Trotz quantenphysikalischer Zweifel: Einsteins Relativitätstheorie erneut bestätigt

  • Forschungsteams des ZARM und der Leibniz-Universität Hannover konnten Einsteins Relativitätstheorie mit noch höherer Genauigkeit bestätigen. Grundlage der Berechnungen waren Lasermessungen des Abstands zwischen dem Mond und der Erde.


    Eine der grundlegendsten Annahmen in der fundamentalen Physik besagt, dass die verschiedenen Eigenschaften von Masse – Schwere, Trägheit und Anziehungskraft – im Verhältnis zueinander immer gleich bleiben. Wäre diese Äquivalenz nicht gegeben, würde das der Einsteinschen Relativitätstheorie widersprechen und unsere aktuellen Physikbücher müssten umgeschrieben werden. Obwohl alle bisherigen Messungen das Äquivalenzprinzip bestätigen, müsste es aus quantentheoretischer Sicht eigentlich eine Verletzung geben. Diese Unvereinbarkeit zwischen der Einsteinschen Gravitationsphysik und der modernen Quantentheorie ist der Grund, warum immer genauere Tests des Äquivalenzprinzips einen so hohen Stellenwert haben. Einem Team des Zentrums für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen ist es nun zusammen mit dem Institut für Erdmessung (IfE) der Leibniz Universität Hannover gelungen, mit 100-facher verbesserten Genauigkeit nachzuweisen, dass schwere und anziehende Masse immer gleich – also äquivalent – sind, unabhängig von der speziellen Zusammensetzung der jeweiligen Massen.


    Die Entfernung zwischen Erde und Mond ist die Grundlage des verbesserten Nachweises des Äquivalenzprinzips. Illustration: AEOS Medialab ESA 2002


    Die träge Masse widersetzt sich der Beschleunigung und sorgt z.B. dafür, dass man beim Anfahren eines Autos nach hinten in den Sitz gedrückt wird. Die schwere Masse reagiert auf die Gravitation und sorgt auf der Erde für unser Gewicht. Die anziehende Masse bezieht sich auf die Anziehungskraft, die ein Körper ausübt, genauer gesagt die Größe seines Gravitationsfeldes. Für die Allgemeine Relativitätstheorie ist die Äquivalenz dieser Eigenschaften von grundlegender Bedeutung. Daher wird sowohl die Gleichheit von träger und schwerer Masse als auch die Gleichheit von schwerer und anziehender Masse mit immer höherer Genauigkeit getestet.


    Würde man hypothetisch davon ausgehen, dass schwere und anziehende Masse nicht gleich wären – ihr Verhältnis also vom Material abhängt – würden sich Objekte, die aus verschiedenen Materialien mit unterschiedlichen Massenmittelpunkten bestehen, selbst beschleunigen. Da der Mond aus einer Aluminiumhülle und einem Eisenkern besteht, deren Massenmittelpunkte gegeneinander versetzt sind, müsste sich dann eine Beschleunigung des Mondes ergeben. Diese hypothetische Geschwindigkeitsänderung könnte man dank des „Lunar Laser Ranging“ mit hoher Genauigkeit ausmessen. Dabei werden Laser von der Erde auf die Spiegel ausgerichtet, die von den Apollo-Missionen und dem sowjetischen Luna-Programm auf dem Mond platziert wurden. Seitdem werden die Laufzeiten der Laserstrahlen aufgezeichnet. Das Forschungsteam konnte nun die Daten des „Lunar Laser Ranging“ von über 50 Jahren, d.h. von 1970 bis 2022, analysieren und auf solche „Massenungleichheits“-Effekte untersuchen. Da kein Effekt zu finden war, bedeutet dies, dass die schwere und anziehende Masse bis auf ca. 14 Nachkommastellen gleich ist. Das ist eine um zwei Größenordnungen bessere Abschätzung gegenüber der bisher besten Untersuchung von 1986.


    Über diese neuesten Forschungsergebnisse zur Gleichheit der schweren und anziehenden Masse hinaus, war das ZARM auch wesentlich an verbesserten Resultaten zu Gleichheit der trägen und schweren Masse beteiligt. Damit hat das Forschungsinstitut an der Universität Bremen bei allen Experimenten zum Äquivalenzprinzip maßgeblich dazu beigetragen, die Präzision der Ergebnisse erheblich zu verbessern.


    Weitere Infos auf den Seiten des ZARM unter https://www.zarm.uni-bremen.de…principle-reaffirmed.html

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