Beiträge von Kalle66 im Thema „Asteroiden "ablenken" ist Blödsinn !!“

    Moin,
    nicht die Ereignisse häufen sich, sondern wir nehmen sie häufiger wahr, weil immer mehr und bessere Teleskope den Himmel absuchen und inzwischen auch auf dem letzten Fleck der Erde irgendwer der 7 Mrd. Menschen mit Handy lebt und sofort bei der BILD anruft, wenn nur eine Cola-Dose vom Himmel fällt.


    Gruß

    Thorsten,
    es ist völlig egal, in welche Richtung Du einen störenden Brocken aus der Bahn bringen möchtest. Ob seitlich oder indem Du ihn schneller machst oder abbremst. Hauptsache er verfehlt die Erde, die sich selbst ja auch mit 30 km/s bewegt. Die Richtung wäre im Einzelfall zu klären, nicht dass der gleiche Brocken es 20 oder 1000 Jahre später noch mal versucht.
    Das Problem ist nur, dass der Brocken (wir diskutieren hier Teile jenseits von 100 Meter bis mehrere Kilometer (= 1 Mio Tonnen aufwärts in dritter Potenz zum Durchmesser), nicht so einfach Platz macht. Wie weiter oben aufgeführt, hat man bislang noch keine Sonde mit mehr als 5000 Kilogramm außerhalb der Erdbahn gebracht. Woher soll also der Treibstoff zum "Abschleppen" kommen. Um ein Größenvergleich zu haben: 5 Tonnen zu x Mio Tonnen verhalten sich wie eine Mücke, die an die Windschutzscheibe eines fahrenden Autos klatscht. Soll ich die ans Abschleppseil binden, damit sie mich im Pannenfall mit ihrer Flügelkraft wegzieht?


    Unterm Strich versuchen Astronomen und Raumfahrt aber genau den Spagat.


    (==>)Patrick
    Swing-By-Manöver* macht man um a) Zeit und Energie zu sparen und b) wenn man unbedingt aus der Ekliptik heraus will, denn beim Start wäre es Energieverschwendung, wenn man die Bahngeschwindigkeit der Erde (30 km/s) nicht nutzen täte. Dazu muss man den letzten anzufliegenden Planeten einfach senkrecht zur Bahnebene über- oder unterfliegen und der erledigt dann die Flugbahndrehung raus aus der Ekliptik.
    Anfliegen tut man Zielkörper tunlichst von "hinten", dann subtrahieren sich Sondengeschwindigkeit und Obejektgeschwindigkeit, wenn man längsseits gehen will. Je nach Gravitationspotential des Zielobjekt wird man auch so schnell genug. (Ein Problem, dass bei Jupiter/Saturn ganz andere Ausmaße hat.) Ist man erst mal unterhalb der 2. Fluchtgeschwindigkeit des Zielobjekts hat man einen anfangs elliptische Orbit und kann gezielt in den Apsiden die Bahn verändern. Mit solchen Tricks spart man sich a) Treibstoff und b) kann die Triebwerke kleiner bauen, weil man nicht punktuell große Leistungen abrufen muss (wie beim Start von der Erde). Raumsondentechnisch kommen noch so Probleme wie "Aufrechterhaltung der Sichtverbindung zur Erde bzw. Funkrelaisstation" etc. dazu.


    *Eine Swing-By-Variante ist simpel gesagt: Man lässt sich von hinten (aus Sicht der Flugrichtung des Planeten) einfangen, unterliegt somit lange der Gravitationsbeschleunigung, bis man eingefangen wurde, und beschleunigt dabei. Dann schleudert man einmal (hyperbelmäßig) um den Planeten herum und verlässt ihn weitgehend gegen seine Flugrichtung, womit man die Einwirkzeit nach dem Schleudervorgang im Gravitationspotential des Planeten verkürzt. Ergebnis: a) Man ist während der Phase schon mal schneller als ohne Manöver (höhere Durchschnittsgeschwindigkeit) und b) gewinnt zusätzlich Impuls (hier gleichbedeutend mit Geschwindigkeit), die man dem Planeten "klaut". Das geht auch umgekehrt um Impuls abzubauen (in Zielnähe), aber nicht mit dem Zielobjekt, wohl aber eventuellen Monden.


    Gruß

    Patrick,
    Atomraketen als Mittel letzter Wahl wäre nur insoweit sinnvoll, dass man damit Leute wie Dich vor dem Selbstmord schützt ... in der Hoffnung, der Brocken fliegt anschließend vorbei und Du bist noch am Leben, wenn gesellschaftliches Chaos ausgebrochen ist und dann doch nix passiert.


    Zum Szenario:
    Wenn der 2km-Komet seine Albedo für eine Stunde nur um 1% ändert, bzw. der Kometenschweif mal seine Intensität wechselt, dann sitzt da mehr Energie dahinter, als eine Atom-Bombe hat. Das heißt, die Unsicherheit des Bahnverlaufs ist größer als Deine vorgeschlagene Gegenmaßnahme. Einschlagsvorhersagen sind also in dem Zeitfenster, wo man vielleicht wirklich was machen könnten, so unsicher, dass man besser nichts verschlimmbessert. Der Haupteffekt einer Bombe auf einen Kometen wäre übrigens, dass ein paar tausend Tonnen "Dreck" aufgewirbelt würden, die zusätzlich von der Sonne dann angestrahlt werden und damit die Bestrahlung des Himmelskörpers u.U. "vernebeln". Quasi mit Schattenbildung das Gegenstück zum Spiegeleinsatz - der einzige Aspekt, wo ich einen sinnvollen Bombeneinsatz erkennen könnte.


    Hauptproblem ist bis heute, die genau Bahnbestimmung und deren Prognose, damit man über 10 Jahre hinweg überhaupt Einschlagwahrscheinlichkeiten von mehr als 1% ermitteln kann. Sonden zum Markieren solche Brocken würden da sicher helfen; ganz nebenbei deren Zusammensetzung erforschen.


    Zum Spiegeleinsatz: Die müssten schon Fußpilzfeldgroß und größer sein, was man mit aufgespannten Folien sicher erreichen könnte. Häng einfach an eine 100x100m-Folie an die vier Ecken je ein kreiselstabilisiertes Gewicht und lass die Folie leicht rotieren - fertig ist der Spiegel. Die Folie hätte nach einer Woche mehr Wirkung als eine Atombombe. Alternativ "aufblasen": 1 Kilo Helium bläht im All einfach alles in Form, selbst Hüpfburgen in Stadiongröße - wäre nur anfällig gegen Leckagen, müsste also durch Aushärtung anschließend stabilisiert werden. UV-Licht wäre dazu ja genügend da.[;)]


    Zum Treibstoffproblem: 1,5 Tonnen Nutzlast ist eine Menge Holz. Cassini-Huygens (die schwerste Raumsonde bislang) hatte eine Startmasse von 5 Tonnen, davon 3 Tonnen Treibstoff für den Flug zum Saturn - bleiben also 2 Tonnen für Nutzlast. Damit konnte sie abbremsen und ihren Orbit um Saturn einnehmen, inkl. Nebenmission "Huygens". Das geht also. Mit Swing-By-Manöver sogar mit exzentrischen Bahnen außerhalb der Eklipik; braucht nur Zeit. Am Besten mehr als 20 Jahre.


    Ansonsten machen wir bei so einer Vorhersage das, was die Amis schon bei Atomangriffen vorgeschlagen haben: "Duck and cover".

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    [:D]


    Gruß

    Moin Partrick,
    eine Kilotonne TNT entspricht 4E+12 Joule. Die Sonne leistet ~1400 W/qm sprich 1E+8 Joule je qm am Tag. Ein Broken mit 2km Größe ~ 4E+6 qm Bestrahlungsfläche sammelt also täglich Sonnenenergie im Äquivalent von 100 Kilotonnen TNT (in Erdbahnnähe). (Wirkungsgrade und Albedoeffekte einmal außen vor gelassen.) Ist es ein Schneeballtyp, dann leistet der Kometenschweif täglich mehr als eine 100-kt-Atombombe.


    Ich bin da kein Spezialist für diese Art von Physik. Da greifen sicher noch ein Dutzend weitere Parameter ein, die ich nicht kenne.


    Gruß

    Moin,
    meine Überlegungen zum Ablenken. Man hat es mit zwei unterschiedlichen Szenarien zu tun:


    Kurzfristig:
    Ein kleiner bisher nicht erkannter Broken bedroht dicht besiedeltes Gebiet auf der Erde. Ob da eine Sprengung im All mit einer Atomrakete Sinn macht, kann ich nicht beurteilen. Da kommt man vielleicht vom Regen in die Traufe. Evakuierungs- und Zivilschutzmaßnahmen dürften da im Vordergrund stehen. Wie der Fall in Russland zeigt, war es die Detonationswelle, die die Scheiben wegsprengte, nicht der Einschlag. Viele kleine Brocken würden zu minimal unterschiedlichen Zeiten explodieren. Man tauscht quasi ein schweres Kaliber gegen eine Schrotladung ein.


    Langfristig (Vorlaufzeit min. 10 Jahre):
    Interessant wären nur "große" global wirkende Brocken. Bei kleinen wäre eine langfristige Umsiedlungs-/Evakuierungsmaßnahme (sofern der Einschlagsort abgeschätzt werden kann) billiger und vor allem "beherrschbar".


    Die genaue Bahnbestimmung steht im Vordergrund, sonst spricht die Wahrscheinlichkeit gegen den Versuch, eine Ablenkung durchzuführen. Außerdem muss man sich sicher sein, dass die Ablenkung die Einschlagswahrscheinlichkeit verringert und nicht vergrößert.
    Je nach Bahnparameter des Brocken muss man da zwei Fälle unterscheiden. Broken mit großen Umlaufzeiten um die Sonne, die aus der Tiefe des Sonnensystems kommen und Broken, die parallel zur Erde vergleichbare Bahnen haben und sich der Erde in der Vorlaufzeit mehrfach annäheren.
    Letztere kriegen dabei von der Sonne so viel Energie ab, dass man die Sonnenenergie gezielt zur Installation einer Dampfschleuder nutzen könnte. Eine Dampfschleuder heißt: Sonnenspiegel um den Brocken installieren, damit die Material erhitzen und dieses verdampft und den Ablenkungsimpuls erzeugen. Alternativ könnte man mit Kernwaffen den Broken sprengen (bzw. Teile davon), damit die Oberfläche sich vergrößert und die Sonne mehr Strahlungfläche zum Erwärmen von (Eisbestandteilen) erhält. Simpel gesagt, man provoziert die Bildung eines Kometenschweifs zwecks Impulsabgabe. (Geht nur bei Schneeballtypen bzw. wenn man Gase freisetzen kann).


    Weitere sinnvolle Maßnahmen sehe ich jetzt nicht. Atombomben wirken in allen anderen Szenarien nur als Energielieferant (sprich als unkontrollierte Kraftwerke) für eine kurzfristige Impulserzeugung (wobei die Stütz-/Impulsmasse dem Broken entnommen wird). Selbst bei gezieltem Einsatz als Sprengmittel können die ihre gespeicherte Energie nur einmal verpulvern. Und dass die keine Berge versetzen, beweißt jeder Atombunker auf der Erde. Da wäre mit Nutzung der Sonnenenergie m.E. mehr drin, wenn die über Jahre gezielt einwirkt.
    Alle anderen Methoden, die mitgebrachte Masse als Impuls einwirken lassen wollen, scheitern m.E. am krassen Verhältnis der Massen bei den "großen" Brocken. Immerhin muss der im entscheidenden Moment sich um ~ 6000 km woanders befinden, damit er die Erde verfehlt. Mit 5 Meter p.a. kommt man da nicht weit.


    M.E. sollte man potentiell gefährliche Brocken erst mal mit Sonden markieren, damit man hochpräzise Bahnparameter erhält und deren Anatomie (Aufbau) ermitteln kann.


    Im Grunde gibt es keine "Stammtischlösung", sondern man muss für jeden konkreten Fall eine maßgeschneiderte Individuallösung erarbeiten. Ähnlich wie bei allen anderen Großprojekten auch. Insofern kann ich gut damit leben, dass da viele unterschiedliche Maßnahmen diskutiert werden, solange keiner die Überlegenheit seiner Maßnahme per se propagiert.


    Gruß

    Moin,
    wenn's um kometenähnliche (schneeballmäßige) Broken geht, kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass sie ihre Keplerbahn ständig ändern. Sie bilden nämlich in Sonnennähe Kometenschweife und geben darüber Impuls ab. Wie will man da deren Bahn auf 30 Jahre berechnen?


    Gruß