Die Nacht vom 21. auf den 22.2.2023 – ein Bisserl mit dem 8-Zöller und viel mit meinem 9 × 42-Fernglas unterwegs

  • Servus beinand,


    am Dienstag wurde es zum Glück nochmal sternenklar bei mir, also nichts wie raus auf meinen Beobachtungshügel. Leider wurde ich olfaktorisch nicht verwöhnt, da wegen des schönen Wetters die Odelsaison (zu hochdeutsch: Gülle) begonnen hat. Nun gut, Landluft eben. Leider konnte ich erst um 22 Uhr loslegen, da ich nach der letzten Session vergessen hatte, meine Powerbank zu prüfen bzw. zu laden. Sie hält eigentlich drei Nächte am Stück durch, aber wenn sie zu sehr friert, dann eben nicht. Also musste ich daheim warten, bis sie wieder voll war. Mit so einem völlig unelektronischer Dobson wäre das nicht passiert...


    Wie auch immer, um halb elf war alles aufgebaut, eingenordet, Justage am Stern nachgestellt und das GoTo aligniert. Die Nacht war gut, nicht berauschend, aber eben o.k., fst. zunächst wieder bei ca. 6m2 im Zenit, aber der Südhorizont war mies, Wolken über den Alpen und Dunst. Also schaut man weiter "oben". Los geht's mit meinem RC 8" f/8:


    NGC 2283, Galaxie mit 12m2 in Canis Major (mit Supernova SN2023axu), erneutes Aufsuchen, nachdem es am 15.2.2023 nicht geklappt hatte, sie zu sehen/zu erkennen – vgl. Die Nacht vom 15. auf den 16.2.2023 – tierisch war's (z.B. Großer Hund, Einhorn, Wasserschlange, Löwe und Kleiner Löwe) – Sternhaufen, PN und Galaxien, von allem etwas. – Das Sternmuster der "geschwenkten Fahne" hilft, diese Galaxie zu finden. Man muss nur die Oberkante der Fahne in Richtung Osten (in Richtung zum Fahnenstiel) verlängern und man findet sie. Zu sehen war eine erkennbare, aber nicht sehr auffällige Aufhellung, die bei 80× und auch bei 325× zu erkennen war, wobei man indirekt beobachten muss. Diese Aufhellung liegt zwischen zwei gut erkennbaren Sternen bzw. berührt diese. Südsüdöstlich war ein Stern 13. Größenklasse zu erkennen, aber auch bei 325× Vergrößerung konnte die Supernova SN2023axu nicht als Lichtpunkt erkannt werden. Sie wäre zwischen dem Stern und der erkennbaren Galaxie gelegen.


    Weiter gings erneut in den Kleinen Löwen:


    Galaxiengruppe LGG 218 in Leo minor (Hatte ich am 15.2.2023 schon aufgesucht – siehe auch – das hier ist eine Nachbeobachtung der ganzen Galaxienkette):


    NGC 3430, 11m5: Beobachtet bei 80× – leicht zu erkennen, groß, diffus, zusammen mit zwei weiteren Galaxien im Gesichtsfeld (NGC 3424 und NGC 3413) und diese eine schwach gewinkelte Kette bildend.


    NGC 3424, 12m4: Beobachtet bei 80× – lang, schmal, gut zu erkennen, aber ohne weitere Strukturen außer ihrer Form; zusammen mit NGC 3430 und NGC 3413 im Gesichtsfeld.


    NGC 3413, 12m1: Wenn man weiß, wo man genau hinsehen muss, dann kann man diese kleine Galaxie bei 80× kaum übersehen. Die Kette aus drei Galaxien ist wirklich hübsch anzusehen.


    Noch nicht am 15.3.2023 hatte ich NGC 3395/3396 = Arp 217 beobachtet. Diese beiden interagierenden Galaxien gehören auch zu LGG 218: Sofort und ohne Probleme als Nebelfleck zu erkennen. Bildet zusammen mit NGC 3395 einen etwas unförmigen, geknickten, gemeinsamen Fleck. NGC 3395 ist 11m8 und NGC 3396 12m0 hell.


    Das war ja schonmal sehr positiv. Sechs Galaxien in unmittelbarer Nähe. Dazu kämen zwei schwächere IC- Galaxien und ein paar faint fuzzies und LGG 218 wäre komplett. Ich habe später ein Foto gemacht, aber dazu später.


    Jetzt war noch eine weitere Rechnung vom 15.2.2022 offen... am 15.2. hatte ich am falschen Ort geschaut, da ich von einem hellen Stern, der von schwachen Sternen umgeben war, abgelenkt wurde.


    NGC 2204, Offener Sternhaufen in Canis Major: Wenn man weiß, wo genau sich dieser Sternhaufen befindet, erkennt man ihn bereits im Übersichtsokular bei 43× als leichte Aufhellung in einem Sterndreieck 8. bis 10. Größenklasse, das man auch zu einer Raute durch einen vierten Stern vergrößern kann. Bei 80× kann man die ersten, wenigen Sterne erkennen und ein etwas nebeliger Hintergrund bleibt auffällig. Bei 325× (5mm-Okular) kann man auch direkt 10 Sterne (ab 12. Größenklasse) gut erkennen und indirekt ein paar wenige, weitere. Die Sterne bilden einen Bogen, der nur indirekt betrachtet etwas aufgefüllt wird.


    Jetzt habe ich umgebaut und die Kamera an mein Teleskop montiert, um Arp 217 nebst IC 2604, IC 2608, den einen oder anderen Quasar und einige weitere faint fuzzies auf den Chip zu bannen. Während die Kamera lief, habe ich mit dem 9×42-Fernglas Genusspechteln betrieben, an dem ich euch ein Bisserl virtuell teilhaben lassen will, indem ich die Stationen kurz und knapp zusammenfasse. Mit dem Fernglas macht man ja gerne größere Sprünge am Himmel:


    M 41, Offener Sternhaufen im Großen Hund (Kleiner Bienekorb, kleine Praesepe): Auffälliger Nebelfleck mit einzelnen Sternen, die sich auflösen lassen (ein Klassiker).


    M 44, Offener Sternhaufen in Cancer (Praesepe, Bienenkorb, Krippe...): Viele Sterne aufgelöst, sehr groß und auffällig.


    M 67, Offener Sternhaufen in Cancer und ein Methusalem: Ein kompakter, heller Nebelfleck, etwas körnig erscheinend, aber ohne aufgelöste Sterne.


    M 42/43, Orionnebel: wie immer wunderschön, muss nicht eigens beschrieben werden.


    Persson 1, Asterismus im Orion und Teil des OdM Februar 2023: Das Sternmuster ist auch im Fernglas sehr auffällig und zeigt in Richtung NGC 2169.


    NGC 2169, Offener Sternhaufen im Orion, 37-Haufen, Einkaufswagenhaufen: Wenn man weiß, dass das ein Offener Sternhaufen ist, dann lässt er sich auch im kleinen Fernglas leicht erkennen. Er wirkt nur zu kompakt im Vergleich zur Helligkeit, um als Sternhaufen erkannt zu werden, sondern wirkt eher wie eine kleine Sterngruppe.


    M 35, Offener Sternhaufen in Gemini ( Teil des OdM März 2023): Heller, auffälliger Nebelfleck, Einzelsterne erkennbar.


    M 36, M 37 und M 38, Offene Sternhaufen in der Auriga: Jeweils ein heller, auffälliger Nebelfleck, Einzelsterne erkennbar.


    Melotte 31, Offener Sternhaufen (oder Asterismus) in der Aurige: Die Fliegende Elritze ist ja auch problemlos mit bloßem Auge zu erkennen. Im Fernglas sieht diese Sterngruppe sehr hübsch aus, da sie komplett ins Gesichtsfeld passt.


    IC 410 / NGC 1893, Emissionsnebel und eingebetteter Offener Sternhaufen in der Auriga: Westlich der Fliegenden Elritze ist hier eine große Aufhellung zu sehen, die erstaunlich auffällig ist. Ich vermute, dass es sich hier um den Emissionsnebel und nicht (nur) den Ofennen Sternhaufen handelt, da die Aufhellung schon sehr groß ist.


    SsS (Sedlatscheks seilspringender Stern), Asterismus in der Auriga rund um Theta Aurigae (bzw. ein U um diesen hellen Stern): Das Sprungseil ist im Fernglas sehr schön zu erkennen, einfach nett!


    Jetzt machte der Himmel im südlichen Großen Hund auf, also ran an den Speck und runter in den Süden:


    Collinder 132, Offener Sternhaufen in Canis Major: Stand bereits (zu) tief am Horizont, aber trotzdem als großer Offener Sternhaufen zu erkennen, da immer noch über 10 Sterne zu erkennen sind. Die Beobachtung sollte bei besseren Bedingungen wiederholt werden.


    Collinder 140, Offener Sternhaufen in Canis Major: Helle Vordergrundsterne bilden ein rechtwinkliges Dreieck. Dazwischen sind mit Mühe einzelne Sterne zu erkennen. Die Beobachtung sollte bei besseren Bedingungen wiederholt werden (zu tief, noch etwas Dunst am Horizont).


    Also weiter nach oben, deklinationstechnisch...


    Collinder 65, Offener Sternhaufen im Taurus und in den Orion hineinreichend; Sehr große, lockere, aber auffällige Sternverdichtung vieler ungefähr gleich heller Sterne. Schöner Anblick dieses alten Sternhaufens.


    Collinder 69, Offener Sternhaufen im Orion, Hidden Treasure 29 aka Lamda-Orionis-Haufen ala Klappstuhlhaufen: Im Fernglas sehr lohnenswert, helles Sternmuster mit weiteren Sternen im Hintergrund.


    Collinder 70, Offener Sternhaufen im Orion, Alnilam-Haufen: Sternreich, mit dem bekannten, großen S, viele Sterne rund um Alnilam. (Anmerkung: der Haufen um Mintaka ist noch unbenannt, aber wohl eigenständig).


    NGC 2237-39, NGC 2244, Emissionsnebel mit eingebettetem Offenen Sternhaufen in Monoceros, Rosettennebel nebst Haufen: Auch ohne Filter im Fernglas ist eine schwache, aber gut kenntliche, große Aufhellung zu erkennen. Mit Mühe kann man Helligkeitsunterschiede im Nebel erahnen. Im Zentrum steht der auffällige Offene Sternhaufen NGC 2244 im engen Sinn, dessen hellesten Sterne auch bei 9× im Fernglas das bekannte Muster bilden.


    Nun zogen fast überall Wolken auf, bildeten immer wieder Zirren, die störten, aber es blieben immer wieder Himmelsareale frei. Zum Glück war der Kleine Löwe als letzter betroffen, sodass die Kamera weiterrattern durfte. Leider kam ich noch nicht dazu, mein Steuergerät der Fangspiegelheizung zu checken, das beim letzten Beobachten den Geist aufgab (Sicherung?), sodass ich es ohne versuchte. Es war auch erfreulich trocken, aber die Temperatur sank dann dich deutlich von +3° auf -4°, weshalb dann der Fangspiegel doch beschlug und dann einfror. Als ich nach 240 × 30 s prüfend ins Teleskop schaute, was das Eis auf dem gesamten Fangspiegel dicht und der Hauptspiegel fing auch schon an. Na super... Also Föhn genommen, alles freigeföhnt, was wegen dem Eis dauerte... und als ich endlich fertig war, störten die Zirren. Ich hatte viel Belichtungszeit verloren. Da das hier aber kein Unterforum für Fotos ist, zeige ich das Ergebnis (was mir dennoch gefällt) noch nicht vor, sondern bleibe beim Visuellen.

    Eigentlich sollte mittlerweile der Skorpion zu sehen sein (jedenfalls der Nordteil), aber die Wolken blieben am Horizont dicht. Nur unter dem Raben hoben sie sich witzigerweise an und man konnte unten durchschauen. Und siehe da, Iota Centauri war deutlich zu erkennen und funkelte mir zu. Theta Centauri (Menkent) war hingegen nicht auszumachen, denn weiter östlich lagen die Wolken weiterhin auf den Alpen. Wie auch immer, meine erste Sichtung des Zentauren mit bloßem Auge im Kalenderjahr 2023. Doch weiter ging es mit dem Fernglas:


    M 101, Galaxie in Ursa Major: Als großer Nebelfleck deutlich wahrnehmbar.


    M 45, Offener Sternhaufen im Taurus, Plejaden: Die Plejaden sind im Fernglas immer mehr als sehenswert. Viele Sterne, auch Ketten bildend. Die Reflexionsnebel waren allerdings nicht auszumachen.


    Collinder 50, Offener Sternhaufen im Taurus, Hyaden: Die Hyaden zeigen im Fernglas, dass sie ein "echter" Offener Sternhaufen sind. Und im Vordergrund strahlt Aldebaran hell und orange. Einfach immer wieder ein Hingucker.


    NGC 1647, Offener Sternhaufen im Taurus und dazu direkt daneben der Mars: Mars und NGC 1647 passten gemeinsam ins Gesichtsfeld des Fernglases. NGC 1647 ist in viele Puderzuckersterne aufgelöst und Mars strahlt in einem orangefarbigem Glanz. Grandios!


    Melotte 111, Offener Sternhaufen in Coma Berenices: Einfach ein wunderschönes Sternfeld. Um Galaxien rauszukitzeln, waren bereits zu viele Zirren, die störten, im Weg.


    Also als Abschluss noch Collinder 039 = Melotte 20, Offener Sternhaufen im Perseus (Haufen rund um Mirfak): Im Fernglas sieht man wunderschön das sich windende Muster, welches einer Schlange oder einem Drachen gleicht. Immer wieder toll, hier mit dem Fernglas unterwegs zu sein.


    Jetzt zog es auch im Kleinen Löwen fürs bloße Auge affallend zu (vorher merkte ich nur, dass die Grenzgröße etwas in die Knie ging), also war Einpacken angesagt. Es war mal wieder eine tolle, entspannende Nacht, die ich hauptsächlich zum Genießen genutzt habe. Ich hatte bei meinem Bericht vopm 15.2.2023 aber ein Objekt vergessen, das ich jetzt nachreichen möchte:


    NGC 2367, Offener Sternhaufen in Canis Major, erneut besucht, weil ReneM ihn neulich statt NGC 2362 besucht hat: Man erkennt ein kleines Sternmuster, das an ein großes Y oder eine Miniatur der äußeren Form der Hyaden plus einem Stern südlich erscheint. Hierbei ist der nordöstlichste, helle Stern dieses Musters ein enger Doppelstern, dessen Trennung bei 203× problemlos erfolgt und schließlich, wenn man weiß, dass er doppelt ist, auch bei 80× als solcher erkennbar ist.


    Ich hatte das sogar gezeichnet...:



    Der eigentliche Sternhaufen ist umkreist und der Doppelstern ist "oben rechts im Kreis". NGC 2367 ist mit 4 Millionen Jahren extrem jung und man sieht nur die äußerst hellen Sterne, denen bald der "Saft" ausgeht. Für 6500 Lichtjahre Abstand sind sie auch wirklich hell (hellster Stern 7m9 – der Doppelstern). In "Wahrheit" ist der Haufen deutlich sternreicher, wobei sich die Sterne bis jenseits von 20 mag verstecken.


    So, jetzt ist aber Schluss :D


    Liebe Grüße,

    Christoph


    P.S.: Ich hatte mich oben im Titel verschrieben... es geht um die nacht vom 21. auf den 22.2. 2023. Die Skizze von NGC 2367 ist aber vom 15./16.2.2023, ich habe den Haufen nur nochmal besucht.

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • Moin Christoph,


    Ich kann leider nur ein "like-Emoji" vergeben, deshalb auf diesem Wege:

    für den Bericht bekommst Du einen :star: , für die Beschreibung der "olfaktorischen Reizwahrnehmung" durch die beginnende "Odel-Saison" gibt es ein ^^ .

    BTW: ich dachte, Odel (oder Odl?) wäre ein Schnaps - zumindest hat man mir das bei meinem letzten Besuch bei den Bajuwaren als Schnaps vorgesetzt. Aber ja, im Nachhinein... :/


    Jedenfalls: Astronomie mit allen Sinnen - mehr kann man nicht verlangen! ;)


    CS, Jochen

  • Servus Jochen,


    ich kenn nur die Odelmass, die ich aber freiwillig nicht trinke und gar niemals nie nicht trinken werde. Pfui Deiffi! Und den Kräuterlikör, den man wirklich ohne e schreibt, der Odl, ja, den kenne ich gar nicht, bin wohl zu selten im Chiemgau. Habe ihn aber ergoogelt und binb jetzt schlauer, dank dir, an Preißn :thumbup: :thumbup: :thumbup: .


    Yep, Astronomie mit allen Sinnen. Darauf hebe ich mein Glas (aber ned mit Odl oder Odel gefüllt) ^^


    Liebe Grüße,

    Christoph

    Mein Verein: Astronomische Gesellschaft Buchloe e.V.

    Meine Ausrüstung:

    Teleskope: 22" (560 mm)  f/3.5 Dobson (Martini / Oldham Optical)  –  Omegon Ritchey-Chretien Pro RC 203/1624; Montierung: iOptron CEM40G  –  Ferngläser (8 x 42, 20 x 60)

    Kamera: Canon EOS 6D Mark II (Vollformat, unmodifiziert); Kameraobjektiv: meist Canon EF-200 mm f/2.8 Teleobjektiv

  • der Odl, ja, den kenne ich gar nicht,

    Sei froh und belasse es dabei! :D

  • Lucifugus

    Hat den Titel des Themas von „Die Nacht vom 15. auf den 16.2.2023 – ein Bisserl mit dem 8-Zöller und viel mit meinem 9 × 42-Fernglas unterwegs“ zu „Die Nacht vom 21. auf den 22.2.2023 – ein Bisserl mit dem 8-Zöller und viel mit meinem 9 × 42-Fernglas unterwegs“ geändert.

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