Schnapsglasidee

  • Hallo!


    <b>Die Schnapsglasidee</b><u></u> [:o)]


    Hier einige Kombinationen optischen Halbwissens:


    Die Vorgeschichte


    Da mich im Urlaub die Langeweile packte, bin ich in den Supermarkt gegangen, habe mir ein Trinkglas (d:ca.5cm) für 50 Cent gekauft, den Boden abgeschlagen und angefangen daraus mit Sand einen Teleskopspiegel zu schleifen. Kann man daraus überhaupt ein sinnvolles Teleskop herstellen?


    Es wurde bereits festgestellt, dass ein herkömmliches Newtonteleskop für die Beobachtung am Tage bei niedriger Vergrößerung weniger geeignet ist, da dann der große Fangspiegelschatten in der Austrittspupille auf eine kleine Augenpupille trifft.
    (http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=41324)


    Am Tage ist keine große Öffnung notwendig.
    Bei kleiner Öffnung steigt aber die Obstruktion überproportional, da
    sich das auszuleuchtende Bildfeld nicht beliebig verkeinern lässt, daher eine gewisse Fangspiegelgröße notwendig ist.

    Will man die Obstruktion vermeiden, kann z.B. man einen Off-Axis-Newton bauen. Nun ist ein Off-Axis-Parabolspiegelsegment wohl schwierig herzustellen, wenn man nicht aus einem kompletten Parabolspiegel ausschneiden oder ausblenden möchte. (http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=41845)


    Hierzu folgender Gedanke: Ein Parabolspiegel kann bei langsamem Öffnungsverhältnis durch einen Kugelspiegel ersetzt werden. Ein Off-Axis-Segment davon ist auch ein einfacher Kugelspiegel (mit noch langsamerem Öffnungsverhältnis)! [:0]


    Beim Off-Axis-Newton liegt die Austrittspupille nicht in der Mitte des Okulares. Wenn man sie durch (De-)Justage in die Mitte bringt, wird aus dem Off-Axis-Newton mit dem Kugelspiegel ein Schiefspiegler bestehend aus einem Kugelspiegel und einem Planspiegel mit den bekannten Bildfehlern.
    Wir nähern uns diesem Thema: http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=43875



    Ein möglichst langsames Öffnungsverhältniss ist anzustreben. Das kann erreicht werden durch lange Brennweite und/oder kleine Öffnung.
    Durch Einblendung eines Astro-media-Spiegels auf 4cm kann immerhin ein Öffnungsverhältnis f/11 hergestellt werden.
    Ein entsprechender Versuch wurde durchgeführt und war erfolgversprechend. Es wurde außerdem ein Versuch mit Off-Axis-Einblendung eines größeren Parabolspiegels auf etwa f/20 durchgeführt.


    Ich versuche mit dem Glasbodenrohling einen Kugelspiegel d:4cm f/20 herzustellen und daraus ein Teleskop mit höchstens 20-30-facher Vergrößerung für Tagbeobachtung herzustellen, das nicht perfekt werden wird aber immerhin farbfehlerfrei und obstruktionsfrei.


    Gruß, Holger


    "Wir haben alle mal mit kleinen Fehlern angefangen!"



    <font size="3">Bearbeitet: Schreibfehler</font id="size3">

  • Hallo Holger,


    &gt; Da mich im Urlaub die Langeweile packte, bin ich in den Supermarkt gegangen, habe mir ein Trinkglas (d:5cm) für 50 Cent gekauft, den Boden abgeschlagen und angefangen daraus mit Sand einen Teleskopspiegel zu schleifen. Kann man daraus überhaupt ein sinnvolles Teleskop herstellen?


    Klar kann man das. Bernhard Schmidt (der Erfinder der Schmidt-Kamera)hat auch so angefangen und aus dem Boden einer Bierflasche eine Linse geschliffen. Damals waren die Bierflaschen wohl noch nicht eingefärbt.


    Gruss
    Michael

  • Hallo Holger


    es ist schön, wenn Menschen versuchen, aus wenig was zu machen. Aber wenn Du Dir schon die Mühe machst zu Schleifen, dann gönn Dir bitte einen Rohling. Es wäre sonst schade um Deine Zeit


    Jürgen

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: H. Astor</i>
    <br />Hallo!


    <b>Die Schnapsglasidee</b><u></u> [:o)]


    "Wir haben alle mal mit kleinen Fehlern angefangen!"
    <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    hallo,
    wenn du die Brennweite groß genug machst, dann geht das ohne weiteres. Am besten so 60-80cm Brennweite, dann wird das ganze sogar beugungsbegrenzt. Du bekommst die Bildfehler wie bei einem 80mm f/8-10 Kugelspiegel. (man nennt sowas "Herschl" nach dem Astronomen und Fernrohrbauer)
    Grüße marty

  • Morgen !


    -&gt; Jürgen
    "gönn Dir bitte einen Rohling ..."


    Ja, die Schwierigkeiten fangen schon an. Der Glasboden ist nämlich nicht wirklich rund. Die Dicke kriege auf ein 1/10 mm gleichmäßig hin, aber wie kann ich die Aussenkontur ohne Drehbank rund schleifen? Muß der Rohling überhaupt perfekt rund sein oder reicht es, wenn ich immer schön beim schleifen drehe?
    Das Nächste Problem: Ein 4cm Spiegel f/20 hat nur 0,125 mm Pfeiltiefe.
    Grobschliff mit Sand geht übrigens gut.


    Holger

  • Morgen!


    Die Schwierigkeiten haben angefangen und gleich wieder aufgehört. Ich habe einfach darauf verzichtet, den Glasboden perfekt rund zu machen. Mit Karbo statt Sand ging es sehr wacker voran und in nur zwei Tagen war der Kugelspiegel auch poliert.
    Mit Pechhautgießen, Foucaulttest, abfallendem Rand, Daumenpolitur und allen kleinen Herausforderungen, die das Schleiferleben so lebenswert machen.
    Ursprünglich waren 80 cm Brennweite geplant, es soll auf 4cm abgeblendet werden. Herausgekommen sind am Ende 75 cm Brennweite.
    Der Spiegel wurde schon im Teleskop ausprobiert und ist bereits auf dem Weg zum Verspiegeln.
    Ich habe das Gefühl, dass das eine super Sache wird mit dem 1,6"-f/18,75 -Mini-Herschel!


    Gruß, Holger

  • Hallo,
    Solche Versuche bringen häufig überraschend gute Ergebnisse.
    Du wirst feststellen, dass so ein Teleskop um so besser abbildet je kleiner es ist! Es ist natürlich nicht gerade eine Deep Sky Maschine.
    Schick mal ein Foto von dem Teleskop!
    Grüße marty

  • Hallo!


    Nachdem es etwas ruhig geworden ist um das Projekt kann ich mal den Stand mitteilen.


    Der Spiegel wurde inzwischen beschichtet und ich bastele noch am Teleskop.
    Dabei wurde der Spiegel auf 4cm eingeblendet. Sehr praktisch, denn man braucht sich um abfallenden Rand beim polieren gar keine Gedanken machen, den Rand noch nicht einmal auspolieren. Der Hauptspiegel und ein 3,1 cm Umlenkspiegel wurden justierbar mit Okularschlitten an eine optische Bank (Holzlatte) montiert und die Wirkung der Justierung sowie verschiedene Okulare ausprobiert. Das 32mm-Ploessl bringt ein sehr schönes Ergebnis, allerdings könnte der Fangspiegel etwas größer sein (leichte Vignettierung). Es zeigt sich, dass die Bildschärfe bei dieser ca. 25-fachen Vergrößerung mit sehr guten Ferngläsern bzw. Spektiven mithalten kann und angesichts des fehlenden Farbfehlers und der Obstruktionsfreiheit echtes APO-Feeling aufkommt.


    Die Justierung ist ziemlich unkritisch. Der Fangspiegel wird so justiert, dass er auf einen Punkt 1,55 cm neben dem Hauptspiegel gerichtet wird (1,55 cm =3,1 cm / 2). Der Hauptspiegel wird so justiert, dass er knapp am Fangspiegel vorbei zielt. Das entspricht der Justierung eines Off-Axis-Newton-Teleskops. Wenn man den Fangspiegel stattdessen auf die Mitte des Hauptspiegels richtet, wie es einige Experten anlässlich einer Diskussion um den Off-Axis-Newton "Clant" vorschlugen [B)], erhält man zwar ein verkipptes Bildfeld aber in der Praxis immer noch ein brauchbares Bild.


    Wenn das Okular oben ist und man mit schräg dem Rücken zum Objekt einblickt, hat man soger ein (fast) aufrechtes und seitenrichtiges Bild. Nicht unwichtig, das Ganze soll ja ein Spektiv zur Tagbeobachtung sein.


    Ich entwickele weiter in zwei Richtungen:


    1. Minimalismus, d.h. offene Bauweise mit Streulichtblenden hinter dem Hauptspiegel und hinter dem Fangspiegel, einfachem Okularschlitten und fehlendem Umkehrsystem.


    2. Variante mit festem Tubus aus Sperrholz, Prismenumkehrsystem, Okularauszug. Der Tubus wird dann allerdings recht groß, d.h. er muß vorne mindestens 7cm *11 cm Querschnitt haben, um den Strahlengang nicht zu beschneiden.


    Verglichen mit dem Minispiegel-Astromedia-Newton ist das Ergebnis wegen des fast perfekten Kugelspiegels und des großen Fangspiegels, dem besseren Okular und der Obstruktionsfreiheit um Längen besser, viel besser als erwartet. Bei gutem Wetter sind knapp 2mm Austrittspupille genug.


    Angesichts der Knappheit von großen Rohlingen kann ich nur empfehlen auch mal so ein Teleskop zu bauen und die Sache weiter zu entwickeln.
    Ich hatte schon die Idee, mal eine große Silbermünze zu einem Hohlspiegel zu schleifen, um so auch noch die 40 Euro Beschichtungskosten zu sparen. Oder die Idee aus Feuerstein einen "Steinzeitspiegel" herzustellen.


    Bilder folgen noch.


    Gruß, Holger

    P.S.: Google brachte bei "Feuerstein, polieren" den folgenden Link:


    http://natur-for-men.de/04feuerstein.htm


    Vielleicht eine Alternative, wenn Schott nicht mehr liefert?[:D]

  • Hallo


    tolles Reiseteleskop, eine Holzlatte gibt es ja vor Ort,
    hält die Justierung denn den Schiebefocus aus?


    aber das trinkglas steht jetzt nicht mehr[:o)]


    Gruß Frank

  • Hallo Frank, Marty!


    Die Justierung ist in der Praxis wirklich unkritisch. Streng genommen muß der Okularschlitten bei der Off-Axis-Anordnung parallel zum Lichteinfall auf den besagten Punkt neben dem Spiegel hin verschoben werden.
    Beim Rapid-Prototyping habe ich es nicht ganz so genau genommen, bei geringem Fokussierweg kommt das aber auch hin.


    Zur vollständigen Funktion gehört unbedingt noch eine Streulichthülle. Aber der Prototyp hat schon bewiesen, dass das Ding ausgezeichnet funktioniert.


    Das geniale an dem Ding (Mich lobt ja keiner, wenn ich es nicht selbst tue [:I]) ist ja, das hier mal von der üblichen Marschrichtung, d.h. zu Perfektion, höchsten Strehlwerten, perfekter Justierung und größtem Spiegel abgewichen wurde und dass trotzdem ein brauchbares Tesleskop dabei herauskommt. Der Trick ist eben die Beschränkung der Vergrößerung, was auch mit einer guten Austrittspupille korrespondiert.


    Gut ist auch, dass man ein Schleifprojekt hat, das man in 3 Tagen durchziehen kann, wobei die üblichen Randprobleme und die Parabolisierung entfallen. Also ideal für Anfänger.
    Statt meiner "Okulareinheit" kann man einfach auch einen Zenitspiegel nehmen.


    Wenn man übrigens mal mit Ferngläsern vergleicht, hat man da meist einen kurzbrennweitigen Achromaten und viel Glas eingebaut, wodurch das Bild nicht besser wird.


    Ich freue mich jedenfalls schon mit dem Teil im Urlaub mal Schiffchen zu beobachten. Oder am Vogelsee die Leica- und Zeiss-Spektivbesitzer zu schocken [8D].


    Am Mond und an Eps. Lyrae habe ich auch schon getestet, wir sind ja im Astrotreff.



    Gruß, Holger

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