben auftrumpfen, allesamt signifikant mehr Kohle in ihre Ausrüstung stecken können als unsereiner hierzulande? Hinzu kommt: Auch "kopfgeist und andere" (Zitat Jan im Hinblick auf alle guten Fotografen aus dem deutschsprachigen Raum, die hier Forum unterwegs sind, ohne Jens hier jetzt direkt ansprechen zu wollen) zeigen ihre Bilder zwar hier, aber nur spartanisch bei Wettbewerben. Ähnlich ist es mit der Lichtverschmutzung. Die Tatsache, daß die gebeutelten Großstadtbewohner auch die Schätze ihres letzten Namibiaurlaubs nicht einreichen, sagt doch alles.


    Daß so viele von euch dagegen meinen "da kann ich eh nicht mithalten" (egal ob nun im Hinblick auf monetären Wert der eigenen Ausrüstung, Himmelsqualität vor Ort oder Bildbearbeitungskenntnisse), deutet für mich eher darauf hin, daß da ein subjektives "die anderen sind eh alle besser als ich, Teilnahme lohnt sich also nicht, weil ich sowieso keine Chance habe" eine starke Rolle spielt. Ob sowas in der deutschen Mentalität liegt?


    Roberts Punkte gehen in eine ähnliche Richtung. Ich sehe das Problem mit der Sprachbarriere bei internationalen Sachen durchaus - aber auch hier gilt natürlich das Argument, daß das dann ja bei den Osteuropäern genauso greifen müßte, die anscheinend aber keine (oder deutlich weniger) Scheu haben, solche Sachen trotzdem einfach anzugehen.


    Joachims Punkt finde ich sehr wichtig, und ich muß zugeben, mir geht es da ähnlich. Ich habe vor ein paar Tagen die Ablehnung eines Beobachtungsantrags beim VLT im Postfach gehabt, wo aus der Begründung klar ersichtlich war, daß derjenige, der da die Macht hatte über meine Bewerbung zu entscheiden, keine Ahnung von der Sache hatte. Da ärgert man sich dann schon, viel Mühe bei der Formulierung gegeben und letztendlich gescheitert nicht weil der Antrag schlecht war, sondern man schlicht und ergreifend zufällig an den falschen Gutachter geraten ist. Objektive Bewertbarkeit ist uns also wichtig (auch hier könnte man wieder fragen, wichtiger als dem polnischen Kollegen, aber das lassen wir mal außen vor, das Argument ansich zählt generell wenn es um absolute Teilnehmerzahlen geht).


    Details zum Reiff-Preis sind hier eigentlich OT, aber wenn es schon zur Sprache kommt: Der Reiff-Preis ist ein Projektförderpreis. Sprich, es geht in erster Linie nicht darum, ein laufendes oder abgeschlossenes Projekt zu "belohnen", sondern die Durchführung eines neuen Projektes zu ermöglichen. Mit der Beschreibung dessen, was man bisher gemacht hat, zeigt man natürlich aber schon, daß man das was man anpackt auch durchzieht. Das heißt aber weder, daß man an bestimmte Personen gebunden ist, noch daß zwanghaft Schüler oder Jugendliche die Hauptakteure sein müssen. Natürlich möchte die Stiftung primär die Jugendarbeit im Bereich Astronomie fördern, aber da es ja insbesondere selten Kinder und Jugendliche selber, sondern eher diejenigen sind, die sich in Vereinen und Sternwarten der Betreuung des Nachwuches widmen - fühlt euch bitte angesprochen, auch wenn ihr "nur" etwas realisieren wollt, mit dem ihr dann zum Beispiel Schulklassen erreicht, die einmalig zu euch kommen. Fakt ist auch: "da überlasse ich das Geld lieber Projekten, die es eher brauchen können" ist ein ziemlich blödes Argument, wenn die Schlußfolgerung ist, daß sich dann niemand mehr bewirbt...


    Viele Grüße
    Caro

    Hallo miteinander,


    ich würde gerne mal eure Meinung und euer Feedback zu einem Thema hören, das mich beruflich häufig bewegt - oder besser gesagt traurig macht. Und zwar geht es darum, daß Deutsche sich nur sehr wenig an Wettbewerben beteiligen oder um Förderungsmöglichkeiten bewerben - jetzt nicht nur im Bereich Astronomie, aber gerade in dem Bereich speziell habe ich halt hier und da Einsicht in die Interna.


    So habe ich vor einigen Monaten hier zum Beispiel unter http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=163874 den internationalen Photo Nightscape Award vorgestellt, bei dem es immerhin eine Reise zum Paranal zu gewinnen gibt. Man sollte meinen, hier im Forum wäre ich inmitten all der Astrofotografen aus dem deutschen Sprachraum genau bei denjenigen, die dieser Wettbewerb anspricht. Dennoch war die Reaktion auf das Posting gleich Null und die deutsche Beteiligung an dem Wettbewerb ist auch ziemlich mau.


    Ein weiteres Beispiel ist der Reiff-Preis für Amateurastronomie, den ich hier seit Jahren wie Sauerbier anpreise (http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=168105), trotzdem haben sich seit es den Preis gibt fast ausschließlich Schulen darauf beworben, und auch von denen jedes Jahr nicht mehr als eine Handvoll und auch nur, wenn man einzelne Lehrer persönlich darauf anspricht - völlig unverständlich, denn hier winken Preisgelder im vierstelligen Bereich. An manegelnder Werbung kann es schwerlich liegen, schließlich ist der Preis regelmäßig in SuW und dem VdS-Journal präsent.


    Dann der Kollege, der mich vor einigen Tagen enttäuscht anschrieb und über die Ergebnisse des Maarble Sounds of Space-Komponistenwettbewerbs berichtete: 55 Teilnehmer, aber kein einziger davon aus Deutschland. Typische Zahlen, und ich könnte noch unzählige ähnliche Angebote aufzählen, bei denen es genauso aussieht.


    Bei den Kollegen im Ausland wirkt das so, als wäre es für potentielle deutsche Teilnehmer irgendwie unter ihrer Würde, sich für ein paar Hundert oder Tausend Euro auch nur eine Winzigkeit anzustrengen und soetwas wie einen wettbewerbsbeitrag einzureichen oder einen Förderantrag zu formulieren. Ganz vorne dabei sind dagegen die osteuropäischen Länder - auch und gerade wenn es nichtmal um Geld oder Sachpreise sondern nur um den Sieg als solches geht.


    Als jemand, der zeitweise auch bei der Organisation solcher Angebote mit beteiligt ist, kommt da natürich schnell Frust auf und es bleibt die alles entscheidene Frage: Warum? Und: Wie kann man euch(!) motivieren?


    Viele Grüße
    Caro