Hallo Micha,
ich glaube da gehen nun ein paar Dinge durcheinander, bei denen ich dann selbst nicht mehr mitkomme.
Du schreibts ganz zum Schluss "...Wichtiger für mich ist die Erkenntnis, dass die Referenzwellenfront aus diesen Überlegungen heraus tatsächlich nicht perfekt sein muss"
Die Referenzwellenfront muss genau bekannt sein. Das ist sie in aller Regel dann, wenn diese einfach zu beschreiben ist. Ein Sphäre lässt sich vollständig mit dem Radius beschreiben. Eine Zahl reicht. Das hat große praktische Vorteile. Zweitens: Diese Sphäre sollte sich einfach und fehlerfrei "perfekt" erzeugen lassen. Irgend ein schlauer Mensch hat herausgefunden, dass wenn man Licht durch ein winzig kleines Loch hindurch laufen lässt, dass dann am anderen Ende ein fehlerfreie, sphärische Wellenfront automatisch herauskommt. Automatisch! Das sind doch gute Nachrichten. Kein schleifen, vor allem kein Nachmessen. Automatisch perfekt; kraft Naturgesetz. Man kann sich immer und überall darauf verlassen und muss es nicht einmal nachprüfen. Nun wird überlegt, was passieren würde, wenn diese fehlerfreie Sphäre auf eine fehlerfreie parabelförmige Wellenfront treffen "interferieren" würde. Das ist Aufgabe von Mathematikern und Leuten, die Interferometriesoftware schreiben. Das passiert sozusagen am Schreibtisch. Du als Spiegelschleifer musst dann der Software mitteilen: Ich nutze a eine kraft Naturgesetz perfekte Sphäre als Referenz und b ich will einen perfekten Parabolspiegel herstellen. Wie ein solches Streifenmuster aussieht, weiß die Software.
Das PDI erzeugt nun zunächst eine sphärische Wellenfront (winzig kleiner LED-Kristall). Diese trifft auf den Parabolspiegel, der diese reflektiert und zurück zum PDI Plättchen mit dem kleinen Loch wirft. Diese Plättchen ist gleichzeitig auch teildurchlässig. Die durch den Parabolspiegel mitsamt seinen Fehlern verzerrte Wellenfront geht also durch das Plättchen zum Teil ungehindert durch in Richtung Beobachter. Bis hierher entstehen noch gar keine Streifenmuster. Ein anderer Teil der verzerrten Wellenfront geht aber auch durch das kleine Löchlein hindurch und wird von diesem dabei wieder in eine perfekte sphärische Wellenfront umgewandelt zuzusagen "bereinigt"; die Referenzwellenfront. Nun hat man also zwei Wellenfronten, die zum Beobachterlaufen und sich dabei überlagern "interferieren". Es entstehen mehr oder weniger gebogene Streifenmuster. Diese kann man als Beobachter kaum interpretieren. Aber man kann diese Fotographieren und einer Software zur Begutachtung vorlegen, die das kann. Ein Teil dieser Verbiegungen geht auf das Konto "Sphäre vs. Parabel" das wird von der Software verstanden und gleich abgezogen. Was jetzt noch übrig bleibt sind Fehler im Spiegel, die es zu beheben gilt und die von der Software angezeigt werden.
...Und um Interferenzstreifen zu sehen, muss ja die Referenzwellenfront, egal wie weit sie von der Perfektion abweicht,...
Leider nicht richtig. Die Referenzwellenfront sollte perfekt sein. Am einfachsten ist eine Sphäre zu erzeugen. Siehe was ich oben geschrieben habe. Wenn die Referenzwellenfront "fehlerbehaftet" ist, dann kannst Du Dein Interferometer als Messmittel einpacken und wegstellen. Dann ist es ein Spielzeug für lustige Abende, aber mehr nicht.
...unterschiedlich von der des Prüflings sein...
Auch leider so nicht richtig. Man kann mit einer perfekten sphärischen Wellenfront auch einen perfekten Kugelspiegel vermessen... Das Ergebnis wäre dann, das der perfekte Kugelspiegel perfekt wäre. Nunja. Da würde man sich als Spiegelschleifer wirklich freuen (natürlich schafft das niemand, aber in der Tat könnte man sich diesem Ideal mit einem Interferometer immer weiter annähern) und könnte dann zum parabolisieren übergehen, wenn man einen Teleskopspiegel möchte.
...nähern sich die Interferenzstreifen auch einem Streifenmuster an...
Interferenzstreifen können sich nicht einem Streifenmuster annähern. Streifen, die sich Streifen annähern. Das ist ein Zirkelschluss.
...Denn Gerhard hat geschrieben, dass eine perfekte Referenzwellenfront gar nicht gebraucht wird (und damit auch nicht der perfekte Referenzspiegel)....
Du verwechselt da was. Die Referenzwellenfront sollte einem theoretischen Ideal entsprechen und praktisch so auch herstellbar sein. Mathematisch einfach zu beschreiben, am besten kraft Naturgesetz perfekt und einfach zu erzeugen sein. Sie darf aber ruhig "andersartig" als die zu prüfende Wellenfront sein. Rest macht die Software. Sie darf also sphärisch sein, obwohl der herzustellende Spiegel parabolisch sein soll.
(Selbstverständlich darf man auch eine parabolische oder ebene Wellenfront erzeugen. Nunja. Hier hat man das Problem, dass das praktisch nicht einfach ist. Hier bedarf es Zusatzoptiken. Diese Zusatzoptiken müssen aber handwerklich hergestellt und ihrerseits überprüft sein und das in sehr
hoher Qualität, denn es soll ja eine (perfekte) Referenzwellenfront erzeugt werden. Spannende und teure Angelegenheit. Du kannst schon eine 24 Zoll Parabel in Perfektion verwenden und auch damit einen 24 Zoll Parabolspiegel vermessen. Wenn Du diese Referenzparabel im XXL Format herstellst, wirst Du der Frage nachgehen müssen, wie Du diese vermisst. Hoffentlich nicht zuvor ein 2. XXL Referenzparabel herstellen und davor eine 3. usw.... . Üblich sind tatsächlich sog. Autokollimationsspiegel. Eher selten da sehr aufwändig herzustellen. Aber manche ATMs machen das. Das führt hier aber zu weit)
...Wichtiger für mich ist die Erkenntnis, dass die Referenzwellenfront aus diesen Überlegungen heraus tatsächlich nicht perfekt sein muss!...
Leider nicht richtig. Wie oben geschrieben, darf die Referenzwellenfront andersartig sein als die zu prüfende Wellenfront. Die Referenzwellenfront sollte aber einem theoretischen Ideal entsprechen, in diesem Sinne also perfekt sein.
Viele Grüße
Gerhard