visuell vs. photographisch

  • Guten Abend zusammen,


    als ich die SuFu benutzte, konnte mir diese zu dem Folgenden Thema leider keine, meinen Wissensdurst befriedigende, Antwort geben. Ich habe nun öfter lesen können, dass man die visuelle und die photographische Beobachtung mit Teleskopen trennen sollte. Ich verstehe das nicht ganz. Ist denn die hohe Auflösung und die hohe Lichtstärke eines Teleskops nicht immer wichtig? Ums konkret zu sagen: Wenn sich eine hohe Auflösung und eine gute Lichtstärke für's visuelle Beobachten sehr gut eignet, sollte es dann nicht auch für die Fotographie gut sein?
    Ich hoffe ohr versteht was ich meine [;)]


    VG Paul

  • Hallo Paul,


    trennen sollte man es aus einem anderen Grund. Klar ist- für Fotoanwendung sind Auflösung und Lichtstärke ebenso wichtig wie für visuelle Nutzung.


    Die Krux an der Sache- der tolle 12" Newton zeigt visuell eine Menge- aber den für fotografische Anwendung auch richtig zu montieren kostet ein kleines Vermögen.


    Daher kommt sehr oft der Rat- kauf dir einen 8" Dobson für visuell- damit siehst du eine Menge. Und für Foto eine kleine stabile Montierung und dazu einen kleinen Refraktor.


    Denn der kleine Refraktor (oder auch der kleine Newton) verlangt nicht nach einer so teueren Montierung- er zeigt visuell aber auch viel weniger.


    Natürlich kann man mit einem 6" Newton visuell auch schon was anfanggen, aber der richtige Einstieg mit dem richtigen Seherlebnis geht halt so bei 8" an. Und 8" für Foto- da sollte dann schon eine EQ-6 als Montierung drunter sein. Dazu steigt der Anspruch an die Nachführung mit der Brennweite. Bei weniger Brennweite wirkt sich ein kleiner Wackler oder Nachführfehler noch nicht so krass aus. Und die größeren Öffnungen bringen meist auch die größere Brennweite mit sich.


    Gut- Einwand- es gibt ja auch den 200/800 als Newton- von der Brennweite noch nicht so heftig und den könnte auch eine HEQ-5 noch tragen. Aber mit f/4 verlangt der fast zwingend nach einem Komakorrektor für die Fotografie- und auch nach sehr guten und damit teueren Okularen für visuelle Nutzung.


    Gruß
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    vielen Dank für die schnelle Antwort. Stehe z.Zt. am Anfang meiner "Beobachterlaufbahn" und versuche vor dem Ersten Kauf soviel Wissen wie nur möglich zu erwerben. Der entscheidende und Faktor für die Kosten ist hier also die Montierung und deren "Bedienfreundlichkeit". Damit hast du mich eine Schritt weiter gebracht. Nochmal Danke dafür.


    VG Paul

  • Hallo Paul,


    im Prinzip hast du recht, aber in der Praxis sieht das etwas anders aus.
    Das fängt schon mit den von dir genennten Begriffen Auflösung und Lichtstärke an. Auflösung bezeichnet bei einem Teleskop den Abstand zwischen zwei Punkten, wo diese noch als zwei Bildelemente wahrgenommen werden können. Diese hängt von Durchmeser der Optik und der Wellenlänge des Lichts ab (siehe Rayleigh-Kriterium und Dawes-Kriterium). Visuell ist dabei die Brennweite des Teleskops erst einmal unwichtig, da sich die Vergrösserung durch die Okularbrennweite steuern lässt. Die sinnvolle Maximalvergrösserung hängt dabei vom Auflösungsvermögen und damit vom Durchmesser des Teleskops ab.
    Fotografisch müssen wir zusätzlich die Abblidungsgrösse in der Bildebene berücksichtigen. Diese sollte von der eingestzten Kamera auch (Stichwort Pixelabsstand) auch genutzt werden können. Hinzu kommt aber bei Deepskyfotos noch das Seeing. Wenn die Luft so unruhig ist, dass bei langen Belichtungen Sterne auf 2" aufgeblasen werden, nutzt eine höhere Auflösung wenig. Dann würde auch ein Teleskop mit geringerem Durchmesser reichen.
    Den Begriff Lichtstärke gibt es nur visuell, denn die errechnet sich aus <b>(Durchmesser / Vergrösserung)²</b> und ist ein Mass für die Bildhelligkeit. Das bedeuted in der Praxis, dass das Bild um so dunkler ist, je höher die Vergrösserung oder je kleiner die Öffnung. Dabei ergibt <b>Öffnung / Vergrösserung</b> die AP (Austrittspupille). Leider lässt sich die AP visuell nur so weit steigern, bis der Pupillendurchmesser des Beobachters erreicht ist. bei einer grösseren AP verschenkt man Licht, welches von Auge nicht mehr genutzt werden kann.
    Da es fotografisch keine Vergrösserung gibt, man benutzt ja auch kein Okular, wird die Bildhelligkeit durch das sogenannte Öffnungsverhälniss bestimmt. Die Öffnungszahl entspricht dabei der Blendenzahl eines Fotoobjektivs und ergibt sich aus <b>Brennweite / Öffnung</b>. Je kleiner die Öffnungszahl, um so kürzer die Belichtungszeit.


    Nun kann man visuell ein recht gosses Teleskop zu einem relativ geringen Preis bekommen, wenn man auf eine parallaktische Montierung verzichtet. Als Dobson bekommt man einen 12-Zöller schon unter tausend Euro.
    Wenn man nun so einen Tubus fotografisch nutzen will, muss man mehrere Tausender in die Montierung investieren. Da wird es viel billger, sich für die Fotografie ein kleineres Teleskop zu holen, zumal man das Auflösungsvermögen eines 12-Zöllers vermtl. seeingbedingt kaum ausnutzen kann.


    Darum ist eine für den jeweiligen Einsatzzweck gesonderte Betrachtung durchaus sinnvoll.


    Gruss Heinz

  • Moin Paul,
    während die Lichtstärke (Öffnungszahl) fotografisch direkt Einfluss auf die Belichtungszeit nimmt (Du kannst die Zahl wie die Blendenzahl lesen spielt sie visuell eine viel kleinere Rolle. Denn visuell wird das Bild über das Okular ins das Auge projiziert. Durch die Okularwahl legst Du erst die Vergrößerung fest. Das kann man auch mit der Kamera: Okular am Teleskop aufsetzen und Kamera (inkl. Objektiv) dahinter. Dann kann man die Vergrößerung (sprich effektive Brennweite) durch Okularwechsel und Abstandsvariation zwischen Okular und Kameraobjektiv manipulieren.
    Visuell zählt somit weniger das Öffnungsverhältnis (Öffnung zu Brennweite), sondern mehr die Öffnung an sich (Lichtsammelvermögen).


    Ein weiterer Grund ist, dass Kamerachips (bei DSLRs) in der Regel größer sind als die Netzhaut im Auge. Spiegelteleskope sollten deshalb größere Sekundärspiegel haben, sonst fällst die Helligkeit im Foto auf den Ecken zu stark ab. Ein Effekt, der grundsätzlich auch visuell auftritt, aber dort viel weniger stört.


    Drittens braucht man für längere Belichtungen eine stabile Montierung, die gut nachführt (die Erddrehung ausgleicht). Jedenfalls deutlich besser als für visuelle Ansprüche, wo ein wandernder Stern sich im Blickfeld eben bewegt bis man das Teleskop händisch nachschiebt.


    Visuell treten dann bei Spiegelteleskopen (Großdobsons) dann noch Aspekte des Handlings auf. Man will ohne Leiter auskommen, so lange es geht. Deshalb tendieren große Dobsons zu lichtstärkeren Öffnungsverhältnissen. Bei kleinen Teleskopen will man - man ist aufgrund der kleinen Öffnung eh auf die helleren Objekte beschränkt - unter Umständen Planeten höchstvergrößern. Dann sind lange Brennweiten (sprich lichtschwache Öffnungsverhältnisse) wegen ihrer geometrisch besseren Schärfeabbildung bevorzugt. (Das gilt sogar für die fotografische Nutzung, wenn man sich auf Planeten konzentriert.)


    Zuletzt sollte man den finanziellen Aspekt nicht außer Acht lassen. Lichtstarke Teleskope sind bei gleicher Öffnung in der Regel teurer, erfordern teureres Zubehör (Okulare) und beim Newton eventuell sogar einen Komakorrektor (vor allem fotografisch).


    Bei all den Argumenten sollte man als Fotograf in spe aber auch die Lösungen dazwischen nicht außer acht lassen. Mittels Barlow/Reducer lässt sich die effektive Brennweite eines Teleskops ändern (bei gleicher Öffnung). Im Ergebniss wird mittels eines Reducers ein Teleskop somit lichtstärker. Im Vordergrund steht idR aber, dass man mit reduzierter Brennweite u.U. eine große H-Alpha-Region erst formatfüllend auf den Chip kriegt. Umgekehrt mit einer Barlow erst den Saturn formatfüllend heranholen kann.
    Einziger Problempunkt ist beim Einsatz der Barlow, dass Fehler der Nachführung/Montierung mit "herangeholt" werden.


    Fazit: Die eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht. Erst recht nicht zum Discountpreis. Die teuerste Fotokamera der Welt ist eine Astrokamera und heißt Hubble-Space-Teleskop. Für mich kein Zufall.


    Gruß


    (==&gt;)Mintaka: Lichtstärke kenne ich an allen gängigen Kameraobjektiven. Dort bezeichnet es die kleinste Blendenzahl.

  • Hallo Kalle,


    du hast recht, der Begriff Lichtstärke wird auch bei Fotoobjektiven benutzt, basiert aber auf anderen Rechengrundlagen als bei Teleskopen und Ferngläsern. Man hat es also mit dem gleichem Begriff zu tun, der aber jeweils unterschiedliche Dinge beschreibt.

  • Hallo mintaka und Kalle666,


    danke auch für eure Antworten. Die zeigen mir, dass sehr wohl auch die unterschiede in den Optiken zu beachten sind. So langsam schleicht sich das Gefühl ein, den Spagat zwischen den Ansprüchen, mit meinem Budget nicht zu schaffen [;)]. Da fällt mir auf, die habe ich eigentlich auch noch nicht konkret benannt: Astrofotographie. Aber ich weiß, dass das nicht der beste Einstieg in die Astronomie ist daher... Dobson ist also das Zauberwort für den Einsteiger! Eignen diese Modelle sich dann auch zur "Allroundbeobachtung"- sprich: Nicht nur Deep-Sky sondern auch Planeten, oder haben wir da wieder so einen Fall einer Zitat:"eierlegenden Wollmilchsau"? [;)]


    VG Paul

  • Die Optik der üblichen Dobson ist recht universell. Ein Problem bei der Planetenbeobachtung ist natürlich die hohe Vergrösserung, was beim Dobson heisst, dass in recht kurzen Zeitabständen geschubst werden muss.

  • <blockquote id="quote"><font size="1" face="Verdana, Arial, Helvetica" id="quote">Zitat:<hr height="1" noshade id="quote"><i>Original erstellt von: der Panther</i>
    <br />Da fällt mir auf, die habe ich eigentlich auch noch nicht konkret benannt: Astrofotographie. <hr height="1" noshade id="quote"></blockquote id="quote"></font id="quote">


    Hi Paul,


    wenn Du die Fotoknipserei so direkt als Zweck nennst, wie wäre es damit: Ein 6 Zoll Newton auf einer Monti der EQ5/6-Klasse? So hab ich auch angefange und bin sogar immer noch dabei.


    Mit dem Rohr kannst Du am Himmel schon visuell was sehen (Sonnsnsystem klar, helle Nebel, Sternhaufen und Galaxien und bei gutem Himmel auch mehr.) und hast für die Fotografiererei ein passendes Gerät. Finanziell ist das auch für den Anfang als "eierlegende Wollmilchsau" erschwinglich. Und z.B. kannst Du bei Bedarf das Teleskop austauschen, z.B. wenn Du Dir dann mal einen Refraktor oder einen größeren Newton gönnst (wenn die Monti das mitmacht).


    Ich kenne das Dilemma, das wohl jeder von uns hat: Warum soll ich mir eine teuere Monti kaufen, die bis zu 20 kg trägt, wenn ich dann nur 5 kg draufpacken will? Genau darum hatte ich mir auch eine kleinere Monti gekauft, die dazumal noch unmotorisiert und bis zum Ende nicht autoguidingfähig war. Da hab ich aufgerüstet und am Ende war's doch nur wieder eine Zwischenlösung, die ich wieder verscherbelt habe. Man muß eben für sich entscheiden, was man sich leisten kann oder will, was genau man damit machen will und wohin der Weg gehen soll. Nicht einfach ...


    Und eine entsprechende Montierung kannst Du dann noch mit z.B. einem Autoguider aufmotzen, um länger belichtete Deepsky-Fotos zu machen. Ja auch mit'm herkömmlichen Dobson kann man fotografieren. Aber mehr als kurzbelichtete Planeten oder Mond oder die Sonne wird's wohl nicht werden. Oder es geht vielleicht auch ein Video, in dem sich eins der soeben genannten Objekte über den Sensor bewegt. Nicht der Weißheit letzter Schluß, wie ich meine. Naja, ich hab herkömmlich geschrieben, weil's inzwischen auch motorisierte Dobsons gibt. Aber ich weiß nicht, ob die sich für Deepsky eignen - glaube eher nicht, denn wozu sonst erfolgt das genaue Einnorden einer äqatorialen Montierung. Ich denke, dass sie nur das Geschubse kompensieren sollen.


    Ich wollte auch nie nur beobachten, da ich von der klassischen Fotografie komme, wollte ich fotografieren. Vom Schneekristall zur Galaxie sozusagen. Siehe mein Signaturspruch ;)


    Nur mal, um etwas zum fotografischen Zweck loszuwerden ...


    Viele Grüße,


    Ursus

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