Warum stürzt beim H-Atom das e nicht in den kern?

  • Hi!


    Ich hab diesmal eine Frage die sich mal ausnahmsweise nicht um irgendwelches Equipment dreht, sondern um Quantenphysik :)
    Ich bin grade dabei für meine Diplomprüfung in Theoretischer Physik zu lernen (Am 16. ists soweit) und ich zerbrech mir gerade den Kopf über eine Frage zu der ich noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden habe.
    Betrachtet man die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons beim Wasserstoffatom, so findet man die Höchste Wahrscheinlichkeit im Kern.
    Nun, warum findet man den Kern nicht meistens da?


    Ich hab zwei Möglichkeiten gefunden, bin aber noch nicht so zufrieden damit...
    1. Unschärfe. Denn der Kern ist sehr klein, dadurch würde das Delta X sehr klein, dadurch wäre das Delta P sehr groß, so dass das Elektron, sollte es mal im Kern landen, durch den hohen Impuls direkt wieder raus fliegt.


    2. Im Kern hat das Elektron die höchste Wahrscheinlichkeit, aber das Volumen des Kerns ist so dermaßen klein verglichen mit dem Atom, das das Elektron nicht so oft dahin kommt.


    Aber was ist die richtige Ursache? Weiss das jemand?

  • Hallo Arpad,


    ich bin zwar sowas von ein Nicht-Physiker, aber stürzt das Elektron nicht schlicht und ergreifend nicht deswegen in den Kern, weil seine Umlaufgeschwindigkeit gerade groß genug ist? So wie bei Sternen und ihren Planeten? H-Atom-Kern und Elektron verschmolzen ergäbe ein Neutron, richtig?

  • Wenn man das Atom und Elektron noch mit einem veralteten Bohr Modell betrachtet, ist das wohl so das die Geschwindigkeit zu hoch ist, aber in der aktuellen Quantenmechanik kreist das Elektron nicht um den Kern, sondern bewegt sich quasi in der Wolke der Aufenthaltswahrscheinlichkeit um den Kern.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Arp</i>
    in der aktuellen Quantenmechanik kreist das Elektron nicht um den Kern, sondern bewegt sich quasi in der Wolke der Aufenthaltswahrscheinlichkeit um den Kern.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist genau das, wo es bei mir immer gehakt hat mit der Schul-Physik. Man definiert zwei Teilchen und dann sollen die auf völlig verschlungenen Pfaden umeinander kreisen, weil man es halt nicht besser weiß. Ich glaube, dass Quantenmechanik nix mit der Realität zu tun hat, sondern nur ein (bisher funktionierendes) mathematisches Modell darstellt. Die "objektive" Wirklichkeit dürfte anders aussehen. Ein Fall für die Philosophie also. Oder noch schlimmer, für die Religion.

  • Hallo Arpard,


    wenn sich das Wasserstoffatom im Grundzustand befindet, und davon sprichst du wohl, ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit (die Radialwellenfunktion hat bei r=0 ihr Maximum) im Kern zwar relativ am höchsten, allerdings ist der Durchmesser des Kerns und damit das Volumen extrem klein. Als Folge ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Elektron dort aufhält, also das Produkt aus dem Quadrat der Radialwellenfunktion mal dem Kernvolumen, viel geringer, als die Wahrscheinlichkeit, dass es sich ausserhalb des Kerns befindet.
    Der scheinbare Widerspruch rührt daher, dass man meist den Zusatz 'radiale' bei der Aufenthaltwahrscheinlikeit weglässt.
    Die erste Interpretation enthält auch richtige Argumente, ist sogar allgemeiner, und damit nicht auf den Grundzustand des Wasserstoffs beschränkt.



    beste Grüße


    Thomas

  • Hallo Arpad,
    warum rechnen Quantencomputer anders? Lebt jetzt Schrödingers Katze oder ist sie tot?


    Das Wesen des Orbitalmodells ist u.a. das es Aufenthaltswahrscheinlichkeiten als Hilfsgröße zulässt, aber eben nicht die Aussage, es befindet sich an einer bestimmten Stelle. Dazu müsste Deine Berechnungsformel nämlich im Grenzwert mit delta(t) gegen Null (also zu einer bestimmten Zeit) eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit von 100% für r=0 ausspucken. Tut sie dass bei Grenzwertbildung?


    Ich "rate" jetzt mit meinen Kenntnissen aus Leistungskursen von vor 22 Jahren (Chemie, Mathe), dass die Formeln zur Berechnung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit genau das nicht hergeben (dürfen). Oder Generationen von Physiker und Chemiker haben "gepennt". Oder ich liege falsch...


    Gruß

  • Hallo Arpard,


    ich bin nur Chemiker und es ist ne Weile her, daß ich mit QM
    zu tun hatte, also nimm meinen Kommentar nur als Anregung:
    Ich denke mal, daß der Grundzustand so ist wie er ist, weil
    die Summe aus potentieller und kinetischer Energie minimal
    sein soll und letztere vermutlich mehr ansteigen würde, wenn man das
    Elektron in einen engeren Bereich einzwängen wollte, als
    die potentielle Energie zurückgeht. Man darf sich die
    Teilchen denke ich einfach nicht punktförmig oder als kleine
    Kugeln vorstellen die rumschwirren und mit einer bestimmten
    Wahrscheinlichkeit in einem Raumsegment "sind". Alles was
    man über die Dynamik des System weiß, steckt in der Wellenfunktion,
    die sich im Rahmen der zeitabhängigen Schrödingergleichung
    mit der Präzision einer Schweizer Uhr (oder besser ;-))
    völlig deterministisch entwickelt. Da stelle ich lieber die
    Begrifflichkeiten der klassischen Mechanik in Frage.
    In einem Mehrelektronensystem (alles größer als das H-Atom) haben die
    Elektronen ja nichtmal eine eigene Identität in dem Sinn,
    daß man sagen könnte ein Elektron bewegt sich so und das andere
    anders.


    Viele Grüße,
    Jens

  • Hallo Arpad!


    Meine Diplomprüfung in Theoretischer Physik ist noch nicht so lange her (2 Monate), deswegen dürfte ich die Antwort noch einigermaßen zusammenbekommen.


    Zuerst ein Buchtip: Haken-Wolf, Atom- u. Quantenphysik, Kapitel 10.4


    Nun zu Erklärung. Was du bezüglich der Aufenthaltswahrscheinlichkeit sagst, ist nicht ganz richtig.


    Richtig ist, dass das Betragsquadrat der Radialwellenfunktion (ich denke man kann hier etwas fachsimpeln [:D]) bei r=0 ein Maximum hat. Dies gibt dir allerdings *noch nicht* die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons an.


    Die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit muss unabhängig vom Winkel (Theta, Phi) sein! Über den Winkel ist in der Radialwellenfunktion noch nichts gesagt. Du musst sie also über eine Kugelschale integrieren, d.h. deine Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons ist nicht das Betragsquadrat von der Radialwellenfunktion, sondern das Betragsquadrat der Radialwellenfunktion *integriert* über ganz Theta und Phi.


    Klar soweit? [:)]


    Dieses Integrieren gibt dir einen zusätzlichen Faktor von r^2. Dieser Faktor mal das Betragsquadrat der Radialwellenfunktion ist dann die tatsächliche radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons, und ist bei r=0 Null. Das Maximum dieser entstandenen Funktion liegt bei a0 (dem Bohr'schen Radius), ganz genauso wie es sein sollte.


    Also nochmal zusammenfassend: Für die radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit muss man die Radialwellenfunktion über eine Kugelschale integrieren, was einen zusätzlichen Faktor von r^2 mit ins Spiel bringt.


    Das Elektron hält sich also nicht am Kern auf, sondern ist mit größter Wahrscheinlichkeit auf der ersten Bohr'schen Bahn anzutreffen. Genau das ist ja dann auch die Verbindung zur klassischen Physik.


    Und für alle, denen das gerade spanisch vorkam: In der Quantenmechanik gilt "Shut up and calculate". Das ist viel Gerechne, und leider nur selten anschaulich. Die Aussage von diesem Problem ist eigentlich: Die Quantenmechanik ist super kompliziert und keiner verstehts, schlussendlich kommt aber doch immer genau das Ergebnis raus, was man sowieso erwartet.


    Viel Erfolg für deine Prüfung Arpad! Lass uns das Ergebnis wissen!


    CS


    Carsten


    Nachtrag: Ich merke gerade, dass ich wohl einen Fehler gemacht habe: man integriert nicht die Radialwellenfunktion, sondern die Gesamtwellenfunktion. Glaube ich. Oder so. Aber viel wichtiger ist hier die Sache mit dem r^2 [8D]

  • Hallo Arpad,


    das Thema ist eigentlich falsch benannt. Das Elektron stürzt in den Kern bzw. hat dort eine endliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Das bedeutet aber nicht, dass es mit dem Kern verschmilzt.
    Die Neutronenmasse ist größer als die Protonenmasse plus der Elektronenmasse. Es kommt daher nicht zu einem Prozess Elektron plus Proton gleich Neutron. Wohl aber zerfällt ein freies Neutron im Mittel nach etwa 15 Minuten in ein Proton und ein Elektron (plus Elektron-Neutrino, da hier die schwache Wechselwirkung ursächlich ist und weitere Erhaltungssätze gelten).
    Kurz, ein Wasserstoff-Atom ist dauerhaft stabil, weil es für seine Teilchen keinen niedrigeren energetischen Zustand gibt.
    Um einen kleinen Einblick in das Verständnis der Quantenmechanik zu bekommen, muss man sich (leider!) von liebgewonnenen Modellvorstellungen trennen. Anschaulich geht das nicht mehr, man bewegt sich "in einer anderen Welt", soll heißen, wir haben uns in der Evolution erfolgreich mit unserem Weltverständnis an unsere Größenordnung der Umwelt angepasst. Im großen (allgemeine Relativitätstheorie) und im kleinen (Quantenmechanik) funktionieren unsere anschaulichen Modelle daher nicht mehr. Das ist teilweise philosophisch (Stichwort: evolutionäre Erkenntnistheorie), aber natürlich auch mathematisch und physikalisch behandelt worden. Einer physikalischen Theorie die Daseinsberechtigung abzusprechen, weil sie nicht anschaulich ist wäre so, als würde man behaupten, der Mond ist nicht da, wenn ich nicht hinsehe.


    Grüße,


    Carsten

  • Hallo Arpad,


    ich bin auch Physiker, finde aber die Quantenwelt echt spannend. Ich wünsch dir auf jeden Fall viel Erfolg am 16., und nachträglich alles Gute zum Geburtstag. Lass dich doch mal wieder im KBA-Forum sehen.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Syrtis Major</i>
    <br />Hallo Arpad,


    ich bin zwar sowas von ein Nicht-Physiker, aber stürzt das Elektron nicht schlicht und ergreifend nicht deswegen in den Kern, weil seine Umlaufgeschwindigkeit gerade groß genug ist? So wie bei Sternen und ihren Planeten? H-Atom-Kern und Elektron verschmolzen ergäbe ein Neutron, richtig?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Alle Modelle sind nur Theorien (die allerdings funktionieren). Wer sagt denn, das ein Elekton sich nicht auch zeitweise im Atomkern aufhalten? Ich glaube das widerspricht nicht dem Modell des Aufenthaltswahrscheinlichkeit-Modells.


    Wichtig ist doch nur, das ein Gleichgewicht vorliegt. Das also ein Wasserstoffatom sein Elektron nicht verliert.


    Neutron = Proton + Elektron wird als Gleichung wohl nicht ganz aufgehen. Interessant ist übrigens, das Protonen und Neutronen in einem Atomkern ständig interagieren. So wird aus einem Proton ein Neutron, und glechzeitig aus einem Neutron ein Proton. Zwischen den Protonen und Neutronen "fliegen" Teilchen, deren Namen ich vergessen habe, die den Austausch möglich machen.


    Gruß, Karsten

  • Ciao,


    ich würde folgendes sagen:
    der Ansatz für die Wasserstofforbitale enthält eine Annahme über das
    das Potential des Kerns, und zwar potential = 1/r x irgendwas. Der Kern wird als punktförmig (!) (mit Ladung) angenommen. Das ist eine MODELL-Annahme ! Und das ganze ist ein Modell ! (nicht die Realität selbst).


    Jetzt versuchst Du - mit diesem gleichen Ansatz ! - rauszukriegen was (in der Realität !) passiert wenn das Elektron tatsächlich real mit dem Kern wechselwirkt. Wenn man das berechnen will, dann kann der Ansatz oben doch gar nicht mehr stimmen. Weil man dann ja wohl sagen muss der Kern habe eine endliche und in Zahlen angebbare Raumausdehnung und auch evtl. eine Ladungsstruktur (wahrscheinlich eben auch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, oder ?). Also wird die Gleichung die man da lösen muss anders aussehen und auch die Lösungen werden (etwas) anders aussehen. Fern vom Kern werden sie natürlich asymptotisch in die Gleichungen des normalen Orbitalmodells übergehen (müssen). Aber NAH am Kern werden sie eben ANDERS aussehen ! Um das wirklich zu berechnen brauchst Du ausserdem dann Quantenfeldtheorie und nicht normale QM.


    Also: der Widerspruch kommt durch die Modellannahme eines punktförmigen Kerns. Und die stimmt - im Detail - nicht ! Und deshalb stimmt im - Detail (=WW mit Kern) - auch nicht, was Du damit ausrechnest.


    Für meinen Geschmack ist DAS (oben) die richtige und sinnvolle Antwort.


    Man kann natürlich auch handwaving-mässig rumlabern, wegen Heisenberg:
    Delta_x wird beliebig klein, wenn ich eng an den Kern will und deshalb wird Delta_p für das Elektron dort beliebig gross, um ihr Produkt &gt;= h_quer zu halten. Also keine Wechselwirkúng möglich (Kern kann e bei diesem Impuls nicht fangen). Aber das ist eine Daumen x Pi-Argumentation für meinen Geschmack, wenn man mal schnell keine Zeit hat genauer drüber zu reden - Mund voll beim Essen, keine Lust zu argumentieren, Prof schaut grade ner Blondine hinterher etc ... :)


    ÜBRIGENS: wenn Du diese Frage nicht beantworten kannst: ruf doch einfach VOR der Prüfung einen Deiner Profs an und frag ihn. Profs sind Leherer und Lehrer darf man FRAGEN, wenn man was nicht verstanden hat oder etwas wissen will...! (Berührungsangst ist da unangebracht !) UND DAS zu lernen hat gar nichts mit QM zu tun :) !


    Viel Glück für die Prüfung ! :)
    Gruss, Peter

  • Sind Gluonen nicht die Teilchen die die Quarks zusammenhalten?
    Warum sollen sich Protonen in Neutronon umwandeln? Ich weiß bloß, dass beim Potentialtop des Kerns sich das neutron in ein Proton umwandelt, wenn unter dem niveau des Neutrons noch ein freies Niveau im Topf der Protonen war. Aber das ist Beta-Zerfall wenn ich nicht irre.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: FrankTheTank</i>
    <br />Sind Gluonen nicht die Teilchen die die Quarks zusammenhalten?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Das ist richtig. Gluonen halten die Quarks im Proton respektive Neutron zusammen.


    Der Austausch zwischen einem Proton und Neutron innerhalb eines Atomkerns findet durch Pionen statt (starke Wechselwirkung).


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">
    Warum sollen sich Protonen in Neutronon umwandeln?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Möglicherweise, um die Stabilität zu erhöhen?

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