Die Kruste des Mars ist richtig dick

  • Die Nasa-Sonde In­Sight zeich­ne­te im Mai 2022 ein star­kes Mars­be­ben auf, bei dem seis­mi­sche Wel­len die Mars­ober­flä­che bis zu drei­mal um­lie­fen. Auf­grund der Ober­flä­chen­wel­len konn­ten For­schen­de der ETH Zü­rich die glo­ba­le, durch­schnitt­lich Di­cke der Mars­krus­te be­stim­men. Sie fan­den zu­dem her­aus, dass auf der Nord- und Süd­halb­ku­gel die Dich­te der Krus­te ähn­lich ist, wäh­rend sich de­ren Di­cke je­doch deut­lich un­ter­schei­det. Im Durch­schnitt ist die Mars­krus­te mit 42 bis 56 Ki­lo­me­tern viel di­cker als die­je­ni­ge der Er­de oder des Mon­des.


    Im Mai 2022 re­gis­trier­te der Mars­be­ben­dienst an der ETH Zü­rich das stärks­te je­mals auf ei­nem an­de­ren Pla­ne­ten be­ob­ach­te­te Be­ben. Das Er­eig­nis mit der ge­schätz­ten Ma­gnitu­de von 4,6 war vom Seis­mo­me­ter der InSight-Mission der Na­sa auf der Mars­ober­flä­che er­faßt wor­den. «Die­ses Mars­be­ben sand­te star­ke seis­mi­sche Wel­len aus, die sich ent­lang der Mars­ober­flä­che be­weg­ten», sagt Doye­on Kim, Seis­mo­lo­ge am In­sti­tut für Geo­phy­sik der ETH Zü­rich.


    Dar­auf hat­ten die For­schen­den schon lan­ge ge­hofft, denn Ober­flä­chen­wel­len be­we­gen sich nicht nur vom Be­ben­herd zur Mess­sta­ti­on, son­dern um­lau­fen mehr­mals den ge­sam­ten Pla­ne­ten. Sie lie­fern des­halb nicht nur In­for­ma­tio­nen über be­stimm­te Be­rei­che des Pla­ne­ten, son­dern er­mög­li­chen ei­ne glo­ba­le Sicht.


    «Von die­sem größ­ten, wäh­rend der ge­sam­ten InSight-Mission auf­ge­zeich­ne­ten Be­ben be­ob­ach­te­ten wir Ober­flä­chen­wel­len, die bis zu drei­mal den Mars um­kreis­ten», er­zählt der Seis­mo­lo­ge und Erstau­tor der Stu­die, in der die Ergebnisse beschrieben werden. Um Auf­schluss über die durch­lau­fe­nen Struk­tu­ren zu er­hal­ten, mas­sen die For­schen­den, wie schnell sich die­se Wel­len bei ver­schie­de­nen Fre­quen­zen aus­brei­ten.


    Die­se seis­mi­schen Ge­schwin­dig­kei­ten ge­ben Auf­schluss über den in­ne­ren Auf­bau in ver­schie­de­nen Tie­fen. Zu­vor er­laub­ten die be­ob­ach­te­ten Ober­flä­chen­wel­len, die von zwei Me­teo­ri­ten­ein­schlä­gen aus­gin­gen, nur be­grenz­te, re­gio­na­le Er­kennt­nis­se ent­lang der spe­zi­fi­schen Aus­brei­tungs­pfa­de die­ser Be­ben­wel­len. «Dank die­ses star­ken Be­bens ha­ben wir seis­mi­sche Be­ob­ach­tun­gen, wel­che die glo­ba­le Struk­tur dar­stel­len», sagt Kim.


    Ih­re neu ge­won­ne­nen Re­sul­ta­te kom­bi­nier­ten die For­schen­den mit be­stehen­den Da­ten zur Schwer­kraft und To­po­gra­fie des Mars, und konn­ten so die Di­cke der Mars­krus­te be­stim­men. Sie be­trägt durch­schnitt­lich 42 bis 56 Ki­lo­me­ter. Am dünns­ten ist die Krus­te im Be­reich der Isidis-Tiefebene mit durch­schnitt­lich 10 Ki­lo­me­tern, am dicks­ten in der Pro­vinz Thar­sis mit 90 Ki­lo­me­tern. Zum Ver­gleich: Die Erd­krus­te hat auf­grund seis­mi­scher Da­ten ei­ne mitt­le­re Di­cke von 21 bis 27 Ki­lo­me­ter; die Di­cke der Mond­krus­te, wel­che die Seis­mo­me­ter der Apollo-Missionen eru­ier­ten, liegt zwi­schen 34 und 43 Ki­lo­me­ter.


    To­po­gra­fi­sche Dar­stel­lung der Mars­ober­flä­che (links) und Dar­stel­lung der Krus­ten­di­cke (rechts). In­fo­gra­fik: Doye­on Kim / ETH Zü­rich


    «Da­mit ist die Mars­krus­te viel di­cker als die Krus­te der Er­de oder des Mon­des», sagt Kim. Ge­ne­rell hät­ten klei­ne­re Pla­ne­ten­kör­per in un­se­rem Son­nen­sys­tem ei­ne di­cke­re Krus­te als grös­se­re, sagt der For­scher: «Wir hat­ten Glück. Auf der Er­de wä­re es für uns schwie­rig ge­we­sen, mit ei­nem ver­gleich­bar star­ken Be­ben wie dem auf dem Mars die Di­cke der Erd­krus­te zu be­stim­men. Der Mars ist klei­ner als die Er­de, er kann aber auch die seis­mi­sche En­er­gie ef­fi­zi­en­ter trans­por­tie­ren.»


    Ei­nes der wich­tigs­ten Er­geb­nis­se die­ser For­schung be­trifft den Un­ter­schied zwi­schen der Nord- und Süd­halb­ku­gel des Mars. Die­sen Kon­trast be­ob­ach­tet man, seit es Te­le­sko­pe gibt; auf Bil­dern von Mars­sa­tel­li­ten ist er be­son­ders gut zu se­hen: Der Nor­den be­steht aus fla­chen Tief­ebe­nen, wäh­rend es im Sü­den ho­he Ber­ge gibt. Die Auf­tei­lung in nörd­li­ches Tief­land und süd­li­ches Hoch­land wird Mars-Dichotomie ge­nannt.


    «Man könn­te an­neh­men, dass sich die­ser Un­ter­schied durch zwei ver­schie­de­ne Ge­steins­zu­sam­men­set­zun­gen er­klä­ren lies­se», sagt Kim: «Das ei­ne Ge­stein wä­re dich­ter, al­so schwe­rer als das an­de­re.» Oder aber die Zu­sam­men­set­zung ist im Nor­den und Sü­den die­sel­be, doch die Di­cke der Krus­te un­ter­schei­det sich. Wenn die Krus­te im Sü­den di­cker ist, be­fin­det sich we­ni­ger von dem dich­te­ren Ma­te­ri­al des Mars­man­tels un­ter ihr, wäh­rend un­ter ei­ner dün­ne­ren Krus­te im Nor­den mehr von die­sem schwe­re­ren Ma­te­ri­al vor­han­den ist.


    Ge­nau dies konn­ten die For­schen­den nun nach­wei­sen. «An­hand der seis­mi­schen Be­ob­ach­tun­gen und der Gra­vi­ta­ti­ons­da­ten zei­gen wir, dass die Dich­te der Krus­te im nörd­li­chen Tief­land und im süd­li­chen Hoch­land ähn­lich ist», schrei­ben die For­schen­den. Da­ge­gen reicht die Krus­te auf der Süd­halb­ku­gel in ei­ne grös­se­re Tie­fe als auf der Nord­halb­ku­gel. «Die­se Er­kennt­nis ist span­nend und er­mög­licht es uns, ei­ne lang­jäh­ri­ge wis­sen­schaft­li­che Dis­kus­si­on über den Ur­sprung und die Struk­tur der Mars­krus­te zu be­en­den», sagt Kim. Denn be­reits im ver­gan­ge­nen Jahr lie­fer­te die Ana­ly­se von Me­teo­ri­ten­ein­schlä­gen auf dem Mars Hin­wei­se da­für, dass die Krus­ten im Nor­den und Sü­den aus dem­sel­ben Ma­te­ri­al be­stehen.


    Aus der Di­cke der Mars­krus­te las­sen sich noch wei­te­re Schlüs­se zie­hen. «Un­se­re Stu­die er­klärt, wie der Pla­net Wär­me er­zeugt und wie er sich ther­misch ent­wi­ckelt hat», sagt Kim. Als Pla­net, der an­ders als die Er­de nur über ei­ne ein­zi­ge Plat­te ver­fügt, er­zeugt in sei­nem In­ne­ren vor al­lem der Zer­fall von ra­dio­ak­ti­ven Ele­men­ten, wie Tho­ri­um, Uran und Ka­li­um, Wär­me. Die Stu­die er­gibt, dass sich 50 bis 70 Pro­zent die­ser Wär­me pro­du­zie­ren­den Ele­men­te in der Mars­krus­te be­fin­den. Die­se star­ke An­rei­che­rung könn­te er­klä­ren, dass es dar­un­ter lo­ka­le Re­gio­nen gibt, in de­nen bis heu­te mög­li­cher­wei­se Schmelz­pro­zes­se statt­fin­den.


    Weitere Infos auf den Seiten der ETH Zürich unter https://ethz.ch/de/news-und-ve…ars-ist-richtig-dick.html

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