"astronomers high" - warum Astronomie

  • Hallo Zusammen,


    mich interessiert mal eine eher philosophische Frage:


    Eventuell habt ich schon mal was vom "runners high" gehört oder selbiges vielleicht sogar schon mal erlebt. Dieses Hochgefühl, wenn die Endorphine strömen und sich ein berauschendes Glücksgefühl einstellt. Beim Laufen blieb mir dies allerdings bislang versagt. Nicht so jedoch bei der praktischen Astronomie.
    Kennt ihr das auch:
    Es ist ein perfekter Abend, die letzten Wölkchen verziehen sich und eine knackdunkle Neumondnacht erwartet Euch. Der Wetterbericht verspricht sternenklaren Himmel. Es ist Samstag. Jetzt schnell den Dob ins Auto gepackt und raus an den Lieblingsbeobachtungsplatz. Die Dämmerung noch schnell zum Aufbau und zur Justierung genutzt und dann beginnt das traumhafte Erlebnis.
    Man erfreut sich am neuen Okular, genießt den immer wieder beglückenden h/x Per, findet neue Galaxien, sieht den Trifid zum ersten Mal im OIII, nimmt sich endlich mal Cassiopeia richtig gründlich vor und freut sich mit dem Kumpel, weil einfach alles perfekt läuft.
    Das sind die Momente, bei denen ich das richtige "astronomers high"
    empfinde und weiß, warum ich 'nen Haufen Geld und Zeit für dieses wunderschöne Hobby spendiere.
    Besonders übermannt mich ich dieses Gefühl dann immer auf der Heimfahrt, wenn die ganzen tollen Bilder noch im Kopf herumschwirren und man vor lauter Glücksgefühl gar nicht richtig einschlafen kann, obwohl es bereits 5 Uhr morgens ist wenn man todmüde heimkommt und erschöpft und druchgefroren in die Heia fällt.


    Geht's Euch ähnlich? Wann wisst Ihr: Astronomie, DAS ist mein liebstes Hobby?


    Grüße
    Rolf

  • Hi,
    ich wusste, das astronomie mein Lieblinghobby ist, als ich zum aller ersten Mal den Saturn gesehn habe. War nen billiger Aldi Refraktor, wackelmontierung und sehr schlechte Qualität, aber es war einfach überwältigend. Ich hab bestimmt die ganze Nacht durch am Teleskop gesessen und nur auf diesen Lichtklecks mit nem Ring drum gestarrt.
    Aller letzte Zweifel wurden ausgeräumt, als ich zum ersten Mal die Andromeda galaxie gesehn habe. Jetz im Lidlscope. Es war nicht soe sehr der Anblick, sondern die Entfernung.
    Es ist etwas anderes, irgendwo zu lesen, nebel xy ist sounsoviele Lichtjehre entfernt, als den Nebel mit eigenen Augen zu sehen.


    Und das mit dem nicht einschlafen können, das ist doch auch irgendwie positiv, es geht nichts von der nacht verloren ;)


    cs
    jonny

  • Hallo,
    ich kann mich noch gut an den Anfang meiner Astrosucht erinnern (das war 1978). Ich war überwältigt von der Möglichkeit, so viel schönes und unerreichbares mit so bescheidenen Mitteln selbst sehen zu können. Damals habe ich keine Gelegenheit ausgelassen, das Fernrohr rauszustellen. Auch am Tag habe ich mich damals mehr mit Astronomie beschäftigt als mit den wirklich wichtigen Dingen. Damals ging ich noch zur Schule, und ich habe heute noch die Seiten aus meinen Heftern, die ich mit astronomischen Berechnungen und Zeichnungen "beschmiert" habe. Das ist immerhin ein etwa 5cm dicker Stapel! Damals habe ich Astronomie gelebt, so würde ich das heute nennen. - Heute gibt es natürlich mehr ernstzunehmende Dinge im Alltag, die vordergründiger sind als die Astronomie. Trotzdem beschäftige ich mich fast täglich damit, und wenn´s nur das durchblättern der Foren ist. Und auch wenn meine Fernrohre heute etwas größer sind als 1978, der körperliche und seelische Zustand während einer Beobachtungsnacht ist genau so wie damals. Ich muß das hier wohl nicht beschreiben, das kennt jeder, der das liest. Ich habe mich oft gefragt, warum das immer wieder so ist. Im Grunde gucken wir alle mit mehr oder weniger bescheidenen (aber oft teuren) Mitteln auf etwas, was sehr gut bekannt ist. Das isses wohl nicht. Der größte Teil der Menschheit steht NICHT Nacht für Nacht am Rohr, und die wenigsten, die mal durchgeguckt haben, werden sofort Hobbyastronomen. Ich denke, das jeder seine Nische hat, dem an sich sinnfreien Leben einen individuellen Sinn zu geben. Die Nische des Himmelsbeobachters öffnet sich himmelwärts gesehen zu unendlichen Dimensionen. Ich versuche oft, mir den Kegel vorzustellen, den ich überblicke, wenn ich auf der Wiese stehe. Das ist manchmal ganz berauschend, wenn sich die Milchstraße über den Himmel spannt und ich mir vorstelle, daß ich mich selbst dem mir nächstliegenden Stern während meines Lebens kaum nähern werde. Aber an der Spitze des Kegels stehe ich! Das ist doch was! Und so hat jeder seinen Kegel, egal, ob er die Größe eines Universums hat oder die eines Fußballfeldes (viele haben ja mehrere Kegel!). Meinen Punkt da zu wissen, das ist für mich das "high", und eine Fernrohrbeobachtung ist immer wieder der i-Punkt darauf wie vielleicht die Wettkampfteilnahme für einen Sportler.
    So, genuch geschwafelt, mal gucken, wie der Himmel aussieht!


    Grüße von Michael!

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