Sodann mal mein Einstand auf dem neuen Klassikerforum.
Unser Astroverein CaDAS (=Cleveland and Darlington Astronomical Society) "wohnt" im Wynyard Planetarium im Nordosten Englands. Hierbei handelt es sich um ein Kleinplanetarium mit 7m-Kuppel, das beinahe dem Rotstift zum Opfer fiel. Derzeit wird es von einer Bande Freiwilliger (der ich angehoere) am Laufen gehalten. Als Ergaenzung unserer Shows bieten wir bei klarem Wetter Beobachtungen an. Diese finden in einer 4m-Ashdome-Kuppel an einem 14"-Meade-SCT statt, das gerade erfolgreich entgabelt und auf eine EQ8 gesetzt wurde.
Allerdings ist die Kuppel fuer groessere Gruppen immer noch recht klein, und wir haben mehrere transportable Geraete, die sich teils durch jahrelange Nichtnutzung in suboptimalen Zustaenden befinden.
So schleppte ich neulich eines meiner Lieblingsteleskope, ein klassisches Meade 2080, nach draussen. Es erinnert mich an den Kosmos-Astrogeraetekatalog von um 1985, als Kosmos anfing, Meade zu importieren. Klassischer Jugendtraum, damals unerschwinglich. Es handelt sich um die Antwort von MEADE auf das bereits ca. 10 Jahre vorher aufgetauchte Celestron 8, ein 203/2000mm Schmidt-Cassegrain auf leichter Gabelmontierung. Das ganze Instrument kann von einem gesunden Erwachsenen noch in einem Stueck getragen werden, was natuerlich auch seine Schattenseiten hat - Schwingungen der Gabel und des Stativs, die gerade bei hoher Vergroesserung beim Fokussieren nerven.
Ich hatte Schwierigkeiten, Objekte zu finden, da das Sucher kaputt war (Okular mit Klebeband und Pappe fixiert). Auch sah die Schmidtplatte sehr matt aus, und die Stativbeine hatten trotz rostfreiem Stahl irgendwie doch Flugrost angesetzt. Die Sterne waren schoen dreieckig, da das Teleskop wohl schon seit Ewigkeiten nicht justiert wurde. Es wurde im Jahr 2008 an den Verein vererbt (siehe Bild von der Plakette unten).
So habe ich das Instrument konfisziert und in meiner Werkstatt runderneuert. Die Gewerke waren:
-Sucherfernrohr: Drehen einer neuen Okularaufnahme aus Edelstahl mit 0.8mm Steigung, sodass es in das vorhandene Tubusrohr eingeschraubt werden kann. Lackieren des Suchers, das sich nach Entfernen des Klebebandes als weiss entpuppte, in eine passendere Farbe. Der Sucher ist zwar ein Meade, aber nicht der originale Sucher von diesem 2080, was sich an der Halterung erkennen laesst.
-Stativ: Entfernen des Flugrostes und Aufpolieren.
-Tubus, Montierung: Ueberlackieren von Lacktickern mit mattschwarzer Farbe.
-Optik: Reinigung(!) und Justage. Ich brauchte mehrere Anlaeufe, und auf der Innenseite der Schmidtplatte sind im grellen Weisslicht immer noch Punkte zu sehen, die sich nicht durch Essig/Alkohol/Azeton/Spueliwasser entfernen lassen. Hier wurde das Glas wohl laengerfristig angegriffen. Auf die Abbildung wirkt sich das aber nicht signifikant aus. Die Verguetung ist definitiv nicht angegriffen, denn es gibt sie nicht! Damals wurde das Geraet nur gegen Aufpreis verguetet und das Instrument hier war ein unverguetetes. Also Schmidtplatte ausgebaut und nach mehreren Reinigungsiterationen wieder zusammengesetzt. Die Spiegel wurden auch einer vorsichtigen Reinigung unterzogen, da sie ein paar Wischer zeigten.
Am Stern erfolgte die Justage, wobei es vorteilhaft war, dass der 220v 50Hz-Synchronmotor noch tadellos funktionierte. Bei einer Uebervergroesserung von 570-fach zeigte sich nach der Justage im LVW 3.5mm eine ansatzweise Beugungsfigur, die von einem leicht dreieckigen Halo ueberlagert wurde. Weder ein Entspannen der Schmidtplatte (Lockerung der sechs Frontringschrauben) noch ein geringeres "Anknallen" der Fangspiegeljustierschrauben aenderte etwas an dem Befund. Ich vermute, dass es sich um ein Geisterbild von der unvergueteten Schmidtplatte handelt, da in zweifacher Reflexion an den zwei Glasluftflaechen ja deutlich mehr Abbildungsfehler zutage treten als in Transmission.
[EDIT: Weiter unten tritt der wahre Grund zutage: Schlieren im Substrat der Schmidtplatte!]
Am Himmel zeigte sich ein scharfer Fast-Vollmond, deren Krater am Terminator in ihrer Schaerfe eher durchs Seeing begrenzt waren als durch die oben beschriebenen Aberrationen. Ich beobachtete hier mit realistischeren 8mm mit dem Speers-Waler von Antares. M57 erschien als gut definierter Ring, wobei der Mond nicht half. Epsilon Lyrae wurde getrennt, wobei die Trennung im LVW13mm kontrastreicher war als bei hoeheren Vergroesserungen.
Nun zu den Bildern!
Das 2080 auf dem "Operationstisch" in der Kueche. Hier wurde es mehrmals zerlegt, um die Optik zu reinigen und die Fokussierung wieder weich und spielfrei einzustellen.
Das Geraet in "freier Wildbahn" in meinem Garten, von dem aus die oben beschriebenen Beobachtungen gemacht wurden.
Frontseitig schimmert die unverguetete Schmidtplatte sehr hell, da ca. 8% des reflektierten Himmelslichts dazu beitragen.
Direkteinblick in die nunmehr gereinigte Optik. Ich haette das eigentlich mal vorher fotografieren sollen - die Optik war von innen wie von aussen matt. Der Schmand konnte entfernt werden - bis auf ein paar Sprenkel, die aber nur in sehr hellem Weisslicht zutage treten und hier nicht erkennbar sind.
Der 6x30-Sucher nach Anfertigung einer neuen Okularaufnahme aus rostfreiem Stahl (sauhartes Zeugs, hat mir einige Drehstaehle ramponiert!). Die Aufnahme dann schwarz, und das Rohr dunkelblau lackiert. Leider kein richtiges "MEADE-Blau", sondern etwas heller. Das war das Einzige, was ich auf die Schnelle finden konnte. Aber eine deutliche Steigerung der Aesthetik, wenn ich es mit dem vorherigen Klebstreifengelumpe vergleiche. Eine der sechs Justierschrauben fehlte und wurde durch eine M3-Raendelschraube ersetzt.
"Er hat die Sterne zu sehr geliebt, um die Nacht zu fuerchten" ... die Widmung des verstorbenen Besitzers, von dem unser Verein das Instrument erbte.
Ein letztes Bild des schoenen Klassikers.