Unterschätzt nie....

  • ......die Lichtsammelleistung eines 4-zöllers unter dunklem Himmel.


    Eigentlich wollte ich gestern Abend im Eridanus mit dem C11 rumsurfen, aber schon bei meiner Ankunft hatte ich keine große Lust, das C11 auf die Montierung zu setzen. Machte ja nichts, da ein 4“ APO ebendort angebracht ist. Grundsätzlich hätte ich diesen für fotografische Anwendungen und Rich-Field-Beobachtungen vorgesehen, aber in dieser Nacht kam es etwas anders als erwartet.


    Mit -11°C war es schon eher auf der kälteren Seite, dafür war aber eine ausgezeichnete Transparenz des Himmels zu verbuchen. Die Wintermilchstraße trat deutlich strukturiert zutage und war quer über den gesamten Himmel zu sehen. Die visuelle Grenzgröße im Sternbild UMi lag bei 6,7mag.


    Los legte ich mit 2 Dunkelnebeln im Orion:


    Barnard 35:
    Auffällig längliche Tropfenform. Im 26mm Okular (31,5fach mit 2,2° Gesichtsfeld) fällt er anfangs nicht so richtig auf, da mehrere dunkle Stellen zu sehen sind. Ganz anders bei 91facher Vergrößerung. Hier kann man die Tropfenform tatsächlich genau Nachverfolgen. Im Nebelgebiet sind wirklich absolut keine Sterne zu erkennen. Leider ist die Sterndichte zu den Rändern nicht all zu hoch, weswegen man die Lage von B35 genau kennen sollte. Dazu gibt es aber eine ausgezeichnete Homepage: http://www.library.gatech.edu/bpdi/search.php?search=0


    Barnard 224:
    Sehr große und auffällige Dunkelwolke; leicht ovale Form; bei 91x füllt sie beinahe das gesamte Gesichtsfeld aus und erscheint wirklich schwarz. Eigentlich ein unnatürlicher Eindruck, wenn fast das gesamte Gesichtsfeld absolut schwarz erscheint und nur an den Rändern Sterne wahrgenommen werden können.


    Nun zog es mich in die Zwillinge, um mal 3 eher unbekannte Sternhaufen zu beobachten.


    NGC2266:
    Wirkt bei 31,5x dreieckig; dominiert wird er von einer gebogenen Sternenkette, die sich vom hellsten Stern im Süden ausgehend nach Osten biegt. Schon bei dieser Vergrößerung grießelt es im Hintergrund; bei 91x können ca. 25 Sterne aufgelöst werden, aber mit einem immer noch nebeligen Hintergrund;


    NGC2420:
    Im Übersichtsokular ein wunderschöner, runder und dicht gedrängter Sternhaufen; ca 7 Sterne lassen sich eindeutig vom nebeligen Hintergrund trennen; bei 59x treten nur wenig mehr Einzelsterne aus dem Hintergrund; bei 91x ändert sich allerdings nichts mehr;



    NGC2304:
    Beim aufsuchen bin ich 2x am Ziel vorbeigefahren, da dieser Sternhaufen schon sehr unscheinbar wirkt. Es ist bei 31,5x nur eine sehr zarte und vor allem sehr kleine Aufhellung zu bemerken; beste Beobachtung bei 59x – hier kann man erahnen, dass es sich um einen runden und dicht gedrängeten Sternhaufen handelt; nur ab und zu blitzen mit indirektem schauen Sterne hervor;


    Mit dem Hexenkopfnebel (IC2118) stand nun ein etwas schwierigeres Objekt am Programm. Beim ersten schauen mit 15facher Vergrößerung war mal rein gar nichts zu erkennen. Bei 31,5fach konnte man wenigstens den nordöstlichen Bogen dieses Nebels auf ca. 1,5° Länge erkennen. Weiter nach Süden war überhaupt nichts zu erkennen. Etwas ernüchtert überlegte ich, was ich mit dem 4er noch anstellen könnte. Beim anschauen der vorbereiteten Sternkarten dieses Gebietes mit dem C11 fielen mir mehrere Galaxien auf. Also, da ich schon mal da bin, probierst Du halt die hellste, dachte ich und suchte den Ausgangsstern für


    NGC1726:
    Mit 12,7mag eine Herausforderung für das Teleskop. Umso überraschter war ich, als ich schon bei 59x indirekt ein deutlich flächiges Nebelchen erkannte. Die Galaxie erscheint genau Nord-Süd ausgerichtet und ca. 1,5:1 elongiert. Am südlichen Ende scheint sie ein Vodergrundstern zu berühren. Nochmals besser wurde die Erkennbarkeit bei 91x. Hier war die Galaxie indirekt dauernd zu halten. Natürlich können keine Einzelheiten erkannt werden, aber trotzdem war ich schon ein klein wenig überrascht, ob dieser leichten Beobachtung. Jetzt wollte ich doch etwas genauer wissen (obwohl meine Finger schon leicht angefroren waren) und steuerte das Teleskop in die Richtung von


    NGC1752:
    Mit 13,3mag rechnete ich mir eigentlich gar nichts mehr aus. Was ich aber dann im Okular sah, trieb mir beinahe Freudentränen in die Augen. Ein wunderschöner ca. 3:1 elongierter Strich, der im Norden von 2 gleich hellen Sternen die etwa 45 Bogensekunden Abstand haben, begleitet wird. Natürlich ist diese Bild ausschließlich indirekt zu sehen, aber meine Hochachtung vor dem 4“ Refraktor steigt gewaltig. Ich beobachtet diese Szenerie wohl über 30 Minuten, da ich es immer noch nicht richtig glauben konnte. Beste Vergrößerung war 91x.


    Als letztes Objekt (vor die Finger endgültig abfielen [:D][:D]) begab ich mich auf die Suche nach


    NGC1779 (13,0mag)
    Wider Erwarten war dies das schwierigste Objekt in dieser Nacht. 3x bin ich am Zielgebiet vorbeigeschossen, aber letztendlich konnte ich das Gebiet genau lokalisieren. Nur hin und wieder konnte man einen deutlich flächigen Klecks erkennen, aber genau so schnell verschwand er auch wieder. Nach kurzer Überlegung kam ich zum Schluss, dass es eventuell an der Flächenhelligkeit liegen konnte. Also, 1 Vergrößerungsstufe zurück (59x) und siehe da, jetzt war sie wirklich leichter zu sehen, auch wenn sie indirekt nicht dauern zu halten war.


    Der zwischenzeitlich schon aufgegangene Löwe erinnerte mich daran, dass ich morgens doch noch zur Arbeit sollte, obwohl ich nach dem erlebtem eigentlich gar keine Müdigkeit mehr verspürte. Insgesamt kann ich behaupten, dass ich nach nun schon über 20 Jahren visueller DS-Beobachtung doch etwas vom 4zöller überrascht wurde.


    Somit wünsche ich noch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Liebsten


    Schöne Grüße aus Innsbruck
    Tom

  • Hallo Tom!
    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Thomas Engl</i>
    <br />......die Lichtsammelleistung eines 4-zöllers unter dunklem Himmel.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Das würde ich nie tun. [:)]
    Das ist mehr die "Aufgabe/Passion" von Spiegel-Verfechtern. [;)] [:D]


    PS:
    Wollte jetzt keine APO-Diskussion lostreten. [:I]

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Stefan</i>
    Das ist mehr die "Aufgabe/Passion" von Spiegel-Verfechtern. [;)] [:D]
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Au contraire mon ami, au contraire. Auch der klassische 4.5" Newton leistet unter gutem Himmel erstaunliches [:D]


    (==&gt;)Tom: sehr schöner Bericht - und gerade Deine Sichtung von IC 2118 zeigt ja mal wieder schön deutlich, dass es der Himmel macht und dann erst das Scope.



    Cheers
    Andreas

  • Hallo Thomas,
    mal wieder ein klasse Bericht von dir!
    NATÜRLICH ist mit 4" unter solchen Bedingungen schon extrem viel möglich![:p]
    Am Hexenkopfnebel habe ich mich auch schon versucht und nicht mehr als eine sehr schwache Aufhellung erkannt. Uwe Glahn hat den Nebel mit einem 20x125 Fernglas gezeichnet, schau einfach mal auf seiner HP nach!


    Frohes Fest!
    Daniel
    http://www.astro-visuell.de

  • Hallo Tom,


    schöner Bericht der animiert heute Abend wieder etwas frische Luft zu schnuppern [:p] <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">die Lichtsammelleistung eines 4-zöllers unter dunklem Himmel.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote"> wer bei guten Bedingungen da mal durchgeschaut hat wird das sicher nicht tun, aus diesem Grund haben wohl viele Großscherbenbesitzer noch einen kleinen 4-5" Newtonfinder montiert, der auch prächtig als Richfieldgerät taugt. Größere Objekte wie z.B. M31, H&Chi, Cirrus, Rosette, M45 sind mit dem 24er bei max 48' Feld nur teilweise zu sehen, auch Sternhaufen wie M35 u 37 verlieren bei 100X (Minimalvergrößerung) ihren Haufencharakter und sind im 4" Finder bei 16X u 4,5° Feld viel ästhetischer anzuschauen.
    Grade bei guter Transparenz kommen viele Großstrukturen und Dunkelwolken zum Vorschein wo es sich lohnt mit einem kleinen Teleskop oder nur mit dem Feldstecher die Milchstrasse abzugrasen. 2003 hatten wir auf der Emberger Alm einen Abend fast nur mit einem 4" (100/640 APQ) und meinem damals grade fertiggestellten 8" F/6.5 Dob beobachtet [:p]
    Wie sagt man so schön: "jedes Teleskop hat seinen Himmel"


    Grüße

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: Thomas Engl</i>
    <br />Unterschätz nie......die Lichtsammelleistung eines 4-zöllers unter dunklem Himmel.
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Bei dem oft vorherrschenden Öffnungswahn musste das einmal geschrieben werden.
    Ich kann das gut nachvollziehen, habe ich doch einen sehr guten 5" f/10 Mak, der ähnliches leistet und unter bestem Himmel, z.B. in Südeuropa als Reiseteleskop, schon mehr als meine größeren Öffnungen in Old Germany gezeigt hat.

  • Das Gesichtsfeld schrumpft mit steigender Öffnung. Die Flächenhelligkeit jeglicher Objekten nimmt quadratisch ab mit zunehmender Vergrößerung. Was ist dann überhaupt der Grund warum wir überhaupt in der Lage sind mit einem Teleskop mehr zu sehen als mit unserem bloßem Auge? Die Wirkungsweise des Teleskops wird nur dadurch erklärt, daß es eben Licht konzentrieren soll, nämlich von der Objektivfläche auf der kleineren Pupillenfläche des Auges. Die Energiemenge ändert sich doch gar nicht, wenn wir sie bloß auf einer kleineren Fläche konzentriert denken. Die Objekte sind bestenfalls(!) so hell wie sie mit bloßem Auge am Himmel erscheinen. Einzig und allein der Grund ist, daß die Optik das Blickfeld verkleinert und damit das Auge die Objekte erst von einem Punkt unterscheiden kann.


    Viele Grüße,


    Kai

  • Hallo Thomas,


    tolle Zusammenstellung hast du da geschrieben. Ich kann deine Meinung zu der Leistung eines 4" voll teilen. Bin auch großer Fan von den "Kleineren" weswegen ich mir neben meinem 16" einen niedlichen 4" Richfieldnewton halte.


    Eine systematische Beobachtung der Barnards so wie du es in deinem Thread angerissen hast hab ich auch schon lange im Kopf und werde ich wohl irgendwann mal durchziehen, schön, dass du mich wieder dran erinnert hast.


    Auch die offenen Sternhaufen sehen ja ganz lecker aus...da nehme ich glatt mal 1-2 Haufen mit auf die Liste.


    Der Hexenkopfnebel kommt mir auch irgendwie bekannt vor [:)] Wie Daniel es ja schon anmerkte, hatte ich damals mit meinem 20x125 beobachtet und gezeichnet. Das Gerät war absolut prädestiniert für das Objekt. Dabei empfand ich den Mitteleil als leichtestes Detail, kanpp gefolgt vom Nordostteil. Der Südausläufer ist hingegen wie du es ja auch beobachtet hast sehr sehr grenzwertig. Ein Versuch mit dem 4" Richfielder unter mäßigen Bedingungen fiel jedoch leider ziemlich ernüchtend aus. Die Bedingungen haben es einfach nicht zugelassen.


    Frohes Fest, Uwe

  • Hallo Uwe!


    du schriebst:

    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ein Versuch mit dem 4" Richfielder unter mäßigen Bedingungen fiel jedoch leider ziemlich ernüchtend aus. Die Bedingungen haben es einfach nicht zugelassen.<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Ist der Feldstecher dem 4" Richfielder nicht in jeder Hinsicht überlegen, da man ja auch noch beidäugig und mit besserer Randschärfe beobachtet? Die offenen Sternhaufen mit einem 4 Zoll/F4 ist in der Tat gesmackssache...


    Grüße,
    Kai

  • Hallo Kai,


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Ist der Feldstecher dem 4" Richfielder nicht in jeder Hinsicht überlegen, da man ja auch noch beidäugig und mit besserer Randschärfe beobachtet?<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Jain [:)] Prinzipiell hast du natürlich recht, das Fernglas ist (bei seiner festen Vergrößerung und somit AP eigentlich immer überlegen. Ich kann aber beim Richfielder die AP höher schrauben als in meinem damaligen Fernglas (6,25mm), was über Sehen oder Nichtsehen entscheiden kann.
    Mit Randschärfe hat das nichts zu tun, die ist in meinem f/4 Richfielder mit entsprechenden Okularen besser als in meinem damaligen Fernglas.


    <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote">Die offenen Sternhaufen mit einem 4 Zoll/F4 ist in der Tat gesmackssache...<hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Mir gefallen sie...bei kleiner AP und entsprechenden Okularen ist der Unterschied zum APO gering bis nicht sichtbar.


    Viele Grüße, Uwe

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!