Hallo an alle Klassikerliebhaber!
Im Juli ist mir unerwartet ein "Montierosaurus" über den Weg gelaufen, den mir meine Frau dankenswerterweise aus Untertürkheim mit nach Hause genommen hat.
Ich liebe diese alten Montierungen, die ich in meiner Jugend immer ehrfurchtsvoll angeschaut habe. Damals finanziell als Schüler allerdings unerreichbar, was der Faszination noch zusätzlichen Auftrieb gegeben haben dürfte...
Dieser Lastenesel wurde relativ günstig angeboten und war dementsprechend "zuwendungsbedürftig", aber genau darauf habe ich mich gefreut. Irgendwie ahnte ich es damals schon, dass uns Monate optimalen Bastelwetters beglücken würde (um diesem astronomischen Mistwetter auch mal was positives abgewinnen zu können ). Und außerdem war ich schon lange auf der Suche nach einer günstigen Montierung, die für besondere Ereignisse auch mal in der Lage ist, meinen 12er Newton mit 17kg Gewicht oder dem 152mm APM ED-Apo mit 12kg Gewicht tragen zu können. Von meiner Astrohütte hinterm Haus ist alles im Westen nicht erreichbar. Im Westen nichts neues sozusagen. Das wird das Feld der Saturn.
So, das schlechte Wetter war zu genüge vorhanden, also ran ans Werk und dem Jugendtraum frisches Leben eingehaucht.
Ich muss gestehen, dass ich noch nie eine Montierung zerlegt habe, aber handwerklich nicht ganz unbefangen bin. Also habe ich mich im Netzt etwas erkundigt und mir ein paar Fakten eingeholt, wie das Ding mechanisch aufgebaut ist. Mit dieser Vorbereitung war die Montierung schnell bis auf das letzte Einzelteil zerlegt. Das war wider Erwarten nicht so schwierig, wie bei manch anderem, der sich an die Saturn gewagt hat. Bei mir hat nichts geklemmt und alles konnte ohne großen Kraftaufwand zerlegt werden. Die Montierung hat wohl schon viele Jahre auf dem Buckel und das alte Fett war ziemlich zäh, die Achsen schwergängig. Also erst einmal alles gründlich gereinigt und entfettet! Mit der Zeit und etwas Bremsenreiniger, einer alten Zahnbürste und einem alten Pinsel wurde alles wieder sauber und die mechanischen Teile scheinen die Zeit wohlbehalten überstanden zu haben.
Die RA-Achse beim Zerlegen:
...und ein paar Einzelteile auf dem OP-Tisch:
Da ich nicht nur eine funktionale Montierung haben wollte, sondern auch eine, die man anschauen und bewundern kann (also den Jugendtraum wahr werden lässt ), wurde das Montierungsgehäuse mit einem, dem Original ziemlich ähnlichen, Hammerschlaglack komplett nachlackiert. Dazu erst mal alles abgeklebt, wo keine Farbe hin darf oder soll:
Nach dem Lackieren wurde alles wieder frisch gefettet und zusammengebaut. Alle korrodierten Schrauben wurden gegen neue aus rostfreiem Stahl ersetzt. Das Einstellen des Schneckenspiels war etwas kniffelig, weil zuerst die Funktion der ganzen Einstellschrauben herausgefunden werden musste aber mit der Zeit war klar, an welchem Rädchen "wann" gedreht werden musste. Wie einfach und effektiv ist da die Einstellung meiner Alt 6 AD....
Aus ein paar alten Füßen einer Starfinder-Montierungssäule von Meade und einer Alu-Säule aus dem Metallfachhandel konnte ich für ein paar Euro eine Säule zusammenbauen, die die Saturn sicher trägt. Allerdings war dafür der Einbau von drei Gewindestangen zur Versteifung der Säule nötig.
Die originale Gegengewichtsstange war dermaßen verrostet, dass ich sie nicht mehr verwenden wollte (aber für alle Fälle und zur weitgehenden Wiederherstellung des Originalzustandes habe ich sie aufgehoben und sicher eingelagert). Außerdem waren beim Kauf keine Gegengewichte dabei. Aber von meiner Alt6 hatte ich noch eine zweite Gewichtsstange übrig und da die Alt das selbe Anschlussgewinde hat wie die Saturn, war die Stange schnell adaptiert. Gegengewichte habe ich zudem noch ein paar auf der hohen Kante. Damit war die Montierung dann mechanisch und optisch einsatzbereit.
Fehlte nur noch die Ansteuerung. Da ich als kleine Reisemontierung und als grap&go noch eine GP von Vixen besitze und die Anschlussleitungen und Übersetzungsverhältnisse der beiden Vixens identisch sind, konnte ich meine TeenAstro direkt an die Saturn anschließen. Da ich kein schnelles GoTo benötige, habe ich die originalen Motoren weiter verwendet. Für den Deklinationsmotor war eine neue Halterung fällig und die alten Wellenkupplungen wurden durch neue ersetzt. Aber das war´s dann auch schon. Nun treiben die alten Motoren die Saturn mit bis zu 32facher Geschwindigkeit an. Mehr ist für mich nicht notwendig.
Jetzt wartet die in neuem Glanz erstrahlte Montierung auf ihren ersten richtigen Außeneinsatz. Einen kurzen Test vorab hat sie mit Bravour bestanden und läuft wie eine Eins
Für ein Foto der fertigen Montierung habe ich standesgemäß einen weiteren Klassiker, einen kleinen Vixen R100L, aufgesattelt (die rote Prismenklemme muss ich noch gegen eine schwarze ersetzen, damit das optisch besser passt).
Frisch gewartet und hergerichtet kann sie nun hoffentlich für viele weitere Jahre dem Lauf der Sterne folgen...
Beste Grüße.
Burkhard