Mit quantitativer Spektroskopie zu neuen Welten

  • Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) und die Vatikanische Sternwarte (VO) haben sich zusammengetan und mehr als 1000 helle Sterne spektroskopisch untersucht, die vermutlich eigene Exoplaneten beherbergen. Das Team stellt nun genaue Werte für 54 spektroskopische Parameter pro Stern vor und veröffentlicht alle Daten für die wissenschaftliche Gemeinschaft. Die beispiellos große Anzahl von Parametern ist für die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften der Sterne und ihren möglichen Planeten unerlässlich.


    Sterne erzählen Geschichten über sich selbst, und manchmal auch über ihre unentdeckten Planeten. Ihre Sprache ist das Licht: Sternlicht verrät viele physikalische Eigenschaften eines Sterns, wie seine Temperatur, seinen Druck, seine Bewegung, seine chemische Zusammensetzung und vieles mehr. Forschende lesen das Sternlicht mit einer Methode namens quantitative Absorptionsspektroskopie. Dazu fangen Teleskope das Sternlicht ein und Spektrografen zerlegen es nach Wellenlängen in ein regenbogenartiges Spektrum, das den Fingerabdruck des Lichts des Sterns darstellt. Sind diese Parameter bekannt, dienen sie der Überprüfung von theoretischen Modellen von Sternen. Dabei stellt sich oft heraus, dass die Modelle Schwächen haben oder dass die Beobachtungen der Sternspektren noch zu ungenau sind.


    Manchmal zeigt sich aber auch, dass ein Stern eine überraschende Geschichte bereithält. Das hat das Team motiviert, eine ultrapräzise Untersuchung von möglichen Planeten beherbergenden Sternen durchzuführen. "Da sich Sterne und ihre Planeten gemeinsam bilden, stellte sich die Frage, ob das Vorhandensein bestimmter chemischer Elemente in einer Sternatmosphäre oder ihr Isotopen- oder Häufigkeitsverhältnis auf ein Planetensystem hinweist", erklärt Prof. Klaus G. Strassmeier, Hauptautor, Direktor am AIP und Leiter der Untersuchung. Die Mengen verschiedener chemischer Elemente in einem Stern könnten darauf hindeuten, dass der Stern terrestrische Planeten hat (felsige Welten wie die Erde oder den Mars). Auch für das Alter der Planeten und dass der Stern einige seiner Planeten "gefressen" hat, können die Sternspektren verraten, so die Hypothese. Dies muss noch weiter untersucht werden und die nun veröffentlichten Daten bilden die Grundlage dazu.


    Der Nordpol der Ekliptik im Sternbild Drache (Draco). Der gelbe Kreis zeigt das VPNEP-Messfeld. Die Gitternetzlinien sind im Abstand von 10 Grad angeordnet. Bild: AIP/Wikipedia


    Von den über 5000 bestätigten Exoplaneten (Planeten, die andere Sterne als die Sonne umkreisen) wurden 75 % vom Weltraum aus entdeckt, indem man beobachtete, wie die vorbeiziehenden Planeten das Licht ihres Sterns reduzierten. Der Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) der NASA hat auf genau diese Weise Exoplaneten gefunden. Dabei wurden mehr Exoplaneten in den Bereichen des Himmels gefunden, die am weitesten von der Ekliptik (der Ebene, in der die Erde die Sonne umkreist) entfernt sind, die so genannten ekliptikalen Pole. Observatorien auf der Nordhalbkugel können den nördlichen Ekliptikpol beobachten, und die Durchmusterung von Sternen innerhalb dieser Region wird als Vatican-Potsdam Northern Ecliptic Pole (VPNEP) bezeichnet.


    Die Durchmusterung konzentrierte sich auf das reichhaltigste Beobachtungsfeld von TESS, einem Himmelsbereich, der etwa 4000 mal so groß ist wie der Vollmond. Alle etwa 1100 darin enthaltenen Sterne, die möglicherweise von Planeten umgeben sind, wurden untersucht. Bis zu 1,5 Stunden Teleskopzeit waren pro Stern nötig, um genug Licht für ein einziges hochwertiges Spektrum einzufangen. Da jeder Stern mehrmals beobachtet wurde, dauerte es fünf Jahre, bis die Durchmusterung abgeschlossen war.


    Die Beobachtungen bedienten sich der Teleskope an zwei Standorten: In Arizona kam das Vatican Advanced Technology Telescope (VATT) des Vatikan-Observatoriums, bestehend aus dem Alice P. Lennon Teleskop und seiner Thomas. J. Bannan Astrophysics Facility, zum Einsatz und leitete das Licht zum Spektrographen des AIP, dem Echelle Polarimetric and Spectroscopic Instrument (PEPSI) weiter. Sie nahmen Spektren von Zwergsternen mit noch nie dagewesener Präzision auf. Auf Teneriffa nutzte das STELLA-Observatorium (STELLar Activity) des AIP den STELLA-Echelle-Spektrographen, um das Licht von Riesensternen mit geringerer, aber immer noch hoher Präzision einzufangen.


    Dr. Martina Baratella, eine der an der Untersuchung beteiligten Postdoktorandinnen des AIP, kommentiert: "Die Spektren enthüllen Elemente, die zu jenen gehören, die am schwierigsten zu beobachten sind." Häufigkeitsverhältnisse von Elementen wie Kohlenstoff zu Eisen oder Magnesium zu Sauerstoff geben Hinweise auf die Existenz und das Alter von sonst unsichtbaren Gesteinsplaneten. Prof. Strassmeier fügt hinzu: "Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Daten der Durchmusterung vollständig ausgewertet sind. Aber wir erwarten, dass wir bald weitere Entdeckungen bekannt geben können."


    Weitere Infos auf den Seiten des AIP unter https://www.aip.de/de/news/to-…uantitative-spectroscopy/

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