Stärkste Ausflüsse eines Schwarzen Lochs entdeckt

  • Neue ESO-Daten enthüllen den stärksten Quasar-Materieausfluss aller Zeiten


    <b>Quasare sind extrem hell leuchtende Zentren ferner Galaxien, für deren Leuchtkraft supermassereiche Schwarze Löcher verantwortlich sind. Viele von ihnen geben gewaltige Mengen an Materie in ihre Muttergalaxien ab. Diese Materieflüsse spielen eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Galaxien. Bis vor kurzem waren die beobachteten Quasar-Materieflüsse aber allesamt nicht so stark wie von den Theoretikern erwartet. Jetzt haben Astronomen mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO den Quasar mit dem energiereichsten jemals beobachteten Materiefluss entdeckt: Bei SDSS J1106+1939 ist der Aufluss mindestens fünfmal so stark wie bei allen anderen andere bisher bekannten Quasaren und stimmt nun erstmals mit der theoretischen Vorhersage überein. </b>


    Quasare sind die hell strahlende Zentren ferner Galaxien, für deren enorme Leuchtkraft gigantische Schwarze Löcher verantwortlich sind. Im Rahmen der hier vorgestellten neuen Studie wurde nun eines dieser energiegeladenen Objekte mit dem Namen SDSS J1106+1939 mit dem Instrument X-Shooter am Very Large Telescope der ESO am Paranal-Observatorium in Chile detailliert untersucht [1]. Obwohl Schwarze Löcher in erster Linie dafür bekannt sind, Materie anzuziehen, stoßen die meisten Quasare einen Teil des Materials um sie herum auch wieder ab. Dabei wird das Material auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigt.


    „Wir haben den stärksten Quasar-Materiefluss aller Zeiten entdeckt. Von SDSS J1106+1939 wird das zweibillionenfache der Gesamtleistung der Sonne in Form von Materie bei hohen Geschwindigkeiten weggetragen. Das entspricht immerhin dem einhundertfachen der Abstrahlung der gesamten Milchstraße – ein wahrhaft gigantischer Energieausstoß also”, erläutert Nahum Arav von der Virginia Tech in den USA, der das Astronomenteam geleitet hat, das die Studie durchgeführt hat. „Damit ist es erstmals gelungen, einen Quasar-Materiefluss zu messen, der so hohe Energiemengen zeigt, wie von der Theorie vorhergesagt.”


    Viele Simulationsrechnungen deuten darauf hin, dass der starke Einfluss dieser Materieflüsse auf die Galaxien, innerhalb derer sie sich bilden, mehrere Rätsel der modernen Kosmologie lösen könnte, zum Beispiel wie die Masse einer Galaxie mit der Masse des zentralen Schwarzen Lochs zusammenhängt oder warum es nur so wenige große Galaxien im Universum gibt. Bislang war jedoch unklar, ob Quasare überhaupt in der Lage sind, die für diese Phänomene notwendigen Energiemengen zu liefern [2].



    ünstlerische Darstellung der gigantischen Materieflüsse des Quasars SDSS J1106+1939. Illustration: ESO/L. Calçada
    Der neuentdeckte Materiefluss befindet sich etwa eintausend Lichtjahre von dem supermassereichen Schwarzen Loch im Herzen des Quasars SDSS J1106+1939 entfernt. Er ist mindestens fünfmal so stark wie der vorherige Rekordhalter [3]. Die Analyse des Astronomenteams ergab, dass von diesem Quasar pro Jahr etwa das vierhundertfache der Sonnenmasse ausgestoßen wird – und das bei einer Geschwindigkeit von etwa 8000 Kilometern pro Sekunde.


    „Ohne den X-Shooter-Spectrografen am VLT hätten wir Daten mit der hohen Qualität, wie sie diese Entdeckung erfordert hat, nicht aufnehmen können”, ergänzt Benoit Borguet, ebenfalls von der Virginia Tech und der Erstautor des Fachartikels, in dem die Studie dargestellt wird. „So waren wir in der Lage, die Region um den Quasar erstmals detailliert zu untersuchen.”


    Zusammen mit SDSS J1106+1939 untersuchte das Wissenschaftlerteam noch einen weiteren Quasar, der ebenfalls starke Materieflüsse zeigt. Beide sind typische Vertreter einer weit verbreiteten, aber bislang nur wenig untersuchten Art von Quasaren [4], so dass sich die Ergebnisse auf leuchtkräftige Quasare überall im Universum übertragen lassen sollten. Borguet und seine Kollegen überprüfen derzeit ein Dutzend weiterer ähnlicher Quasare, um sicherzugehen, dass dies auch tatsächlich der Fall ist.


    „Nach etwas derartigem haben wir zehn Jahre lang gesucht” schließt Arav. „Es ist unglaublich aufregend, einen dieser lange vorhergesagten Monster-Materieflüsse gefunden zu haben!”
    Endnoten


    [1] Das Astronomenteam beobachtete SDSS J1106+1939 und SDSS J1512+1119 im April 2011 und im März 2012 mit dem X-Shooter-Spektrografen am Very Large Telescope der ESO. Indem man das Licht in seine Farbbestandteile zerlegt und das dabei entstehende Spektrum näher untersucht, lassen sich die Geschwindigkeit und andere Eigenschaften der Materie in der Nähe des Quasars untersuchen.


    [2] Der starke Materiefluss von SDSS J1106+1939 trägt so viel Energie, dass er eine wichtige Rolle bei Rückkopplungsprozessen spielen dürfte, wie sie in aktiven Galaxien auftreten. Diese erfordern typischerweise einen mechanischen Energieeintrag von etwa 5% der Leuchtkraft des Quasars. Die Rate, mit der die kinetische Energie von dem Materiefluss übertragen wird, bezeichnet man als kinetische Leuchtkraft.


    [3] SDSS J1106+1939 zeigt einen Materiefluss mit einer kinetischen Leuchtkraft von mindestens 1046 ergs s#8722;1. Die Entfernungen der Materieflüsse vom Quasar sind mit 300-8000 Lichtjahren wesentlich größer als erwartet und deuten an, dass wir sie noch sehen, obwohl sie sich bereits deutlich von dem Ort entfernt haben, an dem die Materie ursprünglich beschleunigt wurde (was einem Abstand von nur 0,03-0,4 Lichtjahren entspräche).


    [4] Diese Unterklasse von Quasaren wird als Broad Absorption Line-Quasare oder kurz BAL-Quasare bezeichnet.


    Mehr Infos auf den deutschen Seiten des ESO Science Outreach Network (ESON) unter: http://www.eso.org/public/germany/news/eso1247

  • Hi Caro,
    das ist ja wirklich fasznierend und erschreckend zu gleich. Wirklich sehr erstaunlich. Das zeigt mal wieder, welche Kraft dort oben so herrscht.
    Wahnsinn!


    Liebe Grüße und allseits klare Nächte
    - Nico.

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