Nach einem gemütlichen Filmabend auf der Couch grassierte um 23 Uhr wieder das Luxusproblem: 12“Dobson, 72er Apo, Fernglas, Balkon oder Höhenweg auf mit Radl? Bei angesagten 90% Feuchte ist eh nicht die super Transparenz zu erwarten und man kann eigentlich gleich aufm Balkon bleiben aber der hat bekanntlich ja seine Nachteile…
Die Entscheidung ist nicht leicht zu fällen. Zum Glück hab ich mir am WE bei 4 h Basketball den Nacken verzogen, dass ich eine Ausrede hatte, den schweren Rucksack nicht transportieren zu können Aber ich wollte mit dem Dobson auf die ODMs halten. Also: Balkon und ggf. kurz die paar Stufen runter vors Haus mit dem aufgebauten Dobson um evt. den Crescentnebel noch anzusteuern.
In persönlicher Rekordzeit war der Dobson im hellen Zimmer in 10 Minuten aufgebaut und justiert. Draußen wartet immer der üble Schotter darauf, irgendwo Kratzer machen zu können - drinnen brauchts keine Rücksicht, so gehts dreimal so schnell...
Ich hiefte den Dob auf den Balkontisch, denn die Objekte würden tief stehen… So tief aber auch wieder nicht - ich stellte fest - verflixt, ich brauche einen Tritt! Ja, in den Hintern auch manchmal, aber hier ist ein Schemel gemeint Was nehme ich da?? Relativ schnell entdeckte ich auf der Suche im Wohnzimmer die perfekte Lösung: den Kisten-Deckel von meinem Dobson! Ob der die 85 kg Muskeln aushält? Ma kiekn … Als Gegengewicht fungierte das 26er Nagler hinten an der Box in einem Täschelchen.
An die Arbeit.
Mit Glockenschlag 0.00Uhr hatte ich das ODM Juni drin und hielt eine halbe Stunde mit diversen Utensilien auf den PN NGC 6309, während die Box unter meinen Füßen klaglos ihren Dienst tat. Für die Beschreibung des Gesehenen einfach mal siehe Link. Kurzum: eine Einschnürung wie ich es früher mal wahrnahm, sah ich dieses mal nicht, aber vergleichbare Eindrücke wie die Kollegen mit 16" hatten plus ein paar Aufblitzungen im Nebel...
Das Seeing war für Balkonverhältnisse super - bis 450fach ging es noch gewinnbringend hoch, im Vergleich zu 300fach.
Jetzt sollte mal was Schickes her. Nach einer Entspannungsphase mit Fernglas durch die recht gut sichtbare Milchstraße ging es mit dem Dobson weiter. Es sollte eine kleine Kugelhaufentour werden, der gerade im Garten am Fünfling hockende Stefan hat mich ein bisl auf die Idee gebracht mit der Ecke um M 10,12,14. Ich kann nur jedem empfehlen, diese Teile mal zu vergleichen. Es ist super interessant, die unterschiedlichen Cahraktere zu sehen: M 10 wie ein klassischer schöner heller Kugelhaufen, ohne besondere Eigenheiten. M 12 hingegen ist eingebettet in ein paar hellere Sternchen und wirkt wie die beste Kombination von Offenem und Kugelhaufen.
Wunderschön!
Den sollte man öfter besuchen.
Bester Eindruck wäre in einem 10mm Okular gewesen bei f4,5, in 13mm war er mir noch etwas zu klein, mit 8 mm etwas zu groß. M 14 hingegen war super dichtes Gewimmel, von jedoch sehr schwachen Sternchen, sodass selbst mit 12“ fast nur ein milchiger Eindruck entsteht, mit etwas Geduld aber die vieeelen schwachen Sternchen auftauchen. Ich schwenkte dann in die Gegend um den kleinen und netten M 9, wo sich in Entfernung eines 13mm-Okular-Sehfelds in verschiedenen Richtungen noch 2 weitere KS befanden: NGC 6356 und 6342, zu denen ich aber nix besonderes zu sagen habe. Da ich nur mit Skysafari gesurft bin, hab ich nix notiert, da war ich zu faul. So ging es unstrukturiert zu einem halben dutzend weiteren Haufen, bis ich auf eine lustige Ecke stieß: einen Offenen Haufen, der aussah, als würde er den Umriss eines runden PN nachbilden, mit Zentralstern. Als Zusatz gabs links und rechts noch ein paar Sterne die ein Kettchen bildeten. In Skysafari sah die Ecke sehr komisch aus, als gäbs einen Bildfehler, ich wurde nicht recht schlau draus. Insgesamt wirkte die Ecke im Okular inhomogen vom Hintergrund her, konnte aber nicht sagen warum. In der Nachrecherche zeigte sich: das war der offene haufen NGC 6520 mit dem berühmten Tintenklecks daneben! Von dem riesigen Kugelhaufen „Djorg2“ im selben Sehfeld mit diesen Objekten war natürlich nix zu sehen, kannte den vorher auch gar nicht.
Ein ziemlicher heller Brocken ist NGC 6553, der eher wie ein unaufgelöster offener Haufen wirkt, mit einem Sternchen am Rand. Habs leider versäumt, den weiter zu vergrößern als mit 13er Okular. Blöd! Diesen Trümmer müsste man in Ruhe mal zerlegen.
Ein ausgesprochen komisches Objekt kam mir mit NGC 6540 unter. Angeblich soll das auch ein Kugelhaufen sein, allerdings sah ich eine Art Komma oder auch Mini-Knochenhand - selbst im 8mm Okular bei 170fach war nix von einer Haufenstruktur zu erkennen, sondern eine gebogene, neblige Struktur. Ich wollte das 4,7mm Okular reinstopfen, aber beim Okuwechsel war das Objekt wieder weg und ich hatte keine Lust mehr da rumzuwühlen. Äußerst interessantes Objekt! Also wenn man sich vor Augen hält, dass das ein Kugelhaufen sein soll…
Ich brauchte mal was zu essen. 3 Schritte in die Balkontür rein, das wartende Brot im Toaster nach unten gedrückt und im Rotlicht ein Salamiknusperbrot geschmiert. Ich wollte diese Szenerie schon photographieren, aber das war mir zu umständlich um 2.15 Uhr morgens. Als ich wieder auf den Balkon heraustrat dachte ich - verdammt, hat der Toaster was angekokelt?? Ein seltsamer Brandgestank kroch in meine Nase…bis ich draußen Nebelschwaden sah, die herüberwehten. Was da wohl wieder einer verbrennt… sollte wohl heißen, Zeit für Abbruch. Mit dem Geruch machts keinen Spaß. Aber nochmal kurz Fernglas geschnappt und bisl rumgesurft, kurz zum gleißenden Jupiter mit 2 Monden rechts und zwei Monden links - brillanter Anblick! Irgendwo fing ich mit dem FG eine Sternschnuppe auf und kurz darauf noch eine - cool!
Es macht Spaß, mit dem Fernglas am Himmel herumzustöbern, um es mit dem Dobson dann aufzulösen. Da merkt man wieder, dass jedes Gerät seinen Himmel und seinen eigenen Zauber hat. Offene Haufen, die im FG nebulöse anmutige und fast schon mysteriöse Erscheinungen unbekannter Natur sind, schauen im Dobson langweilig bildfüllend aufgelöst aus...
Also so eine runde Balkonnacht hatte ich selten, auch ohne Crescentnebel, mit den Kugeln war ich beschäftigt genug. Kurz alles in die Bude wieder reingestellt, den Dobson noch aufgebaut gelassen - und 2.30 Uhr ab in die Heia. Wunderbar!
Sorry falls hier noch wo Tippfehler sein sollten, hab das mal unüblich schnell zusammengedengelt...
CS!
Norman