Wieso kann man bis kurz vor den Bing Bang kuckn?

  • Hallo!


    Hier eine Frage, die mich schon seit langer Zeit beschäftigt.


    Wenn die Theorie des Urknalls denn stimmen sollte - wieso kann man dann heute quasi zurück in die Zeit schauen?


    Ich kann ja verstehen, dass sich die Himmelskörper und alle Materie voneinander entfernt. Aber wenn wir doch schließlich am Anfang selbst dabei im Mittelpunkt waren, wieso kann man dann heute in die Vergangenheit sehen. Sollte uns das Licht nicht überholt haben? Verstehe ich nicht. Dieser Lesch erzählt man könnte bis 380 Mio Jahre nach dem Urknall demnächst was kuckn.

  • Hi,


    nun, Mittelpunkt... dafür muss es erst einmal einen Raum geben, in dessen Mittelpunkt man sein könnte. Und es muss etwas da sein, was in einem Mittelpunkt sein könnte.


    Beim Urknall gab es keinen Raum, der ist erst durch den Urknall entstanden. Es gab auch kein "wir", sondern nur Energie, recht gleichmäßig verteilt (bzw. im Urknall gibt es eine Singularität, aber kurz danach...)


    Es ist nicht so, das es inmitten eines riesigen Raumes einen mächtigen Knall gegeben hat, und seit dem Bruchstücke dieser Explosion in Form von Materie im Raum quasi auseinanderfliegen. Vielmehr ist es der Raum, der expandiert. Zusätzlich hat die Materie noch eine eigenen Bewegung, die Erde kreist um die Sonne und die Galaxien driften umher.


    So ein wenig kannst Du dir das vorstellen wie bei einem Luftbalon: Male ein paar Punkte drauf und blase den Balon auf. Der Balon stellt dabei den Raum da, der expandiert - und die Punkte entfernen sich voneinander, ohne das sie dabei eine Eigenbewegung haben, denn sie sind ja fest aufgemalt.


    Bei diesem Beispiel scheint sich die Materie an der Aussengrenze des Raumes zu befinden und breitet sich dort weiter aus. Das ist ein Fehler in diesem Modell, man müsste auch Materiepunkte in den Balon malen und verlangen, das diese sich mit dem Balon ausdehnen. Überlegt man sich das, stellt man fest, dass sich die Materiepunkte im äußeren Bereich des Balons schneller durch die Ausdehnung voneinander entfernen, als in den mittleren Bereichen.


    Wenn der Balon groß genug ist, könnte man sich reinsetzten, an eine beliebige Stelle - und würde beobachten, das sich alle Materiepunkte durch die Ausdehnung voneinander entfernen. Guckt man "nach Aussen", entfernt sich dort die Materie schneller. Guckt man "nach Innen", ist die Ausbreitung langsamer, man ist selber schneller. Guckt man "auf die andere Seite", geht die Ausbreitung sowieso von einem weg...


    Dazu kommt noch die Eigenbewegung, so kann es trotz Ausbreitung des Raumes vorkommen, das sich Materiepunte aufeinander zubewegen.


    cu - Arndt

  • Hallo Zimbo,
    wir sind der Urknall. Oder genauer, das ganze Universum, so wie es heute ist, ist der Urknall von innen gesehen - ein großer aufgeblasener "Punkt".


    Das Zurückschauen ist wie ein Echolot: Wir sehen das Lichtecho, berücksichtigen die Laufzeit und rechnen nach wie lange das her war, als das Licht entstanden war. In einer zweiten Rechnung können wir dann schätzen, wo die Lichtquelle heute wäre, wenn es Geschwindigkeit und Richtung beibehält. (Die Kosmologen nehmen statt Geschwindigkeit allerdings die Rotverschiebung, die "Berge versetzt, ohne sie zu bewegen", also die Raumausdehnung.


    Allerdings geht das mit Licht nicht bis zum Urknall sondern nur bis zur Entkopplung des Lichtes ca. 380000 Jahre nach dem Urknall. Noch weiter war es einfach zu heiß, Licht konnte sich nicht verbreiten, so wie es ja auch im Sonneninneren kein freies Licht gibt. Das damalige Hitzeflimmern (als es gerade kühl genug war, vergleichbar mit der Frostgrenze bei Wasser) sehen wir heute als kosm. Hintergrundstrahlung (analog zu den Gasgesetzen von Boyle-Mariott oder genauer "Gay Lussac", der Volumen und Temperatur in umgekehrte Proportion brachte, abgekühlt auf wenige Kelvin). Wenn wir entfernte Einzelobjekte sehen, dann kann man zu den 380000 Jahren noch ein paar Jährchen draufsetzen, die es brauchte, damit leuchtfähige Sonnen entstehen konnten, denn auch dazu muss Gas erst mal soweit abkühlen, das molekularer Wasserstoff entehen konnte. Erst damit kann sich über Reibungshitze/Abstrahlung eine Gaswolke so verdichten, dass im Zentrum eine Sonne entsteht.


    Wie sehen also den Schnee von gestern und rechnen uns daraus aus, dass und wann es geschneit hat.


    Gruß

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