Siebter Labor-Bericht: Wer hat die besseren Sonnenfilter?
Die Geschichte ist schnell erzählt. Da verkauft ein Händler für die Sonnenbeobachtung eine schöne Filter-
folie, die auch bei mir prima funktioniert. Weil er aber von seiner Folie so überzeugt ist und vielleicht gerne
an alle "Sonnenanbeter" diese Folie verkaufen möchte, schildert er eindrucksvoll, wie gut seine Folie doch
sei, und wie schlecht dagegen die Glasfilter-Lösung und liefert zusätzlich eindruckvolle Beweise ab. Also
bekomme ich von einem der übrigen Händler die Anfrage, ob ich diesen Sachverhalt nicht vielleicht etwas
genauer untersuchen könnte. Dies regt natürlichen meinen Sports-Geist an, und so überlege ich mir, wie
ich durch eine auf Dichte 4 bedampfte Folie bzw. Glasfilter lichtmäßig überhaupt durchkomme. Mein grüner
Laser 532 nm hat zwar drei MilliWatt und ist erstaunlich hell, aber in Autokollimation zweimal durch Folie
oder Glas, das schafft auch er nicht. Also muß ein Versuchs-Aufbau mit einfachem Durchgang her, denn
einmal durch Folie oder Glas, das schafft der Laser noch spielend. Damit ist ein Interferogramm leider
nicht mehr möglich, aber ein Ronchi-Gramm und gegebenenfalls, wenn dieser Versuch ausgeweitet werden
sollte, auch ein Foucault-Bild.
01. Die beiden Filter-Typen: Folien-Filter gegen Glas-Filter
Der Öffnungs-Durchmesser des Glasfilters liegt bei ca. 85 mm. Auffällig beim Folien-Filter sind die Falten.
Optisch jedoch stören diese "Edel-Knitter" überhaupt nicht. Es ist sowas wie eine hauchdünne planparallele
Platte. Da gibt es sog. Pellikel-Häutchen, die als Teiler-Folie wirken. Da funktioniert das so ähnlich. Der
geprüfte Durchmesser von 80 mm wird durch die Öffnung des Zeiss FH 80/500 begrenzt.
02. Der Gesamt-Meßaufbau synta-seitig beschrieben von rechts nach links
Der Bath-Interferometer erzeugt aus einem der Teil-Bündel einen künstlichen Stern, ganz hinten etwas
unscharf zu sehen. (Siehe nächstes Bild) Dieser Lichtkegel hat seinen Ursprung im Fokus eines Zeiss-
FH 80/500, der aus dem Lichtkegel ein paralleles Lichtbündel macht. Siehe Holz-Winkel für Zeiss FH.
In dieses parallele Bündel werden nun die jeweiligen Filter zum Test eingesetzt. Nun lob ich mir doch
meinen Synta 150/1200 FH, dessen Qualität man im sechsten Labor-Bericht nachvollziehen kann. Der
fängt also das Parallel-Bündel wie ein normales Teleskop wieder ein, und fokussiert es dort, wo der Brenn-
punkt liegt, und das bei 532 nm, ohnehin auf diese Wellenlänge optimiert. Entscheidend ist, daß man
beide Filterversionen im Durchgang prüfen muß, also so, wie sie auch tatsächlich am Himmel bzw. der
Sonne benutzt werden.
03. Der Meßaufbau interferometer-seitig
Jetzt sieht man den Holz-Winkel mit dem Zeiss-Objektiv besser und auch den Bath-Interferometer. Dieser
Meßaufbau prüft im einfachen Durchgang. Nun wird man einwenden, daß sich doch die Ungenauigkeit der
beiden optischen Systeme abbilden müßte, was ein wichtiges Argument ist. Also zeigen die erzielten Ronchi-
Linien mit 10 Linien-Paare auf 1 mm die Summe aller Fehler auf dem Weg von der Lichtquelle bis zum Ronchi-
Gitter. Nach der Fragestellung zu Beginn der Untersuchung geht es aber nur um die Frage, Sonnenfilter als
Folie oder als Glas, welche Lösung ist die optisch bessere Lösung? Man kann also getrost nach Feinstrukturen
der Ronchi-Gramme suchen, die dann bei allen Testbildern auftauchen müßten. Das wäre beispielsweise
die leicht abfallende Kante vermutlich des Zeiss FH.
04. Sonnenfilter als Folie: Ronchi-Beispiele
Den Disput zwischen Folie und Glas kannte ich ursprünglich gar nicht, also untersuchte ich die Auffälligkeiten
der mir zugeschickten drei Sonnenfiltergläser mit einer Dichte von 4 nach auffälligen Strukturen, die man
durch Drehen der Ronchi-Gitterlinien erkennen kann und hatte dabei das Bedürfnis, das mit irgendetwas
anderem vergleichen zu können, bis mir einfiel, daß es ja auch die bekannte Filterfolie gibt, wie ich sie selbst
verwende. Zu meiner Verblüffung erhielt ich störungsfreie Gitterlinien, sodaß ich eine Art Bezugs-Normale
hatte. Meine Glas-Filter sollten also exakt die gleichen guten Eigenschaften aufweisen. Bei der Vorbereitung
zu diesem Bericht habe ich also bewußt die untersuchte Folien-Lösung an den Anfang gestellt, damit klar
ist: So gut sollten die Glasfilter eigentlich auch sein.
05. Sonnenfilter als Glasfilter, die gute Lösung: Ronchi-Beispiele
Unter den drei Filtergläsern war auch tatsächlich ein Beispiel, das mit der Folien-Lösung konkurrieren konnte.
Damit war zumindest der Beweis erbracht, daß die Glasfilter-Lösung entgegen der Folien-Händler-Behauptung
doch nicht so gravierend ausfällt, wenn man den Sachverhalt näher untersucht. Es gibt also tatsächliche
Sonnenfilter aus Glas, die der Folien-Lösung ebenbürtig sind, zumindest was diese Testanordnung betrifft. Man
Könnte natürlich noch mit Foucault nachlegen und oder direkt an der Sonne prüfen.
06. Sonnenfilter als Glasfilter, die schlechte Lösung: Ronchi-Beispiel
Wieso konnte aber dann der Folien-Händler die Glasfilter-Lösung so einseitig negativ darstellen, um damit
für sein Produkt zu werben? Nachfolgendes Bild gibt darauf eindeutige Antwort. Bereits über das Ronchi-
Gitter bilden sich die Fließstrukturen des benutzen Float- oder Fensterglas-Trägers derart ab, daß sich je nach
Winkel der Ronchi-Linien eine größere oder kleinere Störung der Wellenfront durch die Inhomogenität des
benutzten Glases zeigen läßt, die natürlich stark zu Lasten der Auflösung und Abbildungs-Schärfe des ver-
wendeten Fernrohres geht. Es kann also am Glas-Filter liegen, wenn die Abbildung der Sonne bescheiden aus-
fällt.
07. Sonnenfilter als Glasfilter, die schlechte Lösung: Ronchi-Beispiel
Ein anderes Ronchi-Gramm zeigt noch deutlicher die Störung der Wellenfront. Natürlich könnte man den
gleichen Test parallel dazu an der Sonne durchführen an einem der derzeitigen großen Sonnenflecken, leider
scheint die Sonne nicht jeden Tag, und weitet den Test natürlich aus.
08. Sonnenfilter als Glasfilter, die schlechte Lösung: Ronchi-Beispiele
Eine Zusammenschau wie vorher bei der Folien-Lösung, jedoch als Beweis, daß ein Sonnenbeobachter mit
einem solchen Sonnenfilter nicht glücklich wird, und man ihm zu einer Folie raten sollte, trotz Edelknitter.
Nun wollte aber auch der Händler der Glasfilter eine vernünftige Antwort für seinen Lieferanten, denn dort
muß ja eine Lösung gefunden werden, die den Kunden überzeugt. Wie wäre es, so mein Vorschlag, wenn
man vor der Beschichtung der Glasplatten diese vor der Beschichtung einer Prüfung unterzieht, mit Foucault
oder vielleicht sogar einem Interferometer-Test auf Durchgang prüft, und in diesem Test nur die guten Glas-Platten
zur Filter-Herstellung werden, da sie ja die Bedingung erfüllen, das Rest-Licht möglichst störungsfrei passieren zu
lassen. Wer also nach diesem Bericht seinen eigenen Glas-Filter auf Tauglichkeit überprüfen möchte,
sollte vor sein Telekop leihweise mal die bewußte Folie halten: Ändert sich an der Abbgildungs-Schärfe nichts,
so hat er einen der guten Glasfilter erwischt. Das Gegenteil ist auch richtig. Man möge also diesen Bericht
nicht als Werbung für die Folien-Lösung mißverstehen !
Fröhliche Grüße allerseits
Wolfgang Rohr
Im nächsten Bericht möchte ich einmal zeigen, wieviel Strehl
eigentlich übrig bleibt, wenn ein Newton nicht exakt justiert ist.