64,5cm (25.4") Borofloatspiegel

  • Hallo Selbstbauer und Selbstschleifer,


    hier mal ein Erfahrungsbericht. Ich hoffe, er ist interessant für alle, die selbst große dünne schleifen wollen.
    Vielleicht erinnern sich einige noch, dass ich im April die Fertigstellung dieses Spiegels (s.o.) bekanntgeben konnte. Nachdem ich einen 60cm-Spiegel aus diesem Material gut hinbekommen habe, wollte ich die Grenzen des Machbaren weiter austesten. Das Ergebnis war d=64,5cm, f/3,7 (240cm) bei 25mm Randdicke. Für die Stabilität eines Spiegels ist aber meiner Meinung nach die Mittendicke noch entscheidender als die Randdicke. Sie ist bei einer Pfeiltiefe von fast 11mm nur noch etwa 14mm, was ein Verhältnis d/Mittendicke von 1:45,7 ergibt. Entsprechend waren die Lagerungsprobleme. Noch Plop müßte eine 27-Punktzelle noch ausreichend sein. Also baute ich eine solche. Der Spiegel zeigte dann aber doch, egal was ich unternahm, Asti. Mal mehr mal weniger. Außerdem im ersten Sterntest eine deutliche Unterkorrektur, die im Widerspruch zu den Foucaultwerten stand. So habe ich weiter parabolisiert bis die Parabel im Sterntest o.k. war(k=-1,05). Auf dem diesjährigen ITV konnte man mit diesem Spiegel beobachten und sich von alldem ein eigenes Bild machen.
    Nun habe ich mich nach der Sommerpause (weiße Nächte im Norden) wieder mit dem Teil beschäftigt und eine 18-Punktzelle eingebaut. Sie hat gegenüber der 27-Punktzelle den Vorteil, dass sie symmetrischer ist und weniger differentielle Kräfte in den Spiegel einleitet. Und siehe da, Asti ist fast kein Thema mehr. Dafür ist der Spiegel nun überkorrigiert. D.h. die anfängliche Unterkorrektur kam auch von der 27-Punktzelle. Sie hat wahrscheinlich die 70%-Zone etwas mehr angehoben und damit eine Unterkorrektur vorgetäuscht. Dieses Problem habe ich etwas abmildern können, indem ich die Abstände der Auflagepunkte der Dreiecke in der neuen Zelle radial vergrößerte und die Dreiecke etwas nach außen verlegte. Das Ergebnis ist, die 70%-Zone hängt nun etwas mehr durch, der Spiegel verbiegt sich leicht in Richtung Unterkorrektur.
    Ich denke, mit dieser Situation kann ich nun zufrieden sein. Jetzt überwiegen für mich die Vorteile des großen dünnen (25.4" wiegen nur 14,3kg).
    Was mich dabei noch interessiert. Ist hier die Grenze des Machbaren und Sinnvollen erreicht? Wenn ich nochmal einen größeren Spiegel schleifen sollte, wird er garantiert wieder dicker.


    Schöne Grüße


    Werner

  • Hallo Werner,


    habe gar nicht gewußt, daß Dein neuer Spiegel sogar f/3,7 (!) hat, eine schier unglaubliche Leistung, herzlichen Glückwunsch!
    Da wäre als Steigerung nur noch die Maximalgröße einer Borofloatscheibe (850mm) drin, gibt aber schnell ein Loch in der Mitte, und dann Kratzer im schönen Schleiftisch... nein das muss nicht sein[:D]


    Die Sache mit der Mittendicke sehe ich genauso, bei einem klassischen Verhältnis von 1:7 ist die Unterscheidung von Rand- und Mittendicke ja völlig egal. Bei Deinem Spiegel trägt aber, überspitzt gesagt, nur eine Art äußerer Ring zur Stabilität bei. Die 70% Zone liegt ja dann schon auf halber Pfeiltiefe.


    Da ich noch einige große Scheiben aus 19mm Floatglas hier liegen habe, freue ich mich besonders über Deine umfangreiche Vorarbeit zu den praktischen Grenzen der "Dünnschleiferei". Und mit circa 14 mm Mittendicke wäre da schon einiges drin, wenn ich mich mangels Parabolisier-Erfahrung auf f/5 beschränke.[;)]


    Gut zu wissen, daß man mit der 27-Punkt Zelle aufpassen muss. Vielleicht hilft eine 36-Punkt Zelle weiter. Zum Beispiel die vom Keck-Teleskop, die sieht sehr schön symmetrisch aus, ähnlich wie die 18-pt Zelle. Man müsste sich aber etwas mit PLOP beschäftigen, habe bisher keinen fertigen Entwurf dieser Art irgendwo gefunden.


    Wegen der Grenze des Machbaren, reagiert ein Spiegel mit schnellem Öffnungsverhältnis eigentlich empfindlicher auf Verbiegungen desselben? So rein gefühlsmäßig, ja, oder?
    Dann gäbe es nur einen Ausweg: eine lange Leiter!


    Viele Grüße
    Kai

  • N'abend Werner,


    1:26 bei 25mm Randdicke, 14mm Mittendicke, F/3,7 [:0]
    du hast aber auch nix ausgelassen was die Sache schon im Einzelnen anspruchsvoll genug macht, mein Respekt auf ganzer Linie!!
    Timms 18er mit 20mm Randdicke und 13mm in der Mitte bei 23:1 hatte sich eigentlich recht brav beim Korrigieren (nur Mitte neigte etwas zum Berg) und ohne Auffälligkeiten in der 18-Punkt Spiegelzelle benommen. Leichten Asti zeigte er nur weil sich ein Stück Schrumpfschlauch vom lateralen Lager gelöst hatte.
    Nun bin ich dabei meinen 24er auf einen halbwegs aktuellen Stand (185cm Zeniteinblick, 31Kg Gesamtgewicht) zu bringen, bin mal gespannt was der für Überraschungen noch bereithält, werde auf alle Fälle auch mal an der 18-Punkt Zelle festhalten.
    Noch ne Frage:
    Hast du den 25,4er als Lowrider oder in Standardbauweise realisiert? Als Lowrider könntest du etwa die gleiche Einblickhöhe, mit deutlich stabilerer Spiegelmitte und leichter zu korrierendem Spiegel bei gut F/4 realisieren.


    ps:
    Wie sehen die Sterne im Übersichtsoku (26er Nagler) bei F/3,7 aus?


    Grüße Roland

  • Hallo Kai und Roland und alle anderen, die sich für dünne Spiegel interessieren.


    Danke Kai und Roland für euren Beitrag.
    Bei der 36-Punktzelle ist mir nicht klar geworden, wie sie funktioniiert. Sechs feste Auflagepunkte auf einer Wippenseite wäre nicht sinnvoll. Zwei Dreiecke müßten da auf einer zweiten Wippe sich frei bewegen können. Bei Plop ist das nicht vorgesehen. Da hörts bei 27 Punkten auf. Vielleicht gibts einen klugen Kopf, der mal eine nachbaubare Zelle mit mehr als 27 Punkten entwirft, die dann auch noch relativ symmetrisch ist.
    Ob ein Spiegel mit schnellem Öffnungsverhältnis empfindlicher auf Verbiegung reagiert, kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall ist er bei gegebener Randdicke in der Mitte dünner und deshalb auch empfinlicher.
    Weil ich das Teleskop in klassischer Bauweise bauen, aber nicht mehr als drei Stufen für Zenitbeobachtungen benötigen wollte, wurde es dieses Öffnungsverhältnis. Bei 240cm Brennweite reichen im Prinzip 2 Stufen, wenn man 1,8m oder größer ist. Der Fangspiegel hat 120mm kleine Achse und reicht gerade so (den hatte ich noch vom 27",f/4.25). Bei einem Lowrider müßte er deutlich größer sein. Für Leute, die Planspiegel selbst schleifen, wäre das sicher kein Problem. Ich habe aber noch keinen geschliffen.
    Mit der Abbildungsqualität bin ich zufrieden. Extra für dieses Teleskop habe ich mir einen Paracorr geleistet. In Verbindung mir Naglerokus ist die Abbildung erstaunlich gut. Viel Beobachtungserfahrung konnte ich allerdings noch nicht sammeln, da das Fernrohr ja noch rel. neu ist und ich viel Zeit bisher mit Testen und Umbauen verbrachte.


    Roland verrätst du genaueres, was deine Umbauaktivitäten anbelangt?


    Schöne Grüße


    Werner

  • Hallo Werner,


    ja die 36pt Zelle vom Keck ist etwas aufwendig wegen der Statik, die 6-eckigen Spiegelsegmante sind wohl um 1m groß und 75mm dick und deshalb etwas schwer.
    Im Prinzip geht es so: Auflagepunkt -> Balken -> pro Ende ein weiterer Balken -> pro Ende ein Dreieck.
    Und das ganze drei mal für jeden Auflagepunkt.


    Oder anders ausgedrückt: zwei Balken+Dreicke einer 18pt Zelle auf die Enden eines Balkens gelegt welcher auf dem Auflagepunkt ruht.
    Ist wirklich schön symmetrisch.


    Werde mich mal einlesen, Plop kann viel mehr als 27 Punkte, aber wie gesagt es lohnt immer erst zu suchen ob nicht jemand sowas schon mal gemacht hat :o)
    http://www.atmsite.org/contrib/Holm/Plop_optimized_cells/


    Unter "Plop Setup Files" gibt es ein file "PlopSet.zip", dort sind Zellen bis 162 Punkte drin, sind auch ganz kühne Entwürfe dabei.
    Also die Lagerung ist theoretisch kein Problem wenn man den Spiegel erst einmal fertig hat.
    Wie so eine Zelle in der Praxis funktioniert ist eine andere Frage, aber eine 18pt Zelle kann man ja immer zuerst ausprobieren.


    Was mich in dem Zusammenhang noch sehr interessiert: Wie hast du den Spiegel zum Testen aufgestellt? In der zukünftigen Zelle?


    Und: Ab welcher Vergrößerung war der Zellenasti zu sehen, bzw störend?


    Viele Grüße
    Kai

  • Hallo Kai,

    danke für die Tipps zur Spiegelzelle. Ich werde erstmal einige Beobachtungen mit der 18-Punktzelle durchführen. Mal sehen, wie sie sich macht.
    Wenn ich Spiegel mit dem Foucaulttest vermesse, steht er auf zwei Balken aus Hartschaum genau senkrecht, also ohne dass von hinten Kräfte einwirken. Da entsteht dann nur der "potatochipeffekt". Möglich, dass dadurch die Werte in der horizontalen etwas verfälscht werden. Aber nur beim 64,5cm-Spiegel habe ich wahrscheinlich deshalb einen Unterschied zwischen den Messwerten und der Abbildung am Stern gehabt. Bei kleineren Spiegeln gabs bisher keine Überraschungen.


    Gruß


    Werner

  • Hallo Werner, <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Roland verrätst du genaueres, was deine Umbauaktivitäten anbelangt?
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> ich mach erst mal, dann schau ich ob es die Tastaturquälerei überhaupt wert ist [;)]


    Gruß Roland

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