Monti-Tragfähigkeit: mit/ohne Gegengewicht?

  • Hallo,


    in unserem Verein haben wir eine neue Skywatcher EQ6-R und irgendwann beim Aufbau, Einrichten und Beseitigen von "Kinderkrankheiten" ergab sich die Frage, ob sich die bei EQ-Montierungen genannten Tragfähigkeiten inkl. oder ohne Gegengewichte (nur Tubusgewicht) berechnet.
    Klar ist nur, dass die 20 kg der EQ6-R für visuelle Nutzung zählt, fotografisch muss man 30% abziehen, oder mehr?
    Leider können wir z.zt. niemand von unseren Mitgliedern auftreiben, die über ähnliche oder größere Montierungen & Know How verfügen.


    VG & SC
    Peter

    Sky-Watcher NEQ-3 Pro SynScan

    Sky-Watcher Evostar ED 80/600

    Sky-Watcher Skymax MC 127/1500

    Sky-Watcher SAM

    Canon 60D

    Canon 1000Da

    ZWO ASi 120 MC-S

    ZWO ASi 30F4

  • Servus Peter!


    Also kann nur mit den Gegengewichtern sein.


    Warum?


    Nun wenn du KEINE oben hast und dann 20KG Tubus draufschnallst, wird die Monti ein wenig zum Husten anfangen ;)


    Da hängt sie wie ein Stein runter, ich denke das würden die Motoren nicht mal mehr schaffen. Die Gegengewichte sind ja genau dafür da, dass es eine schöne Balance gibt, und dadurch das Teleskop Leichtgängig bewegt werden kann.


    Sollte meine Darstellung nicht korrekt sein bitte um Berichtigung - Danke!

  • Hallo Peter,


    die Angaben zur Tragfähigkeit beziehen sich so gut wie immer <b>nur</b> auf die Optik, das GG wird nicht mitgerechnet.


    Aber bei den Angaben (besonders für Fotografie) dabei immer bedenken- nicht alleine das Gewicht zählt. Die Montierung wird auch mehr tragen können und dabei nicht zusammenbrechen.


    Aber der Schwerpunkt liegt bei einem dickeren Tubus weiter vom Montierungskopf entfernt. Damit muss auch das GG weiter raus und der Aufbau wird anfälliger gegen Schwingungen. Ebenso belastet ein langer Tubus mehr als ein kurzer, auch hier wirkt die Hebellänge.


    Manche Hersteller geben bei der Tragfähigkeit sogar extra an "bezogen auf Höhe Montierungskopf" (oder ähnlich). Liegt der Schwerpunkt 5cm darüber oder 15cm darüber muss man dies berücksichtigen und die max. Belastung entsprechend reduzieren. Beispiel dafür /klick mich) <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"> Photographic Loading capacity 15 kg at a point of 25cm above from the place where the RA and DEC axes cross. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">
    Daher bei den Tragfähigkeitsangaben auch immer überlegen- was soll denn drauf und wie wird es befestigt? Tubusringe, Montageschiene und vielleicht sogar eine Doppelmontage erhöhen den Aufbau, ein Setup mit zwei Optiken über- oder nebeneinander verändert ebenso die Schwerpunktlage.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Miteinander


    Eine Tragfähigkeitsangabe in Kilogramm ist technisch gesehen Unfug .


    Der Hersteller oder Vertreiber steht allerdings vor dem (oft unlösbaren) Problem seinen Kunden zu erklären was rotatorisches Massenträgheit ist : Masse mal Abstand zur Drehachse zum Quadrat .


    Stefan bringt hier ein seltenes Beispiel wie die Firma "Vixen" technisch korrekt Daten angibt mit denen man das Massenträgheitsmoment ausrechnen kann : 15 kg Masse und 0,25m Abstand zur RA Achse
    Massenträgheitsmoment I(RA) = 15kg * 0,25m*0,25m = 0,94 kg m^2


    Liegt der Schwerpunkt des OTA 30 cm entfernt von der RA Achse ergibt sich die zulässige Masse = I(RA) / (0,3m*0,3m) = 10,4 kg


    Selbstverständlich muß beim Gegengewicht auch der Abstand zur RA Achse berücksichtigt werden .
    Nehmen wir an der Schwerpunkt von OTA und Gegengewicht sind gleich weit von der RA Achse entfernt , dann muß zum Gewichtsausgleich beides auch gleich schwer sein . Gleicher Abstand und gleiche Masse ergeben gleiches Massenträgheitsmoment .
    Der OTA hat damit 1/2 und das Gegengewicht ebenfalls 1/2 des Massenträgheitmomentes .


    Für den Fall das das Gegengewicht halb so schwer ist wie der OTA braucht es den doppelten Abstand . Doppelter Abstand zum Quadrat * 1/2 Masse = doppeltes Massenträgheitsmoment
    Der OTA hat 1/3 , das Gegengewicht 2/3 des Massenträgheitsmomentes .


    Damit reduzieren sich im Beispiel die 15 kg bei 25 cm schnell auf ein seriöses OTA Gewicht von ca. 6kg .


    Viele Grüße Rainer


    Ergänzung : "15 kg at a point of 25 cm above...."

    Dies bedeutet nicht das der Schwerpunkt eines ausgedehten Körpers (OTA) von 15 kg 25 cm von der RA Achse entfernt sein darf .

    Das gesamte Trägheitsmoment des OTA setzt sich aus zwei Anteilen zusammen .
    Dem Trägheitsmoment um seinen eigenen Schwerpunkt mit Drehachse parallel zur RA Achse und der Masse mal Abstandsquadrat Schwerpunkt- RA Achse .
    Der erste Anteil ändert sich mit der Declination .
    Das Maximum liegt bei Dec. = 0° , die Drehachse steht senkrecht auf der Tubusachse . Bei einem langen Tubus ist dieser Wert erheblich .
    Das Minimum bei Dec. = 90° , die Drehachse ist die Tubusachse .


    Das Gegengewicht hat eine so kleine räumliche Ausdehnung , das man es näherungsweise als punktförmig ansehen darf und nur Masse mal Abstandsquadrat zur RA Achse rechnen braucht .

  • Moin,
    manche Angaben erscheinen so optimistisch, dass man meinen könnte, sie zählen das Gegengewicht mit. [:D]


    Zum Thema Massenträgheitsmoment ohne "Ingenieursmathematik":
    Da es sich bei der Nachführung um eine gleichmäßige Bewegung handelt, ist es nicht das Massenträgheitsmoment selbst, sondern es sind die Störungen (Wind, Schwingungsverhalten, Balance, Reibung etc.), die insgesamt mit dem Massenträgheitsmoment (aber auch mit der beworbenen Traglastangabe) recht gut korrelieren.


    Unterm Strich geht's um Steifheit und bei genauer Betrachtung ist das eine dynamische Kalkulation. Und wenn man sich ein Setup aus lautern Federelemente vorstellt (also gedanklich so tut, als ob wirklich alles sich wie eine Aufzugsfeder in einer Taschenuhr verhält, denn wirklich alle Festkörper sind in gewissen Grenzen biegsam), merkt man schnell, dass das Verhalten des Systems in großen Teilen vom Massenträgheitsmoment abhängig ist. So wie bei einem schwingenden Pendel alles vom Pendelgewicht und der Pendellänge (das Produkt aus beiden ist ja das Massenträgheitsmoment) abhängig ist.

  • Hallo Miteinander


    Im wesentlichen stimme ich Kalles Ausführungen zu .


    Nur ist das Massenträgheitsmoment Masse * Abstandsquadrat(oder Pendellängenquadrat) .
    Das quadrieren vergessen führt zu völlig falschen Ergebnis .


    Was die "Ingenieursmathematik" angeht , es gibt doch sicher Programme wie "my Newton" oder ähnliches mit dem man einfach das Massenträgheitsmoment bestimmen kann ?
    Aus Schnittweitendifferenzen eine Spiegelkurve zu bestimmen ist viel aufwendiger , stört dank der Auswerteprogramme aber überhaupt nicht .


    Wenn man keine Daten vom OTA hat muß man Abschätzungen vornehmen . Hierzu ein Beispiel :


    Newtonteleskop Masse 4 kg
    Tubuslänge vor Höhenachse 0,8 m
    Tubusmasse vor Höhenachse 1,33 kg (geschätzt)
    Tubuslänge nach Höhenachse 0,4 m
    Tubusmasse nach Höhenachse 2,66 kg
    Abstand Schwerpunkt - RA Achse 0,27 m


    Nun gibt es einen Abstand von der Drehachse bei dem eine gedachte punktförmige Masse das selbe Massenträgheitsmomenthat wie der reale ausgedehnte Körper . Diesen sogenannten Trägheitsradius (bezogen auf die Höhenachse) schätze ich ab und berücksichtige das der Abstand quadratisch wirksam ist .


    Trägheitaradius vor der Höhenachse 0,6 m (geschätzt)
    Trägheitsradius nach der Höhenachse 0,3 m (geschätzt)


    Daraus folgt mit Masse * Trägheitsraduis^2


    Massenträgheitsmoment vor der Höhenachse 0,48 kg m^2
    Massenträgheitsmoment nach der Höhenachse 0,24 kg m^2


    Dann ist noch das Trägheitmoment der Schwerpunkte zur RA Achse zu berechnen . OTA und Gegengewichtmasse sollen den gleichen Abstand haben und werden addiert was 8 kg ergibt .



    Massenträgheitmoment Schwerpunkte 8 kg * (0,27 m)^2 = 0,58


    In Summe ergibt das ein Massenträgheitsmoment von 1,3 kg m^2


    Dies ist der ungünstigste Fall also DEC. = 0°
    Bei Dec. 90° ist nicht die Höhenachse sondern der Abstand zur Tubusachse für den Trägheitsradius entscheident . Für die gesamte Tubusmasse von 4 kg schätze ich den Trägheitsradius auf 0,1 m (Tubusdurchmesser 25 cm) .
    Massenträgheitmoment OTA (Tubusachse) = 0,04 kg m^2


    Das gesamte Massenträgheitmoment (Dec. 90°) beträgt dann 0,62 kg m^2


    Die Vixen SX D2 ist für diesen Newton damit photographisch grenzwertig .


    Viele Grüße Rainer

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