Hallo ihr Lieben,
ich mache mal was ganz Verrücktes: zwei Beobachtungsabende von völlig unterschiedlichen Orten und mit gänzlich unterschiedlicher Optik zusammen in einen Beitrag.
Meine innerlich vorhandenen Stadtfluchtreflexe haben für einen Spontanurlaub auf der dänischen Insel Møn gesorgt - dasselbe Haus wie im Spätsommer! Weil es so spontan war und unser großes Auto in der Werkstatt sein Dasein fristete, sind wir mit Minimalausstattung zu viert mit Großhund mit meinem Opa Golf urgemütlich in der Silvesternacht über menschenleere Straßen nach Fehmarn gebummelt. Ich habe nur mein Stativ und das Fernglas eingepackt, für den Zehnzöller hätten meine Beine oder die meines Mannes daheim bleiben müssen - keine Option, ihr stimmt mir sicher zu.
Das abendliche Wetter war mir mehrfach hold, in einer Nacht bin ich sage und schreibe drei Mal nach draußen gegangen für jeweils eine Stunde: Um 19 Uhr, um 1 Uhr und um 4 Uhr. Dafür, dass der Urlaub gar nicht im Astrosinne geplant war, es durchgehend bewölkt und nass hätte sein sollen, der Mond zu 80 % beleuchtet und ich nur spartanisch unterwegs war, hat sich doch eine wundervolle Ausbeute in Sachen Beobachtungsfreude mit Meeresrauschen und ansonsten absoluter Stille in menschenleerer Natur ergeben. Für mich war es ganz außergewöhnlich, Objekte mit 12x42 anzusteuern, die ich bisher nur aus dem Teleskop kenne und nur von anderen weiß, dass sie sie (ja, sogar mühelos) im FG beobachtet haben. Werde ich das auch schaffen?
Gelungen ist es mir mit zum Beispiel mit -> M 57, da ist definitiv so ein winzig kleines, schwammiges Flecki, sooo faszinierend!! Oder mit -> M 96, jahaa, noch eine Galaxie trotz so viel Mond! Die benachbarte M 95 habe ich nur vielleicht einmal als Aufhellung gesehen, das ist mir zu unsicher und zählt nicht. -> M 66: ganz eindeutig eine längliche Aufhellung, zuletzt hatte ich diese Galaxiengruppe vor drei Jahren im Sechszöller versucht, noch in meinem ersten Astrojahr, und indirekt auch erkennen können - und jetzt im 12x-Fernglas, das ist so genial! Die benachbarte M 65 konnte ich indirekt auch immer wieder als schwammiges, kleinstes Flecklein ausmachen.
An größeren Objekten hatte ich auch wahrlich meine Freude, zum Beispiel an der saftigen, großen, leckeren Erdbeere. Na, eigentlich ist es ein lachendes Kindergesicht (bei Roslund 4 im Schwan), aber es geht nun doch als saftige, große, leckere Erdbeere in die Geschichte ein. Ich werde es euch im Sommer mit einer Zeichnung beweisen.
Collinder 70 kann ich nur wärmstens empfehlen, ich schreibe nachher noch mehr dazu, warum:
Abschließend muss ich unbedingt noch erzählen, dass wenige Tage später bei 90 % Mond die schöne Andromedagalaxie freiäugig gut sichtbar war und im Fernglas bei 12x noch größer und länglicher zu sehen war (ich schätze, dass es gute 2 bis 2,5° Ausdehnung waren) als an mondarmen Tagen bei mir im heimischen Garten. Tzja ... so ist das.
So viel zum Deep Sky aus dem höchsten Norden. Vor zwei Tagen führte mich die Himmelslust ein bisschen nach Süden. Also im Vergleich zur Strecke nach Møn nur ein ganz klitzikleines bisschen nach Süden. Auf die Alb jedenfalls, dorthin, wo ich sonst auch hinfahre, wenn ich alleine beobachten fahre. Um den Mond brauchte ich mich dieses Mal nicht zu kümmern und so ergab sich zum Beispiel von Collinder 70 ein völlig anderes Bild: Der OS ist ohne störenden Mond eine echt krass geniale Wucht, die S-Kurve geht kastenförmig noch um den mittleren Gürtelstern herum und die Strahlkraft der hellen Sterne zusammen mit den nadelfeinen, hellen und noch nadelfeineren, noch schwächeren Sternen ist einfach unfassbar fesselnd! Da kommste nich' mehr von weg, sag' ich dir Tja, also nur ... ähm. Zeichnen konnte ich das nicht. Ich musste Prioritäten setzen, bei so vielen Beobachtungswünschen an dem Abend:
Das OdM vom Januar konnte ich endlich sichten, allerdings nur eine der beiden Galaxien. Sie standen schon recht tief und noch dazu über der aufgehellten Lichtglocke, die vermutlich von Esslingen und Stuttgart ausgeht. Die nadeldünne, lange NGC 5907 konnte ich trotz konzentrierter und langer Suche nicht entdecken, nur die rundliche M 102. Aber immerhin!
Das "old fashioned rocketship" Elosser 1 mit seinen nicht zum Haufen/Muster gehörenden Raketenstartrauchschwaden im Norden kann ich empfehlen, es ist sehr hübsch.
NGC 2266 könnte ein echtes, verborgenes Schätzchen für Abende mit besserem Seeing sein, denn aus der faszinierend feingrieseligsten, dreieckigen Hintergrundaufhellung trauen sich bei 156x mittig und westlich immerhin etwa 15 Einzelsterne hervor und die drei hellen Sterne mit irgendwie einem, aber doch vielleicht auch nicht nur einem ganz schwachen vierten Stern im Südosten bieten einen zusätzlichen Reiz.
Wie ich es wieder einmal geschafft habe, mit nur einer Aufwärmpause insgesamt fast vier Stunden draußen zu sitzen und zu beobachten, ist mir bei Frosttemperaturen immer wieder ... naja, kein Rätsel. Nein, im Grunde ist es kein Rätsel. Nach einem verregneten und dann windig-böigen Tag belohnte ein kristallklarer, strahlender Nachthimmel mit einer Wintermilchstraße von Horizont bis Horizont eben sehr und ich bin weder die erste noch werde ich die letzte sein, die völlig im Bann versinkt, ihr Hobby genießt und dabei die Zeit vergisst
Sonnige Grüße und bis bald
Eure Sarah