Abell 56 mit Zentralstern! im Adler

  • Abell 56 = PK 37-3.2 im Sternbild Adler ist ein 3,1'x2,9' großer planetarischer Nebel, das ist gut doppelt so groß wie der Ringnebel, aber natürlich extrem viel schwächer als dieser. In der Literatur wird er mit 14,1 mag angegeben, was ich für schwer übertrieben halte. Mir ist es visuell nämlich selbst mit großem Dobson, Gebirgshimmel und gutem OIII-Filter nie gelungen, ihn zu sehen. Uwe Glahn ist der einzige mir bekannte, der ihn mit 27 Zoll Dobson visuell geknackt hat. Im Netz finden sich einige wenige Fotos davon, durch die Bank weg aus dunklen Standorten, lange bis sehr lange belichtet, Monokameras, Schmalbandfilter (siehe z.B. Astrobin Abell 56).


    Beim ersten Anlauf, ihn fotografisch einzufangen, wusste ich, wo "der Frosch die Locken hat": Der Planetary ist so flächenschwach, dass nach den ersten 3 Stunden mit dem 8 Zoll RC und L-Enhance Filter sich nur ein zarter roter Ring abzeichnete, von OIII keine Spur. Die folgenden über 5 Stunden ohne Filter (UV/IR-Cut) brachten eine Sterngrenzgröße von 20 mag, mit Zentralstern!! aber vom Nebel war fast nichts zu sehen (siehe RGB Aufnahme, volles Feld im Anhang. Nach etlichen weiteren Nächten mit Schmalbandfilter und insgesamt 19,5 Stunden Belichtung ist das hier herausgekommen (Crop 36'x24'):



    Selbst nach über 14 Stunden mit Filter sehe ich nur rotes H-Alpha und Null koma Null blaugrünes OIII-Signal, ähnlich wie bei Abell 13 im Orion. Besonders freut mich jedoch, dass bei stärkerer Streckung der RGB- Ebene der 19,4 mag helle Zentralstern Gaia DR3 4268179207028750592 laut und deutlich und, wie es sich für einen Zentralstern gehört, schön blau rüberkommt. Hier ein Ausschnitt auf 150% vergrößert:



    Das RGB Bild mit 158x2 min = 5h16m Belichtung. Trotz ordentlicher Streckung nur ein roter Hauch vom Planetary Kringel:



    Aufnahmedaten:

    Teleskop: GSO RC 200/1600 bei voller Brennweite ohne Flattener.

    Montierung: Losmandy G11

    Kamera: ZWO ASI 294MC Pro bei Gain 122 und -10°C.

    Guidecam: ASI 120MM mini

    Guiding: PHD2 Sucherguiding

    Guidescope: ZWO 30/120 mm mini Guidescope

    Bedingungen: Meist klarer mondloser Stadthimmel, Laternen, Bortle 7-8, fst= 4,5 mag.

    158x2 min mit Astronomik UV / IR Cut Filter für die Sterne (14.07.2023).

    429x2 min mit Optolong L-eNhance Zweibandfilter für den Nebel (13, 19, 20, 22.07.2023).

    Gesamt Belichtungszeit 19h34m.

    Himmelsflats während der Dämmerung für die RGB Aufnahme. Filteraufnehme ohne Flats

    Bearbeitung: Stacking mit DSS, Hintergrundabzug + Hystogrammstrecken mit Siril (Graxpert), weiter einebnen mit Fitswork. Farbe, Hystogramm, Entrauschen in RawTherapee.

    Die Filteraufnahmen mit Starnet++ die Sterne entfernt. In Gimp multiple Ebenen übereinander gelegt.

    Sterngrenzgröße ca. 20,0 mag.

  • Servus Frank,


    der Zentralstern ist ein Weißer Zwerg, der deshalb blau erscheint, weil er so heiß ist. Das hat nicht mit OIII zu tun, denn das sind nur Photonen, die durch Anregung von Sauerstoffatomen und späteres Abregen erzeugt werden (Emission), der Stern hingegen zeigt ein kontinuierliches Spektrum, da wären Schmalbandfilter kontraproduktiv.


    Servus Stathis,


    großes Kino! Stark!


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Stathis,


    wieder ein schönes Beispiel von Dir, dass man in der DS-Fotografie viel mehr tun kann als nur schöne Bilder abzuliefern. Wenn bloß die üblichen Standardmotive abgelichtet werden, wird das doch schnell langweilig. Es ist zwar legitim, seinen persönlichen Orionnebel, die Andromedagalaxis oder die Plejaden auf der Festplatte zu haben. Um sich mit Technik und EBV vertraut zu machen, sind das dankbare Ziele. Aber wer danach kreativ weiter will, braucht nicht nur technische Ideen, sondern muss tiefer in Astrophysik und Kosmologie einsteigen. Deshalb können wir alle von Projekten wie diesem hier lernen.


    CS, Jörg

  • Aber wer danach kreativ weiter will, braucht nicht nur technische Ideen, sondern muss tiefer in Astrophysik und Kosmologie einsteigen. Deshalb können wir alle von Projekten wie diesem hier lernen.

    Hallo Zusammen, Hallo Jörg,

    genau meine Meinung - ich erinnere mich an den Versuch, Einsteins Kreuz zu knacken. Da war Stathis m.E. auch schonmal dran und Peter / Peter_Bresseler hatte es fast geschafft:



    Solche Versuche und auch der hier gezeigte PN sind meiner Meinung nach das Salz in der Suppe der Astrofotografie und machen die Sache noch spannender,als sie ohnehin schon ist. ;)


    CS, Jochen

  • Hallo Seraphin


    der Zentralstern ist ein Weißer Zwerg, der deshalb blau erscheint, weil er so heiß ist. Das hat nicht mit OIII zu tun, denn das sind nur Photonen, die durch Anregung von Sauerstoffatomen und späteres Abregen erzeugt werden (Emission), der Stern hingegen zeigt ein kontinuierliches Spektrum, da wären Schmalbandfilter kontraproduktiv.

    Ich weiß, aber ist eben auch O3 im Kontinumspektrum, und man muss durch die Bedingungen auch mit Extinktion rechnen, deshalb die Frage welcher Filter ihn gebracht hat.

    Warum sieht ein weißer Zwerg blau aus? Kann natürlich schon den verwendeten Filtern geschuldet sein, wobei mir auch von ungefilteften OSC Aufnahmen blau aussehende Zentralsterne bekannt sind. Wenn aller Wasserstoff verbrannt ist und auch abgestoßen wurde kann er gar nicht mehr weiß sein, oder zumindest ist so wenig rot das er nicht mehr weiß erscheint, da wäre die Bezeichnung als weißer Zwerg eigentlich irref0hrend? Da hab ich mich auch noch nicht so mit beschäftigt. Das wäre interessant genug für ein eigenes Thema, ich finde blaue Sterne seiht man viel zu wenig...Vermutlich oft weil man viel Rot zu sehr bemüht.


    Gruß Frank

  • Moin Stathis,


    klasse Ergebnis und interessante Herleitung, gefällt mir super. Genau mein Ding, vielen Dank fürs teilen!


    Der Planetary ist so flächenschwach, dass nach den ersten 3 Stunden mit dem 8 Zoll RC und L-Enhance Filter sich nur ein zarter roter Ring abzeichnete, von OIII keine Spur.

    War der Zentralstern nach den ersten 3 Stunden sichtbar und wenn ja, welche Farbe hat sich aus dem L-Enhance Filter ergeben, wenn du das so sagen kannst?!.... ich meine nur den Zentralstern, der Ring selbst war ja rötlich.


    und, beobachtest du noch visuell, mit großem Besteck?


    CS

    Peter

  • Hallo an alle, vielen Dank für die rege Beteiligung.


    Wow, ich bin positiv überrascht, dass so ein ultraschwacher Abell- Planetary so viel Aufmerksamkeit findet - doch eine Menge "Astrosportler" hier unterwegs - sehr schön! Als ich vor 2 Jahrzehnten mit großen Dobsons visuell mit dem Abell PN Projekt begann, waren diese galaktischen Scheiben, Ringe und Sicheln nur sehr wenig bekannt. Tom Polakis (USA) war ein Pionier, auf dessen Beobachtungen ich aufbauen konnte, Uwe Glahn nahm die Steilvorlage dankend an und reiste zum Teil extra wegen der Abells ins Hochgebirge, um einige, die bis dahin als visuell unmöglich galten, doch noch zu knacken. Die Foto- Schmalbandfilter Technik war ja damals auch noch lange nicht so weit, so blieben die meisten Abells lange Zeit exotische Objekte. Heute kann man einen Abell 39 Her ja fast schon zum Klassiker zählen.


    Zu euren Fragen hier einige Zwischenphasen als Crops:

    Nach den ersten gut 3 Stunden mit L-Enhance Dualband Filter kommt der rote Ring zart zum Vorschein, vom Zentralstern keine Spur. 19,4 mag ist ja auch nicht gerade der Burner:



    Ich wollte aber unbedingt diesen Zentralstern (<--- ist das schon pathologisch?). Also die nächste Nacht 5,3 Sunden von Dämmerung bis Dämmerung ohne Filter (nur UV/IR-Cut), kräftig an den Kontrastreglern gedreht, aber ohne jede Farbanpassungen (nur Siril Hintergrundabzug, keine photometrische Farbkalibrierung). Tataaaa: Knall- blauer Zentralstern, während der Nebel sich nur mühsam vom Hintergrund abhebt. Spätestens hier wusste ich, warum ich bei A56 visuell gescheitert war:



    Hier isoliert alle L-Enhance Aufnahmen, in Summe 14,3 Stunden aus 4 Nächten. Die mit Starnet++ erzeugen sternlosen Ebenen sind kontrastverstärkt aufaddiert. Der Zentralstern wird zart sichtbar. Ich meine, einen Hauch von blau-grün darin zu erkennen:



    Das blau des Zentralsterns kommt von der ungefilterten Aufnahme, was mir auch logisch erscheint, PN- Zentralsterne sind extrem heiß. Das war auch bei meinen anderen PN Bildern so - praktisch immer ist der Zentralstern deutlich blau.


    Was ich jedoch immer noch nicht verstehe, sind die die spektralen Helligkeitsangaben. Der Gaia Katalog sagt zum Zentralstern Gaia DR3 4268179207028750592:

    BPmag = 19,54

    GPmag = 19,43

    RPmag = 19,68

    Aus diesen Zahlen erkenne ich keinen dominanten Blauüberschuss.


    Beim berühmten Zentralstern des Ringnebels WD 1851+329 = Gaia DR3 2090486618786534784 eine ähnliche Tendenz. Die Zahlen:

    BPmag = 15,59

    GPmag = 15,65

    RPmag = 16,13

    Die blaue Magnitude ist nur geringfügig heller und wir wissen alle, wie dominant blau er auf den Fotos erscheint. Ich meine sogar, bei sehr gutem Seeing im 24 Zöller das blau immer wieder direkt gesehen zu haben.


    Warum zeigen die Zahlen das nicht?

  • Ich habe mich mit der BGM-Filtercharakteristik noch nie beschäftigt. Wahrscheinlich waren die Bezugsfilter weniger steilflankig und es leuchteten daher auch die anderne Bänder mit rein?

  • Servus Stathis,


    wenn icfh das richtig verstanden habe, deckt das G-Band den Bereich von 330 nm bis 1050 nm ab (in Bezgu auf Messungen im Weltraum durch die Gaia-Sonde), das GBP-Band 330 nm bis 680 nm und das GRP-Band 640 nm bis 1050 nm. Insofern ist die G-Magnitude minimal mehr als die Summe der beiden Einzelmagnituden.


    DEas Gaia-BP-Band decdkt also von Violett bis orange fast das ganze sichtbare Spektrum ab, das Gaia-RP-Band orange, rot und viel Infrarot, vor allem, Infrarot. Jetzt weiß ich nicht, wie viel Infrarotstrahlung vom PN selbst sich mit dem Licht des Zentralsterns überlagert. Aber vielleicht ist das die Erklärung. Die Gaia-Sonde nimmt ja das ganze RP-Band auf, ohne dass unsere Atmosphäre das IR schluckt/reflektiert. Vielleicht ist es die Überlagerung beider Quellen?!



    Servus Frank (du hast mich mit Seraphin verwechselt, macht aber nichts) ;)


    Ich weiß, aber ist eben auch O3 im Kontinumspektrum, und man muss durch die Bedingungen auch mit Extinktion rechnen, deshalb die Frage welcher Filter ihn gebracht hat.

    Ein weißer Zwerg strahlt im Ultravioletten und Blauen die meisten Photonen ab (nicht durch Anregung von Sauerstoff), dazu noch im ganzen Spektralbereich bis runter zu rot, mit Maximum im Blauen. Nimmst du einen Schmalbandfiliter, dann filterst du also 99,9% (sag ich mal) des Lichts eines 19mag-Sterns raus. Was soll da noch übrig bleiben?


    Schaust du einen Gasnebel aus Sauerstoff an, dann nimmt der OIII-Filter von dem vom Nebel emittierten Licht fast nichts weg, wohl aber Licht der Sterne, des Hintergrunds usw.

    Bei Quellen mit kontinuierlichem Spektrum bringt dir ein Schmalbandfilter nichts, denn der wirft fast das ganze Signal weg. Ob der Weiße Zwerg überhaupt OIII-Photonen emittiert? Und wenn, dann ist das vernachlässigbar.


    Merke:

    Emissionsnebel – hier helfen Schmalbandfilter

    Reflektionsnebel und Sterne – hier schaden Schmalbandfilter. Bei Reflektionsnebeln kann manchnmal ein breiter Blaufilter helfen.


    ... ich finde blaue Sterne seiht man viel zu wenig...Vermutlich oft weil man viel Rot zu sehr bemüht.

    Das ist eigentlich recht simpel. Blaue Sterne sind extrem heiß und als Hauptreihensterne sehr massereich. Dasheißt, sie leben nur sehr kurz (in kosmischem Maßstab). Sterne, die nur ein paar Millionen Jahre alt werden (oder vielleicht max. 20 Millionen Jahre schaffen), sind eben per se selten anzutreffen. So massereiche Sterne müssen sich erstmal bilden und dann leben sie auch nur kurz.


    In Kugelsternhaufen und manchen alten Offenen Sternhaufen findet man wiederum blaue Sterne, hier aber Blue Stragglers, Sterne, die sekundär wieder heiß wurden, weil sie nachträglich mit Materie gefüttert wurden. Und Weiße Zwerge sind sehr heiß und blau, Letztere sind aber sher lichtschwach, d asehr klein.

    Du siehst also nur die hellen Strahlemonster als blau und die leben kurz und sind selten. Weiße Zwerge müssen sehr nah sein und Blue Stragglers sind oft sehr weit weg (z.B. Kugelsternhaufen). Ergo: wenige heiße, blaue Sterne.


    Mit "Rot Bemühen" (was auch immer du damit meinst) hat das nichts zu tun.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Hallo Stathis


    Eventuell färbt Staub in der Atmosphäre das ganze Bild rot? Da geht das vom Stern unter.

    Hat denn schon mal jemand versucht die Farbe so eines Szernes spektrografisch zu bestimmen....aber vermutlich schafft solch Ausrüstung es auch nicht unter ungestörten Himmel?


    Toll das du so einen kaum Bekannten auch noch ln gut zu deinem Abbildungsmaßstab passend gefunden hast. Ich hatte jetzt so viel Pause und Updates das ich nicht mal weiß ob die Technik noch läuft, daß geht wohl wieder mit was einfachem los und den eigentlich vorgenommenen tiefen Projekten lauf ich ewig hinterher.


    Gruß Frank

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!