Instrumente, die ihr verkauft habt und denen ihr nachtrauert

  • Hallo Leute,


    In den 1970er Jahren bin ich durch Zufall an einen Fraunhofer-Refraktor 80/1200 von Gustav Heyde Dresden gekommen. Das Teleskop hatte ein relativ stabiles Holzstativ und war azimutal in einer Gabel montiert. Originalokulare waren nicht dabei, aber die damals in der DDR erhältlichen von Carl Zeiss Jena passten dran. Der Heyde-Refraktor war für sein Alter (geschätze 60 bis 70 Jahre) gut erhalten, sah aber äußerlich nicht so schön aus, wie die nagelneuen Jenaer Teleskope. Dafür war das Bild kaum schlechter: knackscharf und mit relativ unauffälligem Farbsaum. Ich habe mehrere Jahre meine GRF-Positionen damit gemessen. Selbst, als ich günstig einen Eigenbau mit AS-Objektiv 80/1200 bekam, wurde der Heyde noch genutzt. Das lag am schlechter fokussierbaren OAZ des AS-Refraktors, aber auch daran, dass der Heyde in der Abbildung kaum schlechter war.


    Dass ich ihn dann trotzdem verkauft habe, lag an meinem Fortschrittsglauben, der damals ausgeprägter war als heute. Ein so altes Instrument musste einfach schlechter sein als ein jüngeres. Fairerweise sei erwähnt, dass es in der DDR neben den Instrumenten aus Jena kaum etwas anderes gab. Zeiss war unser Maßstab, ohne dass wir diese Qualität wirklich zu schätzen wussten. Was es an optischen Gurken geben kann, haben wir erst nach der Wende erfahren.


    Hinzu kam, dass ich mit Gustav Heyde nicht viel anfangen konnte. Selbst als Hilfsassistent im Lohrmann-Observatorium der TU Dresden hatte ich nicht mitbekommen, dass der dortige 30-cm-Refraktor ein Heyde war. Das lag daran, dass der schon lange nicht mehr benutzt wurde.


    Dieser Tage fand ich in der Sächsischen Zeitung einen Artikel über die vor 132 Jahren gegründete Firma Gustav Heyde, aus der zu Ostzeiten der VEB Feinmess Dresden wurde, welche später im Kombinat Carl Zeiss Jena aufging und heute unter anderem Namen immer noch Feinmechanik produziert. Da musste ich wieder an meinen alten 80/1200 denken.


    Im Laufe der Jahre habe ich viele Instrumente besessen und wieder verkauft. Aber dem Heyde trauere ich irgendwie nach. Ich hab nicht mal ein Bild von ihm, was wohl daran liegt, dass ich ihn damals nicht zu schätzen wusste.


    Geht es euch auch so? Bereut Ihr, ein Teleskop verkauft zu haben, von dem ihr erst später erkannt habt, dass es eigentlich besser war, als ihr mal dachtet? Dann immer her mit den Erinnerungen…


    CS, Jörg

  • Hallo Jörg,


    ja, ich hatte einmal etliche Jahre einen Vixen 102/1500 FH. Den habe ich leider verkauft, völlig unreflektiert. Leider werden solche Geräte nicht mehr hergestellt, auch wenn die Gründe dafür nachvollziehbar sind. Dem f15 Fraunhofer trauere ich immer noch nach als überzeugter Linsenfan. Manchmal kann man sich über sich selbst nur wundern.


    Das Gerät war auf der SP DX montiert, eine richtig gute Kombination. Die Montierung ist mit dem Hebelarm gut klargekommen. Die Monti habe ich noch und die ist unverkäuflich. Mit der bin ich astronomisch groß geworden.


    VG Wolfram

  • Hallo,


    ein Traumfernrohr aus den 80igern war der Vixen FL 102s , er war für mich damals unerschwinglich teuer. Die originalen Prospekte von damals habe ich auch irgendwo rumliegen, mit sehr skurrilen Bildern von Putzfrauen, die Fernrohre abstauben... ;)


    Anfang des Jahres 2004 konnte ich einen gebrauchten VixenFL 102s in neuwertigem Zustand kaufen. Ein wirklich toller APO, unglaublicher Kontrast, schneeweißer Mond, nadelfeine Sterne auf pechschwarzem Himmel...


    Ich habe ihn damals verkauft, um andere Fernrohre zu finanzieren, auch größere Apos...


    ... heute denke ich, es war ein Fehler den Vixen FL102 zu verkaufen.


    Viele Grüße

    Jürgen

  • Hallo Wolfram,

    ich habe seit etwa 30 Jahren genau so eine Vixen 102/F15-Optik in meinen Besitz. In dem Tubus war ursprünglich eine Optik auf der DDR die mir beim Versuch diese zu zentrieren beschädigt wurde. Ich bekam damals diese Vixen-Optik als Ersatz.


    Persönlich bedaure ich mein 150/F8 Starfire von Astrophysics Ende der 90er-Jahre verkauft zu haben.

  • Dem f15 Fraunhofer trauere ich immer noch nach als überzeugter Linsenfan.

    Hallo Wolfram und alle Mitleser,


    das kann ich gut verstehen. Rational ist es zwar nicht ganz nachvollziehbar, weil die heutigen Apos objektiv gesehen besser sind und sich die lange Brennweite problemlos mit einer Barow herstellen lässt, aber so ein langer Refraktor hat einen ganz besonderen Reiz.


    Bei der Gelegenheit noch eine Geschichte, wie ich mal fast in den Besitz eines 130er FH gekommen wäre. Das war während meiner Studentenzeit in Dresden, also zwischen 1974 und 1978. Ein Freund von der Fachgruppe Astronomie steckte mir eine handgeschriebene Postkarte zu, darauf eine Adresse, eine kurze Beschreibung und der Hinweis: für 700 Mark alters- und krankheitshalber in liebevolle Hände abzugeben. Mein Freund, hätte das Ding zwar am liebsten selbst gekauft. („Aber nee, geht nicht. Meine Frau erschlägt mich, wenn ich mit nem zwei Meter langen Rohr ankomme.“) Er sagte noch, ich müsse gleich hinfahren, es gäbe noch andere Interessenten.


    Ich also die Adresse entziffert und auf dem Stadtplan die Hechtstraße in Dresden gesucht. Auto hatte ich nicht. Also in die Straßenbahn. Wie ich in der und anschließend in der S-Bahn ein Instrument dieser Größe nach Hause transportieren sollte, wusste ich nicht. Egal, haben wollen! Wo ein Wille ist, findet sich auch eine Lösung.


    In der Hechtstraße angekommen, suchte ich verzweifelt nach dem Verkäufer. Sein Name kam auf dem Klingelschild nicht vor. Ich läutete bei anderen Leuten und fragte sie, suchte nach einem verborgenen Hinterhaus, glaubte schließlich an eine Verschwörung. Damals gab es weder Internet noch Mobilfunk. Viele im Osten hatten nicht mal ein Festnetz-Telefon. Dehalb konnte ich meinen Freund nicht einfach anrufen. Erst ein paar Tage später trafen wir uns wieder. „Nee, nicht Hechtstraße. – Hertelstraße“, sagte er. „Aber jetzt ist es eh zu spät. Es ist schon verkauft.“ – Ich hatte die schon recht krakelige Sütterlinschrift nicht richtig gedeutet…


    CS, Jörg

  • Als 13-Jaehriger hatte ich einen 50/600er Refraktor von BOB (Bresser) auf azimutaler Gabel - ein klassischer Towa auf Holzstativ. Leider musste ich ihn verkaufen - das war die Bedingung fuer den Ankauf des groesseren 60/700ers, der parallaktisch montiert war (keine Standardkonfiguration, die Montierung war vom Tasco 10K 80/1200mm). So ging der Refraktor an ein junges Paerchen aus einem Dorf unweit von Rheine/Westfalen, wo ich wohnte. Das Geraet wurde nie mehr gesehen.


    Mit dem Teil sah ich das erste Mal Venusphasen, die Ringe des Saturn und Sonnenflecken (mit dem heute nicht mehr empfehlenswerten Okularfilter). Inzwischen habe ich ein paar alte 50/600er von Towa aus der Bucht gezogen, aber optisch bislang immer Pech gehabt. Meinen Zweizoeller jedenfalls habe ich besser in Erinnerung - oder ist das nur, weil ich mich an Besseres gewoehnt habe?


    Der 60/700er jedenfalls geht nicht weg - damit habe ich Halley gesehen. Er steht in meiner Werkstatt, und auf jeder Fuehrung erwaehne ich, dass der Refraktor auf das Jahr 2061 wartet, um mir den Kometen nochmal zu zeigen ... ;)

  • Anfang des Jahres 2004 konnte ich einen gebrauchten VixenFL 102s in neuwertigem Zustand kaufen. Ein wirklich toller APO, unglaublicher Kontrast, schneeweißer Mond, nadelfeine Sterne auf pechschwarzem Himmel...


    Ich habe ihn damals verkauft, um andere Fernrohre zu finanzieren, auch größere Apos...

    Hallo Jürgen,


    ich habe den kleinen Bruder Vixen FL-S 80/640. Das war meine erste astronomische Anschaffung, als ich nach zehn Jahren Pause und dem Verkauf meiner Zeiss-Instrumente 1998 wieder einstieg. Ursprünglich war er nur für die Wartezeit auf den AP Starfire EDF-S 130 gedacht. Aber das kleine Teil ist so gut, dass es unverkäuflich ist.


    Komisch, dass ich meine beiden Zeiss (AS 100/2000 und Cas. 150/900/2250) verkauft habe, bedauere ich nicht.


    CS, Jörg

  • Hi Joerg,

    den 150/900/2250 Cassegrain hatte ich auch mal. Damals hier auf dem Forum vorgestellt, kontaktierte mich jemand, der ihn unbedingt kaufen wollte. Das war zwar ein schoenes Stueck Geschichte, aber ich nutzte das Teil kaum und ich liess es ziehen (damals ging das noch, halt vorm Brexit). Das Geld vom Verkauf teilfinanzierte meinen TS RC 250/2000mm, mit dem ich sehr viel Freude hatte und der fuer meine Astrofotografie deutlich besser geeignet war. Und dieser musste in einem Tauschgeschaeft ueber die Klinge springen, das mir einen 14" SCT einbrachte.

    Den Verkauf des Zeiss Cassegrain habe ich nicht bereut. Nur dem RC trauere ich noch nach ... der hatte deutlich weniger Probleme als mein SCT - das Pferd ist nach 4 Jahren immer noch nicht vollstaendig eingeritten.

  • Na,

    da denke ich doch sofort an meinem Skywatcher Promak 180/2700mm.

    Mich hatte damals der Öffnungswahn gepackt und wollte gerne mehr Licht für mehr Brennweite haben.

    Hab ich zutiefst bereut, denn die Ergebnisse mit dem Mak waren recht gut. Zähneknirsch.

    Hatte mir dann einen C9,25 geholt, welcher aber auf dem Balkon oft Seeingprobleme zeigte.

    Dann wurde ich krank, hab einiges Verkauft, und nun, wo ich wieder fit bin besitze ich ein C8.

    Das genügt mir für Mond und Planeten. Mehr macht hier meinen Sinn.


    LG,

    Armin

  • Hallo Leute,


    hier kommt noch eine Ergänzung zu # 1, ein Ausschnitt des Artikels über die Firma Heyde, heute Steinmeyer Mechatronik, der mich an meinen alten 80/1200 erinnert hat.


    Wegen des Urheberrechts kann ich hier nicht den ganzen Artikel zeigen. Aber der Ausschnitt enthält alle Infos, um den Text online zu finden.


    CS, Jörg


  • Ich bedauere nur ein wenig mein Telemator (mit Antriebsumbau auf sparsame 12V=) und dem C 50/540 Bausatz. Obwohl das Telemator angesichts seiner Öffnung auch schon gut eine Schlepperei war, wollte man damit mal raus gehen. Aber das ist bei mir eher emotionaler Spieltrieb, wirklich brauchen tue ich diese Teleskope auch nicht mehr. Mein AS100/1000 vermisse ich auch nicht wirklich, da ist mir das deutlich modernere AR 127L doch lieber, leistet vergleichbar gut und die AZ-EQ6 lässt mich die 1B schnell vergessen. Ansonsten hatte ich keine Teleskope.

  • …. Aber das ist bei mir eher emotionaler Spieltrieb, wirklich brauchen tue ich diese Teleskope auch nicht mehr. Mein AS100/1000 vermisse ich auch nicht wirklich …

    Hallo André,


    klar, rational betrachtet sind das keine wirklichen Verluste. Die Zeiss-Teleskope waren schwer und unhandlich, hatten keinen Griff und keine zurückschiebbare Taukappe. Aber Leidenschaft und Vernunft passen nun mal nicht zu einander. Deshalb ist die instrumentelle Redundanz bei vielen von uns auch so groß. In meinem Fall stellt sich schon die Frage: Was jammert der über einen 80-mm-FH, wenn er doch einen 180-mm-Apo hat? Das frag ich mir ja selber. Und trotzdem ist es irgendwie schade…


    CS, Jörg

  • Hallo,


    vielleicht sind es gerade diese ersten Teleskope, die wir vermissen. Mit denen wir unsere ersten Beobachtungen gemacht haben, der erste Blick zum Mond, der erste Saturnring, und ja, natürlich Halley!


    Mein erstes Teleskop war als Schüler 1983 ein kleiner Neckermann-Refraktor, danach bekam ich günstig ein Celestron 90. Es war auf einer ganz einfachen Quelle-Montierung montiert. Neulich habe ich alte Dias durchgesehen, ich habe tatsächlich noch ein Bild:



    Rechts vorn der kleine Neckermann 60/700mm, dahinter das C 90. Links erkennt man noch die große runde Sternkarte auf Pappe. Dahinter meine kleine Musikanlage mit den Selbstbauboxen, und Musikkassetten mit 80er-Jahre Musik. Da krieg ich jetzt richtig Wehmut...


    salü+cs, volker :hot_beverage:

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

  • Mein allererstes Teleskop war das Taschenfernrohr 25x30 von meinem Vater, hatte sogar einen Stativanschluß. Damit habe ich erstmals den Saturn mit Ring gesehen oder die beiden Hauptbänder des Jupiter. Leider ging es später kaputt, aber Fragmente davon habe ich noch in einem Schuhkarton. Aber auch das ist nur eine emotionale Erinnerung. Somit gibt es bei mir keine Teleskope, wo ich wirklich bedaure, ein gutes Stück weggegeben zu haben, ohne adäquaten oder besseren Ersatz zu haben. Dank China haben wir heute eine derart große Auswahl an leistbaren Teleskopen und Typen, von denen man vor 30 Jahren nur träumen konnte. Auf unserer Sternwarte (WFS Berlin) gibt es den 6"-Doppelrefraktor. Zur damaligen Bauzeit ein richtiges Sternwartenfernrohr, für den Amateur unsleistbar. Heute braucht man nur etwas sparen und schon hat man so ein Teil zuhause, ganz für sich selbst. Somit gibt es für mich aus heutiger Sicht eigentlich kein älteres Teleskop, welches von seiner optischen Leistung nicht durch aktuelles Modell ersetzt werden kann. Ebenso werden die Montierungen immer besser. Ausnahme sind nur selbstgeschliffene Spiegel.

    Die Entwicklung geht weiter und ich schaue lieber nach vorne, was noch alles kommt.

  • Hallo André,


    Aber auch das ist nur eine emotionale Erinnerung. Somit gibt es bei mir keine Teleskope, wo ich wirklich bedaure, ein gutes Stück weggegeben zu haben, ohne adäquaten oder besseren Ersatz zu haben.

    da hast du recht. Das Thema hat wohl eine emotionale und eine rationale Seite.


    Von der Ratio betrachtet, war es sehr unklug, meinen Telementor zu verkaufen, dazu noch das Zeiss Ortho 16mm. Das wurmt mich noch heute, er war ein Ass an der Sonne...



    Der C-63/840mm auf der Vixen SuperPolaris beim Merkurtransit am 7. Mai 2003


    salü, volker.

    Deep Sky visuell, Mond und Sonne im Weißlicht mit 10" f/5 Dobson auf Selbstbau Birke-Multiplex  :dizzy:

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