Was habe ich gestern (zusammen mit Vereinskolleginnen und Kollegen) besucht?

  • Hallo zusammen,


    Wo war ich gestern bei einem Ausflug des astronomischen Vereins Basel?



    Richtig :star_struck: , im CERN. Dort wird gebaut wie verrückt, die Umgebung des Pavillon ist nicht wieder zu erkennen:



    Die Röhren, die hinter der bekannten Skulptur zu sehen sind, werden, so wie ich das verstanden habe, ein neues Besucherzentrum (vermutlich mit Workshopmöglichkeiten für Schulklassen). Wettermässig herrschte eine eisige Bise.

    Wir hatten Glück. Der LHC ist abgeschaltet wegen Revisionsarbeiten und so konnten wir den CMS Detektor am anderen Ende des Rings besichtigen.


    Ich wusste ja schon, dass da alles etwas grösser ist, aber wenn man dann nach 87m Fahrstuhlfahrt und mit Helm ausgerüstet (mit RFID Tag drin, damit sie Dich notfalls wiederfinden :winking_face_with_tongue:) die Galerie der Kaverne betritt, dann bleibt einem erst mal die Spucke weg. Dieses Teil ist einfach gigantisch! (Und klein im Vergleich zu ATLAS). 12‘500t Stahl, Kupfer, Glasfasern, Vakuum- und Cryotechnik und Sensoren z.B. aus Alltagsmaterial wie PbWO4 als sog. Szintillatoren.


    Das erste Bild, mit dem Fischauge aufgenommen, lässt die schiere Grösse nur erahnen. Ein etwas telezentrischeres Bild ( ^^, sprich mit Weitwinkel aufgenommen) zeigt die eine Seite des Detektors mit dem Teilchenring ( das dünne Röhrchen in der Mitte wo im Betrieb ein Vakuum von 10^-11 - 10^-13 herrscht, weniger als auf der Mondoberfläche), dem supraleitenden Magnetring (das unter der Schokofolie) und seinen vielen Schichten Sensoren:



    Die Datenmengen, die bei der Kollision von je etwa 200000 Protonen (in zwei Röhren, die zwei Pakete laufen gegenläufig), mit der kinetischen Energie eines ICE bei 200km/h anfallen, sind nicht vollständig erfassbar, die Triggersignale, die weit innen erzeugt werden, zu langsam, resp. nicht schneller als die davonstiebenden Elementarteilchen. c gilt eben auch hier 😏.


    Deshalb müssen die einzelnen Sensoren einen „educated guess“ machen, welche der unzähligen Ereignisse, die innert weniger Nanosekunden einprasseln, wichtig sein könnten. Der Rest wird verworfen. Das wenige, was übrig bleibt, immer noch unvorstellbar viele Daten, werden dann über Glasfaser (Kupferleitungen gehen wegen der hohen magnetischen Feldstärken von teilweise mehr als 8T nicht) an lokale Konzentratoren gesendet. Von dort gehts weiter zur zentralen Speicherung. Dort sammeln sich dann während einer Messkampagne ein paar Petbyte Daten an, die dann Ausgangspunkt für die Auswertungen sind.


    Die riesige Kaverne wurde übrigens im Tagebau gebaut und später mit einer grossen Montagehalle überdeckt. Dort wurden die einzelnen Detektorteile (Einzelgewicht bis zu 2000t) vormontiert und dann über Seile in wochenlanger Millimeterarbeit in die Kaverne heruntergelassen. Das nächste Bild, schräg nach oben aufgenommen, zeigt den Schacht:



    Die Gitterkonstruktion, die bei Bedarf ganz entfernt oder geschlossen werden kann, ist auf relativ 0m. Der Kavernenboden 100m tiefer.

    Die einzelnen Blöcke werden übrigens mit hydrostatischen Lagern bewegt, die bei Bedarf montiert werden.


    Ihr seht, ich bin begeistert (hab mich schon zwei Mal leider erfolglos für eine Stelle im Engineering beworben, das CERN ist für mich ein ganz heisser Laden :face_savoring_food: ). Das ist Grundlagenforschung vom feinsten, jeder Cent dort ist sinnvoll ausgegeben.


    Wenn ihr mal in dieser Gegend sein solltet (oder eine Ausrede sucht, dort hin zu gehen, auch wenn sie dort überwiegend französisch sprechen :grinning_squinting_face:) : macht eine solche Führung mit. Wenn die Anlage nicht in Betrieb ist stehen die Chancen gut, dass ihr einer dieser Monstergeräte in echt anschauen könnt. Ist kostenlos, bei guten Englischkenntnissen versteht man auch in der lärmigen Kaverne die Ausführungen des (sehr kompetenten) Guide, trotz deutlichem Akzent. Eine langfristige Anmeldung ist allerdings empfehlenswert, die Führungen sind sehr gut besucht.


    Herzliche Grüsse Robert

    Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig. (Albert Einstein)

  • Hallo Robert,


    wirklich ein schöner Bericht.

    Ihr seht, ich bin begeistert

    Kann ich gut nachvollziehen und erinnert mich an meine ersten Arbeitsjahre nach meinem Abschluß in einem Steinbeis-Transferzentrum.


    Da kam von Cern eine Anfrage für die Entwicklung eines speziellen Software-Tools rein.
    Cern, da war ich gleich "Feuer und Flamme" und wollte bei der Entwicklung mitmachen !

    Den Auftrag haben wir leider nicht bekommen.


    Aber besuchen kann man es zumindest und dein Bericht motiviert sich anzumelden !


    Viele Grüße


    Alexander

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